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Veröffentlicht am 23.09.2024

Mit Herz und Humor erzählt

Gallwitz
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Vera F. Schreibers Debütroman ist ein zeitgenössischer Roman mit historischem Hintergrund, der die Selbstradikalisierung eines Mannes, das Scheitern einer Ehe und den Wunsch nach Glück thematisiert.

Jana ...

Vera F. Schreibers Debütroman ist ein zeitgenössischer Roman mit historischem Hintergrund, der die Selbstradikalisierung eines Mannes, das Scheitern einer Ehe und den Wunsch nach Glück thematisiert.

Jana Gallwitz freut sich darauf, sich in den wohlverdienten Ruhestand zu begeben. Nachdem sie einen gut bezahlten Job im Ausland hatte, plant sie Reisen und gemeinsame Aktivitäten mit ihrem Ehemann Hartmut. Allerdings hat Hartmut offensichtlich andere Pläne. Er ist heimlich einer rechtsextremen Partei beigetreten und nimmt nun ein politisches Mandat wahr. Sein Alltag ist von Verschwörungstheorien, Hass und Hetze geprägt, was Jana machtlos und immer verbitterter werden lässt. Dadurch zerbricht nicht nur ihre gemeinsame Lebensplanung, sondern sie wird immer häufiger auch sozial geächtet. Einer der Höhepunkte dabei ist eine Silvesterparty.

Karl Niemetz, der Lehrer von Jana in der Vergangenheit, zeigt mithilfe seiner eigenen Lebensgeschichte, dass Väter ohne Empathie nicht als Ausrede für alles, was ihre Söhne tun, herhalten müssen. Obwohl seine Kindheit ähnlich verlief wie die von Hartmut Gallwitz, ist er das komplette Gegenteil. Jana ist selbstbewusst genug, um mutige Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben komplett verändern.

Vera F. Schreiber, eine Autorin, die zuvor im Technologiebereich tätig war, widmet sich in der heutigen Zeit einer herausfordernden Problematik: der gesellschaftlichen Spaltung in intolerante Lager.

Trotz der vorweggenommenen Ankündigung des Happy Ends im Prolog, ist es gerade diese positive Entwicklung, die die Leser dazu motiviert, den Roman fortzusetzen und herauszufinden, wie es zu diesem für Jana glücklichen Ausgang gekommen ist und was sie daraus macht.

Die Autorin untersucht die Ursachen für die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, indem sie nicht nur in der Gegenwart bleibt, sondern auch Rückblenden in die Vergangenheit der Figuren einbindet. Diese Herangehensweise ist äußerst gelungen, da sie auch mich an Ereignisse aus meiner Kindheit erinnert hat, die damals als normal galten, heutzutage jedoch von jüngeren Generationen vergessen und abgelehnt werden. So manches Mal hielt ich beim Lesen inne und dachte: Ja, so war das damals.

Obwohl die Protagonistin im ersten Teil des Romans in einer ausweglosen Situation zu sein scheint, werden die Leser im zweiten Teil einen Hoffnungsschimmer spüren, der die Protagonistin in die Zukunft zieht. Eine neue Beziehung entwickelt sich und man ist gespannt, wie es darin weitergeht.

Trotz der ernsthaften Thematik, die von Vera F. Schreiber behandelt wird, zeigt sie dennoch Bereitschaft zu humorvollen Abweichungen. Die Hauptfigur hat einen schelmischen Zug an sich, wenn sie dem neuen Menschen in ihrem Leben vorerst verschweigt, dass sie sich bereits kennen. Eine ähnliche Situation entsteht dann beim Arztbesuch. Ein Schmunzeln kann beim Leser nicht verhindert werden.

Alles in allem fand ich die Herleitung des Verhaltens zweier Männer durch ähnliche Erziehung sehr interessant. Auch sind die humorvollen Szenen, die die menschliche Interaktion auflockern, amüsant zu lesen. Die klare Strukturierung in zwei Teile, die spannend zusammengeführt werden, gestattet ein einfaches Sich-Einlassen auf die Lebenswege der beiden Männer im Leben der Protagonistin. Die tiefgehende Argumentation zu Selbstradikalisierung und Verteidigung rechten Gedankenguts klingt plausibel und ist aus meiner Sicht gut nachvollziehbar. Dabei regt die positive Einstellung der Autorin zu ihrem Thema zum Nachdenken an. Das besondere Cover des Buches mit Lesebändchen ist visuell ansprechend und unterstreicht das Thema.

»Gallwitz« hat mir sehr gut gefallen und ich kann es jedem Leser ans Herz legen, der sich Gedanken über die heutige Gesellschaft in Deutschland macht.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

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Veröffentlicht am 13.09.2024

Familie, Loyalität und organisierte Kriminalität

Nacht der Verräter
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Dieser neue Thriller von Horst Eckert ist der neue Roman, der uns in ein Düsseldorf voller Intrigen, Verbrechen und Geheimnisse entführt. Wer auf der Suche nach einem Buch bist, das von der ersten bis ...

Dieser neue Thriller von Horst Eckert ist der neue Roman, der uns in ein Düsseldorf voller Intrigen, Verbrechen und Geheimnisse entführt. Wer auf der Suche nach einem Buch bist, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt, dann ist dieses hier genau richtig!

Max Bauer ist mit seiner Frau Julia und ihrer Tochter Emilia auf einem Ausflug in Holland. Sie verbringen ein paar Tage dort, um die schönen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Max hat einen Onkel in Düsseldorf, der einen Laden für Musikinstrumente hat. Sein Onkel bat ihn, während des Ausflugs Lautsprecher mit nach Düsseldorf zu bringen.

Max fühlte sich auf dem Heimweg von einem Auto verfolgt. Zuhause wurde dann die Party bei Max’ Bruder angesagt, aber Julia mag seine Brüder (Polizisten genau wie Max) nicht und will nicht dorthin. Doch aus Liebe zu Max begleitet sie ihn zur Party. Plötzlich ist sie jedoch von der Feier verschwunden. Max sucht verzweifelt nach ihr, aber Julia bleibt auch in den nächsten Tagen verschwunden.

Max erlebt einen Albtraum, als er nur kurz etwas zu Essen für sich und seine Tochter holen möchte. Vor Schock erstarrt er, als er bemerkt, dass jemand versucht, die Kleine aus dem Auto zu entführen. Panisch versucht er, die Entführung zu verhindern und seine Tochter in Sicherheit zu bringen. Die Entführung der Tochter wirft Max in eine harte Realität, in der er alles daransetzt, sein Kind zu schützen.

Max hat ein schweres Trauma erlitten. Vor ein paar Jahren wurde er während eines Einsatzes angegriffen und seine Kollegin wurde dabei getötet. Seitdem hat er große Brandwunden am Körper und seine Psyche ist stark beeinträchtigt. Zum Glück hat er Julia kennengelernt, die ihm bei der Therapie geholfen hat und mit der er mittlerweile sogar verheiratet ist. Sie gibt ihm die nötige Kraft, um mit dem Trauma umzugehen.

Umso unerklärlicher ist es ihm, warum sie so plötzlich verschwunden ist. Aber er ahnt auch nicht, was Julia vor der Zeit mit ihm getan hat. Bei der Suche nach ihr, stößt er auf Informationen aus ihrer Vergangenheit, die ihm extrem befremdlich vorkommen.

Mit einer geänderten Intention lässt Horst Eckert sein Stammpersonal der vergangenen Romane mal links liegen und bringt stattdessen ein paar alte Bekannte aus dem Polizeipräsidium ins Spiel. Außerdem steht dieses Mal nicht die Politik im Mittelpunkt der Wirtschaftsverbrechen. Eine erfrischende Abwechslung, die den Roman spannend und unvorhersehbar macht.

Max, der Protagonist, ist ein engagierter Polizist, der sein ganzes Herzblut in die Arbeit steckt. Nach einem einschneidenden Erlebnis und einer Rehabilitation wird er in das Präsidium versetzt. Dort entdeckt er nicht nur mehr über seine Frau, sondern auch über seine Familie. Horst Eckert stellt Max vor schwierige Entscheidungen und fordert Loyalität ein. Max ist ein fesselnder Charakter, der den Leser mit seiner Entwicklung mitreißt.

Max befindet sich in einer kniffligen Situation und sitzt im wahrsten Sinne zwischen den Stühlen bei seiner Beziehung zur Nachbarin. Sie hat das Leid in Max’ Augen gesehen, als seine Frau verschwunden ist. Durch ihre gemeinsamen Kinder im Kindergarten haben sie eine aufreibende Beziehung begonnen. Es ist eine Mischung aus Trost und Herausforderungen, aber sie sind füreinander da.

Sein Gespür für Aktualität und Brisanz hat Horst Eckert deswegen aber noch lange nicht aufgegeben. Ob es die Konflikte zwischen den Palästinensern und Israel sind, die zunehmende organisierte Kriminalität unter anderem auch durch die Mocro-Mafia aus Belgien und Niederlande oder möglichen Verstrickungen zwischen Polizisten und Verbrechern, Eckert hat ein Talent dafür, all dieses Tagesgeschehen fiktiv in einer stimmige Geschichte zu packen.

Der Autor ist bei seinem strukturellen Stil geblieben, um das Tempo zu erhöhen. Die Kapitel sind sehr kurz, manche sind sogar weniger als eine Seite lang, und jedes Kapitel spielt in einer anderen Szene, die Teil eines parallelen Handlungsstrangs ist. Viele dieser Kapitel enden mit einem Cliffhanger, wodurch man beim Lesen regelrecht durch die Seiten hetzt. Nach den ersten Kapiteln hat man einen einfachen und klaren Überblick über die Ausgangssituation und man erfährt die nächsten Herausforderungen, den sich der Protagonist Max stellen muss.

Horst Eckert erweitert kontinuierlich sein literarisches Universum um die Düsseldorfer Polizei. Durch das Einbringen alter Bekannter aus früheren Romanen entsteht Raum für zahlreiche neue Geschichten. Ich bin bereits gespannt auf den nächsten Thriller aus diesem Universum.

Nacht der Verräter von Horst Eckert ist wie immer eine Top-Empfehlung!!!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

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Veröffentlicht am 19.08.2024

Peter Huth enthüllt die Wahrheit

Der Honigmann
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Dieser neueste Roman von Peter Huth ist ein neuer Gegenwartsroman zu einem brandaktuellen Thema! Wer auf der Suche nach einer fesselnden Geschichte, die jenseits von einem Kriminalroman passiert, der kann ...

Dieser neueste Roman von Peter Huth ist ein neuer Gegenwartsroman zu einem brandaktuellen Thema! Wer auf der Suche nach einer fesselnden Geschichte, die jenseits von einem Kriminalroman passiert, der kann hier fündig werden. Obwohl es am Ende nicht ganz ohne Verbrechen abgeht. Wer jedoch denkt, in die Welt der Bienen und des Honigs entführt zu werden, der wird eher enttäuscht werden. Peter Huth zeigt uns nicht die faszinierenden Aspekte der Imkerei, sondern lässt uns auch die Menschen um den Ladenbesitzer, der Honig in Ort verkauft, kennenlernen. »Der Honigmann« hat so viel mehr zu bieten, als nur leckeren Honig!

Fine und Tim haben ihr persönliches Paradies in dem malerischen Fischbach gefunden, das nur einen Steinwurf von der Großstadt entfernt liegt. Dort haben sie schnell Freundschaften mit den anderen Hausbesitzern, die neuerdings als Großstädter das ehemalige Dorf am Rande der großen Stadt fluten, geschlossen und auch ihre Tochter fühlt sich wohl. Als ein älterer Mann beschließt, einen kleinen Laden mit Honig, Tee und Dekoration zu eröffnen, fühlt es sich an, als würde das letzte Puzzleteil in ihrem Idyll an seinen Platz fallen. Der Honigmann ist immer für die Mütter da und verwöhnt die Kinder gerne mit leckerem Kakao.

In Fischbach sind alle total verrückt nach dem Honigmann. Doch dann kommt ein richtig krasses Gerücht über seine Vergangenheit auf. Jetzt ist plötzlich alles, was vorher so sicher schien, in Gefahr: Freundschaften, Beziehungen, sogar der Wohlstand. Was wird Fine tun, um ihre schöne Vorortidylle zu retten?

Peter Huth hat die heutige Gesellschaft, die heutigen Menschen wie in einem Mikrokosmos detailliert auseinander genommen und dargestellt. So sehr ich von den Ereignissen und derer rasanter Entwicklung gefesselt war und ich von der Geschichte gefesselt wurde, wurde ich doch auch schnell wütend. Wütend auf die Menschen, die ich und auch jeder andere Leser aus seinem persönlichen Umfeld kennt. Wütend auf Menschen, die nicht mehr nachdenken, die nichts anderes als schwarz und weiß kennen, die keine andere Meinung als ihre eigene gelten lassen,

Und dennoch zeigt der Autor auch, wie sich dank social media die Meinung „des Volkes“ sehr schnell wandeln kann. Rennt die Truppe zuerst auch schnell in die eine Richtung, kann sie auch plötzlich eine 180-Grad-Wendung machen. Und dies eingebettet in die Handlung um den Honigmann macht den Roman extrem spannend. Man fiebert danach, zu erfahren, was in der nächsten Stunde passieren wird. Denn schließlich läuft die gesamte Handlung nur eine Woche lang. Man kennt dies aus dem realen Leben in der heutigen Zeit. »Der Honigmann« ist deshalb ein unheimlich lesbarer Gegenwartsroman, den man nicht missen sollte.

Interessant ist der Auftakt eines jeden Kapitels, der aus der Sicht und über eine der Hauptpersonen. Als separater Abschnitt ist dies insofern hilfreich, als dass man mit ihnen die einzelnen Figuren besser einschätzen kann und somit auch bis zu einem gewissen Grade versteht, warum sich diesem gegenüber dem Opfer und den anderen Nachbarn so und nicht anders verhalten. Dabei kommen Wendehälse genauso zum Vorschein wie verbohrte Sturköpfe.

Noch nie habe ich solch einen spannenden Gegenwartsroman gelesen, der mich gleichzeitig aber auch sehr wütend gemacht hat. Dabei entwickelt sich der Roman infolge der Vorgänge auf dem letzten Drittel doch noch fast zu einem Kriminalroman.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser Gegenwartsroman ein absolutes Muss für jeden Leser ist. Er spiegelt nicht nur die Realität eines großen Teils der heutigen Bevölkerung wider, sondern ist auch so schönungslos und authentisch, dass man das Gefühl hat, direkt aus dem Leben entnommen zu sein. Auch wenn er einen manchmal wütend macht, genau das macht ihn so spannend und relevant.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

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Veröffentlicht am 13.08.2024

weil die Eltern John Lennon liebten

Yoko
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Diese packende Geschichte von Bernard Aichner erzählt von einem normalen Mädchen namens, das nie daran geglaubt hatte, dass jeder Mensch zu einem Mörder werden kann. Doch nun wird sie unerwartet zur Mörderin. ...

Diese packende Geschichte von Bernard Aichner erzählt von einem normalen Mädchen namens, das nie daran geglaubt hatte, dass jeder Mensch zu einem Mörder werden kann. Doch nun wird sie unerwartet zur Mörderin. Seid gespannt auf die fesselnde Handlung, den interessanten Figuren und die besondere Atmosphäre des Romans. Mit diesem Roman geht es in die düstere Welt von »Yoko«, die die Leser mit ihren tiefgründigen Emotionen mitreißen wird.

Yoko ist die Tochter eines Metzgermeisters. Vor vielen Jahren war die Mutter verstorben und ihr Vater hat sie alleine erzogen. Obwohl sie das Potential zum Studium gehabt hatte, wollte Yoko nie etwas anderes, als beim Vater in der Fleischerei zu arbeiten. Sie wollte Schweine- und Rinderhälften zerteilen, Hackfleisch und Wurst machen.

Doch nach dem Tod des Vaters orientierte sie sich anders, wollte Menschen glücklich machen und entdeckte chinesische Glückskekse für sich. Sie gründete eine Manufaktur und begann, chinesische Restaurants und andere Läden zu beliefern.

Bei einer Auslieferung beobachtet sie im Hinterhof, wie zwei Chinesen eine Katze misshandeln. Sie geht dazwischen. Das hätte sie nicht machen sollen. Denn sofort wird sie zur Zielscheibe und muss Schreckliches erleiden …

Yoko ist die Protagonistin in diesem Thriller. Sehr viele Eigenschaften von ihr werden durch ihre Gedanken entblößt, obwohl es bei weitem kein Psychothriller ist. So erfahren die Leser auch, was es mit dem asiatischen Namen auf sich hat und warum sie gar nicht so glücklich ist, wie eine japanische Nudelsuppe zu heißen, und andererseits deshalb trotzdem von Asien begeistert ist und irgendwann einmal eine Reise nach China machen will.

So, wie Yoko ihre Geheimnisse in sich trägt, verbergen auch alle anderen Figuren in ihrem Inneren. Selbst ihr Vater und dessen Freund sind nicht frei davon, erst recht nicht Verwandte von Yokos Freunden oder gar ihrer Gegner. Leser sollten sich hüten, jedes Wort zu glauben, was über die eine oder andere Figur gesagt wird. Das ist meisterhaft spannend.

Die Glückskekse geben diesem Roman ein gewisses Milieu vor, welches allerdings auch schon mit dem Buchtitel geboten wird. Eine Triade der chinesische Mafia, die mit Drogen und Schutzgelderpressung ihre Reichtümer anhäuft, führt in die Welt der chinesischen Restaurants in irgendeiner Großstadt in Deutschland. Der Ort wird im Roman nicht genannt, denn auch die Handlung kann überall stattfinden.

Es ist faszinierend, wie Bernhard Aichner die Leser mittels Gedanken und Rückblenden immer mehr mit Informationen versorgt wird, die die gesamte Motivation und Handlung in einem anderen Licht erscheinen lässt. Vieles wird plötzlich plausibel und erklärbar. Auf diese Weise tut sich immer wieder ein neuer Strang auf, der die Leser mit einer neuen Frage im Kopf zunächst einfach stehen lässt.

Der Umgang mit der wörtlichen Rede ist etwas ganz Besonderes in diesem Thriller. Der Drucksatz ist gewöhnungsbedürftig. Denn wie ansonsten auch Gedanken sind manche gesprochen Sätze in kursiver Schrift verfasst. Und die tatsächlichen Wortwechsel zwischen den agierenden Figuren sind nicht in Anführungszeichen, sondern jedem Sprecher mit einem Gedankenstrich vorangestellt. Wie gesagt, man gewöhnt sich daran, jedoch ist es zu Beginn etwas verwirrend.

Dieser Thriller ist zweibändig konzipiert und bereits jetzt ist der zweite Band für nächstes Jahr (2025) im Juli angekündigt. Ich bin gespannt darauf und möchte unbedingt wissen, wie es mit Yoko weitergeht, denn sie hat noch so viele Träume.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

Veröffentlicht am 30.07.2024

Der Aufbruch in eine neue Zeit

Gut Greifenau - Morgenröte
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Dies ist der dritte Band einer Familiensaga von Hanna Caspian, die als „Gut Greifenau“-Trilogie im Handel verfügbar ist. Die ersten drei Bände erschienen bis März 2019. Doch ich muss unbedingt erwähnen, ...

Dies ist der dritte Band einer Familiensaga von Hanna Caspian, die als „Gut Greifenau“-Trilogie im Handel verfügbar ist. Die ersten drei Bände erschienen bis März 2019. Doch ich muss unbedingt erwähnen, dass es sich schon lange nicht mehr um eine Trilogie handelt. Da das Leben immer wieder fortschreitet, waren die Leser und auch die Autorin gespannt, wie es mit den Figuren nach diesem dritten Band weitergeht. Und siehe da, es gibt weitere drei Bände um das Landgut Greifenau und derer von Auwitz-Aarhayn.

1918, der Frieden mit Russland, er ist zum Greifen nahe. Der Zar wurde hingerichtet. Russland wird von Lenin, Trotzki und den Bolschewiki beherrscht.

Nach einem Mordanschlag ist es fraglich, ob Konstantin das noch erleben wird. Als er wieder in die Heimat schwerkrank zurückkehrt, kommt er bei der Dorflehrerin Rebecca unter, die ihn aufopferungsvoll pflegt. Nur sein Vater Graf Adolphis erfährt davon und ist indes verzweifelt, während er Rest der Familie davon ausgeht, dass Konstantin tot ist.

Durch den Kauf von Kriegsanleihen ist das Gut hoch verschuldet. Wie in alter adeliger Tradition scheint nur eine Heirat den Schuldenberg verringern zu können.

Gräfin Feodora hingegen drängt deshalb die Tochter Katharina zur Hochzeit mit dem Scheusal Ludwig, einem Neffen des Kaisers. Diese Verbindung wird zur Überlebensfrage für Gut Greifenau. Doch Katharinas Herz schlägt für den Industriellensohn Julius aus Potsdam. Kurz vor der Hochzeit flieht sie. In Berlin gerät sie mitten in die Wirren der Novemberrevolution.

Schließlich ist der Krieg zu Ende und der Kaiser selbst geflohen. Die Arbeiter- und Bauernräte wollen den Adel enteignen. Doch auch die Landarbeiter und Pächter bangen um ihren Lebensunterhalt.

Vergleichbar mit Downton Abbey hat Hanna Caspian ein allumfassendes Universum rund um ein fiktives Gut Greifenau geschaffen. In den Romanen dieser Reihe dreht sich alles um das Leben einer Adelsfamilie und die Schicksale ihrer Mitglieder. Gleichzeitig werden aber auch die Geschichten und Schicksale der Dienstboten eingebunden. Die Reihe gibt uns einen faszinierenden Einblick in die sozialen Unterschiede und das Zusammenleben in einer vergangenen Zeit.

In diesem Roman gibt es viele verschiedene Geschichten, die Menschen aus allen Gesellschaftsschichten betreffen. Sowohl bei den Angestellten als auch bei der adeligen Familie, den Pächtern, den Dorfbewohnern und den Bekannten gibt es Geheimnisse und Komplikationen. Viele Probleme müssen gelöst werden. Die Autorin hat es großartig geschafft, den Weg zum Ziel zu gestalten. Das bedeutet, dass es anfangs nicht auf eine Lösung am Ende des Romans oder der Trilogie hinausläuft. Man verstrickt sich förmlich in den Verwicklungen der einzelnen Figuren, fühlt mit ihnen mit, freut sich mit ihnen und wünscht ihnen das Schlimmste. Am Ende will man nur noch wissen, wie es mit den einzelnen Charakteren weitergeht.

In diesem fesselnden Roman wird die Geschichte einer fiktiven Familie erzählt, die eng mit den turbulenten Ereignissen des Ersten Weltkriegs und dem Sturz des Kaisers verbunden ist. Das Buch bietet einen faszinierenden Einblick in das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland zu dieser Zeit und erzählt die bewegenden Schicksale der Familienmitglieder, die von den Auswirkungen des Krieges betroffen sind. Eine packende Geschichtserklärung, die den Leser mitnimmt auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit.

»Morgenröte« bietet genau wie die anderen Bände dieser Reihe umfangreiche Informationen zur Geschichte, die von Hanna Caspian akribisch recherchiert und detailreich aufbereitet sind. Die Informationen sind entlang des Themas sehr vielfältig und werden faszinierend zu einer Geschichte mit vielen kleinen Geschichten verwoben. Es ist eine Quelle, die sowohl Liebhaber als auch Neulinge von historischen Romanen gleichermaßen anspricht und begeistert.

Für mich persönlich gilt: Einmal Greifenau, immer Greifenau! Ich wünsche es von ganzem Herzen jedem neuen Leser, jeder neuen Leserin.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024