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Veröffentlicht am 03.11.2024

Emmerich ist einfach verflucht gut

Die weiße Stunde
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Ein Jahr ist seit “Der letzte Tod” vergangen und August Emmerich wird im Jahr 1923 auf wie schon gewohnt spannende Weise mit einer Leiche konfrontiert. Gemeinsam mit seinem Assistenten Ferdinand Winter ...

Ein Jahr ist seit “Der letzte Tod” vergangen und August Emmerich wird im Jahr 1923 auf wie schon gewohnt spannende Weise mit einer Leiche konfrontiert. Gemeinsam mit seinem Assistenten Ferdinand Winter arbeitet der kauzige Kriminalinspektor daran, den Mörder zu finden, der eine ledige Frau in deren Schlafzimmer brutal getötet hat. Ganz nebenbei hat er auch vor, weniger zu fluchen. Wie lange kann das gut gehen?

“Die weiße Stunde” ist der bereits sechste Band der erfolgreichen Reihe von Alex Beer. Besonders sind nicht nur die Bücher, sondern vor allem die so authentisch und vielschichtig gelesenen Hörbücher. Da Cornelius Obonya Emmerich, Winter, dem Erzähler und zahlreichen wiederkehrenden wie neuen Charakteren seine Stimmen (ja, Mehrzahl) leiht, fühlt sich alles tatsächlich wienerisch und schon fast heimelig an. Natürlich kann das für Nicht-Österreicher auch ungewohnt sein, aber ich kann nur empfehlen, das Hörbuch probe zu hören. Notfalls kann man immer noch das Buch kaufen.

Das ungekürzte Hörbuch mit einer Laufzeit von 9,5 Stunden fühlt sich, wenn man erst voll in der Geschichte drinnen ist (was nicht lange dauert), tatsächlich kürzer an. So, wie man ein gedrucktes Buch manchmal einfach kaum aus der Hand legen kann, konnte ich hier die Aufnahmen kaum unterbrechen.

Emmerich ist nicht nur mit den Ermittlungen beschäftigt. Nebenbei erfahren wir auch etwas mehr über seinen alten Gegenspieler Veit Kolja. Apropos wiederkehrende Charaktere - alle Bände lassen sich von den Fällen her unabhängig voneinander lesen. Aber die Hauptfiguren sowie Nebenhandlungen rund um diese spannen sich über alle Bände und bleiben auch manchmal am Ende des Buches ungeklärt.

Es gibt also in den Büchern Anspielungen und Erwähnungen, die sich auf frühere Erlebnisse beziehen. Wer das Gefühl hat, Emmerich und Winter besser kennenlernen zu wollen, sollte auf jeden Fall den ersten Band lesen oder hören.

“Die weiße Stunde” ist Teil 6 der Reihe um Kriminalinspektor August Emmerich.



Die bisherigen Teile:

Der zweite Reiter
Die rote Frau
Der dunkle Bote
Das schwarze Band
Der letzte Tod

Veröffentlicht am 19.08.2024

Explosive Interessen

Memento
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Nach einem offenen Ende von Band 1 („Skorpion”) ist David Keller wieder zurück in der Schweiz und schon wieder in Aktion. Matt Basanisi und Gerd Schneider schicken ihren Helden auf gefährliche geheimdienstliche ...

Nach einem offenen Ende von Band 1 („Skorpion”) ist David Keller wieder zurück in der Schweiz und schon wieder in Aktion. Matt Basanisi und Gerd Schneider schicken ihren Helden auf gefährliche geheimdienstliche Pfade rund um die Welt.

Was mit einem schwer aufklärbaren Mord in Genf beginnt, entwickelt sich zu einer hochexplosiven politischen wie wortwörtlichen Mischung verschiedener (verbrecherischer) Interessen. Keller, Ermittler der Schweizer Bundeskriminalpolizei, stößt durch Hinweise und alte Unterlagen auf eine Schweizer Firma, die offenbar gegen diverse Auflagen und Gesetze verstößt und wissentlich autoritär geführte Staaten bei der Urananreicherung unterstützt. Nicht immer zu friedlichen Zwecken, versteht sich von selbst.

Keller durchleuchtet mithilfe seines Chefs und der Staatsanwaltschaft das internationale Netzwerk näher und soll im Auftrag des Justizministeriums die Schweizer Drahtzieher nach Hause holen. Dass er dabei auf allerhand Hindernisse und skrupellose Gegenspieler trifft, ist natürlich nicht allzu überraschend, aber als extrem fesselnder Thriller gekonnt umgesetzt.

Weniger fiktiv, sondern sehr real ist der Hintergrund dieses 445 Seiten starken Buches. Dass für viel Geld - gegen jeglichen „Hausverstand“ - auch von demokratischen, friedlichen Staaten sehr gefährliche Unterstützung an ebenso gefährliche Regierungen geliefert wird, ist leider Tatsache. Mehr dazu findet sich in einem Nachwort.

Der Ausspruch „Jeder hat seinen Preis“ sollte immer als Untertitel auf den Thrillern von Basanisi und Schneider stehen. Das ist ihre größte Stärke, aus (erschütternden) Tatsachen mit so viel Veränderung wie nötig verständliche, spannende Belletristik zu entwickeln. Für Fans packender Agenten-Stories absolut zu empfehlen. Wer David Keller besser verstehen möchte, kann zuerst noch „Skorpion” lesen. Aber auch einzeln sind die Geschichten problemlos zu verstehen und zu genießen.

Veröffentlicht am 28.07.2024

Wenn der Rauch sich lichtet…

RAUCH
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Dieser Islandthriller von Yrsa Sigurðardóttir ist Band 2 rund um die Protagonisten Karólína, Týr & Iðunn. Er folgt auf “Nacht”.

Iðunn ist Islands einzige Rechtsmedizinerin und arbeitet daher mit der Polizei ...

Dieser Islandthriller von Yrsa Sigurðardóttir ist Band 2 rund um die Protagonisten Karólína, Týr & Iðunn. Er folgt auf “Nacht”.

Iðunn ist Islands einzige Rechtsmedizinerin und arbeitet daher mit der Polizei oft zusammen, wenn Obduktionen nötig sind. In ihrem aktuellen Fall sind auch unter anderem die Polizisten Karólína und Týr wieder involviert.

Das Autorin gelingt hier eine fesselnde Geschichte, die so verworren wie abgründig ist. Im Mittelpunkt stehen fünf ehemalige Kommilitonen, die sich anlässlich eines Begräbnisses wieder treffen. Da sie sich lange nicht gesehen haben, mieten sie ein Haus für ein paar Tage und wollen ihre Freundschaft wieder aufleben lassen.

Doch aus dem netten Trip wird eine wilde Reise. Alle fünf eint ein dramatisches Ereignis in der Vergangenheit und auch die aktuell Verstorbene war damals involviert.

Der Aufbau der Geschichte wechselt zwischen dem Erzählstrang rund um die angereisten Freunde und den Ereignissen ein paar Tage später, als Iðunn und die Polizei ermitteln. Nach und nach klären sich Unklarheiten bei den Ermittlungen durch die Rückblenden. Doch auch für den Leser hält das Buch noch Wendungen parat.

Iðunn als Charakter würde auch gut in einen Skadinavienkrimi passen, wo Hauptprotagonisten gerne etwas streitbar und vielleicht überzeichnet dargestellt werden. Sie macht sehr gute Arbeit, aber kann schroff und feindselig rüberkommen. Dazu kommen leichte familiäre Spannungen, die hier im Vergleich zum ersten Band stärker behandelt werden.

Veröffentlicht am 17.03.2024

Keine heile Welt

Verborgen
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Eva Björg Ægisdóttir verwöhnt Fans gepflegter Islandkrimis erneut. In "Verborgen" ermittelt Kommissarin Elma zum dritten Mal. Wie gewohnt ist der Fall eher unblutig, aber der Aufbau der Geschichte und ...

Eva Björg Ægisdóttir verwöhnt Fans gepflegter Islandkrimis erneut. In "Verborgen" ermittelt Kommissarin Elma zum dritten Mal. Wie gewohnt ist der Fall eher unblutig, aber der Aufbau der Geschichte und die Glaubwürdigkeit der Protagonisten beruhen stark auf Motiven, auf der Psyche und ihren Abgründen.

Der Krimi, der in der Kleinstadt Akranes spielt, startet mit einem Brand. Dieser ist schnell gelöscht, beim Lesen hat man aber das Gefühl, dass unter der Oberfläche aller Beteiligter die Glut weiter glimmt. Elma und ihr Kollege befragen viele Personen während der Ermittlungen.

Für alle, die dabei schnell den Überblick verlieren, oder trotz des flüssigen Erzähltempos öfter längere Pausen machen müssen, gibt es am Ende der 357 Seiten ein Personenregister. Die Ermittlungen plätschern - wie das wohl oft so ist - eine Weile eher gemächlich dahin, es gibt den einen oder anderen Anhaltspunkt, aber keinen Durchbruch.

Doch dann dreht ein Detail, auf das man beinahe vergessen hätte, die Ermittlungen fast auf den Kopf. Zudem steigt die Spannung, weil dann auch Rückblick-Kapitel etwas Licht ins Dunkel bringen. Führten die bisherigen Ereignisse überhaupt in die richtige Richtung? Gab es vielleicht mehrere Opfer und auch mehrere Täter oder sind doch Missverständnisse und Unfälle für die Ereignisse verantwortlich?

"Verboten" blickt hinter die oft so perfekt erscheinende Fassade gut situierter isländischer Familien und deren Kinder. Selbstverständlich ist alles fiktiv, aber in manchen Alltagsbetrachtungen auch beklemmend realistisch. Die Befragten spielen nicht nur der Polizei vor, es sei alles in Ordnung, sie versuchen auch, sich selbst und sich gegenseitig eine heile Welt vorzuspielen, die es so schon lange nicht mehr gibt.

Veröffentlicht am 24.02.2024

Be-stechende Spannung

Der Stich
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Siiiiiiirr! Patsch! Diese simple, im Sommer überaus übliche Abfolge an Geräuschen steht im Zentrum des neuen Thrillers von Thilo Winter. In “Der Stich” erforscht der Autor, was passieren könnte, wenn Stechmücken ...

Siiiiiiirr! Patsch! Diese simple, im Sommer überaus übliche Abfolge an Geräuschen steht im Zentrum des neuen Thrillers von Thilo Winter. In “Der Stich” erforscht der Autor, was passieren könnte, wenn Stechmücken nicht nur juckende oder krankmachende, sondern hochgradig tödliche Stiche verteilten. Sein Buch ist fiktiv, basiert jedoch auf wahren wissenschaftlichen Überlegungen und Versuchen.

Die Handlung lässt er auf den Florida Keys spielen, einer Inselkette vor der Südspitze der US-amerikanischen Halbinsel. Auch dies ist kein Zufall, denn dort fand und findet tatsächlich ein Freilandversuch mit Mücken statt.

Nun aber zu den - hoffentlich wirklich - fiktiven Teilen der Geschichte: Sie dreht sich um Quito Mantezza und Inéz Barrera. Inéz trifft durch Zufall auf Quito, als sie als illegale Einwanderin vor der Polizei flüchtet. Quito ist Student und Sohn des örtlichen stellvertretenden Polizeichefs. Er beschäftigt sich mit Meerestieren und kämpft gegen die Firma, die ihre Versuchsmücken auf den Inseln aussetzt.

Quito sieht darin nämlich vor allem die Nachteile. Seiner Meinung nach gibt es eine große Schwachstelle im Versuch, die zu einer potentiell lebensgefährlichen Mückenart führen könnte. Als immer mehr Menschen nach Stichen behandelt werden müssen oder sterben, sucht Quito nach dem Beweis für seine These und bringt sich, Inéz und seine Eltern dabei in große Gefahr.

Thilo Winter gelingt ein spannender Thriller mit glaubhaften Pro- und Antagonisten. Die Auflösung des dramatischen Endes habe ich nicht auf wissenschaftliche Genauigkeit überprüft, aber für mich fügt sich das Ganze relativ schlüssig zusammen. Eines ist auf jeden Fall sicher: Die ersten Stechmücken, die sich diesen Sommer in meine Nähe trauen, bekommen einen extra festen Hieb ab.