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Veröffentlicht am 02.09.2024

Anspruchsvoll mit zu vielen Zeitsprüngen

Nur nachts ist es hell
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In "Nur nachts ist es hell" begleiten wir eines der Kinder der Familie Brugger im Mühlviertel, die wir bereits aus "Über Carl reden wir morgen" kennen. Diesmal erzählt die jüngste Schwester Elisabeth aus ...

In "Nur nachts ist es hell" begleiten wir eines der Kinder der Familie Brugger im Mühlviertel, die wir bereits aus "Über Carl reden wir morgen" kennen. Diesmal erzählt die jüngste Schwester Elisabeth aus ihrem Leben. Dabei kommen auch wieder Carl und sein Zwillingsbruder Eugen in Rückblenden vor.
Man muss den Vorgänger jedoch nicht gelesen haben, um den neuen Roman der Autorin zu verstehen, denn Judwith W. Taschler greift sehr oft auf Ereignisse im Vorgänger zurück. Für mich war es fast zu viel, was verraten wurde, falls man "Über Carl reden wir morgen" noch lesen möchte...

Elisabeth blickt zurück auf ihr Leben und erzählt oder schreibt ihre Gedanken für ihre Großnichte nieder. Dabei wird aber nicht chronologisch berichtet. Noch in der Kaiserzeit geboren, ist Elisabeth die Jüngste und das einzige Mädchen der Familie Brugger. Kurz nachdem sie die Matura erfolgreich bestanden hat, beginnt der Erste Weltkrieg. Sie meldet sich als Lazarettschwester und wird in Siebenbürgen eingesetzt. Nach dem Krieg heiratet sie Georg, den kriegsversehrten Kommilitonen ihres gefallenen Bruders Gustav. Die Zeit im Lazarett lässt in ihr den Wunsch aufkommen Medizin zu studieren, was für eine Frau zu dieser Zeit alles andere als einfach war. Auch ihr weltoffener Vater ist damit nicht wirklich einverstanden. Doch Elisabeth ist es Zeit ihres Lebens sehr wichtig, eine eigenständige und emanzipierte Frau zu sein, die sich nur schwer unterordnen lässt. Als Ärztin liegen ihr besonders ungewollte Schwangerschaften und die oftmals lebensbedrohenden Pfuschereien diverser Engelmacherinnen am Herzen. Sie erzählt von ihrer Ehe, großen Verlusten und Familiengeheimnissen.
Neben ihrer eigenen Lebensgeschichte spielen auch die ihrer Brüder eine größerer Rolle, vorallem Eugen rückt diesmal ins Zentrum.

Judith W. Taschler lässt Elisabeth ihre Lebensgeschichte nicht chronologisch erzählen. Sie springt in den Zeiten hin und her, was es mir nicht immer leicht gemacht hat. Manchmal hat man das Gefühl immer wieder einzelne Fragmente erzählt zu bekommen. Das stört etwas den Lesefluss. Es ist, wie schon der Vorgänger, kein Buch, welches man so nebenbei weglesen kann.

Der Schreibstil ist wie immer dicht, detailliert und bildgewaltig, aber auch ein bisschen distanziert. Ihre Charaktere sind wunderbar gezeichnet und haben Tiefe. Ganz nebenbei erfährt man sehr viel über die österreichische Politik in diesen fast achzig Jahren: vom Kaiserreich zur Demokratie, dem Anschluss ans Deutsche Reich, dem Staatsvertrag und den Abzug der vier Großmächte 1955 bis hin ins Jahr 1972.

Mir hat "Über Carl reden wir morgen" besser gefallen. Dazu trägt sicher auch die nicht chronolgisch erzählte Geschichte bei, denn Taschler springt sehr oft in der Zeit. Vorallem die erzählten Kriegserlebnisse waren für mich oftmals für kurze Zeit nicht ganz zuordbar - bis ich wieder wusste, in welchen Krieg und welcher Zeit ich mich befand. Ansonsten aber ein bewegender Roman über eine starke Frau und ihre Familie.

Am Ende gibt es noch den Familienstammbaum der Bruggers, der mit Anton Brugger ab 1828 beginnt.

Fazit:
Nicht unbedingt eine Fortsetzung von "Über Carl reden wir morgen", sondern eine andere Sichtweise der jüngeren Schwester aus dem Hause Brugger. Vorallem aber eine bereichende Lebensgeschichte einer starken Frau, die zwei Kriege miterlebt hat und sich als Ärztin besonders für die Frauen eingesetzt hat. Nicht ganz so stark wie "Über Carl reden wir morgen".

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Veröffentlicht am 27.08.2024

Die Amis entdecken Westsamoa

Das Erbe des Horizonts
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1947. Wir sind in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Neben den gewohnten Figuren, wie Martha, Jack, Gertrud, Paul, Emilie oder Hans, haben wir in diesem Band auch eine Reihe neuer Charaktere ...

1947. Wir sind in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Neben den gewohnten Figuren, wie Martha, Jack, Gertrud, Paul, Emilie oder Hans, haben wir in diesem Band auch eine Reihe neuer Charaktere - die sogenannte nächste Generation. Sefina, Vincent, Blair, Mimi...alle diese Namen muss man sich merken, wobei einzig Sefina zur Familie von Bahlow gehört. Sie wurde von Helene als "die Hüterin der Geheimnisse" auserwählt und hadert sehr mit dieser Last, die sie auf ihren jungen Schultern trägt.

Paul hat Westsamoa verlassen und lebt in New York ein Leben voller Dekandenz. Hier kann er seine Neigungen ausleben, verbringt seine Nächte in diversen Clubs und verkehrt mit der Upper Class. Als er dem New Yorker Nachtleben den Rücken kehrt, führt sein Weg zurück nach Tamalele, wo die Familie von Bahlow ums Überleben kämpft. Der Kokosnusskäfer zerstört die Kokospalmen, die für die Kopra Produktion auf Tamalele wichtig sind. Doch Martha weigert sich andere Ideen anzunehmen und es kommt zum großen Streit. Emilie, die mit ihrer Tochter Rose ebenfalls in die Heimat zurückgekehrt ist, versucht andere Einkommensquellen zu finden.
Auch die Neuseeländer übernehmen nach dem Krieg wieder sämtliche wichtigen Posten und beschneiden weiterhin das Selbstbestimmungsrecht der Samoaner. Dies geht soweit, dass Einfuhr und Ausfuhr stark reglementiert wird und das Alkoholverbot aufrecht bleibt.

Hans hat sich tatsächlich zu einem pflichtbewussten Mann verändert und von Aumoe liest man diesem Band leider gar nichts mehr.
Mit Mimi kommt frischer Wind auf die Plantage, allerdings nicht der, der gewünscht wird. Die hochnäsige Ehefrau von Paul, die aus der Upper Class New Yorks stammt, bringt die Reichen und Schönen auf die Insel. Der erste Tourismus überfordert die Inseleinwohner etwas, nur Aggi versucht das Beste daraus zu machen. Als auch noch ein Filmteam aus Hollywood mit Schauspielstar Gary Cooper anreist, um den Film "Welcome to Paradise" zu drehen, sind nicht alle davon begeistert...

In diesem vierten Band hatte ich leider sehr oft das Gefühl keine der Figuren mehr richtig zu verstehen. Jeder ist in sich gekehrt, es gibt kaum Kommunikation und vorallem Paul und Emilie handeln für mich völlig fragwürdig. Auch Sefina gibt eine wichtige Beobachtung nicht weiter, die für Tamaleles Bestand extrem bedeutend ist. Das Gefühl des Zusammenhalts fehlt plötzlich...
Gefallen haben mir die Szenen betreffend des Filmdrehs und auch die Aufregung, die damit auf die Insel gebracht wird. Hollywood und der anfängliche Tourismus bringen Licht und Schatten auf die Insel. Der beginnende Koreakrieg 1950 ändert für Westsamoa vieles und auch der beginnende Tourismus erlahmt wieder.

Alexandra Fischer hat mit den historischen Hintergründen rund um den Koreakrieg und den beginnenden Tourismus wieder sehr interessante Details in ihre fiktive Familiensaga miteinbezogen. Ihr lebendiger Schreibstil und die sehr bildhafte Erzählweise ist immer wieder ein Genuss.
Die Kapitel sind in Jahre unterteilt, beginnend mit dem Jahr 1947 und enden im Jahr 1953. Auch die Erzählperspektive wechselt mit den Kapiteln. So bekommt man einen sehr guten Einblick in die vielschichtigen Charaktere. Leider konnte ich diesmal aber keinen wirklichen Zugang zu einigen - von mir in den Vorgängerbänden sehr gemochten Figuren - mehr finden.

Leider plätscherte auch die Handlung, vorallem in der Mitte des fast 600 Seiten starken Romans, sehr dahin. Auf den letzten hundert Seiten kam es dann komprimiert zu vielen überraschenden Wendungen, die ich teilweise jedoch sehr unglaubwürdig fand.

Die Kapitelanfänge sind durch ganzseitige gezeichnete Hintergrundbilder hervorgehoben. Zu Beginn des Romans gibt es einige Fakten zum geschichtlichen Hintergrund und eine Landkarte der Inseln des Südpazifiks, Australiens und Japans.

Mir tut es richtig weh, denn ich liebe diese Saga sehr, aber diesem Band kann ich leider nur 3 1/2 bzw. 3 Sterne geben. Den nächsten Band werde ich trotzdem lesen, denn ich möchte natürlich wissen, wie es mit den von Bahlows weitergeht.

Fazit:
Obwohl ich diesen vierten Band gerne gelesen habe, ist er für mich der bisher schwächste der Familiensaga. Die Handlungsweisen vieler geliebter Figuren waren für mich nicht richtig nachvollziehbar. Mir fehlte vor allem im Mittelteil die Spannung und wartete auf überraschende Wendungen, die nicht eintrafen. Erst auf den letzten hundert Seiten überschlugen sich die Ereignisse, die mich nicht alle richtig überzeugen konnten.

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Veröffentlicht am 22.08.2024

Roadtrip in die Vergangenheit

Graceland – Die Geschichte eines Sommers
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Die Beziehung zwischen Grace und ihrer Mutter Loralynn ist nicht die Beste und doch wünscht sich Loralynn zu ihrem 70. Geburtstag nichts sehnlicher, als eine Reise nach Graceland zum Anwesen von Elvis ...

Die Beziehung zwischen Grace und ihrer Mutter Loralynn ist nicht die Beste und doch wünscht sich Loralynn zu ihrem 70. Geburtstag nichts sehnlicher, als eine Reise nach Graceland zum Anwesen von Elvis - gemeinsam mit Grace. Am liebsten würde diese sofort absagen, denn der minimale Kontakt zu ihrer Mutter ist ihr mehr als genug. Loralynn fällt seit jeher durch ihre schrillen Outfits und diverse Perücken auf, sammelt mit Leidenschaft Elvis Figuren und Memorabilia ihres Idols. Grace war dies immer peinlich. Nicht umsonst hat sie gleich nach dem letzten Schuljahr ihr Elternhaus verlassen, um den alkoholkranken und gewalttätigen Vater und der exzentrischen Mutter zu entkommen.
Als Grace jedoch von ihrem Ehemann Jeff verlassen wird, überdenkt sie den Vorschlag ihrer Mutter nochmals. Zur Zeit kann sie nicht weit genug von ihrem Noch-Ehemann entfernt sein. Da bieten sich die tausend Meilen von Boston nach Memphis, Tennesse, geradezu an. In einem schrillen lilafarbenen Cadillac machen sich Grace und Loralynn auf den Weg, der zu einem Roadtrip in die Vergangenheit wird....

Zu Beginn tat ich mir ein bisschen schwer in die Geschichte hineinzufinden, die doch sehr amerikanisch ist. Es wird von Marken, Shops oder anderen Dingen oder Orten gesprochen, die ich nicht kenne. Das macht es mir etwas schwerer sich hineinzufühlen. Doch mit der Zeit treten andere Themen in den Vordergrund und mit jeder Meile, die Grace und Loralynn zurücklegen, umso interessanter und fesselnder wird die Geschichte.
Es werden Gespräche geführt, die schon vor Jahren wichtig gewesen wären, wir erfahren mehr über das Familienleben und den Verletzungen aus der Vergangenheit.
Während ihres Roadtrips lernen sie viele verschiedene Menschen kennen, erleben schöne und traurige Momente und besuchen auch alte Freunde. Es ist bewegend, wie sich beide immer mehr öffnen und mehr Verständnis füreinander aufbringen.
Manche Passagen regen zum Nachdenken an, andere wiederum brachten mich zum Lachen. Die Charaktere der beiden Frauen sind sehr unterschiedlich.
Der Schreibstil ist eher einfach, flüssig und teilweise auch etwas herb bei den Dialogen. Trotzdem gelingt es Kristen Mei Chase schwierige und emotionale Themen mit leichter und humorvoller Unterhaltung zu verbinden und diese genau auf den Punkt zu bringen.

Die Autorin ist ebenfalls asiatischer Herkunft und spricht neben den Themen des Romans auch Vorurteile und Rassismus an, die viele in den USA (und auch anderswo) erfahren müssen.


Fazit:
Der Roman vermittelt den Grundgedanken, dass es nie zu spät ist, alte Wunden zu heilen und neue Wege zu gehen, zu verzeihen und sich zu öffnen. Nicht unbedingt ein Feel-Good-Roadtrip, aber trotzdem mit einer Prise Humor und viel Elvis im Gepäck.

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Veröffentlicht am 20.08.2024

Ein enttäuschendes und kein rundes Ende

Böse Mädchen sterben nicht
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Diese drei Geschichten um Celia, Allie und Maggie ist weder eine Fantasy-Märchenadaption noch Horror, wie wir es von Christina Henry kennen, sondern eher ein Thriller/Krimi Mix, wobei der Handlungsstrang ...

Diese drei Geschichten um Celia, Allie und Maggie ist weder eine Fantasy-Märchenadaption noch Horror, wie wir es von Christina Henry kennen, sondern eher ein Thriller/Krimi Mix, wobei der Handlungsstrang um Allie noch am ehesten an Horror herankommt.

Gespannt habe ich mit Celias Geschichte begonnen, die in einem ihr fremden Haus aufwacht und sich nicht an dieses Leben erinnern kann. Ihr angeblicher Ehemann ist ihr fremd und dass sie ein Kind hat, scheint ihr unmöglich. Und doch nennt sie das Mädchen Mummy und ihr Mann Babe, bevor er in die Arbeit verschwindet. Celia findet Fotos von ihr, dem Mann und dem Mädchen im Haus an der Wand hängen und doch kommt ihr alles sehr falsch vor. Sie hat keine Ahnung wer sie ist und wie sie in dieses Haus gekommen ist....

Allie möchte ihren Geburtstag mit ihren Freunden an einem Strand feiern, doch einer der Freunde hat andere Pläne und sie landen in einer abgelegenen Hütte im Wald. Als während der Nacht plötzlich ein Fremder um die Hütte schleicht und am nächsten Morgen einer fehlt, fängt der Horror erst an.

Maggie findet sich ebenfalls nach dem Erwachen in einer fremden Umgebung wieder. Sie muss in einer Art Labyrinth gegen andere Mitstreiterinnen um ihr Leben kämpfen, die ebenfalls wie sie selbst gefangen genommen wurden und aus verschiedenen Gesellschaftsschichten stammen. Es folgt eine Art Panem Version, wo es nur eine Überlebende geben kann.

Drei sehr unterschiedliche Handlungsstränge, die nacheinander erzählt werden, lassen nicht das Gefühl aufkommen, irgendwie in Verbindung zu stehen. Man rätselt, warum sich diese Frauen plötzlich in einer fremden Welt befinden, wo sie versuchen müssen, ihr altes Leben wiederzuerlangen oder ganz einfach ihr Leben zu behalten. Zwischen den drei Handlungsabläufen werden interessante Chatverläufe eingeblendet, die viel Raum für Spekualtionen geben.

Jede der Geschichten ist spannend erzählt und lebt von drei starken Frauen, die sehr unterschiedlich sind. Ich habe sowohl mit Celia, Allie und auch Maggie mitgefiebert. Schade fand ich, dass keine der drei Erzählstränge auserzählt wird.
Der Schreibstil lässt sich schnell und flüssig lesen und man rast nur so durch die Geschichten. Christina Henry arbeitet sich genremäßig durch einen Cosy Crime, einem Horrorroman und einer Art Dystopie. Anspielungen auf diverse Bücher und Filme scheinen gewollt.

Zum Ende hin wird aufgelöst, wie die drei Geschichten zusammenhängen. So richtig überzeugt hat mich die Auflösung dann jedoch nicht. Ich fand sie eher unaufgeregt und plump, sowie klischeehaft. Sehr schade, denn der Weg dorthin war gelungen und hat mir gut gefallen.

Warum auf deutsch die Mädchen im Titel böse sind, im englischen Original aber gute Mädchen, ist mir nicht wirklich klar. "Gute Mädchen sterben nicht" hätte besser gepasst und mir auch besser gefallen.


Fazit:
Drei spannende Geschichhten, eine tolle Idee und eine gute Umsetzung. Die Auflösung war hingegen sehr plump und klischeehaft und hat mich im Endeffekt enttäuscht zurückgelassen.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Der See

Die Farben des Sees
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Matilda hat soben eine Trennung hinter sich, als sie erfährt, dass ihre Großmutter Enni gestorben ist. Als Kind war sie oft mit ihrer Schwester Juli am Bodensee bei den Großeltern, bis ihre Mutter plötzlich ...

Matilda hat soben eine Trennung hinter sich, als sie erfährt, dass ihre Großmutter Enni gestorben ist. Als Kind war sie oft mit ihrer Schwester Juli am Bodensee bei den Großeltern, bis ihre Mutter plötzlich die Besuche einstellte und den Kontaklt abgebrochen hat.
Als Matilda erfährt, dass ihre Mutter das Erbe ausgeschlagen hat und Juli und sie das Haus der Großmutter erben, ist sie überrascht. Am Bodensee angekommen rollen die Erinnerungen über Matilda herein und sie macht sich immer mehr Gedanken darüber, warum sie den Kontakt zu ihrer Großmutter nicht mehr gesucht hat. Es macht sie traurig und nachdenklich. Als sie ein altes Foto eines jungen Mannes in der Schublade von Ennis Nachtkästchens findet, der nicht ihr Großvater ist, beginnt sie nachzuforschen...

Der Roman ist in relativ großer Schrift geschrieben und besteht nur aus knapp 224 Seiten. Jedes Kapitel beginnt mit einer wunderbaren Beschreibung des Sees und seines einzigartigen Farbenspiels. Es ist bewundernswert, wie die Autorin dieses Naturschauspiel beschreibt und sich dabei nicht wirklich wiederholt.

Der See wird auch zum Ausgangspunkt für Matilda, deren Spaziergänge immer wieder dorthin führen. An diesem Platz versucht sie ihren Schmerz und ihre Einsamkeit zu vergessen. Sie sucht nach Antworten in ihrem Leben. Dabei begibt sie sich auf eine schmerzhafte, aber auch befreiende Konfrontation mit der Vergangenheit.

Die poetische Sprache von Rike Richtstein, die nicht nur die innere Zerissenheit der Protogonistin widerspiegelt, sondern auch das wechselnde Farbspiel des Sees perfekt miteinbaut, ist das Um und Auf dieses Romans. Die Autorin versteht es perfekt, die Gefühle von Matilda wiederzugeben. Eine gewisse Melancholie trägt den Leser durch die Seiten und macht nachdenklich. Man hält als Leser inne, um all die Gedanken und Gefühle auf sich einwirken zu lassen.
Nicht verstanden habe ich allerdings den Grund für den Kontaktabbruch von Matildas Mutter zu ihrer eigenen Mutter Enni. Ich empfand diesen absolut nicht gerechtfertigt und finde es traurig, wenn sich eigene Kinder von den Eltern lossagen.

Die Farben des Sees ist ein Roman, der sich wunderbar liest, aber mir vorallem wegen der poetischen Erzählweise in Erinnerung bleiben wird. Der Roman selbst ist eher unaufgeregt und befasst sich mit Trennung, Trauer und Vergangenem.

Fazit:
Es ist eine sehr ruhige Geschichte, die direkt aus dem Leben gegriffen ist und nichts Spektakuläres an sich hat. Beeindruckend ist jedoch die poetische Sprache der Autorin und die gelungene Atmosphäre.

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