So berührend ...
„Wir können nichts festhalten, alles fließt.“ (S. 239)
MEIN DRITTES LEBEN
Daniela Krien
Die Tochter von Linda und Richard ist tot. Sonja wurde von einem Lkw Fahrer, der links abbiegen wollte, übersehen. ...
„Wir können nichts festhalten, alles fließt.“ (S. 239)
MEIN DRITTES LEBEN
Daniela Krien
Die Tochter von Linda und Richard ist tot. Sonja wurde von einem Lkw Fahrer, der links abbiegen wollte, übersehen. Jetzt ist alles anders, vorher hatten sie alles, nichts ist geblieben.
Richard und Linda trauern unterschiedlich. Während Robert versucht in die Zukunft zu blicken, schirmt sich Linda ab - will keinen Kontakt, mag kein Mitgefühl von anderen erhalten oder wahrnehmen, wie diese hinter ihrem Rücken über sie sprechen.
Sie vermisst ihre Tochter, die sie über alles liebte und ihr Familienglück erst perfekt machte - obwohl sie nicht ganz perfekt war - aber sie war voller Leben und deshalb versucht Linda, Sonja lebendig zu halten, aus Angst, dass kleine Erinnerungen in ihrem Gedächtnis wegbröckeln könnten.
„Nicht die Liebe ist Richard und mir abhandengekommen, nur die gemeinsame Blickrichtung.“ (S. 195)
Durch einen Zufall hat sich die Möglichkeit ergeben einen kleinen alten Hof in einem Dorf bei Leipzig zu mieten. Hier zieht sie sich zurück, empfängt keinen Besuch, versucht die Nachbarn, so weit es geht, auf Abstand zu halten, kümmert sich um die alte Hündin Kaja, versorgt die Hühner und lässt die wenige Kraft, die sie hat, in den kleinen Garten fließen.
In Gedanken beschäftigt sie sich damit, ihrem Leben, das nicht mehr lebenswert erscheint, ein Ende zu setzen.
Dem täglichen Kampf, aufzustehen um zu essen und zu trinken oder mit dem Hund rauszugehen, muss sie sich täglich neu stellen.
Doch da ist etwas, ein unsichtbarer Faden, der sie langsam wieder zurück ins Leben zieht, sie müsste ihn nur greifen und es zulassen …
Was für ein berührender Roman. Ich habe mit Linda gefühlt, geweint und mit ihr mitgelitten, obwohl sie mir nicht immer sonderlich sympathisch war.
Ganz authentisch beschreibt Daniela Krien ein Szenario, was keiner von uns erleben möchte.
Die ganze Geschichte drohte mich - für ein paar Stunden - mit hinabzuziehen, aber dann gab es glücklicherweise ein kleines Licht am Himmel.
Eindrucksvoll und sprachlich wunderbar! Große Leseempfehlung für dieses tieftraurige Buch.
5/ 5
Mein Lieblingszitat stammt von einer Nachbarin und ist an Linda gerichtet:
„Er (Richard) hat sich gerettet. Auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod hat er sich für das Leben entschieden, während Sie versucht haben, ihn zu den Toten rüberzuziehen.“ (S. 71)