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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.08.2024

Wirklich gelungen

Die Wurzel alles Guten
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Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) ...

Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) auf. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass ZA Esko und Pekka Halbbrüder sind. Über Pekkas Mutter erfahren sie, wo sie mehr über ihren Vater, der beide Familien verlassen hat, erfahren können. Sie machen sich gemeinsam auf den weiten Weg der Wurzelsuche, nämlich auf die Suche nach ihrem Vater. Auf diesem Weg lernen sie nicht nur die Welt etwas besser kennen, sie stellen ebenfalls erstaunt fest, dass ihre Verwandschaft schneller wächst als erwartet.

Ich habe eine Schwäche für humorvolle finnische Autoren. Ich mag die teils abstrusen Ideen, die sie in ihre Literatur einbringen. In dieser Hinsicht war dieses Buch nicht gerade ein Volltreffer. Die Idee ist durchaus witzig, aber der Schreibstil doch halbwegs "normal" zu nennen. Er schreibt gefällig und auf angenehm straffe Art ohne allzu komplizierte Verschachtelungen oder sperrigen Satzbau.
Die Haupt-Charaktere sind ordentlich heraus gearbeitet, sodass man bald die einzelnen Protagonisten recht gut einschätzen kann. Das Buch ist in Kapitel gegliedert, die den Stadien einer Überkronung eines wurzelbehandelten Zahns entsprechen. Diese Stadien lassen sich problemlos auf den Verlauf der Geschichte übertragen. Eine wirklich nette Idee!
Die Kapitel sind unterteilt in Abschnitte, die entweder aus Pekkas oder Eskos Sicht die Ereignisse und Gedanken schildern. Ebenfalls ein nettes Schmankerl, das die Story nochmals auflockert und vor allem den Leser auch nicht im Unklaren lässt, ob der Erzähler tatsächlich mit seinen Vermutungen hinsichtlich seines Bruders richtig liegt oder eben nicht.
Insgesamt handelt es sich um ein Buch, das man hervorragend zur Unterhaltung lesen kann. Es ist einfach leichte Lektüre, die gut zu unterhalten versteht. Mehr leider nicht, aber diesen Zweck erfüllt es hinreichend. Selbstredend findet sich genügend Küchenphilosophie darin wieder, die einen hin und wieder genauer hinhorchen lässt.
Fazit:
Ein gelungener Unterhaltungsroman mit wirklich liebenswerten Protagonisten

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Vielleicht zu viel gewollt

Tartarus - Dein Wissen ist tödlich
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Der junge Leon Gärnter schafft es nach seine Masterarbeit in Biologie über Gen Drives einen Job bei seiner Wunschprofessorin Stierli zu ergattern. Er besucht mit ihr einen wissenschaftlichen Kongress und ...

Der junge Leon Gärnter schafft es nach seine Masterarbeit in Biologie über Gen Drives einen Job bei seiner Wunschprofessorin Stierli zu ergattern. Er besucht mit ihr einen wissenschaftlichen Kongress und lernt dort eine Journalistin kennen. Er wird durch Zufall Zeuge ihrer Ermordung, die mit dem Projekt Tartarus in Verbindung steht.
Von da an nimmt das Buch richtig Fahrt auf. Leon gerät in Situationen, in denen er nicht mehr weiß, wer ist Freund oder Feind und oft scheint der eine oder die andere auch mal die Position zu wechslen. Mit von der Partie ist neben dem Geheimdienst auch der Milliardär Cameron Slate, der seine eigenen Ziele und Interessen verfolgt.
Es geht um ganz große Themen wie z.B.: Welternährung oder was darf Wissenschaft überhaupt. Das Buch ist spannend geschrieben. Der Autor kommt ab und an mit einem ziemlich trockenen Humor um die Ecke, der das Ganze recht gut auflockert.
Am Ende laufen die losen Enden ganz gut zusammen.
Fazit: Gut zu lesen, spannend geschrieben, glaubwürdige Personen, aber vielleicht ein bißchen viel auf einmal.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Geschwisterkonflikt

Elternhaus
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Was macht man mit einem Haus zu viel?
Sanne, Petra und Gitti sind Schwestern, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die älteste von ihnen, Sanne, ist von Kindheit an gewohnt, alles zu managen und aufzupassen. ...

Was macht man mit einem Haus zu viel?
Sanne, Petra und Gitti sind Schwestern, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die älteste von ihnen, Sanne, ist von Kindheit an gewohnt, alles zu managen und aufzupassen. Erst nur auf die kleineren Schwestern und nun eben auch auf die inzwischen angejahrten Eltern. Sie wohnen nur wenige Straßen entfernt, während beide Schwestern nicht so ohne weiteres sofort antanzen können um sich zu kümmern.
Und das wird immer nötiger, denn die Eltern haben immer mehr Probleme, mit dem schmalen Haus und dem großen Garten fertig zu werden. Nach einem Treppensturz ist für Sanne klar: Die Eltern müssen in eine Wohnung ziehen ohne Treppen!
An dieser Stelle startet der Roman von Ute Mank mit den Vorbereitungen zum Umzug der Eltern. Erstaunlicherweise scheint Sanne die Einzige zu sein, die diese Notwendigkeit sieht. Ihre volljährige Tochter Lisa wirft ihr vor, die Eltern zu entwurzeln und abzuschieben. Auch ihre jüngste Schwester Gitti hat sehr gemischte Gefühle dabei, auch wenn sie zumindest hilft. Die Mittlere, Petra, ist schon lange in eine entfernte Stadt gezogen und taucht nur bei bestimmten Festivitäten im Heimatort auf. Sie hat sich bewusst auch beziehungsmäßig so weit entfernt, dass glatt vergessen wird, sie überhaupt zu informieren, dass die Eltern ausziehen.
Nach dem Umzug hat Sanne immer stärker mit Schuldgefühlen zu kämpfen, vor allem weil sie kurz entschlossen einen benachbarten und befreundeten Makler beauftragt hat, das Elternhaus zu verkaufen. Ein Entschluss, den sie eigentlich kurz darauf schon bereut, zu dem sie jedoch trotz allem steht. Und so stürzt sie - auch durch ihr Umfeld begünstigt - in eine fortschreitende Überlastung und Depression.

Ute Mank schildert das Geschehen durch fortwährenden Wechsel der Perspektiven, vor allem von Sanne und Petra. Dadurch erfährt der Lesende nicht nur was geschieht, sondern er erfährt auch, was die einzelnen Protagonisten fühlen und denken. Zahlreiche Rückblicke in die Kindheit tauchen als Erinnerungen auf; manchmal in zwei verschiedenen Köpfen mit verschiedenen Sichtweisen dazu. Deutlich wird, dass es immer unterschiedliche Perspektiven der Betrachtung gibt und nicht nur schwarz oder weiß.
Deutlich wird auch, wie wichtig manchem das Gebäude Elternhaus ist - auch, wenn es niemand der Nachfolgegeneration übernehmen möchte, um selbst darin zu leben. Ein Punkt, der mir leider besonders schwer fällt nachzuvollziehen, denn wenn das Elternhaus so wichtig für mich wäre, würde ich dort einziehen wollen.
Der Schreibstil ist kurzweilig und durchaus niveauvoll. Es bereitete mir überhaupt keine Mühe, in die Geschichte einzusteigen und die Protagonisten ein Stück zu begleiten. Nicht einmal, wenn Erzähltes wiederholt wurde oder Nichtigkeiten beschrieben wurden. Ein durchaus unterhaltsamer, wenn auch überhaupt nicht im Sinne von fröhlich, Roman. Und absolut ein Stück Familienleben, das auf so manch Lesende irgendwann in ähnlicher Form zukommen wird.

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Veröffentlicht am 31.07.2024

Robinsonade der Moderne

Vorstandssitzung im Paradies
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Der Erzähler verunglückt mit einer seltsam anmutenden Passagier-Gemeinschaft mit dem Flieger über dem tropischen Meer. Bis auf 2 Opfer können sich alle auf eine scheinbar unbewohnte Pazifikinsel retten, ...

Der Erzähler verunglückt mit einer seltsam anmutenden Passagier-Gemeinschaft mit dem Flieger über dem tropischen Meer. Bis auf 2 Opfer können sich alle auf eine scheinbar unbewohnte Pazifikinsel retten, während das Flugzeugwrack kurz vor der Küste auf einem Korallenriff liegt.
Die Gesellschaft besteht aus Hebammen, Krankenschwestern, Ärzten, Forstarbeitern, der Flugzeugbesatzung und dem erzählenden Journalisten - aus Finnland, Schweden, Norwegen und England.
Diese zusammengewürfelte Truppe muss fortan darum bemüht sein, sowohl unbedingt erforderliche Nahrung zu beschaffen, als auch ein verträgliches Miteinander zu finden. Und das gelingt verblüffend gut, wenn auch nicht gleich auf Anhieb.

Ich liebe den teils schnurrigen Erzählstil von Paasilinna, der auch die aberwitzigsten Begebenheiten so schildert, als wäre es für ihn normaler Alltag.
Zwischendurch werden wenige kurze Erzählungen eingestreut, entweder vom Erzähler selbst oder aber in Form der Wiedergabe einer Geschichte eines Mitbewohners. Nicht immer versteht man unmittelbar, was der Autor einem damit sagen wollte, aber Paasilinna hatte m. E. einfach ein Plauder-Gen und hörte sich seine Geschichten einfach gerne selbst an. Dennoch ist es sicher nicht sein skurrilstes Buch, doch er stand auch da erst am Beginn seiner schriftstellerischen Karriere. Schließlich erschien es im Original bereits 1974, wobei es nichts an Aktualität verloren hat.
Im Kern geht es darum, ob der Mensch wirklich glücklich ist, wie er in der zivilisierten europäischen Gesellschaft lebt. Denn das Leben im Einklang mit der alles beherrschenden Natur kann sicherlich sehr befriedigend sein und eine menschliche Gemeinschaft, die im Sinne aller handelt - demokratisch und auch fast schon kommunistisch - ist sicher ein erstrebenswertes Leben. Zumindest im Roman...

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Die Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit

Zeit der Schuldigen
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Die 17jährige Nina wird 1981 auf dem Heimweg von einer Chorprobe vergewaltigt und mit mehreren Messerstichen ermordet. Ein Verdächtiger, Volker März, ist relativ schnell ins Visier der Ermittler geraten, ...

Die 17jährige Nina wird 1981 auf dem Heimweg von einer Chorprobe vergewaltigt und mit mehreren Messerstichen ermordet. Ein Verdächtiger, Volker März, ist relativ schnell ins Visier der Ermittler geraten, weil er ein ungleiches Verhältnis zu ihr hatte. Sie war seine Traumfrau und er für sie nur ein guter, fast väterlicher Freund, da deutlich älter.

Da ich ungern in einer Rezension zu viel vom Inhalt verraten möchte, muss ich an dieser Stelle zum weiteren Verlauf schweigen. Jeder, der die zugrunde liegenden Umstände im Fall Frederike von Möhlmann kennt, ahnt, was daraus wird.
Dass dieses Thema, wenn auch stark abgewandelt, in einem spannenden Roman aufgearbeitet wird, ist tatsächlich lobenswert. Die Allgemeinheit wurde wegen der daraus entstandenen juristischen Auseinandersetzungen, die bis zum Oberverfassungsgericht reichten, durchaus aufgewühlt und auch mir war der echte Fall sofort präsent - bereits vor der Lektüre des Buches, das ich auch aus diesem Grunde ins Auge gefasst hatte.

Der Roman wird in mehreren Ebenen erzählt. Da ist zum Einen das Jahr 1981 mit der Ebene des Tatvorlaufs und -hergangs sowie der Ebene der Ermittlungen bis ins Jahr 1982. Dann zum Anderen die Jahre 2007 sowie 2012 bis 2014 und letztlich noch die "aktuelle" Ebene 2022 und ein Rückblick in die 70er Jahre, die jedoch nur am Rande mit dem Fall Nina zu tun hat. Dankbarerweise sind die jeweiligen Daten immer als Kapitelüberschriften vorhanden,, sodass keine Verwirrung herrscht.
Die aktuelle Zeitebene bildet einen Parallelstrang des Romans, mit dem er sogar beginnt. Kommissarin Anne Paulsen entführt den Tatverdächtigen März in eine leerstehende Gaststätte, um ihm ein Geständnis zu entlocken. Dieser Strang baut auf dem realen Fall des Magnus Gäfgen, Mörder des Entführungsopfers Jakob von Metzler auf, allerdings nur in stark abgewandelter Form.

Wenn einem die realen Fälle bekannt sind, ist verständlicherweise nicht mehr viel mit Spannung im Sinne von Überraschung zu holen, da man bereits im Vorfeld weiß, wie es enden wird. Dies schadet der Lektüre jedoch keinesfalls. Der Schreibstil des Autors ist wieder einmal ausgesprochen packend und man kann das Buch nur schwer aus der Hand legen. Als Jurist weiß Markus Thiele genau, wovon er schreibt. Und in diesem Buch erklärt er auch recht genau, warum das Empfinden der Leserschaft nicht unbedingt mit geltendem Recht und Gesetz harmoniert. Und wie beim Fall Gäfgen verleitet er uns, am Ende doch mit Ermittlerin Paulsen zu bangen, ob es nicht vielleicht doch gut ausgehen kann für sie.
Die Story ist sehr gut aufgebaut, wobei mir der Paulsen-Strang etwas unrealistisch und schwer nachvollziehbar schien. Leider haderte ich auch mit der Rolle von NInas Vater, die in meinen Augen sehr schöngeschrieben und bewusst bemitleidenswert angelegt war. Da ich mich letztlich jedoch ohnehin mit keiner der Rollen identifizieren konnte oder wollte oder musste oder was auch immer, hat das dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan.

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