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Veröffentlicht am 27.10.2024

Lesen gilt als etwas vorhaben!

Unter Wasser ist es still
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Das Cover erinnert sofort an Meer und Urlaub, Häuser in den Dünen, die helle Gestaltung des Covers und das Orange des Buches wirkt ausgeglichen, es wäre mir in einer Buchhandlung positiv aufgefallen. Ankommen ...

Das Cover erinnert sofort an Meer und Urlaub, Häuser in den Dünen, die helle Gestaltung des Covers und das Orange des Buches wirkt ausgeglichen, es wäre mir in einer Buchhandlung positiv aufgefallen. Ankommen und Loslassen heißt es im Klappentext, das klingt nach Urlaub und Erholung, den Alltag loslassen, in diesem Fall ist es aber die Vergangenheit die bewältigt und dann losgelassen werden kann oder nicht? Maira arbeitet als Restauratorin, hängt sie am Alten, also an ihrer Vergangenheit, sie hat sich von ihrem Freund getrennt und es gibt eine unverarbeitete Erinnerung in ihrem Leben was ihr einen auszutragenden Konflikt bereitet. Sie kann in Frankfurt die Firma ihres Arbeitgebers übernehmen, kann ihre eigene Chefin werden. Um auch Startkapital zu haben muss sie in ihr Heimatdorf fahren und das Haus ihrer Mutter verkaufen. Im Ort angekommen macht es zunächst den Eindruck die Zeit scheint stehen geblieben zu sein, wie es in vielen kleinen Orten so ist, dennoch alles ist im Wandel und so auch hier. Kinder werden zu Erwachsenen, bleiben aber im Ort und bekommen selber Kinder, die wiederrum spielen genau im selben Garten wie sie damals. Maira zieht in ihr altes Gartenhaus ein, ohne Strom und Wasser. Weil sie von Walen erzählt habe ich mich zunächst gefragt gibt es Wale in der Ostsee? Ja Schweinswale die bis zu einer Größe von 190 Meter groß sind und auch kleiner Tümmler genannt wird. Bei der Internetrecherche stand der Satz dabei der Einzig für den Schweinswal ist die Ostsee eine Heimat. Mit seinen bis zu 1,90 m Größe ist der auch Kleine Tümmler genannte Meeressäuger ein sehr kleiner Vertreter der Wale. Große Wale sind hier nur Irrgäste, ebenso kleinere Arten wie Schnabelwale oder Belugas. Größere Wale sind hier nur Irrgäste, hat sie sich als Irrgast gesehen? war ihr Mutter durch ihre Erkrankung ein Irrgast geworden. Sie ist wie es scheint die Einzige die weggezogen ist. Mairas Mutter ist jung an Demenz erkrankt und als Maira mit einem Freund bei den Schweinswalen schwimmen war hat sie zu Hause absichtlich eine Platte angelassen und dadurch ist ein Brand entstanden bei dem die Mutter verstorben ist. Auch der Schweinswal ist in dem Moment gestorben, auch wenn der Vergleich hier nicht angebracht ist, der Wal war wegen der Müllverschmutzung im Meer gestorben, auch ihm konnte sie nicht helfen. War es bei der Mutter ein Versehen oder schreibt die Autorin über Sterbehilfe, das Maira mit der Pflege ihrer Dementen Mutter überfordert war lag auf der Hand. Im Laufe der Geschichte kommt Maira im Dorf an als wäre sie nie weggewesen, und ich habe beim Lesen schon gedacht, sie geht auch nie wieder weg. Wie die Geschichte ausgeht wird hier nicht verraten, lesen sie es selber, das Buch ist es wert. Ich finde es gibt Wörter die sind im Sprachgebrach verschwunden, wie zum Beispiel Hakelig, schön dass es sie doch noch gibt. Auf Seite 18 ist Mairas Antwort auf eine Einladung … Ich verneine. Lesen gilt nicht als etwas vorhaben. Doch hier eine schöne Geschichte, liebevoll geschrieben mit vielen Sätzen die mich berührt haben, vielen Dank für die Einladung.

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Veröffentlicht am 27.08.2024

Kein Mensch ist eine Insel, die ganz für sich alleine ist

Kleine Monster
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Kein Mensch ist eine Insel, die ganz für sich alleine ist schreibt der englische Dichter John Donne. Die Geschichte „Kleine Monster“ ist in 3 Teilen mit 61 Kapiteln ungekünstelt und einfach geschrieben, ...

Kein Mensch ist eine Insel, die ganz für sich alleine ist schreibt der englische Dichter John Donne. Die Geschichte „Kleine Monster“ ist in 3 Teilen mit 61 Kapiteln ungekünstelt und einfach geschrieben, sie lässt den Leser dennoch nachdenklich zurück, was ist im Leben von Pia Reiserer geschehen, dieses wird in zwei Zeitebenen erzählt, die Gegenwart und die Vergangenheit. Wie spiegelt sich Vergangenheit in der Gegenwart wider, was tragen wir mit oder geben wir weiter, das gilt es hier zu lesen.
Leon der Sohn der Familie hat in der Schule, ja was eigentlich getan? Die Eltern werden zu einem Gespräch in die Schule gebeten, Leon soll sich in der Pause einem Mädchen ungewöhnlich genährt haben, Leon schweigt dazu. Denkt man als Eltern hier habe ich zu wenig Vertrauen zu meinem Kind? Aus der WhatsApp-Gruppe der anderen Eltern werde sie gelöscht, wie schnell wird man zum Außenseiter, oder legen wir in eine WhatsApp-Gruppe zu viel rein, warum hinterfragen die anderen Eltern nicht was geschehen ist? Das Ganze verläuft irgendwie im Sande, bleibt das Kind damit schuldig und auch die Eltern, die Beziehung zur Schule bleibt schwierig, man geht sich irgendwie aus dem Weg. Erst zum Ende des Buches löst sich auf was wirklich geschehen sein kann, auf dem Weg dorthin geht gerade Pia durch eine Achterbahn der Gefühle. Ihre Schwester Linda ist mit vier Jahren in einem See ertrunken, die Schwester Romi war dabei, Pia scheint sich ihr Leben lang darüber Gedanken gemacht zu haben ob Romi mit dem Unfall etwas zu tun hat. In der Geschwisterbeziehung hat Romi eine eigene andere Rolle, Pia und Linda sind Geschwister, Romi ist adoptiert, ist hier die Beziehung eine andere? Pias Mutter geht auch härter mit Romi um und verteidigt das damit das sie es braucht, am Ende muss sie die Familie verlassen, sie geht warum? Ist in dieser Familie auch einiges Unausgesprochen, ein eindeutiges Ja, aber in wie vielen Familien wird schon gesprochen? Pia denkt immer wieder ob sie in ihrer Mutterschaft etwas falsch macht, ist Luca falsch, macht sie mit Luca etwas falsch, diese Fragen bleibt im verlauf ein wenig offen, als Eltern hat man eine große Verantwortung und ich finde die werden Jacob und Pia gerecht. Die Frage ist ja auch wie realistisch sind Erinnerungen, Forschungen haben gezeigt das es bei Erinnerungen unter Geschwistern vollkommen unterschiedliche Wahrnehmungen gibt und einiges verblasst auch im Laufe der Zeit oder wird hinzugedichtet. Ich finde das Ende lässt einiges offen, regt aber dadurch zum Nachdenken an. Die sensible Mischung aus spannender Handlung und tiefgehender Reflexion zum Familiensystemen machen "Kleine Monster" zu einem sehr empfehlenswerten Buch was ich gerne gelesen haben, vielen Dank.

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Veröffentlicht am 22.08.2024

Ein Roman wie Porzellan: fein, bunt, geerdet, zeitlos

Ein neues Blau
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„Ich verändere lediglich die Form ein wenig und versuche Schönheit darin zu finden; mir zu verdeutlichen, dass sie zwar anders sind, aber dennoch Sinn, sprich eine Daseinsberechtigung haben. Einen eigenen ...

„Ich verändere lediglich die Form ein wenig und versuche Schönheit darin zu finden; mir zu verdeutlichen, dass sie zwar anders sind, aber dennoch Sinn, sprich eine Daseinsberechtigung haben. Einen eigenen Sinn und ein eigenes Dasein.“ (Zitat Seite 239)

Inhalt 1919 – 1935 spiel die Geschichte
Lili Kuhn fühlt sich schon als Kind „halb“. Sie wächst ohne Mutter auf und ist Halbjüdin. Takeshi, der chinesisch-japanische Geschäftsfreund ihres Vaters, versteht es, sich „halb“ zu fühlen. Er versteht auch die kleine, phantasievolle Lili, die ihre Gefühle als Farben sieht und von ihrem Vater und nun auch Takeshi in liebevoller Geborgenheit aufgezogen wird. Heute, beinahe am Ende eines langen Lebens, in dem Porzellan, Malerei und Farben immer eine große Rolle gespielt haben, lebt sie zurückgezogen in Berlin. Auch Anja Hermann, gerade 18 Jahre alt, lebt in Berlin. Kritisch und dem Alter entsprechend unangepasst erlebt sie gerade die Scheidungsdiskussionen ihrer Eltern mit. Ausgerechnet sie wird von dem Direktor ihrer Schule gefragt, ob sie nicht manchmal nachmittags einer alten Dame Gesellschaft leisten möchte. Zusätzliches Taschengeld findet Anja immer gut und neugierig ist sie auch. Auch Lili interessiert diese eigensinnige, widersprüchliche junge Frau und sie beginnt, Anja ihr abwechslungsreiches Leben zu erzählen.

Thema und Genre
Im Mittelpunkt dieses zeitgeschichtlichen Familienromans stehen die Kunst der Porzellanerzeugung und die KPM, ab 1918 Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin, das Bauhaus und die japanische Kultur mit ihrer Garten- und Teetradition. Es geht auch um unterschiedliche Religionen, was besonders mit dem Beginn des Nationalsozialismus eine wichtige Rolle spielt. Werte wie Familie, Freundschaft, Liebe, aber auch Trauer Psychologie verbinden diese Komponenten zu einer Geschichte.

Charaktere
Zwei unterschiedliche Frauen, Lili und Anja, beide eigenwillig, neugierig auf das Leben. Zuerst auf der Suche, weiß Lili bald, was sie will und auch Anja findet in Lilis Geschichte neue Ideen für ihre eigene Zukunft.

Handlung und Schreibstil
Der Autor erzählt seinen Roman in zwei unterschiedlichen Geschichten und Zeitebenen. Lilis Geschichte zwischen 1919 und 1935 wird in der dritten Person erzählt, dazwischen abwechselnd Anjas Geschichte 1985 in der Ich-Form. Das Jahr 1985 verbindet beide Geschichten. Zusätzliche Rückblenden ergänzen beide Erzählstränge. Zwischen einigen Kapiteln, über das gesamte Buch verteilt, finden sich Auszüge aus „Handwerkskunst KPM Berlin“. Darin wird die Porzellanherstellung geschildert und die Texte sind durchaus auch metaphorisch zu verstehen.
Die Sprache ist bildhaft und poetisch, mit bunten Schilderungen und vielen interessanten Informationen. Poesie findet sich auch in den Kapitelüberschriften, während sich die Spannung aus dem ereignisreichen Leben Lilis ergibt.

Fazit
Ein Familienroman, ein Frauenroman, ein realer geschichtlicher Hintergrund mit bekannten Künstlern und Persönlichkeiten vermittelt Wissen über die aufwändige Porzellanherstellung, über den Bauhaus-Gedanken, über jüdische und japanische Traditionen. Eine Geschichte von engagierten, mutigen Frauen, die sich liest wie Porzellan: geerdet, zeitlos elegant, fein und robust, bunt und poetisch.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.

Lügnerin
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Das Buch aus dem Hebräischen der Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen die auch „Löwen wecken“ geschrieben hat trifft das Zitate von Mark Twain - Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor ...

Das Buch aus dem Hebräischen der Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen die auch „Löwen wecken“ geschrieben hat trifft das Zitate von Mark Twain - Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.
Die Protagonistin Nuphar Shalev ist ein unscheinbares, unsicheres 17-jähriges Mädchen das in den Sommerferien als Eisverkäuferin in einer Tel Aviver Eisdiele arbeitet. Als der gehemmte, einsame Teenager die nachlässig formulierte Bestellung eines alternden Schlagerstar korrigiert, stößt dieser Worte aus, „die ins Fleisch schneiden“. Das Mädchen rennt vom Tresen weg, der eitle Sänger setzt ihr nach. In einem Hinterhof stößt Naphuar einen grellen Schrei des Abscheus und der Wut aus. Passanten eilen herbei, mitfühlende junge Soldatinnen – gewohnt, in einem immer wieder als äußerst sexistisch beschriebenen Umfeld zu dienen – sind zur Stelle und reden dem Mädchen ein, was sie zu sehen glauben. Der Sänger muss versucht haben, die Minderjährige sexuell zu belästigen. Nuphars geflüstertes „Ja“ bringt den pöbelnden Sänger in Untersuchungshaft und beschert ihr jene Aufmerksamkeit, die sie bis dahin im Alltag entbehrt hatte. Als aus diesem Missverständnis eine Lüge wird und sie plötzlich im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit steht, scheint sie regelrecht aufzublühen. Auf diese Lüge gründet sich auch eine zarte Liebe zu Lavie, doch die Lüge bleibt eine Lüge und sie lastet auf ihr. Kann sie wirklich damit durchkommen und trotzdem an ihrem Glück festhalten oder wird alles über ihr zusammenbrechen? Ayelet Gundar-Goshen bleibt in ihrem Buch die ganze Zeit neutral, sie bezieht keine Position für oder wider der Hauptfigur. Sie berichtet und beobachtet und betont gleichzeitig die Rolle, die die Medien und die Öffentlichkeit bei der Verbreitung der Lüge spielen. Es braucht eine gute Story und schon wird nicht mehr hinterfragt, die Geschichte breitet sich aus und ist nicht mehr zu stoppen. Der Roman passt perfekt in die heutige Zeit und solle unbedingt gelesen werden. Erschienen 2017 im Kein & Aber Verlag

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Was nicht hier ist, ist nirgends

Die Welt da drinnen
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„Was nicht hier ist, ist nirgends“, „Die Welt da drinnen“, ist die Welt in einer deutschen Nervenheilanstalt. Es ist aber auch die Welt in einer geschlossenen Gesellschaft um diese Nervenheilanstalt herum, ...

„Was nicht hier ist, ist nirgends“, „Die Welt da drinnen“, ist die Welt in einer deutschen Nervenheilanstalt. Es ist aber auch die Welt in einer geschlossenen Gesellschaft um diese Nervenheilanstalt herum, der Diktatur der Nationalsozialisten in Deutschland. Hätte ich selbst zur Täterin werden können habe ich mich während des Lesens gefragt. Was macht Menschen dazu Täter zu werden, zu töten, oder darüber zu entscheiden, wer ein lebenswertes Leben hat und wer nicht und wie gehen sie damit um, und geht ihr eigenes Leben danach weiter? Was heißt „lebenswert“, ab wann ist ein Mensch das nicht mehr oder gar schon „nicht lebenswert“ geboren, was macht einen Menschen aus? Manchmal dauert es, aber Verbrechen kommen heraus, sie werden bestraft, und es wird darüber berichtet. 179 Patienten der Schweriner Nervenklinik wurden 1941 als „lebensunwert“ erklärt und im Rahmen der nationalsozialistischen Euthanasie ermordet, nur ein kleiner Teil der vermutlich 100.000 ermordeten Menschen im Deutschen Reich. Ihre Akten bleiben auch nach dem Ende der Nazizeit unter Verschluss – im Ministerium für Staatssicherheit der DDR –, bis sie nach der Wende 1990 ins Berliner Bundesarchiv gelangen.
Helga Schubert hat die Akten der Menschen gesichtet und folgt den Schicksalen, dem Leiden, und schließlich dem tot einzelner: vor und nach deren Einlieferung, aber auch den Biografien der Ärzte, und zwar denen der Täter und denen, die sich dem Tötungsauftrag wieder setzten. Der Bezug zur Gegenwart ergibt sich zum einen aus den Diskussionen über Sterbehilfe, Hirntod und pränatale Gendiagnostik. Zum anderen ist dieses Buch Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus. „Die Welt da drinnen“ ist ein bewegendes und einzigartiges Stück Literatur. Die 1940 geborene Schriftstellerin studierte Psychologie und arbeitete jahrelang in der Psychotherapie. Sie wurde bereits mit ihrem ersten Erzählband „Lauter Leben“ in der DDR bekannt, der 1975 erschien. Während der „Wendezeit“ war sie Pressesprecherin des Runden Tisches. Die letzten Veröffentlichungen sind die Bücher „Judasfrauen“, „Der heutige Tag“, „Lauter Leben“, „Vom Aufstehen“, erschienen im dtv.

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