Profilbild von MarieOn

MarieOn

Lesejury Profi
offline

MarieOn ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit MarieOn über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2024

Unbedingte Leseempfehlung für alle, die Literatur lieben

BILLIE »Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden«
0

Sybilla Schwarz, von allen Billie genannt, wächst als junges Mädchen neben ihren zwei Schwestern und drei Brüdern in Greifswald auf. Ihr Vater ist der Ratsherr der Stadt und sehr beschäftigt, die Mutter ...

Sybilla Schwarz, von allen Billie genannt, wächst als junges Mädchen neben ihren zwei Schwestern und drei Brüdern in Greifswald auf. Ihr Vater ist der Ratsherr der Stadt und sehr beschäftigt, die Mutter wacht streng über die Töchter. Billie hat sich das Lesen beigebracht und streift zuweilen durch die Bibliothek ihres Vaters. Die Finger streichen entzückt die Buchrücken entlang. In ihrer Kammer taucht sie in die Heldenepen Homers, die Oden Horaz´, Vergil und Ovid ein und bemächtigt sich der lateinischen Sprache. Sie konkurriert mit ihrem Bruder Georg, der privat unterrichtet wird und so vermessen ist, sich für die Schöpfung der Menschheit zu halten, allein weil er ein Junge ist. Doch wozu das alles? Zuerst würde ihre Schwester Regina heiraten, dann Emerenzia und am Ende sie selbst.

Die Gerüchte mehren sich, dass die Katholiken gegen die Protestanten aufbegehren, sie zu unterwerfen und dann gibt Wallenstein ihnen das Recht dazu. Er hat den gottesfürchtigen Männern erlaubt nicht nur Greifswald zu besetzen, sondern rückt mit einem 40.000 Mann starkem Heer an, der Dreißigjährige Krieg beginnt. Oberstleutnant Guitzardo besetzt ihr Haus und enteignet Billies Vater. Jetzt fläzt der feiste dekadente Mann in ihrer Bibliothek, nascht das Konfekt, trinkt den Wein, den man ihm offerierte und lässt sich von Billie und der Magd Inés bedienen.

Billie lernt ihre Nachbarin Judith kennen, die mit Vater und Schwester auf der Flucht ist. Sie ist das schönste Mädchen, das Billie je gesehen hat und Judith inspiriert sie zu den schönsten Liebesversen. Bei Kerzenschein versucht sie ihre Sehnsucht zu stillen, indem sie zarte Worte aus ihrem zerrissenen Herzen tropfen lässt.

Fazit: Mein Dank an Stefan Cordes, der die Geschichte Billies aus der Vergessenheit reißt und mir dieses außergewöhnliche Mädchen vorstellt. Der Autor hat eine sympathische Heldin geschaffen, die man kennenlernen möchte. Wie mutig sie sich den Autoritäten entgegengestellt hat und jede Konsequenz in Kauf nahm, um sich ihre Integrität zu bewahren. Wie hart das Schicksal mit ihr umgegangen ist, hat der Autor, der sich empathisch in die dunkle Zeit des 17. Jahrhunderts hineinversetzt hat, als Frauen Männer zu schmücken und sich einzig unterzuordnen hatten, anschaulich gezeigt. Ich habe mich in Stefan Cordes Sog ziehen lassen und jedes Ereignis mit Spannung erwartet. So eine feine historische Aufarbeitung ist ihm gelungen, dass ich denke, dass wir auch im 21. Jahrhundert mehr Frauen wie Billie brauchen können. Unbedingte Leseempfehlung für alle, die Literatur lieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.08.2024

Fulminant

Brennende Himmel
0

Winter 2019. Riccardo Giordano hat mit seinem Leben abgeschlossen. Er ist ein heruntergekommener Mittdreißiger. Seinen Sohn Niccolò, angehender Jurist, wie er selbst einmal, sieht er nur vier Mal im Jahr. ...

Winter 2019. Riccardo Giordano hat mit seinem Leben abgeschlossen. Er ist ein heruntergekommener Mittdreißiger. Seinen Sohn Niccolò, angehender Jurist, wie er selbst einmal, sieht er nur vier Mal im Jahr. Jetzt sitzt er betrunken am Strand von Camporontondo und sieht die Dämonen von damals und auch wenn er es nicht fühlt, weiß er, dass er es nicht wert ist weiterzuleben.

Camporontondo 2000. Teresa Vasta sitzt mit ihren Eltern im Auto, auf dem Weg zum Ferienhaus. Mutters Atem stinkt nach Cynar und Merit, als sie Teresa anbrüllt, sie solle das scheußliche Schlampenzeug ausmachen, drei Ave-Maria und ein Vaterunser beten. Teresa nimmt die Kopfhörer runter, Britney, Avril und Cher verstummen.

Obwohl Teresa ihrer Mutter beim Auspacken helfen sollte, macht sie das Gleiche wie jedes Jahr nach ihrer Ankunft. Sie läuft runter zum Meer, setzt sich in den Sand und schaut der Sonne dabei zu, wie sie ihre Haut streichelt. Einige Meter entfernt beobachtet sie drei Jungs beim Ballspiel, bewundert ihre athletischen Körper in den knielangen Badehosen. Einer findet ihren Blick, fixiert ihn, lächelt, ohne Beteiligung der Augen und erzeugt in Teresa ein mulmiges Gefühl.

Paloma Winter 2019. Niccolò ist ein durchtrainierter achtzehn jähriger, führt seine Freunde charismatisch, nennt sie Gefährten und zieht nächtelang Lines. Zwischendurch schleppt er Frauen ab, die ihm einen guten Job machen oder zumindest ihre Pflichten an ihm erfüllen. Er ist ein Gott, studiert mehr schlecht als recht, drückt aber jeden Morgen Gewichte. Seine Mutter Teresa hasst er die meiste Zeit wegen ihrer Gottbesessenheit und ihrer Nörgelei, er sei wie sein Vater. Sein Stiefvater Fabrizio ist Chirurg, er schenkt Niccolò das Nötigste, Motorrad zum sechzehnten, Porsche zum Achtzehnten.

Fazit: Ich habe selten eine so gut aufgebaute Geschichte gelesen. Mattia Insolia führt absolut gelungene Charaktere ein. Die Mutter der Protagonistin ist voller Selbsthass, die Wut, die sie an ihrer Tochter auslässt, gleicht einem Personenzug, der das Bremsen vergisst, als er in den Bahnhof einfährt. Der Vater ist machtlos und voller Schuldgefühle. Er kann seiner Tochter nicht beistehen, versinkt in Depression. Der Protagonist ist selbstgefällig, fremd – und selbstzerstörerisch, sein Frauenhass erschreckt. Ein Bilderbuchnarzisst, frei von jeder Empathiefähigkeit. Ich habe den moralischen Finger gehoben und gleich wieder heruntergenommen, weil ich weiß, dass es Menschen gibt, die zutiefst krank in ihrer Seele sind. Selten hat mich ein Autor in eine Welt gezerrt, die ich ihm so glaube. Er hat Niccolò durch die harte Schule des Lebens getreten. Die Klangfarbe Mattia Insolias gleicht einer Arie von Puccini. Die Geschichte ist temporeich und entwickelt einen Sog, dem ich mich, trotz aller heftiger Ereignisse, die in ihrem Schrecken nicht vorauszusehen sind, unmöglich entziehen konnte. Das Buch habe ich in kurzer Zeit gelesen, mir mit mehreren Ach du meine … Das kann doch nicht … Was … Um … Luft verschafft. Rasant! Fulminant! Erschütternd! Ganz große Kunst!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2024

Unbedingt lesenswert

Die Geschichten in uns
0

Benedict Wells zeigt uns in diesem Buch, wie der Weg zu einer guten Geschichte aussehen kann. Im ersten Teil seines gut strukturierten Buches stellt er sich uns vor. Er blickt zurück, holt Erinnerungen ...

Benedict Wells zeigt uns in diesem Buch, wie der Weg zu einer guten Geschichte aussehen kann. Im ersten Teil seines gut strukturierten Buches stellt er sich uns vor. Er blickt zurück, holt Erinnerungen an seine Kindheit hervor. Wie sehr ihn die Krankheit seiner Mutter und die lockere Weltanschauung seines Vaters prägte. Darüber, wie schuldig er sich mit sechs Jahren fühlte, als sich die Eltern trennten. Zuerst lebte er bei seiner Mutter, die in ihre Schweizer Heimat zurückging, dann bei seinem Onkel. Die erste Phase der Stabilität erlebte er in dem staatlich – katholischen Grundschulheim in Bayern. Hier waren alle gleich versehrt, hatten alle ihre Bilder im Kopf.

Als er mit dem Schreiben anfing, achtete er nicht auf die Ratschläge von Freunden und Familie, zuerst einmal etwas Solides zu machen. Er pfiff auf den Grundstock, zog nach Ostberlin, wo Wohnraum sanierungsbedürftig, aber günstig war, suchte sich mehrere Jobs und fand seinen Schreibrhythmus. In den ersten Jahren suchte er seine Stimme für die verschütteten Gefühle, nach der Liebe und Wärme, die es zu Hause auch geben konnte. Nach mehreren Kritiken von seinem ehemaligen Deutschlehrer und Freunden, verschwand der Glaube an sein Schreibtalent, die immer gleichen Fehler schlichen sich ein.

Im zweiten Teil zeigt der Autor, wie ein Roman entsteht. Er spricht über den Funken, aus dem die Idee geboren werden kann. Das Davor, die Planung, Charaktere, Dialoge, Szenen, Kulisse und Ausschmückungen. Vom ersten Aufschreiben, alles in die Tasten zu hauen, was kommt, ohne zu kritisieren. Und das Überarbeiten, Kürzen und Straffen.

Wie findet man die richtige Sprache, die eines Teenagers, eines Akademikers oder einer zerrissenen fünfzigjährigen, wie die richtigen Wörter. Auch er hält das Show don´t tell, das szenische Schreiben, das die Leser in den Roman zieht für wichtig, rät jedoch zum Maßhalten und dazu, das Zeigen nicht an das Tempo zu verschenken.

Fazit: Benedict Wells hat eine schöne Möglichkeit gefunden, die Kunst des Schreibens zu beleuchten und die Methodik, die hinter jeder guten Geschichte steht zu vermitteln. Was dieses Buch so angenehm macht, ist die Persönlichkeit des Autors. Er teilt seine eigenen Erfahrungen und Misserfolge mit den geneigten Lesern. Zeigt, wie wichtig das Vermögen ist durchzuhalten und sich nicht entmutigen zu lassen. Dieses Buch reiht sich in die Liga Stephen King, Sol Stein, George Saunders und Haruki Murakami, die er auch erwähnt. Die alle ähnliches geschrieben haben, begleitet von biografischen Einblicken. Es liest sich wunderbar ermutigend und motivierend, selbst den Stift zur Hand zu nehmen und das weiße Blatt mit Leben, Geschichten, Abenteuern zu füllen. Unbedingt empfehlenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.08.2024

Eine außergewöhnliche Stimme

Als wir Schwestern waren
0

Noreen, die Chefin des Spielplatzes und älteste, Aisha, die Stille und Kausar, die Jüngste, das sind die drei Schwestern, die schon früh die Mutter verloren haben und jetzt noch den geliebten Vater. Er ...

Noreen, die Chefin des Spielplatzes und älteste, Aisha, die Stille und Kausar, die Jüngste, das sind die drei Schwestern, die schon früh die Mutter verloren haben und jetzt noch den geliebten Vater. Er wurde auf der Straße erschossen. Nun sitzen viele Tanten im Wohnzimmer und weinen. Kausar liebt es zu weinen.

Ich weinte, begeistert von diesem Weinen, und die Erwachsenen, die mich sahen, weinten umso mehr, und so weinte ich auch umso mehr, weil ich wusste, dass ich gut darin war und niemand mich im Weinen schlagen, mich über-weinen konnte. S. 17

Sie beratschlagten lange, wohin mit den Mädchen? Wenn es Jungen wären, dann würde sich jemand finden, der sie aufnahm, aber Mädchen. Am nächsten Tag kam Onkel … Der pakistanische Bruder ihrer Mutter. Er hatte eine Gorra geheiratet, die zum Islam konvertierte, aber das interessierte seine Mutter und Cousinen nicht Maschallah. Dann ließ sie sich scheiden und behielt Häuschen mit Garten und die zwei Söhne.

Der Onkel … nimmt die Mädchen mit in seine Wohnung. Wer sich um ein Waisenkind kümmert, dem ist der Eintritt ins Dschanna sicher und das kann nie schaden. Sie bekommen ein Zimmer in der Nachbarwohnung, die sie sich mit einem muslimischen Paar teilen. Sie nennen die beiden Tante und Meemoo. Weil Onkel … oft vergisst den Mädchen den Kühlschrank aufzufüllen, kocht Tante für sie, von dem Geld, das Meemoo verdient, aber dann verlangt Onkel …, dass die Mädchen sich von den beiden fernhalten und weil das schwierig ist, droht Onkel … Kausar, dass er Meemoo anzeigt, weil er Sex mit Kausar hatte:

Was denkst du, wem sie glauben werden, dir oder mir?

Kurz vor Erhalt ihrer Greencard ziehen Tante und Meemoo aus. Sie nehmen weinend Abschied und schwören, dass sie sich wieder treffen werden.

Fazit: Fatimah Asghar hat ganze Arbeit geleistet. Sie nimmt ihre Leser:innen mit in ein Amerika der 90er – Jahre. Ihre Hauptprotagonistin und beide Schwestern verlieren alles und werden in eine fremde Welt gestoßen, in der es keine Stabilität gibt. Menschen, die ihnen ans Herz wachsen verschwinden wieder. Der Onkel ist weder zuverlässig noch vertrauenswürdig. Er hat die Mädchen aus reinem Eigennutz aufgenommen, das Verhältnis zwischen ihnen bleibt lieblos. Die einzige Konstante ist die schwesterliche Verbundenheit und der Zusammenhalt. Allerdings trägt jede von ihnen ihren Verlust anders, leidet anders darunter. Die Sprache ist außergewöhnlich. Die Autorin beherrscht die Kunst, Gefühle zu transportieren und für die Leser spürbar zu machen. Ich war stellenweise erschüttert und wütend, obwohl die Geschichte fiktiv ist. Die Ich-Erzählung aus Sicht Kausars, führt ganz nah an die Situation heran. Das Ende ist rührend und versöhnlich. Eine runde Geschichte, die ich zu gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.08.2024

Eine Jugend im Bochumer Sozialbaugetto

Als wir Schwäne waren
0

Seit einem Jahr leben sie in der Hochhaussiedlung im Ruhrpott. Seine Eltern haben mit ihm den Iran verlassen, weil die Zustände lebensgefährlich wurden. Sein Vater fährt in der Nacht Taxi und am Vormittag ...

Seit einem Jahr leben sie in der Hochhaussiedlung im Ruhrpott. Seine Eltern haben mit ihm den Iran verlassen, weil die Zustände lebensgefährlich wurden. Sein Vater fährt in der Nacht Taxi und am Vormittag verkauft er im Kiosk Zeitschriften, Schnaps und Bier, damit seine Frau von vorn anfangen kann. Sie wiederholt das Soziologiestudium, das Deutschland ihr aberkannt hat.

Am Abend, zu einer Zeit, als er längst im Bett ist, klingelt es an der Tür. Sein Vater weckt ihn, seine Mutter öffnet die Tür. Da stehen sie, die drei Straßenköter, halten seiner Mutter eine Mark hin und wollen etwas Persisches essen. Seine Mutter nimmt das Geld nicht, wärmt den Reis mit den Datteln und Pistazien auf und deckt den Tisch. Sie fragen nach Ketchup. Mutter schenkt ihnen kein Wort der Verachtung und gibt ihnen den Ketchup. Es werden immer mehr, klingeln jeden Abend. Dann spricht einer seine Mutter auf der Straße an: „Was gibt es heute zu essen?“ Da weiß er, was er zu tun hat. Er wartet nach der Schule auf den Jungen und schlägt sein Gesicht zu Brei, danach ist Ruhe.

Nach der Kohl – ära verlassen die Bausparvertragsdeutschen die Siedlung. Im Tausch ziehen die Roma ein, legen Matratzen in die Flure und zelten im Hinterhof. Vor einer 60 Quadratmeter Wohnung stehen jetzt zwei Dutzend Schuhe. Seit die Roma da sind, sind die Perser das kleinere Übel für ihre deutschen Nachbarn, die grüßen jetzt sogar. Deshalb beginnt sein Vater, sie zu verachten.

Mir gefällt die Dunkelheit in seiner Stimme, wenn er gegrüßt wird und etwas zurück raunt, das mit „Guten Tag“ oder „Guten Morgen“ keinerlei Ähnlichkeit hat. Ich sehe seine Unbeugsamkeit und seine Kraft. Ich sehe das Unbestechliche in ihm und es gefällt mir, dass es sich in einer alltäglichen Unfreundlichkeit äußert. Ich sehe meinen Vater, wie er einmal war. Lebendig. S. 106

Fazit: Ich bin verliebt in den Schreibstil von Behzad Karim Khani, der voller schöner Metaphern ist, die seine Gefühle versinnbildlichen. Schon bei seinem Debüt „Hund Wolf Schakal“ fand ich ihn außergewöhnlich. Hier spricht der Autor durch seinen Protagonisten über eine Jugend, im „Sozialbau“ – Getto mitten in Bochum. Sieht mit an, wie andere Jungs reihenweise abstürzen, lässt sich selbst in den Sumpf der Kriminalität ziehen. Es herrscht Perspektivlosigkeit. Irgendeiner ist immer stärker. Er spricht über die Werte seines Vaters, die Weisheit seiner Mutter. Seine Wut und die Sorge seines Vaters. Er gibt ein sehr genaues Bild der Deutschen wieder, den Argwohn, mit dem sie allem Fremden begegnen. Die Langeweile, die im Suff enden kann. Der Selbstbetrug, der darin liegt, sich die Dinge schönzureden, so wie Grönemeyer Bochum als „Perle im Revier“ besungen hat. Der Vater, der sich mit der Deutschen Vergangenheit besser auskennt, als viele Deutschen, die Augen nicht vor Konzentrationslagern verschließt und als Mahnmal versteht. Hierin liegt eine angemessene Kritik, für die es an der Zeit ist. Nicht, weil wir die Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, aufnehmen und grundversorgen, sondern weil es die Tendenz des deutschen Staates ist, die sozialen Brennpunkte an die Ränder zu verschieben und dann die Augen zu verschließen und zu hoffen, dass alles gut gehen wird. Und dann so viele Mentalitäten zusammenpfercht, dass nichts gut gehen kann. Es ist ein wichtiges Buch und ich wünsche den richtigen Leuten, dass sie es auch lesen, weil Lesen bildet und den Horizont erweitert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere