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Veröffentlicht am 29.09.2024

Was, wenn Venedig einfach untergeht?

Acqua alta
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Wie ist das, wenn Venedig von heute auf morgen einfach nicht mehr da ist?

Isabelle Autissier hat das in ihrem Roman "Acqua Alta" durchgespielt. Sie lãsst Venedig im Jahr 2021 in den Fluten eines heftigen, ...

Wie ist das, wenn Venedig von heute auf morgen einfach nicht mehr da ist?

Isabelle Autissier hat das in ihrem Roman "Acqua Alta" durchgespielt. Sie lãsst Venedig im Jahr 2021 in den Fluten eines heftigen, winterlichen Hochwassers versinken. Guido, einer der Überlebenden, macht sich auf die Suche nach seiner Frau Maria und seiner Tochter Léa, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wird. Auf einem Motorboot fährt er durch die Lagune, um nach ihren Spuren zu suchen.

Dabei reist er zurück in die Zeit vor der Katastrophe. Er, der im Wirtschaftsrat der Stadt sitzt und immer neue Investoren für die Stadt sucht. Seine Tochter, die auf Seiten derer steht, die die Stadt vor Massentourismus und Klimakrise schützen wollen und seine Frau zwischen den beiden.

Eine Familie, die auseinander bricht, eine Stadt, die versinkt. Alle drei Hauptfiguren sind mir unsympathisch, Guido ist das, was ich als machtgeilen Kotzbrocken bezeichnen würde, seine Frau war Mittel zum Zweck, um in die "feine" Gesellschaft zu gelangen. Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat es mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 23.08.2024

Vergangenheitsbewältigung

Das Haus auf dem Wasser
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Als ich „Das Haus auf dem Wasser“ entdeckt habe, hatte ich eine Geschichte über das Leben auf einem Hausboot in Amsterdam vermutet und nicht eine so komplexe Erzählung, die in die Zeit der deutschen Besatzung ...

Als ich „Das Haus auf dem Wasser“ entdeckt habe, hatte ich eine Geschichte über das Leben auf einem Hausboot in Amsterdam vermutet und nicht eine so komplexe Erzählung, die in die Zeit der deutschen Besatzung der Niederlande im zweiten Weltkrieg hineinreicht. Allerdings machte es das Buch für mich erst so richtig interessant und es kam mit nach Amsterdam, wo wir nicht weit weg vom Ort der Handlung des Buches ein Hotel gefunden hatten.

inhaltlich konnte mich Emuna Elon nach anfänglichen Schwierigkeiten, in denen ich den Verlauf der Geschichte ein wenig langatmig erzählt fand, dann packen. Denn das, was dem kleinen Joel und seiner Familie passiert ist, ist so vielen jüdischen Familien passiert und es gibt so viel Unerzähltes aus dieser Zeit. Eltern, die ihre Kinder von nichtjüdischen Familien verstecken ließen und sich nicht sicher sein konnten, ob sie sie jemals wiedersehen würden. Menschen, die darauf vertrauten, dass mit den niederländischen Juden nicht das passieren würde, was mit den Juden in Deutschland passierte. Ich musste sofort an Anne Frank und ihre Familie denken.

Die Autorin wechselt immer wieder die zeitliche Ebene. Mal ist sie mit Joel im Hier und Jetzt und dann wieder sind wir im Amsterdam zu der Zeit als Joel noch ein Baby war und wir erleben mit, wie das jüdische Leben eingeschränkt wird und das Unvermeidliche immer näher kommt. Die Angst der Mutter nach dem Vater auch noch die Kinder verlieren zu können, die immer schlimmer werdenden Einschränkungen, all das ist spürbar beim Lesen. Manchmal ist es so, dass Joel zwar in der Jetztzeit ist, aber es so verschwimmt, dass er in die Zeit seiner Mutter rutscht und dort weiter erzählt.

Allerdings dreht es sich nicht nur um die traurige Geschichte des Holocausts, sondern es gelingt der Autorin zum Schluss ein Ende zu finden, das vielversprechend ist, ein Romanende, das die Geschichte wohlwollend mit der Geschichte des Buches verbindet.

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Veröffentlicht am 06.08.2024

Ein positiver Ansatz zu mehr Klimaschutz

Hoch die Hände, Klimawende!
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Um gegen die menschengemachte Erderwärmung und die Klimakrise anzugehen, müssen wir zusammen daran arbeiten und nicht nur die individuellen CO2-Emissionen senken. Still und leise die Holzzahnbürste zu ...

Um gegen die menschengemachte Erderwärmung und die Klimakrise anzugehen, müssen wir zusammen daran arbeiten und nicht nur die individuellen CO2-Emissionen senken. Still und leise die Holzzahnbürste zu schwingen und ein veganes Gericht zu kochen, reicht nicht, auch wenn uns der durch ein erdölförderndes Unternehmen entwickelte Fußabdruck das weismachen möchte, um die Schuld auf das Individuum abzuwälzen. Mit dem Konzept des Handabdrucks können wir mehr erreichen, mehr Menschen und eine größere Senkung der CO2-Emissionen. Wie das funktioniert, erklärt Gabriel Baunach in seinem Buch „Hoch die Hände Klimawende“.

Die Idee des „handprints“ für nachhaltiges Handeln wurde in Indien geboren und geht auf die damals zehnjährige Srija aus Hyderabad zurück.

Es ist ein sehr positives Konzept, das nicht zum Ziel hat, der einzelnen Person ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern dazu motivieren soll, andere mit positivem Handeln anzustecken, also zum Beispiel nicht nur selbst vegan zu essen, sondern anzuregen, auch in der Mensa, der Kantine oder gar dem Lieblingsrestaurant veganes Essen anzubieten (letzteres würde so einige Restaurants aufwerten und ihnen mehr Kundschaft liefern). Wenn das Essen lecker ist, werden es immer mehr Menschen essen und so handeln mehr Menschen klimabewusst.

So kann es auf allen Ebenen weitergeführt werden. Schreibe ich an die Abgeordneten meines Wahlkreises und fordere sie zum Beispiel auf, sich für Klimaschutzmaßnahmen in meiner Heimatstadt einzusetzen (Hagen ist Starkregen- und somit Hochwasser-gefährdet), dann ist das gut, noch besser ist es, wenn ich es schaffe, dass es gleich mehrere Menschen tun oder sich gleich eine große Gruppe zusammentut, um auf die Politik einzuwirken.

Beim Konzept des Handabdruck kommt es auch auf das an, was jede und jeder Einzelne von uns macht, und gleichzeitig kommt es darauf an, auch andere Menschen davon zu begeistern, welchen Nutzen das Handeln hat, um ein großes Ziel zu erreichen. Besonders gut ist, dass sich das Ergebnis des Handelns berechnen lässt. Nutze ich persönlich also die Bahn, um von A nach B zu kommen, macht das meinen Fußabdruck kleiner. Schaffe ich es, in meinem Unternehmen anzuregen, dass es keine Inlandsflüge mehr gibt, sondern stattdessen auf die Bahn gesetzt wird, multipliziert sich die CO2-Einsparung.

Gabriel Baunach ist mit „Hoch die Hände Klimawende“ ein Buch gelungen, das Lust auf Zukunft, Lust auf mehr Einsatz gegen die Folgen der Erderwärmung zu tun, macht. Von mir gibt es eine ganz klare Lese- und Handlungsempfehlung, denn wir alle können etwas tun!

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Veröffentlicht am 22.05.2024

Weniger ist mehr

Lust auf Verzicht
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Das eine wollen, aber anders handeln - das ist beim Stück Schokolade so wie beim Klimaschutz. Aber warum ist das so?
Ingo Balderjahn nimmt sich in seinem Buch "Lust auf Verzicht" der nicht ganz so einfachen ...

Das eine wollen, aber anders handeln - das ist beim Stück Schokolade so wie beim Klimaschutz. Aber warum ist das so?
Ingo Balderjahn nimmt sich in seinem Buch "Lust auf Verzicht" der nicht ganz so einfachen Antwort auf diese augenscheinlich einfache Frage an. Und auch wenn der Untertitel "Warum bewusster Konsum glücklich macht und dem Klima hilft" erwartet das lesende Publikum kein Lobgesang auf den Verzicht und das Tragen von Sack und Asche.
Er geht das Ganze aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht an und zeigt zunächst einmal auf, wie wir (zumindest im sogenannten "globalen Norden) zu unserer ungezügelten Verschwendungssucht gekommen sind. Dann geht es um die verschiedenen Arten des Konsum und die verschiedenen Typen und ihre Art mit weniger Konsum klar zu kommen.
Mir gefällt der Ansatz gut, hier mal aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht heranzugehen und auch aufzuzeigen, wie Marketing unterstützen kann, um das Kauf-so-viel-du-kannst-Narrativ zu unterbrechen und Weniger-ist-mehr sexy zu machen, um mit einem Nein zum übermäßigen Konsum einen nicht gerade kleinen Beitrag zur Verringerung der Erderwärmung zu leisten. Insgesamt sehr lesenswert, auch wenn es etwas lockerer hätte geschrieben werden können.

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Veröffentlicht am 27.04.2024

Realistische Dystopie

Der Traum von einem Baum
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Mit „Der Traum von einem Baum“ endet das sogenannte Klimaquartett von Maja Lunde. In Spitzbergen gibt es eine Pflanzensamenbank, in der fast alle ursprünglichen Pflanzensamen aufbewahrt werden. Hierauf ...

Mit „Der Traum von einem Baum“ endet das sogenannte Klimaquartett von Maja Lunde. In Spitzbergen gibt es eine Pflanzensamenbank, in der fast alle ursprünglichen Pflanzensamen aufbewahrt werden. Hierauf ruht eine letzte Hoffnung in einer dystopischen Endzeitwelt.

Am Ende von „Die Letzten ihrer Art“ hatte ich schon gehofft, dass Maja Lunde die noch offenen Enden der ersten drei Bände des Klimaquartetts zusammenführt. Dies macht sie in „Der Traum von einem Baum“.

Es beginnt ganz hoffnungsfroh damit, dass ein Baum mit grünen Blättern angespült wird auf Spitzbergen. Doch 13 Jahre später, im Jahr 2110, wird alles anders sein. Maja Lunde erzählt diesen Teil der Geschichte in einer Art Rückblick und erst am Ende wird das ganze persönliche Ausmaß für Tommy, der von seiner Großmutter zum künftigen Wächter der Pflanzensamenkammer ausgewählt wurde, sichtbar.

Maja Lunde bringt zu Ende, was sie begonnen hat und hat mit der Auswahl der Charaktere, die sie hier einbringt, eine gute Wahl getroffen. Tao ist wieder mit von der Partie und auch eine weitere alte Bekannte wird auftauchen, deren Geschichte zu Ende erzählt werden musste. Es gelingt der Autorin gleich zu Beginn einen großen Spannungsbogen aufzubauen, denn mit dem Trick, die Geschichte vom Ende herzuleiten, möchte man natürlich wissen, wie es dazu kommen konnte.

Die Einzelschicksale der Hauptfiguren machen betroffen, sie schaffen eine Verbindung in die Zukunft, das gelingt Maja Lunde sehr, sehr gut.

Die Welt im Jahre 2110 ist keine glückliche oder schöne Welt. Die Menschheit hat es nicht geschafft, die Notbremse zu ziehen und die Erderwärmung so zu begrenzen, dass auch die Folgen noch einigermaßen in den Griff zu bekommen waren. Viele Tier- und Pflanzenarten sind ausgestorben und die Naturgewalten sind unberechenbarer geworden, unglaubliche Trockenheit im Süden und zu viel Wasser im Norden. Infrastrukturen sind zusammengebrochen und es gibt die früheren Länder nicht mehr. Auch ist die Menschheit stark geschrumpft und entwickelt sich zivilisatorisch aufgrund von Ressourcenmangel zurück.

Es wirkt so, als ob der Großteil der Menschheit schon aufgegeben hätte, die kleine Gemeinschaft in Spitzbergen hatte eine Zeit der Glückseligkeit, auch wenn dies nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Ein wenig hatte es auch von der Abgeschiedenheit einer Sekte vom Rest der Welt. Tao und der Rest ihre Expeditionsmannschaft erhofft sich einen letzten goldenen Treffer durch das Auffinden der Saatgutbank, um doch noch die Kurve zu bekommen bzw. mit dem Saatgut noch einmal neu anfangen zu können.

„Der Traum von einem Baum“ führt einmal mehr vor Augen, in welche Richtung wir uns als Menschheit bewegen, wenn wir nicht ernsthaft beginnen, etwas zu tun und zwar sofort und nicht erst, wenn Technologie XY erfunden wurde. Maja Lunde hat sich im Klimaquartett nicht etwas einfallen lassen, das erst noch passieren muss, vieles ist schon da. Das Bienensterben, immer länger andauernde Dürren, Überschwemmungen und – Fun Fact – sogar der so absurd klingende Export von Gletschereis zur arabischen Halbinsel ist mittlerweile Wirklichkeit geworden, ein grönländisches Start-up ist dabei, diese total bescheuerte Geschäftsidee umzusetzen.

Eine Botschaft Maja Lundes ist, dass wir mehr auf die Natur hören sollten und uns nicht noch weiter von ihr entfernen dürfen, zumindest nehme ich das so für mich mit aus den vier Bänden des Klimaquartetts.

Mich hat das Buch traurig, melancholisch und ein wenig frustriert zurückgelassen, es gibt wenig Hoffnung, auch wenn noch nicht alles verloren ist am Ende. Maja Lunde hat mit „Der Traum von einem Baum“ einen spannenden, ungeschönten Klimaroman geschrieben, der das Klimaquartett gut abschließt. Auch rechnet sie ab mit denjenigen, die es soweit haben kommen lassen, dass kaum noch Zukunft für die Menschen, die es im Jahr 2110 noch gibt. Taos Wut richtet sich gegen uns und die, die vor uns waren und nichts getan haben.

Das Buch bekommt ein klare Leseempfehlung von mir, vielleicht kann es ja dazu bewegen, dass ein paar mehr von uns etwas gegen die Klimakrise tun werden, denn es ist leider als sehr realistische Dystopie geschrieben.

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