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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.08.2024

Eine Parabel voller Optimismus und mit kunstvollen Illustrationen

Ein Berg, ein Sturz, ein langes Leben
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Eines Tages begab sich der Großvater auf den Weg zum Markt. Er musste dazu einen nahegelegenen Berg besteigen, dem man Unheilvolles nachsagte: Wer hier stürzt, so hieß es, habe nur noch drei Jahre zu leben. ...

Eines Tages begab sich der Großvater auf den Weg zum Markt. Er musste dazu einen nahegelegenen Berg besteigen, dem man Unheilvolles nachsagte: Wer hier stürzt, so hieß es, habe nur noch drei Jahre zu leben. Es kam, wie es kommen musste, der Großvater stolperte und fiel. Sorgenvoll blickte er in die Zukunft, bis seine Enkelin einen klugen Gedanken hatte…

„Ein Berg, ein Sturz, ein langes Leben“ ist das Bilderbuch-Debüt der Illustratorin Dayeon Auh. Die Geschichte beruht auf einem koreanischen Volksmärchen. Dadurch ermöglicht sie einen kleinen Einblick in eine fremde Kultur, was ich sehr aufschlussreich und inspirierend finde.
Die Handlung ist mit wenigen Sätzen eher knapp gehalten, muss für mein Empfinden aber auch gar nicht ausführlicher beschrieben werden. Von den Ereignissen rund um den sogenannten „Samnyeongogae“, dem „Berg des Grauens“, erzählt uns die Autorin auf eine sanfte Art und Weise. Gerade diese ruhigen, leisen Töne, die in der Geschichte anklingen, mag ich sehr gerne.
Im Kontrast zur Erzählweise stehen die kraftvollen Illustrationen. Sie sind durchweg seitenfüllend sowie farbintensiv gestaltet, wodurch sie ausdrucksstark daherkommen. Dayeon Auh bedient sich bei der Gestaltung ihres Buches unterschiedlicher Techniken: Sie malt und zeichnet, sie schneidet und klebt. Ihre Bilder zeugen von der besonderen Fantasie der Illustratorin, die beispielsweise Pflanzen und Tiere ganz außergewöhnlich darstellt. All diese Merkmale – von Farb- und Formgebung bis hin zu den angewandten Techniken – verleihen Dayeon Auhs Bildern einen einzigartigen, kunstvollen Stil, der, wie ich finde, gut zum Inhalt passt.
Im Gegensatz zu den deutschen Volksmärchen, die oft Gut und Böse gegenüberstellen, teils gewalttätige Inhalte haben und damit Angst verbreiten, spendet „Ein Berg, ein Sturz, ein langes Leben“ Hoffnung: Die Parabel veranschaulicht nämlich, welch weitreichende Auswirkungen es haben kann, Gegebenheiten aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Dayeon Auh zeigt uns damit die Kraft unserer Gedanken auf – im negativen, vor allem aber im positiven Sinne. Sie lässt Erleichterung, Frohsinn und Optimismus einziehen, die sich auf den Leser übertragen und auch lange nach dem Lesen des Buches erhalten bleiben.
„Ein Berg, ein Sturz, ein langes Leben“ ist ein wertvolles Bilderbuch für Optimisten und Menschen, die es werden wollen!

Veröffentlicht am 13.08.2024

Schicksale in der 1940er Jahren – ein Werk gegen das Vergessen

Vielleicht können wir glücklich sein
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Isabell findet im Nachlass ihrer Großmutter Klara über 130 Tonbandaufnahmen. Darin erzählt diese über ihr Leben in der Kaiserzeit, der Zeit des Nationalsozialismus und im geteilten Deutschland.
In „Vielleicht ...

Isabell findet im Nachlass ihrer Großmutter Klara über 130 Tonbandaufnahmen. Darin erzählt diese über ihr Leben in der Kaiserzeit, der Zeit des Nationalsozialismus und im geteilten Deutschland.
In „Vielleicht können wir glücklich sein“ begleiten wir Klara im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges. Ihre Stelle als Leiterin des Frauenbildungsheims hat sie aufgegeben, um sich um ihre vier Kinder kümmern zu können. Klaras Mann Gustav, der sich früher als Lehrer verdingte, wurde schon vor Langem eingezogen und kämpft nun mit seiner Einheit in Schlesien. In ständiger Anspannung wegen der zunehmenden feindlichen Angriffe versucht Klara ihren Alltag zu bewältigen. Zu ihrer Sorge um die Kinder und ihren Mann an der Front mischt sich auch die Angst um Tolla, ihre jüdische Ziehtochter, die nach Theresienstadt deportiert wurde…

Im dritten Band ihrer Heimkehr-Trilogie fängt Alexa Hennig von Lange den Alltag in den Kriegswirren 1944/45 ein. Damit schließt der Roman beinahe lückenlos an den zweiten Teil „Zwischen den Sommern“ an. In ihrer Reihe hat die Autorin mit Klara eine Figur geschaffen, die durch ihre eigene Familiengeschichte inspiriert ist. Entsprechend wirklichkeitsnah schildert sie auch im letzten Band wieder die Ereignisse in Sandersleben. Alexa Hennig von Langes Erzählstil ist dabei sehr lebendig, sodass man durchweg mit der Protagonistin fühlt: Für Klara ist es eine belastende Situation, wochenlang auf ein Lebenszeichen von ihrem Mann und ihrer Ziehtochter zu warten, die Verantwortung für ihre Kinder zumeist alleine tragen zu müssen, immer wiederkehrend Nachrichten vom Tod alter Bekannter zu erhalten und nicht zu wissen, was die Zukunft bringt.
Die Hauptfigur steht hier stellvertretend für Millionen von Schicksalen im zweiten Weltkrieg. So kann der Roman als Dokumentation der traumatischen Erlebnisse gesehen werden, die die Menschen damals durchstehen mussten. Wir erfahren, was es bedeutet, wenn ein Volk unter Lebensmittelknappheit leidet, Medikamente nur noch eingeschränkt verfügbar sind, wenn die Sirenen erklingen und die nächsten Angriffe ankündigen. Wir spüren – teils unmissverständlich beschrieben, teils zwischen den Zeilen –, wie schon Kinder in ihren jungen Jahren unter dem Krieg litten und sich Paare ein Stück weit entfremdeten. Kurzum: Wir können verstehen und nachempfinden, wie sehr der Krieg das Familienleben beeinflusste und die Menschen ein Leben lang prägte.
Trotz aller Widrigkeiten ist während des gesamten Romans die Liebe zu spüren, die Klara für ihre Familie in sich trägt. Und so keimt zwischen den Schrecken des Krieges vereinzelt auch Hoffnung auf: „Vielleicht können wir glücklich sein“.
Alexa Hennig von Langes Roman(-reihe) ist ein ergreifendes Werk gegen das Vergessen und daher eine unbedingte Empfehlung!

Veröffentlicht am 30.07.2024

Wie wichtig es für Frauen ist, Grenzen zu setzen (und zu wahren!)

Die schönste Version
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In Yannick glaubte Jella, den perfekten Partner gefunden zu haben: Er war gutaussehend, gebildet und sorgte sich rührend um seinen pflegebedürftigen Großvater. Die Beziehung der beiden begann zunächst ...

In Yannick glaubte Jella, den perfekten Partner gefunden zu haben: Er war gutaussehend, gebildet und sorgte sich rührend um seinen pflegebedürftigen Großvater. Die Beziehung der beiden begann zunächst romantisch, doch schon bald steht Jella nicht nur vor den Scherben ihrer einst großen Liebe, sondern findet sich auch auf dem Polizeirevier wieder...

In „Die schönste Version“ erzählt Ruth-Maria Thomas die Geschichte einer Liebe, die aus den Fugen gerät. Wir lernen Jella kennen, die ihre Kindheit und Jugend in einer ostdeutschen Kleinstadt verbringt. In der Pubertät verliebt sie sich zum ersten Mal und beginnt, sich hübsch zu machen, um ihrem jeweiligen Schwarm zu gefallen. Jella hat erste Dates und sammelt Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Dabei lernt sie, was sie tun muss, um bei den jungen Männern gut anzukommen. Thomas zeigt hier deutlich auf, wie häufig die Protagonistin ihre eigenen Grenzen missachtet. Sie schreibt aber auch davon, wie Jellas Befinden in unserer vom Patriarchat geprägten Welt teils von ihren Verehrern ignoriert wird – eine Übergriffigkeit, die nicht nur sprachlos macht, sondern ein Gefühl der Ohnmacht hervorruft. Später lernt Jella Yannick kennen. Die Beziehung der beiden ist intensiv, beinah turbulent. Umso mehr es auf und ab geht, desto gefährlicher wird das Verhältnis zwischen den zweien. Wieder werden Grenzen überschritten, bis Jella die Reißleine zieht.
Ruth-Maria Thomas regt mit ihrem Debütroman dazu an, über ebensolche Grenzen nachzudenken: Wo verlaufen diese und was geschieht, wenn sie überschritten werden? Sie thematisiert Schuld und Unschuld, wobei ihre Geschichte keine platte Schwarz-Weiß-Malerei darstellt. Mit den facettenreichen Charakteren kommen auch alle Grauschattierungen zur Sprache. In Jella zeigt die Autorin mögliche Folgen von psychischer und physischer Gewalt auf: Nach dem Schock über das, was ihr widerfahren ist, stellt sich zunächst eine gewisse Ohnmacht ein. Jella wird von Übelkeit und Erbrechen heimgesucht und entwickelt Panikattacken. Erst sehr spät ergreift sie die Initiative und befreit sich aus der toxischen Beziehung. Thomas‘ Buch kann daher als Appell verstanden werden
- sein wahres Ich nicht zu verstecken, um anderen Menschen zu gefallen
- auf das eigene Bauchgefühl zu hören sowie Grenzen abzustecken und zu wahren
- für sich und seine Bedürfnisse einzustehen.

Veröffentlicht am 18.07.2024

Eine alltagsnahe Geschichte über die feinen Beziehungen zwischen Menschen

Der Bademeister ohne Himmel
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Am liebsten würde sie vor ein Auto laufen. Obwohl Linda gerade erst 15 Jahre alt ist, möchte sie nicht mehr leben. Einzige Lichtblicke in ihrem Alltag sind die gemeinsamen Zeiten mit Hubert und Kevin. ...

Am liebsten würde sie vor ein Auto laufen. Obwohl Linda gerade erst 15 Jahre alt ist, möchte sie nicht mehr leben. Einzige Lichtblicke in ihrem Alltag sind die gemeinsamen Zeiten mit Hubert und Kevin. Hubert ist 86 und an Demenz erkrankt. Drei Mal pro Woche besucht Linda ihn, um seine polnische Pflegerin zu entlasten und ihr Taschengeld aufzubessern. Kevin ist Lindas einziger Freund. So intelligent er ist, so eigenwillig kann er mitunter sein. Als eines Tages das Schicksal zuschlägt, beginnt Linda ihre Pläne zu überdenken…

Petra Pellini hat mit „Der Bademeister ohne Himmel“ eine berührende Geschichte über die feinen Beziehungen zwischen Menschen geschaffen. In eingängigem und teils humorvollem Schreibstil erzählt sie von Linda und deren Alltag. Neben der Schule verbringt die Protagonistin den Großteil ihrer Zeit bei Hubert. Die Autorin versteht es, dessen Lebensabend einschließlich seiner Demenzerkrankung alltagsnah zu beschreiben. Mit Ewa stellt sie ihm eine Figur an die Seite, die Huberts häusliche Pflege tatkräftig übernimmt und zeitgleich so großherzig und gutmütig ist, dass man sie selbst gerne zur Freundin hätte. Außerdem gibt es da noch den „Nachtfalter“, wie Linda sie nennt. Gemeint ist Huberts Tochter, die zwar dessen tägliche Versorgung organisiert hat, sich selbst jedoch wenig in das Wohlergehen ihres Vaters einbringt. Eine große Rolle in Lindas Leben spielen weiterhin ihre Mutter, die nach der Trennung von dem gewalttätigen Vater alleinerziehend ist, sowie Kevin und dessen Mutter Sara.
Die Charaktere in diesem Roman sind allesamt höchst unterschiedlich und könnten doch kaum lebensechter gezeichnet sein. Ganz zart sind ihre Leben miteinander versponnen. Dabei blitzt an etlichen Stellen des Buches auf, wie wichtig sie füreinander sind: „Wir gleichzeitig Lebenden sind füreinander von geheimnisvoller Bedeutung.“, heißt es an mehreren Stellen. Petra Pellini weist hier insbesondere darauf hin, welchen Wert unterschiedliche Generationen füreinander haben. Junge Menschen brauchen die Älteren und umgekehrt. Mit ihrer Geschichte macht sie uns zudem die Endlichkeit des Lebens bewusst und sorgt damit dafür, das eigene Leben und die Gesellschaft seiner Mitmenschen wieder mehr wertzuschätzen.
Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und kann es nur empfehlen!

Veröffentlicht am 22.06.2024

Ein beeindruckendes Bilderbuch über die erste Mondlandung

Armstrong
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Jede Nacht beobachtet eine kleine Maus durch ihr Teleskop den Mond. Schon bald macht sie eine Entdeckung: Die große Kugel am Himmel besteht aus Stein! Aufgeregt erzählt sie der Mäusegemeinschaft von ihren ...

Jede Nacht beobachtet eine kleine Maus durch ihr Teleskop den Mond. Schon bald macht sie eine Entdeckung: Die große Kugel am Himmel besteht aus Stein! Aufgeregt erzählt sie der Mäusegemeinschaft von ihren Erkenntnissen, doch sie muss enttäuscht feststellen, dass ihr niemand glaubt. Um allen einen Beweis erbringen zu können, beschließt sie, als erste Maus zum Mond zu reisen. Ob es ihr mit Erfindungsgeist gelingt, als erster Besucher den Mond zu betreten?

„Armstrong“ ist der zweite Band der Mäuseabenteuer von Torben Kuhlmann. Wie schon im ersten Band „Lindbergh“ nimmt das Buch Bezug auf einen Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. In diesem Fall ist das die erste bemannte Mondlandung und mit Neil Armstrong der erste Mensch auf dem Mond. Kuhlmann entwirft dazu die Geschichte einer Maus, die den Himmelskörper bereits einige Jahre vor den Menschen bereisen möchte. Dadurch stellt sich die Frage: War Armstrong tatsächlich der erste Besucher auf dem Mond?
Die Erzählung zeugt von der beachtlichen Kreativität und dem Einfallsreichtum des Autors. So lässt er seine Maus zuerst einige Erfindungen bauen, ehe sie (im wahrsten Sinne des Wortes) die zündende Idee hat. Man durchlebt mit ihr daher ein Feuerwerk an Emotionen: Mut und Hoffnung als erster Besucher den Mond zu betreten, Enttäuschung über jeden Fehlversuch, Angst entdeckt zu werden, Aufregung nach dem geglückten Start, Freude und Stolz auf den erreichten Erfolg.
Daneben vergisst Torben Kuhlmann auch den wahren Verlauf der Geschichte nicht. Auf den letzten Seiten nämlich beschreibt er die Entwicklung angefangen bei Galileo Galilei über Juri Gargarin bis hin zu Neil Armstrong und Apollo 11. Kinder und Erwachsene können somit gleichermaßen noch etwas über die Raumfahrt lernen.
Einen ganz wesentlichen Beitrag zu diesem besonderen Buch leisten die großartigen Illustrationen. Oft seitenfüllend stellen die Zeichnungen die Erlebnisse der kleinen Maus dar. Ihre Wirkung lässt sich kaum mit einem Wort beschreiben: Die Bilder sind beeindruckend, spektakulär, überwältigend und absolut unvergleichlich. Kuhlmanns Stil sticht unter zahlreichen anderen Bilderbüchern deutlich heraus.
Eine klare Empfehlung für dieses tolle Buch!