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Veröffentlicht am 26.08.2024

Etwas zu viel von allem

Diviners – Aller Anfang ist böse
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Ich kann mich noch vage an die ursprünglichen Cover der Erstveröffentlichung von „Diviners“ nach Libba Bray erinnern. Vielleicht erinnere ich mich auch nur an die Art der Gestaltung, da viele historische ...

Ich kann mich noch vage an die ursprünglichen Cover der Erstveröffentlichung von „Diviners“ nach Libba Bray erinnern. Vielleicht erinnere ich mich auch nur an die Art der Gestaltung, da viele historische Romane diesen Stil pflegten und es ist ein Genre, in dem ich wirklich sehr selten etwas lese. Vielleicht sind die Diviners deswegen 2015 etc. nicht bei mir rübergekommen. Nun von dtv eine Neuauflage, das Cover geändert und schwupps, da hatte es meine Aufmerksamkeit. Auch wenn für mich nun nicht zu erkennen ist, was die Neuauflage bewogen hat, vielleicht auch der Erfolg von „Only Murders in the Building“? Aber mich hatte man ja jetzt auf jeden Fall am Haken.

Der erste Band hat sehr viele Seiten, was mir schon aufgefallen ist, da doch viele Bücher eines Genres sich inzwischen auf einen Durchschnittswert eingependelt haben, auch wenn es natürlich immer Ausreißer nach oben geht. Solche Seitenzahlen reizen natürlich vor allem dann, wenn man sich schon in eine Reihe verliebt hat und einfach nicht genug bekommen kann. Hier ist es aber der Einstieg und ich habe mir tatsächlich zwischendurch gewünscht, dass es ruhig etwas weniger Seiten sein könnten. Gleichzeitig könnte ich im Rückblick auf das Geschehen aber auch nicht sagen, was man hätte streichen können, was mich dann eher zu dem Gesamteindruck führt, dass das Buch einfach an sich sehr voll war. Es war voll an Genres, voll an Ansätzen, voll von Charakteren, einfach ein extrem inhaltsschwerer Eintopf. Das ist einerseits ein Lob an Bray und ihre offenbar sprudelnde Fantasie, aber es ist auch zum Einstieg wirklich viel. Fangen wir daher erstmal bei den Genres an. Damals der Stil der historischen Cover war sicherlich nicht verkehrt, denn das Geschehen spielt im New York der 1920er Jahre. Ich fand es von der ganzen Atmosphäre her auch gut getroffen, gerade auch im Spannungsfeld verschiedener gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen. Dann wiederum wirkte manches auch sehr modern, das war dann eher irritierend, aber alles in allem kam schon gut rüber, in welcher Epoche das Geschehen sich ereignet.

Dann haben wir auch ein Whodunit-Muster, denn Evie und die Männer an ihrer Seite jagen einen Serienmörder. Ich hatte oben in der Einleitung schon „Only Murders in the Building“ angesprochen und ich musste da wirklich mehrfach dran denken. Evie war zwar durch Jericho und Sam mehr mit Gleichaltrigen unterwegs, aber die etwas unkonventionelle Art der Ermittlung und der Umgang miteinander passte durchaus gut. Die Suche nach dem Serienmörder ist auch wirklich das Herzstück des ersten Bandes und wird immer wieder konstant vorangetrieben. Zum einen durch die sehr kurzen Abstände, in denen der Täter zuschlägt, aber auch durch die Opferperspektiven. Letztlich haben wir dann noch Fantasy, durch die Diviner, die übernatürliche Fähigkeiten haben. Das sind schon relativ große Blöcke, die selbstredend ineinander übergehen. Für mich am stärksten war eindeutig der Fall. Denn an diesem Ende wurde konsequent erzählt. Auch wenn es manchmal etwas seltsam war, wenn die Erzählung andere Schwerpunkte suchte, vor allem bei Evie, die ja mittendrin steckte und dennoch dann unverständliche Unbeschwertheit gezeigt hat, so war es der intensivste rote Faden.

Das Historische ist ohnehin der Deckel, aber was für mich noch sehr holprig war, das war das Fantasy-Anteil. Auch wenn es schon früh mit Evies Demonstration auf der Party losging, aber teilweise ging fast verloren, dass sie eine Gabe hat. Auch bei Sam war es oft der Gedanke „ach, da war noch was“. Dann haben wir auch noch Memphis, seinen Bruder und andere, die ebenfalls Diviners sind, aber es ist ein Bereich, der mit vielen Vorurteilen und auch Abscheu verbunden ist, weswegen niemand aktiv Antworten sucht. Auch Onkel Will wirkte teilweise sehr zurückhaltend, obwohl ich mir von ihm mehr Initiative gewünscht hätte. Insgesamt hatte ich stark den Eindruck, dass bei den Diviners nur wenig aufgebaut wird, um das Mysterium für den nächsten Band zu haben. Das erzeugt insgesamt natürlich den Eindruck, dass die Diviners ein größeres Mysterium sind, aber nicht der eigentliche Hauptfokus. Als sei so ein Fall pro Buch die Struktur, was nochmal eine besondere Form durch die Diviner bekommt. Das hätte ich so im Vorfeld eher nicht erwartet. Ich hätte die Diviner wahrscheinlich viel konkreter in den Fokus gepackt, auch um die verschiedenen Formen zu verstehen und so Lust zu machen. Die Wahl durch Bray hier war keinesfalls falsch, aber zwischendurch konnte ich auch mal vergessen, dass es auch um die Diviners geht.

Auch etwas ungünstig fand ich den Klappentext. Das fällt mir in letzter Zeit häufig auf. Um eine gewisse Lesergruppe anzuziehen, werden Liebesdreiecke angedeutet, die dann aber in der eigentlichen Erzählung gar nicht so dominant sind. Das ist hier auch so. Ich habe „Diviners“ sehr lange nicht als Liebesgeschichte empfunden und habe es auch nicht vermisst. Sowohl mit Jericho als auch mit Sam kann noch Spannendes passieren, aber es ist noch nicht wirklich aufgebaut worden. Der Unterschied zwischen den beiden ist aber auf jeden Fall eine gute Voraussetzung. Da wir schon bei den Charakteren sind. Jericho und Sam gefallen mir beide und ich sehe auch Potenzial, aber sie sind angesichts von Evies Persönlichkeit doch eher im Schatten. Evie dominiert alles. Auch wenn es so viele Perspektiven gibt, aber sie in einer Szene und irgendwie sind alle sprachlos. Evie war unfassbar anstrengend. Bei ihr musste ich auch ständig denken, dass sie sich eigentlich wie eine Protagonistin der Generation Alpha verhält. Alles drehte sich nur um sie selbst, ich fand sie sehr, sehr unsensibel und es fiel mir doch schwer, zu ihr einen Draht aufzubauen. Auf die Menschen um sie herum schaut sie herab, dabei ist sie erst 17! Will hat sie immerhin ab und zu in die Schranken weisen können, aber ansonsten puh. Sie muss auf jeden Fall etwas runtergeschraubt werden. Auch ein Memphis ist sehr faszinierend, dazu auch Theta und Henry. Da ist noch einiges, mit dem man arbeiten kann, wenn Bray nicht für Band 2 schon die Leser verloren hat.

Fazit: Es ist sicherlich einen zweiten Versuch wert, „Diviners“ an die Leserschaft zu bringen, weil viel Modernes drinsteckt. Doch es sind schon viele Seiten und auf diesen auch unfassbar Inhalt. Die Ermittlungen gegen den Täter sind der rote Faden, der Rest ist noch etwas chaotisch und groß aufgezogen, ohne aber mehr Highlights anzubieten. Dazu die anstrengende Evie… Mir war alles etwas zu viel, aber ich habe dennoch unter all dem die Ansätze gesehen, die sehr gut funktioniert haben.

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Veröffentlicht am 19.08.2024

Fehlt noch was Pepp

Verbrannte Gnade
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Auch wenn das Cover von „Verbrannter Gnade“ sicherlich optisch etwas ist, an dem man unschwer vorbeikommt, so hat mich zu dem Krimidebüt von Margot Douaihy mehr die Thematik hingezogen und da ist das Thema ...

Auch wenn das Cover von „Verbrannter Gnade“ sicherlich optisch etwas ist, an dem man unschwer vorbeikommt, so hat mich zu dem Krimidebüt von Margot Douaihy mehr die Thematik hingezogen und da ist das Thema Glauben. Sich zu seinem Glauben zu bekennen, ist oftmals schon ein großer Akt der Überwindung, auch weil es stereotyp oft mit einer starren Kirche verbunden wird, was spätestens seit Aufdeckung von Vertuschen von Missbrauchsfällen noch einmal gewaltiger geworden ist. Dementsprechend hatte ich gleich im Gefühl, dass Schwester Holiday vielleicht einen modernen Blick darauf wirft. Dazu ist das Genre Krimi bei mir nie zu verachten, so dass ich gerne zugegriffen habe.

Ich habe Schwester Holiday durch Gisa Flake kennengelernt, die im Hörbuch zu ihrer Stimme wird. Auch wenn der Eindruck jetzt natürlich auch auf Stereotypen beruht, aber das, was ich inhaltlich zu Schwester Holiday bekommen habe, das hat für mich Gisa Flake sehr gut aufgefangen. Die Stimmfarbe hat da echt gut gepasst. Sie ist etwas rotzig und rauchig, aber dennoch voller Emotionen, was zur Protagonistin passt, die sich sicherlich eine harte Schale zugelegt hat, aber durchaus viele weiche Seiten hat. Die Stimme war für das Hörbuch also der Jackpot, aber ich fand „Verbrannte Gnade“ als Hörbuch zu konsumieren, dennoch stellenweise etwas schwierig. Hauptgrund ist da vor allem, dass Schwester Holiday sich oft in der Vergangenheit verliert. Wer weiß, wie das in der gedruckten Version rüberkommt, aber so vorgelesen fand ich die Übergänge oft so fließend, dass ich kurz irritiert war, wo in der Handlung wir uns gerade befunden. Stellenweise passiert das auch in spannenden Szenen und schwupps sind wir beim Bruder, Eltern oder Nina. Das war durchaus an einigen Stellen irritierend.

Aber es war für mich nicht nur aus Hörersicht komplizierter, sondern auch inhaltlich habe ich mich öfters gefragt, ob die Rückblicke wirklich in diesem Ausmaß sein mussten. Natürlich helfen sie, um Holiday als Figur besser zu begreifen, vor allem in einem Leben, als sie noch keine Nonne war. Gleichzeitig hatte auch der Klappentext schon prophezeit, dass sich Holiday ihrer Vergangenheit stellen muss, um den Fall zu knacken. Das klang ja eigentlich nach einer sinnigen Verschränkung, aber so habe ich es letztlich nicht bestätigen können. Wenn die Autorin tatsächlich plant, weitere Bücher zu schreiben, vielleicht hätte man sich manche Aspekte aufheben können, aber so war es zu viel Vergangenheit ohne konkrete Zielrichtung.

Insgesamt lässt sich für mich urteilen, dass ich die Grundidee echt gerne mag. Sie ist anders, sie hat durch New Orleans auch ein spannendes Setting, dem sich authentisch gewidmet wird. Auch hat Holidays Art, wie sie ermittelt, genau die richtige Mischung aus Professionalität und ungeschickt in Fettnäpfchen treten. Es ist also vieles vom Papier her da, was auf jeden Fall rechtfertigt, eine solche Geschichte zu wagen. Doch es hat noch gewisse Anlaufschwierigkeiten. Der Erzählstil verliert sich zwischendurch zu sehr in Nebensächlichkeiten und ist damit eine Gefahr, den ein oder anderen ganz zu verlieren, aber ansonsten auch einen konsequenten roten Faden anzubieten. Letztlich ist der Fall sicherlich in der ganzen Struktur nichts, was man noch nie gelesen hätte und er ist auch nicht übertrieben vielschichtig angelegt. Aber für diese konkrete Erzählidee reicht es für mich auch vollkommen. Zudem finde ich auch, dass der Täter auch nicht sofort ersichtlich war, dementsprechend gab es eine angemessene Auswahl an Kandidaten und gerade die Beweisverschleierung war auch gut gewählt. Mir war zwar der Personenkreis sehr früh klar, aber letztlich habe ich lange genug miträtseln und mitfiebern können.

Insgesamt sind die Figuren alle speziell, was ideal passt. Es sind die Schwestern mit ihren Eigenarten, aber natürlich auch die Schüler und die sonstigen Angestellten an Schule/Kloster. Holiday pflegt anerkennende/verschwörerische Beziehungen, aber gleichzeitig auch einige Fehden und dennoch war es keinesfalls so, dass man sich nur bei den Fehden nach Verdächtigen umsehen musste. Die echten Ermittler von Polizei und Brandinspektion waren genauso keine aalglatten Figuren, dementsprechend war alleine auf der Charakterebene doch viel los. Einige Beziehungen sind sicherlich für die Zukunft auch etwas, was die Autorin im Hinterkopf behalten sollte. Wenn ich jetzt noch an den Glaubensaspekt denke, dann muss da noch mehr kommen. Mir gefällt es, in welcher Bandbreite Holiday ihren Glauben auslebt, da sehe ich auch bei mir selbst ein großes Feld, was also passt. Aber ich will dazu noch mehr in ihre Gedankenwelt einsteigen. Hat sie einfach nur etwas von ihrer Mutter übernommen, um sie zu ehren? Und wie sieht sie die Welt, denn die anderen Schwestern sind doch deutlich strenger in ihren Überzeugungen und dennoch fühlt sich Holiday in der Gruppierung wohl. Da ist also noch einiges offen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass man das in weiteren Bänden noch näher ergründet. Wenn nicht, dann wäre Schwester Holiday als Figur zu austauschbar. Dann könnte sie auch jeden anderen Beruf haben.

Fazit: „Verbrannte Gnade“ ist ein Auftakt, der noch nicht ideal funktioniert, aber durchaus genug Potenzial für die Zukunft aufzeigt. Das Setting und die Art, wie Schwester Holiday ermittelt, das stimmt für mich. Der Fall war zwar nicht komplex, aber es passte alles. Aber der Schreibstil war noch etwas zäh und von zu vielen Rückblenden untermalt, die den Lesefluss unterbrochen haben. So peppig wie Schwester Holiday auf dem Papier wirkt, so braucht die gesamte Handlung noch mehr Pepp.

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Veröffentlicht am 11.07.2024

Wurde mir nochmal zu sehr dunkel

Auch am hellsten Tag
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Ali Kassemyar hat mich mit seinem Erstlingswerk, „Selbst in dunkelster Nacht“, gut unterhalten. Auch wenn er das Genre nicht neu erfunden hat, so hat er sehr echte Figuren geschaffen, auch bei den Nebenfiguren ...

Ali Kassemyar hat mich mit seinem Erstlingswerk, „Selbst in dunkelster Nacht“, gut unterhalten. Auch wenn er das Genre nicht neu erfunden hat, so hat er sehr echte Figuren geschaffen, auch bei den Nebenfiguren und er hat viele Emotionen mit leisen, sanften Tönen erzeugt. So überzeugend ich ihn als Erzähler also fand, so habe ich gleichzeitig schon am Ende gedacht, warum ein zweiter Band? Auch wenn es natürlich einen Cliffhanger nach Band 1 gab, so fühlte sich die Geschichte nicht unendlich weit vom Happy End entfernt. Wie ist nun also dieser zweite Band geworden, der sich nicht so anfühlte, als müsste es ihn geben?

Das Marketing von reverie hat es sehr geschickt gemacht, denn die Dilogie war auf jeden Fall alleine optisch mit der Idee der dunklen und hellen Seite hervorstechend. Die Idee ist natürlich auch passend, denn in Band 1 haben wir Liora und Kieran in all ihrem Leid kennengelernt und nun haben sie das Potenzial zur Genesung, so dass sie wieder das Licht im Leben sehen können. Dementsprechend bin ich schon mit gewissen Hoffnungsgefühlen in die Geschichte reingegangen, denn auch wenn ich Band 1 nicht schwermütig fand, aber ich fand es dennoch an der Zeit, da quasi den Frühjahrsputz zu machen, um die Figuren mit gutem Gewissen gehen lassen zu können. Dementsprechend erdrückend war dann aber der Einstieg in Band 1. Kierans ganze Art war diesmal wirklich extrem schwermütig und runterziehend. Aber auch in der Kleinstadt bei Liora liegt so viel Leid über dem Geschehen und dann noch Jos Schicksal… Es war wirklich sehr, sehr viel Dunkles zum Einstieg, durch das ich mich erstmal graben musste.

Letztlich hat mir hier das Zurückgreifen auch weiteres Leid auch gezeigt, dass dieser Band 2 nicht unbedingt die clevere Wahl war, denn der Inhalt alleine hat nur den Umfang eines runden Buches, zumindest in meinem Empfinden. Das wurde dann auch später deutlich, indem immer nochmal ein Schlenker dazu erfunden wurde, um die Geschichte auf eine typische Buchlänger zu bringen. Vielleicht hat sich das im Schreibprozess für Kassemyar so gar nicht angefühlt, aber ich fand es konstruiert. Auch wie Liora und Kieran sich dann näherkommen, nur damit er dann doch nochmal Abstand und Zeit braucht. Es ist aus wenig nochmal viel versucht worden zu machen, aber es ist einfach nur ein Versuch. Denn mir fiel auch auf, dass es fast nur noch Kierans Geschichte war. Auch wenn wir weiterhin beide Perspektiven haben, aber bei Liora ging es fast nur noch um Kieran. Jos Gesundheit war natürlich nochmal ein Punkt, der vor allem sie betraf und ihre Verlustängste, aber das war auch nur ein kleiner Teil. Ihre Familie spielte keine große Rolle mehr und auch sonst gab es für sie kein Material zum Wachsen mehr.

Kieran war dagegen die sehr dominante Figur und auch wenn ich finde, dass es gelungen ist, sein Gefühlschaos nachvollziehbar darzustellen, so sorgte die Einseitigkeit doch auch dafür, dass ich an manchen Stellen etwas genervt von ihm war. Das hat sich zum Glück immer schnell wieder aufgelöst, weil er eben mit Luke, aber dann auch später mit Chris wirklich emotional und nahbar umgeht. Da fällt es wirklich schwer, genervt zu sein. Deswegen denke ich auch wirklich, dass es einfach ein Nachteil infolge des einseitigen Schwerpunktes war. Denn so wirkte Kieran deutlich egoistischer, während Liora ihre Gefühle quasi geopfert hat und brav wartete. Aber die Geschichte wird tatsächlich noch hell und ich finde auch, dass am Ende alles wirklich schön und rund zusammenkommt. Aber das wäre auch am Ende von Band 1 schon drin gewesen.

Fazit: „Auch am hellsten Tag“ hat mich leider nicht so überzeugen können wie noch der erste Band von Ali Kassemyar. Ich hatte sowas schon befürchtet, weil sich die dargestellte Handlung für mich zu wenig für zwei Bände anfühlte. Das hat sich bestätigt und dazu fand ich auch, dass nochmal viel neues Leid drauf gepackt wurde und dann waren die Perspektiven bzw. die Herausforderungen für Kieran und Liora nicht gerecht verteilt. Es fühlte sich zu sehr nach Kierans Spielweise an. Aber das Ende war auf jeden Fall rund und sehr angemessen für alle.

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Veröffentlicht am 03.07.2024

Leider zu wenig Inhalt, da zu viel Spice

Rule of the Aurora King
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Den ersten Band der Reihe „Die Artefakte von Ouranos“ habe ich als Hörbuch gehabt und ich wurde gut unterhalten. Den zweiten Band, „Rule of the Aurora King“ habe ich jetzt normal gelesen und dadurch wurde ...

Den ersten Band der Reihe „Die Artefakte von Ouranos“ habe ich als Hörbuch gehabt und ich wurde gut unterhalten. Den zweiten Band, „Rule of the Aurora King“ habe ich jetzt normal gelesen und dadurch wurde mir nochmal sehr bewusst, wie unterschiedlich es doch ist, da ich mir zu den nicht ganz gewöhnlichen Namen immer mehr ein Lautbild gemacht habe, als wirklich eine Vorstellung von der Schreibweise zu haben. Dazu natürlich auch die Stimmen von Lor und Nadir, die unweigerlich Persönlichkeit mitgeben und so war ich jetzt wieder mehr auf mich gestellt, aber ich denke, ich hätte dennoch die gleichen Kritikpunkte gefunden.

Denn der zweite Band plätscherte für mich inhaltlich viel zu sehr vor sich hin. Wenn ich nochmal Revue passieren lasse, was auf den ganzen Seiten passiert ist, dann ist das nicht viel. Gefangenschaft in dem geheimen Haus, Rückkehr in den Palast zu einer mehrtägigen Festivität, Ausflug in Lors Heimat und wieder zurück, dazu die Rückblenden und fertig wären wir. Dennoch fühlt sich die Geschichte nicht so schmal an, wie sie sich letztlich bei mir gesetzt hat, denn gerade im Palast ist das Buch angereichert von jede Menge erotischer Szenen. Auch wenn im ersten Teil, als Lor mit Atlas agiert, diese Erzählweise, dass Nisha J. Tuli gerne mit solchen Szenen arbeitet, deutlich wurde, so war sie da dort ein kleiner Teil von vielen. Dieses Urteil kann ich für den zweiten Band so nicht mehr fällen, denn es ist kein Teil mehr von vielen, es ist DER Teil. Etwas gehässig könnte ich sagen, wenn man vier Bände verkaufen will, dann muss man irgendwo auch Inhalt hernehmen, aber ich denke nicht, dass Tuli so denkt. Es ist einfach ihr Stil und ich finde es auch vollkommen okay, Fantasy sexy zu machen, aber eben nicht drauf aufhören und dafür in dem sonstigen Mysterium zu wenig anbieten.

Dann fiel mir auch auf, dass einige Enthüllungen, die wir in Band 2 nun angeboten bekommen haben, nicht so recht passend zu Band 1 erschienen. Wenn man bedenkt, wie viele Geheimnisse Lor hatte, weil sie diese nicht mehr ergründen musste, sondern aktiv mit Tristan und Willow geteilt hat, dann ist es schon verwunderlich, wie wenig davon in Band 1 durchgeschienen ist. Mir ist bewusst, dass es immer ein schmaler Grat zwischen Vorhersehbarkeit und Spannung durch Überraschung ist, aber es ist auch nicht geschickt, wenn es so wirkt, als wäre der Autorin in Band 2 aufgefallen, dass sie doch noch ein paar Geheimnisse einstreuen könnte, an die sie in Band 1 so selbst gar nicht gedacht hat. Wenn ich diese beiden großen Kritikpunkte aber mal wegpacke, dann habe ich dennoch ein unterhaltsames Buch bekommen, das sich schnell weglesen ließ.

Da Lor und Nadir in Band 1 nur ganz wenige gemeinsame Szenen miteinander hatten, ging ihre gemeinsame Geschichte nun erst so wirklich los und in meiner Einschätzung ist eine wirklich gute Chemie entstanden. Gerade wenn man bedenkt, dass wir in Band 1 noch so offensiv Lor und Atlas hatten und das kann man so natürlich nun ideal vergleichen. Generell sind die meisten Figuren in der Reihe ja auch sehr ambivalent, was ich auch positiv finde, aber so fällt natürlich auf, dass weder Nadir noch Atlas klassische Helden sind. Während Atlas natürlich ohnehin schon enttarnt wurde, aber so fand ich es auch wichtig, dass diese dunkel-gefährliche Aura, die Nadir für mich in Band 1 hat, nicht verloren gegangen ist. Er ist auch weiterhin auf eine Art düster, aber es wurde gut ergründet, welche respektablen Züge er hat und was ihn individuell auszeichnet. Aber hat auch Schwächen, die Lor auch mehrfach kritisch anspricht und das finde ich positiv. Territoriales Besitzdenken ist wirklich ekelhaft und es ist gut, dass das Buch es offensiv anspricht.

Bei der Ambivalenz haben wir natürlich auch die Rückblenden, mit denen wir Serce und Wolf, die Großeltern von Lor, näher kennenlernen. Anfangs dachte ich noch, ui, auch so eine mit allen Wassern gewaschene Lady, die für sich einsteht, aber es war doch auch ein rücksichtloses Machtstreben zu bemerken, dass mich etwas geschockt hat, aber letztlich doch auch begeistert. Serce ist nicht unsere Heldin. Wir sehen dennoch viel von ihr in Lor und es ist auch ein interessantes Spannungsfeld, dass sie vielleicht mit ihrer Macht auch irgendwann vor ähnlichen Entscheidungen steht. Aber wir sehen bei Lor auch schon ganz andere Züge, die wieder sehr gut mit Tristan und Willow unterstrichen wurden, aber auch mit ihrem Mitgefühl für Low Fae und natürlich weiterhin Nostraza. Sie hat da ganz andere Seiten in sich und wäre es nicht oft so spicy, dann hätte Lor noch viel mehr Erzählraum. Deswegen bin ich auch trotz meiner Kritikpunkte weiterhin interessiert an der Reihe. Die spicy Szenen werden nicht verschwinden, das ist mir klar, aber ich hoffe doch, dass ich am Ende eine runde Geschichte habe.

Fazit: „Rule of the Aurora King“ ist für mich nach dem guten Einstieg in die Reihe von Nisha J. Tuli schwächer einzustufen, weil inhaltlich deutlich weniger passiert ist und auch etwas zusammengebastelt wirkte. Dafür gab es Spice ohne Ende, der mich nicht völlig gestört hat, aber es fehlte die ideale Balance. Aber die Reihe bleibt interessant und sie wird sich auch noch retten können.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Leider zwiegespalten

Flat-Out Love
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„Flat-Out Love“ von Jessica Park ist schon einige Jährchen alt, tatsächlich hat die Geschichte die zehn Jahre schon überschritten, da ist es durchaus verwunderlich, dass sie es jetzt noch auf den Buchmarkt ...

„Flat-Out Love“ von Jessica Park ist schon einige Jährchen alt, tatsächlich hat die Geschichte die zehn Jahre schon überschritten, da ist es durchaus verwunderlich, dass sie es jetzt noch auf den Buchmarkt geschafft hat. Denn „180 Seconds“ von der Autorin ist auch nicht total frisch, so dass man sich erklären könnte, als Werke nun zu übersetzen. Aber möglicherweise ist das Buch bei TikTok etc. viral gegangen und da ich in dieser Welt nicht so zuhause bin, geht sowas einfach an mir vorbei. Ich fand auf jeden Fall den Titel schon interessant und wollte deswegen einfach mal reinlesen.

„180 Seconds“ habe ich tatsächlich nicht gelesen, weswegen der Stil der Autorin für mich völlig neu ist. Ich fand auf jeden Fall, dass sie gut schreibt, aber dennoch war schnell einiges auffällig. Das eine ist, dass sie sehr ausführlich ist. Ich habe gerade bei New Adult oft das Gefühl, dass sich die Lager da sehr spalten, wer mag es kurz und knackig und wer mag es lieber mehr ausgeführt. Park auf jeden Fall hat etwas zu sagen und ist da nicht mit wenigen Worten durch. Ich bin eigentlich mehr ein Fan davon, weil es Oberflächlichkeiten vorbeugt. Warum es mir doch auch hier manchmal etwas zu viel wurde, führe ich gleich nochmal aus. Bleiben wir aber nochmal beim Stil und da finde ich, dass die ganze Geschichte schon sehr außergewöhnlich ist. Park hat es dich also eindeutig nicht einfach gemacht und einfach einen aktuellen Trope-Trend bedient, stattdessen hat sie eine sehr individuelle Geschichte geschrieben, die ich so in der Art noch nicht gelesen habe. Durch Matt und Celestes Familie war es nicht nur auf eine Liebesgeschichte ausgelegt, sondern auch auf etwas eben sehr Familiäres und Tiefgründiges. Bezeichnend war ein Gespräch von Julie mit einem Psychologie-Dozenten, bei dem deutlich wurde, dass dieses Buch die Figuren doch sehr intensiv ausgearbeitet hat. Also rein stilistisch kann ich gut erahnen, dass mir Park grundsätzlich gut liegt.

Dennoch bin ich nicht der allergrößte Fan von „Flat-Out Love“ geworden. Ein großer Knackpunkt war für mich die Darstellung von Julie. Ich fand sie am Anfang furchtbar übergriffig, wertend und dadurch unsympathisch. Sie ist auf ein falsches Wohnangebot reingefallen, war also die Deppin der Nation, aber kaum ist sie in der neuen Familie, urteilt sie über alles ständig und überall. Das fand ich sehr deplatziert, denn nichts konnte ihr eigentlich etwas recht machen. Diesen sehr vorverurteilenden Eindruck hat Julie irgendwann zum Glück etwas abgebaut, dennoch ist sie eindeutig das Lowlight des Buchs. Da sie selbst familiär Baustellen hat, ist auch aufgefallen, dass diese nicht so intensiv angegangen wurden und auch am Ende fand ich Julie noch einmal sehr strikt-wertend, was völlig übertrieben war. Durch ihre Art war mir das Beschreibende deswegen stellenweise zu viel, weil wenn man es durch die Augen einer Person hat, die einen aufregt, ja, dann kann man sich den Rest denken. Die anderen Figuren um sie herum waren nicht so, sondern sie waren auf eine besondere Art und Weise ausgearbeitet. Lassen wir den Vater nochmal außen vor, aber Erin, Celeste und Matt (sowie Finn) sind gut präsentiert worden. Sie waren alle für sich sehr ikonisch, sie sind keine Charaktere von der Stange gewesen, sondern echt Figuren, die mir aus unterschiedlichen Gründen gefallen haben.

Die Geschichte ist auf eine Art vorhersehbar. Ich habe mir schnell gedacht, was eigentlich vorliegt, aber ich denke auch nicht, dass Park daraus ein riesiges Geheimnis machen wollte. Alleine schon, dass es nur Julies Perspektive gibt, ist eigentlich schon Hinweis genug. Aber ich fand es nicht schlimm, mir diesen Teil denken zu können, auch weil es mir früh viel zu Matt erklärt hat, der in sich wirklich ein toll nachvollziehbarer Charakter wurde. Auch wenn ich mit Julie so meine Probleme hatte, aber die Liebesgeschichte hat mir doch ganz gut gefallen. Sie hat ihre Schwächen, das ist letztlich auch nochmal das sehr abrupte Happy End, aber sie ist auch sehr süß und trotz allem innig. Aber es ist eben nicht nur die Liebesgeschichte alleine, sondern auch eine Geschichte über Trauer, Verlust, Zurückweisung, Schuldgefühle und so vieles mehr.

Dazu wurde zur eigentlichen Geschichte auch noch gleich eine Novella veröffentlicht. Da das von Park wie gesagt schon älter war, hatte der Verlag hier die Möglichkeit, die ganzen Bonuskapitel aus Matts Sicht gleich mit zu veröffentlichen. Ich finde es in jedem Fall eine wertvolle Ergänzung, zumal die Kapitel auch Mehrwert darstellen. Nicht nur, dass sie mit Matt aus der Sicht der mir lieberen Figur sind, nein, sie verraten inhaltlich nochmal Neues. Das hat sich also gelohnt.

Fazit: „Flat-Out Love“ hat mir von der Grundidee her sehr gut gefallen. Es ist – wenn auch eine ältere Geschichte schon – frisch und neu gewesen. Doch Julie war als Figur eine große Herausforderung, die mich in ihrer Art gerade im ersten Drittel oftmals genervt hat. Dadurch wurde auch der ausführlichere Schreibstil behäbiger. Aber Park kann gut schreiben und rettet über die Baustellen immer wieder hinweg. Insgesamt gut zum Weglesen, aber mit Schwächen.

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