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Veröffentlicht am 05.10.2020

Arved Fuchs rüttelt wach!

Das Eis schmilzt
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Arved Fuchs erzählt in seinem Buch "Das Eis schmilzt" sehr eindringlich vom Klimawandel aus seiner Sicht als Polarforscher. In Kapitel 1 bis 9 beschreibt er zunächst die Veränderungen von Klima ...

Arved Fuchs erzählt in seinem Buch "Das Eis schmilzt" sehr eindringlich vom Klimawandel aus seiner Sicht als Polarforscher. In Kapitel 1 bis 9 beschreibt er zunächst die Veränderungen von Klima und der Polarregion, die er in den letzten Jahren beobachten konnte. Kapitel 10 bis 16 richten sich auf konkrete Beispieleprojekte, die lokal bereits erfolgreich einen anderen Umgang mit Resourcen und Energie betreiben und einige Schlussbemerkungen.

Die zu Beginn des Buches dargelegte Problematik ist für mich keineswegs neu, trotzdem schafft Arved Fuchs es mich mit dem Buch und den teilweise erschütternden Fotos von Umweltverschmutzung wachzurütteln. Der Stil des Buches gleicht einem spannenden Vortrag. Die Lektüre führt mir sehr deutlich vor Augen, dass es jetzt Zeit ist zu handeln. Die folgenden Beispiele zeigen gut auf, dass ein anderer Umgang mit Resourcen möglich ist. Insgesamt bin ich nach dem Buch sehr motiviert, mein Verhalten noch weiter möglichst klimafreundlich anzupassen. Was mir an dem Buch etwas fehlt, ist eine konkrete Liste mit Handlungsempfehlungen um die entstandene Motivation direkt umzusetzen. Was kann jeder Einzelne tun, wie können wir Veränderung auf höherer Ebene anstoßen und einfordern? Natürlich kann und sollte man sich hier eigenständig weiter informieren, allerdings ist das Buch an sich so motivierend, dass ich eine Liste mit konkreten Anregungen sehr hilfreich gefunden hätte.

Unabhängig vom Inhalt gefällt mir das Buch auch gestalterisch sehr gut. Sowohl Cover als auch der Innenteil sind grafisch sehr modern und ansprechend gehalten. Ein schönes Detail ist zum Beispiel das kleine Eisberg Icon, das in jedem Kapitel etwas kleiner dargestellt wird. Auch die Typografie und der Einsatz von Fotos unterstreicht diesen Eindruck. Außerdem ist das Buch im cradle to cradle Verfahren produziert und klimapositiv gedruckt - dies hätte ich bei der Thematik natürlich auch erwartet. Auch wenn in erster Linie der Inhalt zählt, weiß ich die schöne Gestaltung sehr zu schätzen.

Insgesamt finde ich das Buch sehr ansprechend und einen wichtigen Anstoß in Sachen Klimaschutz. Ein zusätzliches Kapitel mit konkreten Empfehlungen für Privatpersonen würde es meiner Meinung nach perfekt machen.

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Veröffentlicht am 27.08.2024

Unterhaltsames Gesellschaftsportrait

Pineapple Street
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An Jenny Jacksons "Pineapple Street" hat mich zuerst das moderne Cover angelockt - und die Frage warum darauf eine Orange abgebildet ist, wenn es doch um eine Pineappel (Ananas) geht. Schnell wird klar: ...

An Jenny Jacksons "Pineapple Street" hat mich zuerst das moderne Cover angelockt - und die Frage warum darauf eine Orange abgebildet ist, wenn es doch um eine Pineappel (Ananas) geht. Schnell wird klar: Es geht um die Fruit Streets in Brooklyn Heights – eine kleine Blase mitten in New York, in der die Upper Class weitestgehend ohne Kontakt zu „normalen Menschen“ lebt. Daher finde ich das Cover passend – es vermittelt mir ein New York Cocktail Hour Gefühl.
Pineapple Street dreht sich rund um die beiden Schwestern Darley und Georgiana und ihre Schwägerin Sasha, die aus bodenständigeren Verhältnissen stammt und in die Familie mit Geld eingeheiratet hat. Jacksons Schreibstil hat mich gleich auf den ersten Seiten gefesselt und ich musste bei ihren treffenden Darstellungen der Millenial Generation mehrfach schmunzeln. Der Roman fängt den Zeitgeist einfach so haarscharf ein. New York City ist so weit weg, kam mir jedoch beim Lesen ganz nah! Brooklyn Heights ist wirklich wie eine andere Welt und Jackson beschreibt sie humorvoll und teilweise sarkastisch. Besonders spannend sind hier die Familiendynamik und der unterschiedliche Umgang der Geschwister Geld und ihr Bewusstsein ihrer Privilegien.
Auf den ersten Seiten habe ich mir sehr viel von dem Roman versprochen, rückblickend entwickelte sich für mich die Geschichte jedoch zu sehr in Richtung „feel good“ und zu weit weg von einer Gesellschaftskritik. Interessant finde ich, dass die Autorin selbst aus Brooklyn Heights stammt. Fazit: Eine unterhaltsame Sommerlektüre und spannendes Gesellschaftsportrait!

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Veröffentlicht am 20.08.2024

Genau so, wie es immer war?

Genau so, wie es immer war
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Claire Lombardo war mir bisher kein Begriff, doch bei „Genau so, wie es immer war“ hat mich aber ganz die Kombination aus Cover und Titel sofort neugierig gemacht. Das Cover ist grün und modern, es zeigt ...

Claire Lombardo war mir bisher kein Begriff, doch bei „Genau so, wie es immer war“ hat mich aber ganz die Kombination aus Cover und Titel sofort neugierig gemacht. Das Cover ist grün und modern, es zeigt eine schöne, ordentliche Nachbarschaft. Der Buchtitel ist etwas versteckt – ein Hinweis darauf, dass sich hinter ordentlichen Kulissen immer etwas versteckt.

Die Geheimnisse der Protagonistin Julia legt Lombardo in diesem Familienroman durch viele Rückblenden und Zeitsprünge offen. Eingebunden in den eigentlich unscheinbaren Familienalltag reflektiert Julia komplexe und vielschichtige Beziehungen. Zentral stehen die Themen Mutterschaft, Familiendynamik, Bindung, Beziehung, Vertrauen und Freundschaft.

Den Titel finde ich für das Buch sehr passend. Gerade bei einer Frau, die mitten im Leben steht und scheinbar alle klassischen Ziele (Haus, Mann, Kinder) erreicht hat, könnte man meinen, ihr Leben wäre immer geradlinig verlaufen. Welche Hindernisse, verborgene Struggle und Zufälle hinter diesem Leben stehen und wie komplex die nach außen perfekten Beziehungen sind, wird erst beim genauen Hinsehen deutlich.

Lombardos Schreibstil ist unterhaltsam und detailreich beobachtend. Auf den rund 700 Seiten sind mir war auch Längen begegnet, insgesamt habe ich die Geschichte aber als unterhaltsam und spannend empfunden und an einem Wochenende gelesen. Eine schöne Urlaubslektüre!

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Veröffentlicht am 26.07.2024

Ein Weihnachtsdrache im Herbst?

Spekulatius, der Weihnachtsdrache. Spekulatius und das Abenteuer im Herbstwald
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Ein Weihnachtsdrache im Herbst? Kann das funktionieren? Spekulatius, der kleine süße Drache aus der Feder von Tobias Goldfarb ist fester Bestandteil unser Weihnachtsbücherkiste und versüßt uns jedes Jahr ...

Ein Weihnachtsdrache im Herbst? Kann das funktionieren? Spekulatius, der kleine süße Drache aus der Feder von Tobias Goldfarb ist fester Bestandteil unser Weihnachtsbücherkiste und versüßt uns jedes Jahr die Adventszeit. Daher war ich sofort neugierig, aber auch etwas skeptisch als ich das Buch „Spekulatius und das Abenteuer im Herbstwald“ entdeckte. Die Spekulatius Welt dreht sich eigentlich rund um den Advent, transportiert Plätzchenduft und Weihnachtsvorfreude – im Herbst hätte ich den Drachen jedoch nicht erwartet.

Das Abenteuer im Herbstwald funktioniert jedoch erstaunlich gut. Wie gewohnt vermittelt das Buch den Zauber eine Jahreszeit – nun eben die Herbstzeit: Mit Kastanien, Wald, Drachensteigen lassen und Co. Mats und Matilda erleben ein spannendes Abenteuer mit Speki rund um den unsympathischen Gegenspieler Freiherr von Freysinn. Spannend – aber nicht zu spannend für Kinder. Wie gewohnt ist das Buch in 24 Kapitel eingeteilt. Diese haben eine gute Länge für Gute Nacht Geschichten, sodass man das Buch super über viele Tage aufteilen kann.

Die Erklärung, warum Spekulatius nun schon im Herbst auftaucht, haben meine Kinder nicht hinterfragt. Die Illustrationen sind wie gewohnt bezaubernd und ausreichend vorhanden, um auch kleine Leser bei Laune zu halten. Meine Kinder sind 4 und 6 und das Buch funktioniert für uns gut zum gemeinsamen Vorlesen.

Insgesamt also eine klare Leseempfehlung – auch wenn ich mir persönlich gewünscht hätte, dass Spekulatius in seiner magischen Weihnachtswelt zuhause bleibt und damit eben etwas Besonderes für eine ganz besondere Zeit. Im Vergleich zu den Weihnachtsbüchern ziehe ich daher einen Stern in der Gesamtwertung ab.

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Veröffentlicht am 12.07.2024

Gibt es ein Wassergedächtnis ?

Am Himmel die Flüsse
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Eine Liebeserklärung an Flüsse soll ihr neues Buch sein, schreibt Elif Shafak und man könnte „Am Himmel die Flüsse“ kaum passender beschreiben.

Flüsse spielen eine zentrale Rolle im Leben der Protagonist:innen. ...


Eine Liebeserklärung an Flüsse soll ihr neues Buch sein, schreibt Elif Shafak und man könnte „Am Himmel die Flüsse“ kaum passender beschreiben.

Flüsse spielen eine zentrale Rolle im Leben der Protagonist:innen. Da ist Arthur, der 1840 am Ufer der Themse geboren wird und sich auf wundersame Weise an alles erinnert, was er jemals erlebt. Narin, die ihr Gehör verliert und 2014 ihr Dorf am Tigris verlassen muss. Und Zaleekhah, die nach einer Trennung auf einem Hausboot auf der Themse ihr Leben neu ordnet. Nicht nur die Nähe zu großen Flüssen verbindet die drei, sondern ein einziger Wassertropfen – das Wassergedächtnis.

Elif Shafak verwebt alle drei Ebenen mit melodischer, intensiver Sprache miteinander. Das zunächst feine Netz, wird immer dichter und enger. Zeitgleich werden die Geschehnisse immer bedrückender und dramatischer. Es ist mein erstes Buch der Autorin und ich hätte hinter diesem Cover und Klappentext nicht erwartet, dass sie so tief in ernste Themen eintaucht. Gut recherchierte historische Fakten und erzählerische Freiheiten werden hier geschickt vermischt.

Gerade ab der zweiten Hälfte entwickelt die Geschichte einen starken Sog. Im ersten Teil musste ich jedoch über einige Längen hinwegkommen. Insgesamt aber eine klare Leseempfehlung. Ich werde sicher wieder zu Büchern der Autorin greifen und gebe 4 von 5 Punkten.

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