Die Sichtweise von Asylsuchenden sowie Einblicke in die Sichtweise einer Asylentscheiderin
Ich durfte hier wirklich einmal wieder ein wahres Meisterwerk der Autorin Maria Braig kennen lernen! Allein das Cover läd schon zum lesen ein, sowie der Klappentext,
der den Leser richtig neugierig macht, ...
Ich durfte hier wirklich einmal wieder ein wahres Meisterwerk der Autorin Maria Braig kennen lernen! Allein das Cover läd schon zum lesen ein, sowie der Klappentext,
der den Leser richtig neugierig macht, indem ein Schlepperei-Gerichtsverfahren angedeutet wird und zudem Jule, hier die Hauptprotagonistin, die Entscheidung
der Asyl-Suchenden treffen muss.
Jule, die lange als Postangestellte arbeitete und nun, nachdem eine Postfiliale nach der anderen geschlossen wurde, nicht wirklich mehr weiß wohin, da erfährt sie
von den zu vergebenden Stellen als Asyl-Entscheider/innen. Sie ist sehr engagiert und möchte unbedingt solch einen Posten "ergattern", tut alles dafür und wird am Ende
tatsächlich eingestellt. Sie glaubt hier endlich etwas sinnvolles zu tun und Menschen zu helfen indem sie entscheidet das die "Richtigen" hier bleiben dürfen und die "Falschen"
wieder ins Heimatland zurück müssen. "Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen".
Doch so einfach, wie Jule es sich vorstellt, ist das ganze nicht. Es stellt sich sogar als sehr schwierig heraus, vor allem mit ganz viel Emotionen.
Da sitzen diese Menschen vor ihr, weinen, klagen ihr Leid und wollen unbedingt hier bleiben. Doch es gibt Gesetze nach denen sie entscheiden muss,
da haben Emotionen nichts zu suchen, das merkt sie sehr schnell und ist völlig am Boden zerstört.
Sie wird "heimgesucht" von diesen Menschen, kann nicht mehr abschalten und fragt sich, ob es wirklich richtig war, diese Stelle anzutreten.
Vor allem als sie eine alte Schulfreundin, Cochise, auf einem Klassentreffen wiedersieht. Sie gerät immer wieder mit ihr in Konflikte über Entscheidungen und über
ihre Arbeit, so daß zwischendrin immer mal wieder Sendepause zwischen den beiden herrscht.
In diesem Buch bekommt man einen sehr guten und tiefen Einblick in die Arbeit einer Asylentscheiderin, wie schwierig im Grunde diese Arbeit ist und vor allem wie
schwierig zu entscheiden. Das alles was von außen so einfach wirkt, ist im Grunde eine sehr sehr schwierige Arbeit, vor allem hier jedem Gerecht zu werden und vor
allem auch gerecht zu entscheiden. Es ist ein sehr guter Roman bei dem man viel Hintergrundwissen über das Asyl-Recht sowie einzelne Situationen erhält.
Die eine oder andere hätte man als Laie vielleicht ganz anders eingeschätzt und meiner Meinung nach ist es der Autorin richtig gut gelungen die einzelnen Entscheidungen spannend
und gleichzeitig realitätsnah rüber zu bringen.
Es hat sicherlich viel Recherche gebraucht, um die einzelnen Asyl-Antragssteller zu beschreiben, die Gründe zu beschreiben, warum gerade sie hier bleiben möchten, und wie
teilweise schon vorab klar ist, das bestimmte Menschen zurück in ihre Heimat müssen.
Der Leser bekommt ein sehr klares Bild davon wie die Gesetze tatsächlich sind und warum viele Entscheidungen in bestimmte Richtungen getroffen werden. Das hier sicherlich
auch einmal der eine oder andere Fehler passiert...das kann gar nicht ausbleiben....
Sehr interessant war auch die Geschichte, bei der Cochise als "Schlepperin" erwischt wurde. Sie hatte keine Ahnung von ihrer "zusätzlichen" Ladung und wurde umgehend in
Griechenland ins Gefängnis gesteckt, alle diese Erlebnisse passieren, diese Menschen, die flüchten, wissen oftmals keinen anderen Ausweg mehr, als sich in LKW´s zu verstecken
und selbst wenn sie von den Fahrern entdeckt werden .... wer will diese einfach im Stich lassen ... was wäre, wenn es die eigene Familie ist, die flüchten muss.
Ein unglaublich schwieriges Thema wurde hier aufgegriffen und für den Leser sehr einfach in einem Roman erklärt, doch so einfach wie es scheint, ist es ganz bestimmt nicht.
Ich wünsche und hoffe das dieses Buch in viele Leserhände findet, denn gerade dieses absolut aktuelle Thema geht uns alle an, und ich finde wir können nicht genug Hintergrundwissen
bekommen, um objektiv zu bleiben. Das ist nicht einfach und schnell sind die Vorurteile in den Köpfen wieder da, ob man will oder nicht.
Ich werde dieses Buch unbedingt weiter empfehlen, vor allem an Schulen und an Jugendliche sollte es appelieren, denn wir können nicht offen genug sein, um diesen Menschen
ein zu Hause geben zu dürfen. Wir sollten gut darüber nachdenken, was wir tun würden in einer sehr schwierigen Situation, Krieg, Familienverlust, Verfolgung .... wir kennen diese
Situationen nicht (jedenfalls die meisten von uns) und ich bin sicher genau das möchte Maria Braig hier erreichen, ein Umdenken der Menschen, ein objektives und ehrliches Denken,
gerechtes Denken und keine Urteile über Menschen, deren Situation wir nicht kennen und demnach überhaupt kein Recht haben zu "verurteilen".
Sie möchte dem Leser sicherlich auch nahe legen, diesen Menschen freundlich zu begegnen mit dem Hintergrundwissen diesen Buches. Wir würden in einem fremden Land auch
gerne herzlich behandelt werden und vor allem respektvoll!
Ich kann nur sagen: Lest dieses Buch, so viele Menschen wie möglich, und ich hoffe die Botschaft der Autorin kommt bei jedem einzelnen an.
Hier kann es nur 5 von 5 Sternen geben, so viel Recherche und Ausdauer wie hier benötigt und mehr als gut umgesetzt wurde.
Danke liebe Maria Braig für die Offenheit und den Mut ein solches Buch zu schreiben!