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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2024

Eindrücklich und aufwühlend

Pink Elephant
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Sommer 2006, die Freundschaft von Vincent, Ali und Tarek wird auf eine harte Probe gestellt, als Ali aus einem Fenster im 4. Stock fällt, Tarek von der Bildfläche verschwindet und Vincent von Schuldgefühlen ...

Sommer 2006, die Freundschaft von Vincent, Ali und Tarek wird auf eine harte Probe gestellt, als Ali aus einem Fenster im 4. Stock fällt, Tarek von der Bildfläche verschwindet und Vincent von Schuldgefühlen geplagt wird.
Die Geschichte wie sich die drei Jungs kennengelernt haben bis dahin wie es zu Alis Unfall kam, wird in Rückblenden aus Vincents Sicht erzählt, sodass wir erst ganz zum Schluss erfahren, was genau eigentlich passiert ist. Vincent lässt uns nämlich, ganz Teenie, nur scheibchenweise hinter die Fassade blicken. Und mit jeder Seite, mit jedem Tag näher an den Unfall und mit jeder Zigarette mehr, offenbart sich eine Macht- und Ausweglosigkeit der sich die Freunde gegenüber sehen. Der Kloß im Hals wird immer größer, bis dir auf der letzten Seite fast die Luft weg bleibt. Du möchtest die Erwachsenen anschreien, Vincent in den Arm nehmen, das Buch gegen die Wand werfen und rausbrüllen ob denn hier irgendwer noch überhaupt irgendwas merkt. Und dann denkst du dir, dass diese Geschichte ja nur stellvertretend für die tagtäglichen Widrigkeiten steht, denen Teenager (allen voran solche mit aus dem Ausland stammenden Elternteilen) in sozialen Brennpunkten ausgesetzt sind und du fühlst dich genauso hilflos wie Vincent und die Wut in dir brodelt unaufhörlich weiter.
Ihr merkt, das Buch hat mich emotional sehr aufgewühlt. Dass wir zwar Vincents Sichtweise haben, aber keinesfalls in seiner Haut stecken, wir überhaupt nicht an ihn herankommen, keine einzige Person in diesem Buch sich irgendjemandem öffnet oder gewillt ist zu helfen und hier ausnahmslos verdrängt und ignoriert wird, ist die große Stärke des Buches. Die Erzählweise, das heißt einige umgangssprachliche Ausdrücke (die ich nicht kenne) und die teils etwas fragmentarische Erzählweise von Vincent machen das Lesen nicht immer einfach, aber die Geschichte authentisch.

Ich bin nach dieser Lektüre wütend und beeindruckt und kann diese Geschichte allen empfehlen, die sich aus ihrer Komfortzone heraus begeben möchten um eine eindrückliche Leseerfahrung machen.

Veröffentlicht am 28.08.2024

Sacht, einfühlsam und melancholisch

Kummer aller Art
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So kurz wie die Geschichten, die hier erzählt werden, möchte ich meine Gedanken zu diesem tollen Buch mit euch teilen:

Nachdem ich von Was man von hier aus sehen kann total begeistert war, konnte ich ...

So kurz wie die Geschichten, die hier erzählt werden, möchte ich meine Gedanken zu diesem tollen Buch mit euch teilen:

Nachdem ich von Was man von hier aus sehen kann total begeistert war, konnte ich an dem neuen Buch von Mariana Leky nicht vorbeigehen. Und wieder hat mich diese wunderbar sanfte, einfühlsame und leicht melancholische Stimmung und Erzählweise begeistert. Die Ich-Erzählerin nimmt uns mit in ihren Alltag, den wir vielleicht auch so oder so ähnlich kennen, und was die Geschichte trotz der teils etwas skurrilen Personen so authentisch macht.
Damit man vollends mitgerissen werden kann, sollte man allerdings schon Kurzgeschichten-affin sein. Die Ich-Erzählerin ist als Hauptperson Ausgangspunkt aller Kapitel und einige Erzählstränge, wie der über ihre Nachbarin Frau Wiese, werden immer wieder aufgegriffen und ziehen sich als roter Faden durch das Buch, andere jedoch bleiben nur sehr vage. Hier hätte ich mir noch einen runden Abschluss gewünscht, der einzelne Personen noch mehr miteinander verbindet, auch wenn der Titel-gebende Kummer aller Art sich in allen Erzählungen wiederfindet und damit das Buch zusammenhält.
Was unglaublich schön ist und mir auch bei Was man von hier aus sehen kann schon so gut gefallen hat ist, dass trotz Melancholie und kleine oder große Kummer ein lebensbejahendes Gefühl vermittelt wird.
Daher auch für dieses kleine, aber feine Büchlein eine dicke Leseempfehlung von mir!

Veröffentlicht am 13.08.2024

Einfach schön! Zum Rätseln und Träumen.

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Clayton, als Säugling vor den Türen der Gemeinschaft der Rätselmacher ausgesetzt, genießt ein ruhiges und zurückgezogenen Leben inmitten der nunmehr betagten Rätselmacher. Als Pippa, seine Ziehmutter ...

Clayton, als Säugling vor den Türen der Gemeinschaft der Rätselmacher ausgesetzt, genießt ein ruhiges und zurückgezogenen Leben inmitten der nunmehr betagten Rätselmacher. Als Pippa, seine Ziehmutter und Gründerin der Gemeinschaft, stirbt, hinterlässt sie ihm Hinweise über seine Herkunft und Clayton macht sich auf die Suche nach seinen Eltern. Dabei findet er mehr Antworten als nur auf die Frage wo er herkommt. Er begibt sich vielmehr auf eine Suche zu sich selbst, zu seinen Lebensträumen und Wünschen jenseits der Gemeinschaft, die bis dahin sein einziger Lebensinhalt war.

Falls ihr euch fragt, warum Pippa ihm nicht einfach einen Brief hinterlassen hat, der alles erklärt oder warum sie, nachdem sie sich über 20 Jahre ausgeschwiegen hat, erst nach ihrem Tod alles höchst umständlich aufklärt, dann ist das einmal der Tatsache geschuldet, dass das Rätseln nun einmal ein Leitmotiv in diesem Buch ist und zweitens weil es eigentlich nicht um die Lösung geht. Mit dem Rätsel ermöglicht Pippa Clayton nicht nur herauszufinden wo er herkommt, sie gibt ihm posthum Flügel, die er selbst niemals gedacht hatte zu haben, und schubst ihn sanft ihn aus seinem wohl-behüteten Nest um seinen Platz in der Welt zu finden. Und das alles ist gespickt mit Rätseln (die man, falls man möchte, selbst lösen kann - ich empfehle es ganz dringend, auch wenn das Lesen damit durchaus länger dauert!) und ganz viel britischem Flair!

Ein wundervolles Crossover zwischen Sherlock Holmes und einfühlsamer Coming of Age Geschichte! Sehr sehr große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.07.2024

Fantastische Coming of Age

Was man von hier aus sehen kann
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Kann man sich in ein Buch verlieben?
Mariana Leky: JA!

Irgendwie hab ich im Moment einen Coming of Age - Lauf. Unbeabsichtigterweise, weil eigentlich hätte ich das, dem Klappentext zu urteilen, nicht ...

Kann man sich in ein Buch verlieben?
Mariana Leky: JA!

Irgendwie hab ich im Moment einen Coming of Age - Lauf. Unbeabsichtigterweise, weil eigentlich hätte ich das, dem Klappentext zu urteilen, nicht erwartet. Heißt es doch hier, dass es das „Porträt eines Dorfes“ ist. Ja, das ist es schon auch, weil die Gemeinschaft eine überaus wichtige Rolle spielt, weil keiner, sei er oder sie noch so abweisend oder eigenbrödlerisch, ausgeschlossen wird. Vor allem geht es aber um Luise, die als Kind ihren besten Freund verliert und ihre Großmutter Selma. Luise wird im Laufe der Geschichte erwachsen, erfährt, nicht nur aber hauptsächlich, Verlust und bewahrt sich dennoch ein liebevolles und zuversichtliches Gemüt, eben weil sie in der wundervollen Dorfgemeinschaft Halt findet.

Die Geschichte ist wahrlich hinreißend, die Charaktere sind liebenswert, wenn auch mitunter etwas skurril. Was das Ganze aber zu einem absoluten Lieblingsbuch macht, ist die sprachlich brillante Erzählweise. Luise soll nicht nur mehr Welt in ihr Leben lassen, sondern hat auch mal eine Verstockung, wenn sie mit dem Mann, in den sie sich verliebt hat, telefoniert. Und nicht zu verschweigen der Aufhocker, der einem Missverständnis aufsitzt und Elsbeth in den Nacken springt und nicht mehr gehen möchte.

Diese Geschichte beweist, dass man sich in ein Buch verlieben kann und ich kann daher nicht anders, als es an alle und in jeder Lebenslage zu empfehlen!

Veröffentlicht am 06.06.2024

Absolut großartig!

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
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Ja, ich habe es getan. Die die immer erzählt sie sei nicht so der Kurzgeschichtenfan … und dann hat es kaum angefangen ist es schon wieder vorbei und alle paar Seiten kommt dann irgendjemand neues daher ...

Ja, ich habe es getan. Die die immer erzählt sie sei nicht so der Kurzgeschichtenfan … und dann hat es kaum angefangen ist es schon wieder vorbei und alle paar Seiten kommt dann irgendjemand neues daher und man wird aus der einen Geschichte raus und in die nächste rein geworfen, und dabei war man noch gar nicht bereit dafür. Also die, die hat jetzt dieses Buch hier als Hörbuch gehört. Und jetzt kann es sein, dass sie vielleicht doch ein bisschen ein Kurzgeschichtenfan geworden ist. Naja, zumindest ein Saša Stanišic Fan, also das auf jeden Fall!

Die Erzählweise ist einfach großartig. Ich habe selten so viel und laut gelacht beim Hörbuch-hören, wie bei diesem Buch. Die Personen sind so authentisch und man fühlt es beim Lesen einfach. So dass es gar nichts ausmacht, dass wir nicht viel über sie wissen, weil eigentlich wissen wir schon viel über sie, weil jeder so jemanden kennt oder selbst so einer ist. Die einzelnen Geschichten sind durch eine Rahmengeschichte („der Anproberaum“ mittels dem man sich ein paar Zukünftchen anschauen und bei Gefallen kaufen kann) verbunden und dadurch finden die Teile zu einem wunderbar runden Abschluss zusammen.

Bitte lest (oder noch besser: hört) dieses tolle und großartige Buch, dass so wundervoll von Menschen erzählt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben eine bestimmte (gar nicht so unbedingt einschneidende) Entscheidung getroffen haben. Wie beispielsweise seinen Freunden zu erzählen auf Hegoland im Urlaub gewesen zu sein, obwohl das gar nicht stimmt. Und wie diese kleinen Entscheidungen ein ganzes Leben ändern können.