Keine bequeme Geschichte
Kleine MonsterLuca ist ein kluger, sensibler siebenjähriger. Seine Klassenlehrerin Frau Bohle ist in Sorge. Alena, Lucas Mitschülerin, befand sich mit Luca allein im Klassenzimmer, als die anderen Kinder auf dem Schulhof ...
Luca ist ein kluger, sensibler siebenjähriger. Seine Klassenlehrerin Frau Bohle ist in Sorge. Alena, Lucas Mitschülerin, befand sich mit Luca allein im Klassenzimmer, als die anderen Kinder auf dem Schulhof waren. Sie hat erzählt, dass Luca sie … Lucas Eltern Pia und Jakob fehlt die Vorstellung, schließlich ist er ihr Kind und sie kennen ihn.
In der WhatsApp – Elterngruppe werden sie ausgeschlossen. Es macht Pia nervös, dass man sie ausgrenzt, es fühlt sich an, als werde Luca verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben, aber er ist doch noch ein Kind. Der Vorfall katapultiert Pia in die eigene Kindheit. Wie ihre ältere Schwester Romi von ihrer jüngeren Schwester Linda bewundert wurde, weil sie auf Bäume kletterte und sich nichts sagen ließ. Der Vater war den ganzen Tag weg und wollte am Abend seine Ruhe. Die Mutter war mit Romi überfordert, als die begann an der Mutter zu klammern. Eigentlich sollte Romi das einzige Kind sein. Sie hatten sie adoptiert, als sie ein kleines hospitalisiertes Kind mit schweren Entwicklungsstörungen war. Allen Unkenrufen zum Trotz brachte die Mutter Romi das Laufen bei. Mit Pia hatte die Mutter nicht mehr gerechnet und dann wurde sie doch schwanger.
Pia will, dass Luca sich ihr anvertraut. Niemand wollte ihnen Genaueres zu dem Vorfall sagen, also soll er seine Sicht schildern, aber Luca schweigt verbohrt. Pia fährt ihn zu ihren Eltern, sie möchte ihn nicht zur Schule bringen, weil sie befürchtet, dass er sanktioniert wird. Als sie ihn wieder abholen will, ist Pias Vater gerade mit Luca im Wald und eigentlich will sie das nicht. Ihre Mutter nennt Luca Luci und auch das gefällt ihr nicht. In ihrem alten Kinderzimmer drängen sich ihr wieder Kindheitserlebnisse mit Romi auf, wie sie sich im Stall versteckte, obwohl die Eltern fahren wollten. Pia fand sie und versuchte sie zu überreden mitzukommen, doch Romi wollte, dass Pia zuerst den Hund streichelte, der an einer Kette lag. Pias Oberlippe musste mit drei Stichen genäht werden.
Fazit: Ich mag die Technik von Jessica Lind, wie sie ihre Protagonistin gedanklich von der Gegenwart in die Vergangenheit springen lässt. Durch die Erinnerung an die ältere Schwester und den schrecklichen Vorfall im Elternhaus gerät die nötige Loyalität zu ihrem eigenen Kind erheblich ins Wanken. Die längst überfällige Analyse ihrer eigenen Familiengeschichte erzeugt vehementes Misstrauen in ihren Sohn. Aus dem klugen, sensiblen Kind wird in Pias Kopf ein unberechenbares Wesen. Sie reagiert mit Manipulation, Druck und Gewalt. Die Geschichte schmerzt richtig. Selten bin ich von den Ereignissen in einem Buch so unangenehm berührt worden. Im wirklichen Leben wäre die Aufarbeitung der eigenen Kindheit dringen zu anzuraten gewesen, das allerdings setzt voraus, dass die Betroffenen wissen, dass sie ein Problem haben. Kleine Monster ist eine gut gemachte, unbequeme Geschichte, die nachwirkt.