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Veröffentlicht am 12.11.2024

Um nicht zu vergessen

Die Postkarte
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Die tragische Geschichte ihrer Familie erzählt Anne Berest in ihrem bewegenden Roman „Die Postkarte“.
Es war die anonyme Postkarte, die ihre Mutter Lélia im Januar 2003 in ihrem Briefkasten fand und welche ...

Die tragische Geschichte ihrer Familie erzählt Anne Berest in ihrem bewegenden Roman „Die Postkarte“.
Es war die anonyme Postkarte, die ihre Mutter Lélia im Januar 2003 in ihrem Briefkasten fand und welche Anne neugierig auf die Familiengeschichte machte. Denn auf der Postkarte standen nur die Namen der vier Familienmitglieder, die in Auschwitz ermordet wurden. Nach und nach erzählt Lélia ihrer Tochter den Teil der tragischen Familiengeschichte, den sie bisher in eigener Recherche rekonstruieren konnte.
Wenig später wird Anne selbst mit dem Problem des Antisemitismus konfrontiert und da sie sich deswegen Sorgen um ihre kleine Tochter macht, setzt sie die unterbrochenen Nachforschungen ihrer Mutter fort. Sie musste den anonymen Verfasser der mysteriösen Postkarte unbedingt finden. Sie musste unbedingt alles über das Schicksal ihrer jüdischen Vorfahren erfahren.

So ist ein imposantes literarisches Werk entstanden, das nicht nur den Schicksalsweg der jüdischen Familie Rabinovitch aufzeichnet. Der ergreifende Roman, auf wahren Begebenheiten basierend, ist gleichzeitig ein Dokument der jüdischen Geschichte während des Zweiten Weltkrieges. Die Autorin berichtet auch ausführlich über Antisemitismus in der heutigen Zeit. Ein brisantes Thema, aktueller denn je.

Bei diesem Buch habe ich das Hörbuch mit der Sprecherin Simone Kabst gewählt. Die Schauspielerin ließ mich mit ihrer warmen, ruhigen Stimme in die Geschichte eintauchen. Störend fand ich jedoch, dass ich die beiden Protagonistinnen Lélia und Anne nicht immer heraushören konnte; zu ähnlich klangen für mich ihre Stimmen.

Ich habe das Hörbuch gerne gehört. Es bewegt und stimmt nachdenklich.

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Veröffentlicht am 30.09.2024

Leben in Freiheit

Traumland
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In seinem Buch mit dem Titel „Traumland“ nimmt uns Adam Soboczynski auf eine ungewöhnliche Reise durch die Ost- und Westländer Europas mit. Es ist gleichzeitig eine Zeitreise durch die Gegenwart, die im ...

In seinem Buch mit dem Titel „Traumland“ nimmt uns Adam Soboczynski auf eine ungewöhnliche Reise durch die Ost- und Westländer Europas mit. Es ist gleichzeitig eine Zeitreise durch die Gegenwart, die im Jahre 1981 im polnischen Toruń beginnt. Damals verlässt er als Sechsjähriger mit seinen Eltern die Volksrepublik Polen. Sie reisen nach Deutschland, ein Land ihrer Träume, aus.

In Koblenz am Rhein beginnt Adams neuer Lebensabschnitt; es ist eine Zeit der Anpassung an die neuen Lebensumstände, eine Zeit der immensen Veränderungen. Er selbst schreibt so darüber:
„Unser Leben veränderte sich als hätte jemand einem Schwarzweißfilm mit Zauberband die Farbe geschenkt.“ (16)

Sehr persönlich, fast intim, ist seine Erzählung über das vorherige Leben in Polen, über seine Verwandtschaft, die er immer wieder gerne besucht, über das neue Leben im Traumland. Sorglos und glücklich scheint die Zeit des Lebens in Freiheit zu sein, obwohl „ahnte man schon als Kind, dass der Krieg nur eingefroren war.“ (26)
Spätestens die Ereignisse des Jahres 2022, als Ukraine überfallen wurde, weisen deutlich darauf hin, dass das Leben in Freiheit und sorglosen Wohlstand keine Selbstverständlichkeit ist.

Ein nachdenklich stimmendes Buch mit vielen wertvollen Denkanstößen! Lesenswert!

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Veröffentlicht am 30.08.2024

Perfektes Urlaubsfeeling

Salute - Der letzte Espresso
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Sehr guten Espresso serviert Paul Zeitler in seinem Café Das Monaco in Bardolino. Dazu frisches Gebäck von dem besten Konditor des Ortes. Kein Wunder, dass das Café nicht nur von den Touristen gut besucht ...

Sehr guten Espresso serviert Paul Zeitler in seinem Café Das Monaco in Bardolino. Dazu frisches Gebäck von dem besten Konditor des Ortes. Kein Wunder, dass das Café nicht nur von den Touristen gut besucht wird. Auch die Einheimischen treffen sich dort gerne, um zu plaudern oder Schach zu spielen.

Paul Zeitler, der noch vor kurzem in München lebte und als Hauptkommissar bei der Polizei tätig war, hat sein Job aufgegeben und ist nach Bardolino gezogen. Trotz seiner mangelnder Italienischkenntnisse hat er hier viele Freunde gefunden und wurde als Geschäftsmann akzeptiert. Das Café läuft gut und Paul ist mit seiner Entscheidung mehr als zufrieden.

Als Zeitler eines Abends merkt, dass sein letzter Gast seinen Espresso nicht bezahlt hat und verschwunden ist, ärgert er sich nicht wirklich darüber. Doch dann findet er den Mann auf der Herrentoilette ermordet vor.
Für Commissario Lanza, der die Ermittlungen übernimmt, ist Paul von Anfang an der Hauptverdächtiger.

Mit dem Buch „Salute – Der letzte Espresso“ eröffnet Friedrich Kalpenstein eine neue Krimireihe, die am Gardasee spielt. Die Ermittlungen wurden von zwei Personen geführt: offiziell von dem hiesigen Commissario Lanza und privat von dem Ex-Polizisten Paul Zeitler. Der Anfang verläuft turbulent, denn beide Ermittler vertrauen einander nicht. Paul ermittelt auf eigene Faust und gerät dabei selbst in Gefahr.

„Salute – der letzte Espresso“ ist ein gemütlicher Krimi im angenehmen, flüssigen Schreibstil gehalten. Für gute Unterhaltung sorgen lebendige Charaktere und viele natürlich wirkende Szenen des täglichen Lebens am Gardasee. Paul Zeitler mit seinem Sinn für Gerechtigkeit und viel Humor gewann schnell meine Sympathie. Spannend verlaufen seine privaten Ermittlungen, er vergisst dabei oft, dass er kein Polizist mehr ist.

Fazit: ein gelungener Auftakt der neuen Krimireihe, mit viel Lokalkolorit, lebendigen Charakteren und einigen spannenden Szenen. Eine gute Sommerlektüre, die Sehnsucht nach La Dolce Vita in Italien weckt!

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Einblicke in die Geschichte Kubas

Anständige Leute
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In seinem Roman „Anständige Leute“ nimmt uns Leonardo Padura nach Havanna mit. In zwei Handlungssträngen erzählt er zwei Geschichten, die sich in der kubanischen Hauptstadt ereignet haben.

Im Jahre 2016, ...

In seinem Roman „Anständige Leute“ nimmt uns Leonardo Padura nach Havanna mit. In zwei Handlungssträngen erzählt er zwei Geschichten, die sich in der kubanischen Hauptstadt ereignet haben.

Im Jahre 2016, nach jahrelanger Feindschaft zwischen den beiden Ländern, kommt USA-Präsident Barack Obama nach Havanna. Viele Kubaner beäugen skeptisch die beginnende Annäherung der langjährigen Feinde, befürchten weitere Verschlechterung ihrer bereits schweren Lebensumstände. Enthusiastisch dagegen wurde das Rolling Stones-Konzert erwartet; bisher konnte man ihre Musik nur heimlich hören.

Da die Polizei mit dem Sicherheitskonzept alle Hände voll zu tun hat, übernimmt der Ex-Polizist Conde die Ermittlung in dem neuesten Mordfall. Das Opfer, ein befürchteter und sogleich verhasster Kunst-Zensor wurde tot in seiner luxuriösen Wohnung aufgefunden.

Gleichzeitig arbeitet Conde an seinem Roman über einen spektakulären Mord, der sich vor hundert Jahren in Havannas Rotlichtmilieu ereignet hat. Diese Geschichte, parallel in dem zweiten Handlungsstrang erzählt, beschreibt den Werdegang eines jungen Polizisten Arturo Saborit Amargó, der von dem mächtigen Zuhälter Alberto Yarini stark beeinflusst wurde.

Beide Handlungsstränge fand ich sehr interessant, denn beide vermitteln Bilder der kubanischen Hauptstadt und ihrer Einwohner in der jeweiligen Epoche. Während die aktuelle Geschichte über das Leben der Mittelschicht und der von der Zensur geknebelten Künstlern erzählt, beschränkt sich der Erzählstrang aus dem Jahr 1909 auf die Geschehnisse im Rotlichtmilieu der Stadt und auf die Karriere eines jungen Vertreters der Polizei.

In dem Roman geht es jedoch vor allem um die Anständigkeit, Gerechtigkeit und Treue, denn diesen Prüfungen wurden die Protagonisten im Verlauf der Handlung unterzogen. Kritische Gedanken, philosophische Überlegungen und Reflexionen füllen viele Seiten des umfangreichen Romans, überwältigend ist auch die Anzahl der Protagonisten in beiden Erzählsträngen.

Der Ex-Polizist Conde, die Hauptfigur des Romans, hat mich nicht überzeugt. Ich lernte ihm erst in diesem Roman kennen (die vorherigen Bände habe ich nicht gelesen) als einen älteren, mit seinem bisherigen Leben unzufriedenen Mann, der jedoch seinen alten, nicht immer nachvollziehbaren Prinzipien treu bleiben will.

Der Autor gewährt dem Leser einige Einblicke in die einzelnen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Kuba jetzt und damals. Doch diese Einsichten bringen mir das Land und seine Leute nicht wirklich näher. Deswegen empfehle ich das interessante Buch allen Lesern, die mit der kubanischen Geschichte gut vertraut sind.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Interessante Fortsetzung der Mittsommer-Trilogie

Signum
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Mit dem Thriller „Signum“ setzt John A. Lindqvist die Mittsommer-Trilogie fort. Die Geschichte mit dem Hacker Kim Ribbing und der Schriftstellerin Julia Malmros geht in dem zweiten Buch nahtlos weiter. ...

Mit dem Thriller „Signum“ setzt John A. Lindqvist die Mittsommer-Trilogie fort. Die Geschichte mit dem Hacker Kim Ribbing und der Schriftstellerin Julia Malmros geht in dem zweiten Buch nahtlos weiter. Jetzt ist es klar, was Kim so akribisch geplant hat: er entführt seinen ehemaligen Psychiater den Schockdoktor Martin Rudbeck und hält ihn in dem Keller seiner Villa fest. Dabei verändert sich wesentlich Kims Rolle in dieser dramatischen, fast absurden Geschichte: jetzt will er seinen damaligen Peiniger quälen, die schmerzvolle Erinnerungen verarbeiten, und womöglich sogar Rache nehmen. Doch sein im Detail ausgearbeiteter Plan zerbricht an einem unvorhergesehenen Zufall und plötzlich befindet sich Kim in einer scheinbar ausweglosen Lage.

Kann er jetzt mit Julias Malmros Unterstützung rechnen? Es ist ungewiss, denn Julia zweifelt an ihrer Beziehung, zieht sich zurück und beschließt an einem neuen Roman zu schreiben.

Beide Handlungsstränge laufen parallel nebeneinander her und werden durch einige weitere ergänzt. Den Handlungsstrang über die Entführung und deren dramatische Folgen fand ich sehr spannend. Auch die m.E. Kims umstrittenes Handeln, die Beweggründe für seine Untaten und seine raffinierte Vorgehensweise sind interessant und eines Thrillers würdig.

Doch die vielen anderen Nebengeschichten, wie die über Julias schriftstellerische Angelegenheiten, Jonny Munthers neue Liebesbeziehung oder familiäre Probleme des Polizisten Christof Adler machen diesen Roman langatmig, verringern die hier und da aufflammende Spannung.

Auch wenn man auf die Weise alle Protagonisten besser kennenlernen kann, über manche Ereignisse sogar schmunzeln muss, gehen das Gefühl der Bedrohung und der Nervenkitzel dabei verloren.
Interessant fand ich die Passagen mit und über Wahren Schweden, eine nationalistische Partei, die an die Macht will und ihr eigenes Symbol der Macht bereits besitzt. Ein brisantes Thema, hochinteressant.
Der Thriller „Signum“ ist ein vielschichtiger Roman mit vielen spannenden Handlungssträngen, flüssig geschrieben, leicht zu lesen – eine durchaus lesenswerte Unterhaltung.

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