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Veröffentlicht am 05.10.2020

Ein Buch über Mut und Durchhaltevermögen in einer Welt voller Unmöglichkeiten

Liane und das Land der Geschichten
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Liane hasst ihren Namen. Alle Mitschüler ziehen sie damit auf und machen sich tagtäglich lustig darüber. Was haben sich ihre Eltern bloß dabei gedacht? Doch eine Diskussion über ihren Namen zu führen ist ...

Liane hasst ihren Namen. Alle Mitschüler ziehen sie damit auf und machen sich tagtäglich lustig darüber. Was haben sich ihre Eltern bloß dabei gedacht? Doch eine Diskussion über ihren Namen zu führen ist bei ihren Eltern genau so fruchtbar wie eine Antwort auf die vielen Fragen zu erwarten, die Liane ihnen ständig stellt. Dabei ist sie doch so neugierig und unglaublich fantasievoll, aber die Erwachsenen belächeln sie nur dafür. Eltern sind wirklich anstrengend, besonders dann, wenn sie denken, dass sie ihren Kindern nicht die Wahrheit sagen können bzw. wollen. Dabei merkt Liane doch genau, dass etwas nicht stimmt, als sie plötzlich mitten in der Schulzeit für eine Woche bei ihren Großeltern bleiben soll... Trost und Freude findet sie in ihren Büchern und in der Bücherei ihrer Schule. Dort findet Liane eines Tages im Regal einen leuchtenden Globus, den sie aus Neugier – denn so ist sie nun einmal – mitnimmt. Als sie kurz darauf im Garten ihrer Großeltern auf zwei Kinder trifft, die behaupten, der Globus wäre der Zugang zum Land der Geschichten, beginnt für Liane ein herausforderndes Abenteuer, das ihr viel Mut und Vertrauen abverlangt.

Diese Geschichte hat eine sehr prägnante und wunderbare Thematik, die sich auch jedem Kind sofort erschließt: Es geht darum, dass es in Ordnung ist, anders zu sein als alle anderen, dass man seinen Namen auch mal blöd finden darf, dass man aber dennoch eine eigene, starke Persönlichkeit entwickeln kann. Es ist eine Erzählung über Freundschaft und Mut – Mut, sich dem Leben mit seinen manchmal unüberwindbaren Aufgaben zu stellen und diese zu bewältigen, auch wenn es zunächst unmöglich erscheint. Denn die Botschaft dieses Buches ist klar: Hab keine Angst vor schwierigen Herausforderungen, sei tapfer und versuch es, auch wenn es auf den ersten Blick aussichtslos sein mag. Es ist meiner Meinung nach daher eher ein Mutmach-Buch. Der Fantasieaspekt spielt für mich eine untergeordnete Rolle und kommt eher in geringerem Ausmaße zur Geltung. Die Hinführung zum eigentlichen Geschehen im Land der Geschichten zieht sich für meinen Geschmack etwas zu lang und ausschweifend, dadurch fehlt es im – für mich eigentlich – interessanten Abschnitt an Detailreichtum und die Entwicklung der Erzählung gerät zu kurz, leider. Hier hätte die Gewichtung anders gelegt werden müssen, es soll doch schließlich eine Geschichte über die Fantasie sein und nicht über Einsamkeit, oder?

Liane jedoch ist eine sehr starke, wenn auch unglaublich sensible Protagonistin, die vom Kopf her eher bereits eine junge Erwachsene ist als eine lebensfrohe Elfjährige. Dieser Umstand beeinflusst auch die Atmosphäre der Geschichte, die ich – jedenfalls zu Anfang – als doch eher lethargisch und geradezu traurig bezeichnen möchte. Ich würde daher die Lektüre durch ein Elternteil empfehlen, bevor es vom Nachwuchs gelesen wird, denn ich könnte mir vorstellen, dass es bei wirklich sensiblen Kindern, die auch bereits mit Mobbing in Kontakt gekommen sind, zu leichtem Bauchweh führen mag.

Ich hatte tatsächlich anhand des Klappentextes und des Titels etwas anderes erwartet. Daher konnte ich mich nur streckenweise mit der Geschichte anfreunden. Es bekommt aber aufgrund der doch starken und offensichtlichen Botschaft drei Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 25.04.2020

Kein Buch für Zwischendurch!

Im Zeichen der Acht
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Tristan Nachtweih und Martha von Falkenstein werden Jahrhunderte nach ihrem Tod zurück in die Welt geschickt, um den endgültigen Kampf zwischen Gut und Böse auszufechten. Acht Kämpfer müssen es sein, die ...

Tristan Nachtweih und Martha von Falkenstein werden Jahrhunderte nach ihrem Tod zurück in die Welt geschickt, um den endgültigen Kampf zwischen Gut und Böse auszufechten. Acht Kämpfer müssen es sein, die über das Ende oder den Fortbestand der Erde entscheiden. Kann der Tag des Jüngsten Gerichts noch verhindert werden?

ACHTUNG: TEILWEISE SPOILER!


Ich habe mich mit dem Lesen und auch dem Schreiben dieser Rezension sehr schwer getan. Denn: Was der Klappentext andeutete, gefiel mir und machte mich neugierig. Doch was dann kam, hat mich, so muss ich gestehen, eiskalt erwischt! Die Inhaltsankündigung kratzt nicht mal ansatzweise am wahren Gehalt dieses Buches...

Bereits nach den ersten Seiten war ich schockiert und fast schon angewidert von der als selbstverständlich und normal dargestellten Obszönität und Vulgarität der Erzählung. Aber ich dachte mir, es wird sich schon im Verlauf ein Grund für diese sexuell-motivierten Elemente finden, wenn sie für den Gehalt der Erzählung wichtig sind. Bestimmt will der Autor den Leser direkt mit der Nase in die Thematik des Verfalls der Menschen stoßen. Ein zweites Sodom und Gomorra auf Erden quasi. Doch dann kamen unglaublich viele Figuren ins Spiel und es war nur schwer möglich herauszufiltern, wer für den weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen wird, und wer nicht. Gleichzeitig aber wurden zu wenige Informationen offenbart: woher kommen Tristan und Martha auf einmal? Warum genau acht Krieger? Teil 1 ließ mich also mehr oder weniger verstört zurück...

Im zweiten Teil der Geschichte stieg dann auch noch das Maß an Brutalität an: Erst treffen wir auf einen jungen Neonazi, der rassistischer und gewalttätiger kaum sein könnte, aber eine – natürlich – heimliche Affäre mit einem Mädchen afrikanischer Abstammung hat. Und dann wäre da noch der reiche, aber gelangweilte Massenmörder... Aber immerhin: Es finden sich ein paar Antworten auf Fragen aus Abschnitt eins, zu Martha und Tristans Beziehung zum Beispiel. Und auch eine Hauptthematik wird zudem erkennbar: Man muss den Wert des Lebens anerkennen, auch, wenn man verzweifelt ist und dem Leben eigentlich nichts mehr abgewinnen kann. Denn das Leben findet immer einen Weg. Zudem lassen sich erste Muster der Gegnerschaft erkennen, wer im Kampf gegen wen antreten wird.

Das Finale hingegen war ... niederschmetternd, brutal, aber irgendwie auch vorhersehbar. Es war zu erwarten, dass die Bringerin des neuen Lebens überleben wird, wenn man die aus dem zweiten Abschnitt gewonnene Thematik näher bedenkt. Dennoch kann ich als Leserin nicht beseelt oder glücklich aus diesem Ende herausgehen. Das „Gute“ siegt zwar, es bleibt aber dennoch ein fader Nachgeschmack von Hoffnungslosigkeit zurück – besonders dann, wenn man sich in Erinnerung ruft, welche Gedanken die überlebende Zoe dem Rezipienten im Verlauf der Geschichte so offenbart hat... Wollen wir einem so lebens-müden Teenager unsere Zukunft anvertrauen? Ist es vielleicht gar unsere eigene Schuld, dass wir unser Fortbestehen in die Hände eines so verzweifelten Mädchens legen müssen? Haben wir als Gesellschaft versagt und nur durch Glück und den puren Lebenswillen eine zweite Chance erhalten?

Um noch einmal zum Punkt zu kommen: Dieses Buch ist kein netter Schmöker für Zwischendurch und nichts für eine zartbesaitete Leserschaft. Den Schreib-, Sprach- und Erzählstil muss man mögen – mir war er teilweise zu obszön, beinhaltete zu viele Leerstellen, zu viel szenisches Erzählen, ohne die Szenen dabei miteinander zu verknüpfen. Außerdem wurde viel zu einseitig erzählt. Die Motivation der Kämpfer Marthas, also der „guten“ Seite, wurde viel zu wenig beleuchtet, somit ist das Buch sehr unausgeglichen gestaltet und vermag es nicht, auch beim Leser das Gefühl der Hoffnung aufrecht zu halten. Dafür erfahren wir umso mehr über die Abgründe der menschlichen Seele bzw. Existenz: Rassismus, Selbsthass, Depressionen, Selbstzweifel, Schizophrenie, Geltungssucht, Feigheit, Machtgier, Hunger nach Gewalt und Blut, Verdrängung und Hass auf die Gesellschaft werden hier sehr anschaulich vor der Leserschaft ausgebreitet. Und Tristan Nachtmahr weiß um die perfekten Triggerpunkte bei seiner Anhängerschaft. Doch wo sind Marthas Argumente? Warum werden „Liebe“ und „Hoffnung“ nicht als hohe Werte menschlichen Lebens herausgestellt, sondern nur als selbstverständlich empfunden? Wie stark die Liebe eines Bruders sein kann, zeigt doch Daniel ganz deutlich im Kampf gegen die Bestie, die seinen Bruder verschlungen hat. Und auch Martha kämpft mit jeder Faser ihrer Seele für die Liebe, und das, obwohl sie von ihrer großen Liebe verraten und geopfert wurde. Ist das alles selbstverständlich, oder einfach nicht mehr erwähnenswert heutzutage? Sind wir so abgestumpft, dass uns nur noch Hass und Gewalt hinter dem Ofen hervorlocken? Lieber Benjamin Lebert, ich hoffe, Sie empfinden unsere Gesellschaft nicht als so ... gefühlstot und geben der Menschheit – und besonders der Jugend! – noch eine Chance.

Eine Augenweide ist das Buch jedoch allemal. Das Cover und besonders der Buchschnitt sind ein absoluter Gewinn für jedes Bücherregal. Allerdings gibt es auch hier ein kleines „Aber“: Leider hat mir das Cover durch die Abbildung der Silhouetten bereits vorher „verraten“, wie viele Kämpfer sich auf der jeweiligen Seite befinden, und welches Geschlecht sie haben... So wusste ich leider schon im Leseprozess, dass es eine Seitenwechslerin geben wird und die Vermutung, wer es sein könnte, lag relativ nahe.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Alexander der Große aus der Sicht eines kleinen Mannes

Alexander der Große und die Grenzen der Welt
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Die Geschichte Alexanders des Großen mal anders erzählt! Aus der Perspektive des Sandalenbinders Nikandros, der in Diensten des Makedonenführers steht, erfahren wir über die Rachefeldzüge gegen den Perserkönig ...

Die Geschichte Alexanders des Großen mal anders erzählt! Aus der Perspektive des Sandalenbinders Nikandros, der in Diensten des Makedonenführers steht, erfahren wir über die Rachefeldzüge gegen den Perserkönig Dareios und sein großes Heer, über Alexanders Unzulänglichkeiten und über dessen Taten rund um das Leben im Heerlager und auf dem Weg nach Osten, zu den Grenzen der Welt. Abgerundet werden die romanhaften Kapitel dieses Buches durch Sachtafeln, die sich immer hinter den jeweiligen Erzähleinheiten befinden und Hintergrundwissen zu den historischen Fakten liefern.

Wer hier einen Roman mit einem starken Protagonisten erwartet, wird enttäuscht werden. Nikandros bleibt als Erzähler und Figur eher blass, da der Fokus auf seinem Herren Alexander liegt. Darauf ist diese Reihe aber auch nicht ausgelegt. Vorrang hat die Vermittlung von historischem Wissen durch eine romanhafte Aufarbeitung.

Die Altersempfehlung ab elf Jahren finde ich passend, aber muss immer am jeweiligen Kind selbst gemessen werden. Wer ein schreckhaftes Kind hat, sollte das Buch auf jeden Fall vorher selbst lesen, denn gerade die Beschreibung der Schlachten und die Bestrafung der Attentäter sind schon recht detailliert und realitätsnah. Ein gemeinsames Lesen ist meines Erachtens nach sowieso empfohlen, da die Sachtafeln doch recht fachtheoretisch sind und sicherlich einiger Erklärung bedürfen.

Mir persönlich fehlen ein paar Aspekte (der Indienaufenthalt zum Beispiel) und der romanhafte Aspekt ist nicht rund, aber ich denke, dass auf Grund der vorgegebenen Länge dieser Reihe einfach viel gestrichen werden musste. Ich hätte den Fokus anders gelegt, mehr auf die Persönlichkeit Alexanders und weniger auf das Schlachtengetümmel. Aber die letzte Sachtafel zum Hellenismus und den positiven Auswirkungen, die Alexanders Herrschaft auf die griechisch-persische Welt hatte, stimmen mich wieder versöhnlich.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Ein Hund und Veganismus – die Life Changer für Eric

Peety
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Manchmal muss man im Leben an einen Punkt tiefster Verzweiflung gelangen, um einzusehen, dass es so nicht weitergehen kann. Diesen Punkt erreichte Eric O’Grey im Jahr 2010, als er auf Grund seines massiven ...

Manchmal muss man im Leben an einen Punkt tiefster Verzweiflung gelangen, um einzusehen, dass es so nicht weitergehen kann. Diesen Punkt erreichte Eric O’Grey im Jahr 2010, als er auf Grund seines massiven Übergewichts ein Flugzeug am Abheben hinderte. Resignation, Unzufriedenheit und Stillstand hatten ihn soweit gebracht, dass er mit 53 Jahren bei einer Körpergröße von 1,80m rund 160 Kilo wog. Der Funke der Veränderung war übergesprungen, Eric suchte sich eine Ernährungsspezialistin. Diese riet ihm, sich von nun an vegan zu ernähren und sich als Ansporn für körperliche Betätigung einen Hund aus einem Tierheim zuzulegen. Da Eric sich geschworen hatte, alles umzusetzen, was diese Frau ihm riet, trat Peety in sein Leben: Ein Mischlingsrüde, der ebenfalls an Übergewicht litt und schon durch mehrere Hände gegangen war. Gemeinsam erlangen beide die Freude am Leben zurück – und der Leser darf ihnen auf diesem Weg folgen.

Die ersten 170 Seiten dieses Buches sind sehr ergreifend und interessant, unglaublich ehrlich, reflektiert und nachvollziehbar beschrieben. Ich war mehrmals zu Tränen gerührt und habe Einiges in der Beziehung von Peety und Eric in mir selbst wiedergefunden. Das letzte Drittel der Geschichte driftet mir aber zu sehr in die (intime) Beschreibung des Liebeslebens von Eric ab und Peety spielt nur noch eine nebengeordnete Rolle. Auch hatte ich das Gefühl, gegen Ende eine „Bekehrungsbibel“ des Veganismus und des veganen Lebensstils zu lesen.

Meine Kritikpunkte sind, dass wir zu wenig über den Gesundheitszustand von Peety erfahren. Einen Hund auf eine vegane Ernährung umzustellen ist mit vielen Gefahren behaftet, wenn man sich nicht genau informiert und regelmäßige Bluttests beim Tierarzt vornehmen lässt. Die Aufklärung darüber fehlt mir in diesem Buch komplett und das halte ich für beinah fahrlässig, sollte es unwissende Nachahmer geben. Auch der eher lässige Erziehungsstand Peetys und die wiederholten Schilderungen der Bellattacken finde ich bedenklich. Aber die Amerikaner haben was Hundeerziehung und -haltung angeht sowieso eine andere Ansicht als wir Deutschen. Das merkt man diesem Buch an.

Das schmälert aber nicht die Bewunderung und den Respekt, die ich Eric gegenüber darbringen kann. Seine Disziplin und sein Durchhaltevermögen sind bewunderns- und beneidenswert.

Die Geschichte um Peety und sein Herrchen Eric sind ein netter Zeitvertreib für Zwischendurch, den man in einigen Punkten (und gerade als begeisterte Hundenärrin) nicht genauer hinterfragen sollte.

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Veröffentlicht am 31.08.2024

Ein Jugendroman ohne roten Faden

Silvercliff Hall – Vom Zauber geküsst
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Nathan ist begeistert von Physik und darf eine Summer School in Oxford besuchen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass sein Wissen über physikalische Gesetze so auf den Kopf gestellt wird, wie an ...

Nathan ist begeistert von Physik und darf eine Summer School in Oxford besuchen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass sein Wissen über physikalische Gesetze so auf den Kopf gestellt wird, wie an diesem Tag. Denn vor der Bibliothek läuft ihm ein Mädchen in die Arme, das einfach wortwörtlich an ihm kleben bleibt. Doch das ist nicht das einzig verwunderliche an ihr: Sie ist gekleidet wie eine Adlige aus dem 19. Jahrhundert und spricht von Magie, Auren und von einer Schule, die sogenannte „Elevierte“ in Magie unterrichtet… Ihn selbst nennt das Mädchen namens Emilia einen „Ordinary“. Obwohl es nach einer Beleidigung klingt, kann Nathan sich einfach nicht von dieser Adligen losmachen – weder physisch noch psychisch. So ist er also gezwungen, mit ihr gemeinsam den dramatischen Vorkommnissen an der Silvercliff Hall auf den Grund zu gehen und sein Verständnis von Physik (und Mädchen!) neu zu überdenken.
Ich bin großer Fan der Reihen von Aniela Ley. „Lia Sturmgold“ und auch „#LondonWhisper“ konnten mich beide hellauf begeistern (jeweils als Hörbuch). Dementsprechend groß war meine Freude auf eine neue Reihe der Autorin. Ich muss dazu sagen, dass mich bisher die ersten Bände immer nicht so wirklich abholen konnten und ich erst ab Teil zwei so richtig im Geschehen war, von daher befanden sich meine Erwartungen auf einem interessierten, aber nicht zu hoch gesteckten Level. Aber was soll ich sagen? Ich bin enttäuscht, und zwar so richtig, leider.
Aber beginnen wir mit dem Positiven: Wenn die Autorin eins kann, dann Schlagabtäusche und Wortwitze! Sie hat ein Händchen dafür, ihren Figuren in Dialogen immer den richtigen Konter auf die Zunge zu legen. Dafür mag ich sie! In der Figur der Zofe Missy hat sie eine toughe und wortgewandte Freundin erschaffen, die loyal und handfest ist. Sie war ein wahrer Lichtblick in dieser Geschichte! Grundsätzlich sympathisch waren mir auch die Protagonisten Nathan und Emilia, die sich ebenfalls das ein oder andere witzige Wortgefecht geliefert haben.
Und ebenso gefiel mir die Grundidee, eine magische Parallelwelt zu unserer eigenen zu erschaffen. Oxford erscheint mir dafür eine hervorragende Wahl, denn nirgendwo trieft Geschichte mehr aus den alten Gemäuern als dort. So weit, so interessant…
Ab hier möchte ich eine Spoilerwarnung aussprechen! Bitte nicht weiterlesen, wenn ihr nicht zu viel über den Inhalt erfahren wollt!
Der Storyverlauf findet über knapp 370 Seiten in 24 Stunden erzählter Zeit statt. Ich selbst habe fast zwei Wochen benötigt, um das Buch zu lesen, denn ich konnte mich zwischenzeitlich einfach nicht aufraffen, um am Ball zu bleiben. In einem Tag erzählter Zeit kann viel passieren, sodass der Leser das Gefühl hat, es reiht sich ein Happening an das andere und man ist total in den Bann gezogen vom rasanten Tempo der Erzählung. Oder, so wie in diesem Fall, man hat das Gefühl, es geht einfach nicht voran. Mehrfach wird die Geschichte von sich zu lang hinziehenden Dialogen ausgebremst. Die Themen sind für die Story in gewisser Weise relevant (gesellschaftliche Gleichstellung der verschiedenen Schichten der Elevierten zum Beispiel), die darüber geführten seitenlangen Gespräche aber verursachen sehr lange Kapitel, sodass ein Lesen ohne Unterbrechung schwierig ist, man aber den Faden verliert, wenn man nicht am Ball bleibt. Und zum Aspekt der Themen: Es wurde hier zu viel gewollt! Ein magisches Setting, das in zwei Parallelwelten spielt, eine davon im 19., die andere im 21. Jahrhundert ansässig, eine Liebesgeschichte über Standes-, Magie- und Weltengrenzen hinaus, die sich innerhalb einer Detektiv-/Krimistory bewähren muss (obwohl die Liebe nicht mehr als ein paar Stunden alt ist) und sich gleichzeitig auch noch mit veralteten Ansichten in Bezug auf Dating und gesellschaftlicher Gleichstellung auseinander setzen muss. Das ist einfach zu viel. Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass zu viele Themen eröffnet, aber keines vollends ausgeschöpft wurde. Außer vielleicht das Thema Liebe auf den ersten Blick, welches mich aber ebenfalls ungläubig und verständnislos zurückgelassen hat. Ja, es ist ein Jugendbuch; ja, ich mag nicht zwingend zum angesprochenen Publikum gehören. Aber wenn mein Teenie-Ich gelesen hätte, dass sich zwei Jugendliche von so unterschiedlicher Herkunft nach nicht einmal einem Tag so verfallen sind, wäre auch bei meinem 16jährigen Ich Schluss gewesen. Die Naivität, die beide Protagonisten in Bezug aufeinander und die Welt des jeweils anderen an den Tag legen, ist schlichtweg unglaublich. Ich habe mich permanent gefragt, wann den beiden ein Liebestrank eingeflößt worden ist. Oder liegt es an der Aurenverbindung? Aber wie kommt es überhaupt, dass sich zwei fremde Auren auf den ersten Schlag so ineinander verweben können? Die Geschichte gibt darüber kaum Auskunft – wie über so vieles andere die Magie betreffend übrigens auch. Und DAS fand ich extrem schade und hat mich enttäuscht zurückgelassen. Das Weltensetting hätte so großartig werden können, aber mir fehlt einfach zu viel Erklärung zur Magie dieser Welt. Klar, wir lernen gemeinsam mit Nathan darüber, aber der stellt mir deutlich zu wenig Fragen in der Hinsicht. Die meiste Zeit ist er leider – sorry für den Ausdruck! – ein verliebter Trottel, der sich von einem fremden Mädchen instrumentalisieren lässt, auch wenn sie dabei keine bösartigen Hintergedanken hegt.
Fazit: Die Dialoge und das Figurenpersonal hätten gekürzt werden können, dann wäre mehr Platz für die Erklärung der Magie gewesen. Ebenso hätten sich Nathan und Emilia im Sinne einer Slow Burn Romance langsam annähern können und ich hätte sie noch toller gefunden. So kann ich ganz schweren Herzens nur 2,5 Sterne vergeben, weil einfach zu viel Potenzial verschenkt worden und bei mir nachhaltig nicht viel von der Geschichte hängen geblieben ist. Ich habe große Hoffnung auf Band 2, denn die letzten 30 Seiten des ersten Teils zogen an Tempo und Spannung an. Vielleicht zieht es sich bis in den Folgeband durch.
Ich hoffe zudem, dass diese Geschichte für die zweite Auflage noch einmal komplett korrekturgelesen wird. Es gab zu viele Logik- und Rechtschreibfehler, das darf nach meinem Empfinden nicht so sein…

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