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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2019

Leider nicht ganz vorbehaltlos empfehlenswert aber trotzdem sehr berührend

Die kleine Straße der großen Herzen
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Inhalt:
Ein paar Jahre sind vergangen und nach wie vor ist die Valerie Lane eine Strasse, in der Wünsche wahr werden, die schönsten Geschenke und zartesten Pralinen gekauft werden können und in der ganz ...

Inhalt:
Ein paar Jahre sind vergangen und nach wie vor ist die Valerie Lane eine Strasse, in der Wünsche wahr werden, die schönsten Geschenke und zartesten Pralinen gekauft werden können und in der ganz viele starke und herzensgute Ladenbesitzerinnen eine grosse Gemeinschaft bilden. Nach einem tragischen Ereignis muss jede Protagonistin sich mit ihrer eigenen Lebenssituation auseinandersetzen und in die Valerie Lane zurückkehren, in der es eine grosse, festliche Feier vorzubereiten und Klarheit in einige Beziehungen zu bringen gilt.

Meine Meinung:
Auf diesen letzten Band der Reihe war ich schon sehr gespannt, weil ich bereits einen Verdacht hatte, welches Ereignis die Valerie Lane in Aufruhr bringen würde und leider wurde ich nicht überrascht. Was mir aber sehr gut gefallen hat, waren die ersten Kapitel, in denen alle Protagonistinnen in ihrer aktuellen Lebenssituation gezeigt werden und in denen dann beschrieben wird, wie genau die Ladenbesitzerinnen auf die Neuigkeit reagieren und welche Konsequenzen diese Veränderung für ihr Leben haben wird. Da kann ich auf jeden Fall einmal verraten, dass es sehr, sehr, sehr emotional wird und Manuela Inusa ihr ganzes schriftstellerisches Potezial ausschöpfen kann (genau so wie bei der Beschreibung der Festlichkeiten) und ich sehr viele Tränen vergossen habe.
Wie sich alles entwickelt und auflöst - obwohl es auf die Figuren bezogen eigentlich keine Entwicklung gibt, sondern nur von den verschiedenen Ereignissen her - war dann äusserst romantisch und liebevoll gestaltet, Friede kehrt ein in die Valerie Lane und der herzliche und fürsorgliche Umgang miteinander, die ganze Freundschaft, Zuneigung und das Miteinander nehmen einen grossen Platz ein und ist meiner Meinung nach total schön gestaltet.

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat:
Wie bereits angetönt, findet nicht mehr sehr viel Entwicklung statt, die Protagonistinnen haben ihren Platz im Leben gefunden, was ja schön ist, aber leider dann insgesamt ein wenig zu sehr scheint, als würde sich gar nichts mehr ereignen. Auch wird permanent beschrieben, wer jetzt welchen Tee trinkt, welchen Schal strickt und welches Plätzchen nascht, um auch ja immer die Figuren den Läden zuzuordnen (als könnte Laurie beispielsweise nicht ein einziges Mal in ihrem Leben auch einen Schal stricken, einen Keks backen oder einen Kaffee trinken, weil ihr ja schliesslich der Teeladen gehört), was ein wenig repetitiv wirkt, aber eigentlich nicht gross stört.
Lediglich das leide Thema, das mich schon im Band um das Wollparadies gestört hat, kommt wieder zum Tragen: nur Frauen, welche Kinder gebären (und wollen) und natürlich auch einen Partner an ihrer Seite haben, sind vollwertige Frauen. Wenn dann der richtige Partner da ist, stellt sich der Kinderwunsch dann schon ein und wer keine Kinder bekommen kann, ist halt schon sehr zu bemitleiden. Und Männer weinen übrigens auch nicht, wusstet ihr das schon? Genau so wenig, wie sie im Teenageralter Geschenke für ihre Freundinnen kaufen, weil pink halt nur den Frauen vorbeghalten ist...ätzend.

Mein Fazit:
Manuela Inusa kann zeigen, was sie ausmacht, wie liebevoll und berührend sie schreiben kann. Wer auf der Suche nach Happy Ends und einem in sich stimmigen Abschluss dieser Reihe ist (respektive generell eine sehr kitschige Reihe sucht, die für ganz viele Wohlfühlmomente sorgt), ist mit diesem Buch gut beraten. Ich finde es allerdings wichtig, dass man die doch sehr stereotypen Figuren, die man natürlich in jedem Liebesroman finden kann, die hier aber nicht harmlos klischeehaft, sondern effektiv frauenfeindlich sind, kritisch betrachtet. Schade, dass dies auch im Abschlussband der Reihe so präsent ist, weil eben die ersten hundert/hundertfünfzig Seiten wirklich sehr gelungen sind und das schriftstellerische Potenzial der Autorin zeigen. Ihr seht, das Buch, das mich eigentlich anfangs so begeistert hatte, lässt mich leider mit sehr gemischten Gefühlen zurück und ich kann es deshalb nicht vorbehaltlos empfehlen.

Veröffentlicht am 18.06.2019

Da wäre mehr möglich gewesen...

Der Stalker (Ein Marina-Esposito-Thriller 2)
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Leseerlebnis:
"Der Stalker" hat mir auf den ersten fünfzig Seiten Gänsehaut und Mühe beim Einschlafen beschert. Die Grundidee und die Figur des Stalkers sind ausgereift und beängstigend. Insgesamt war ...

Leseerlebnis:
"Der Stalker" hat mir auf den ersten fünfzig Seiten Gänsehaut und Mühe beim Einschlafen beschert. Die Grundidee und die Figur des Stalkers sind ausgereift und beängstigend. Insgesamt war mir das Buch dann aber knapp zweihundert Seiten zu lang, weil eigentlich nach zwei Dritteln schon alles erledigt und aufgeklärt ist und nur noch einzelne Details mit wenigen Überraschungen hinzugefügt werden. Ausserdem strotzte das Buch nur so vor mangelhafter Polizeiarbeit und am Ende wurde definitiv zu sehr konstruiert und zu dick aufgetragen. Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen, weshalb ich mich dann leider auch nicht mehr gruseln konnte und nicht mehr so gefesselt war von diesem Buch.

Schreibstil:
Trotzdem hat mir die Sprache grundsätzlich sehr gut gefallen, das Buch las sich sehr flüssig, einzelne der Figuren waren wirklich lebensecht dargestellt und die persönliche Geschichte inklusive Beziehungswirren zwischen der Profilerin Marina und ihrem Partner Phil hat mir sehr gut gefallen. Hätte ich den ersten Band lesen sollen? Ja, wenn ich noch ein wenig mehr über Marina hätte erfahren wollen. Der "Thriller" ist aber komplett in sich abgeschlossen und es sind - sofern ich das beurteilen kann - keine Spoiler zum ersten Band zu finden.

Fazit:
Schade, da wäre so viel mehr möglich gewesen, aber trotz einiger Kritikpunkte hat mir der Schreibstil gut gefallen und ich würde gerne mehr über Marina und ihre total spannende und so wichtige Arbeit erfahren. Vielleicht bei einem weiteren Band der Reihe?

Veröffentlicht am 02.06.2019

Leider zu flach, mit oberflächlichen Beschreibungen aber insgesamt eine interessante Gesellschaftsstudie

Effi Briest
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Meine Meinung und Inhalt:
"Effi Briest" habe ich eigentlich nur gekauft, weil ich es in einer Klassiker-Leserunde lesen wollte. Dann stiegen nach und nach alle aus und ich war alleine, weshalb das Buch ...

Meine Meinung und Inhalt:
"Effi Briest" habe ich eigentlich nur gekauft, weil ich es in einer Klassiker-Leserunde lesen wollte. Dann stiegen nach und nach alle aus und ich war alleine, weshalb das Buch dann lange vor sich hin schlummerte. Schon anfangs hat es mich nicht sonderlich gefesselt, weshalb ich es nicht sofort beendete, sondern eher mässig motiviert nebenher las. Nun aber wollte ich das Buch endlich beenden und sehen, welch übles Ende es mit Effi nehmen würde.
Zuerst einmal kann ich sagen, dass mir das Buch keine grosse Mühen bereitet hat, was sicher auch am Glossar im Anhang liegt, der durchaus hilfreich ist in dieser Ausgabe. Ausserdem habe ich schon einige Klassiker gelesen, deren Sprache wesentlich behäbiger war. Leider jedoch ist an Tiefgründigkeit nicht allzu viel zu erkennen, die Charakter sind insgesamt eher flach, Effi einfach nur kindlich und die Handlung ein wenig zu plakativ. Fontane versteht es definitiv nicht, sich in eine junge Frau hineinzuversetzen, ihre Gedanken und Gefühle wiederzugeben und sie als Figur fassbar zu machen. Vielmehr blickt er väterlich auf die Szenerie herab und beschreibt, was sonst im gesellschaftlichen Gefüge vor sich geht. Dies allerdings ist ziemlich spannend in einer Zeit, in der man nur mit Briefen und Telegrammen kommuniziert, in der man die Meinung der Nachbarn höher gewichtet als familiäre Banden und in der man einander gegenseitig zum Tee und zu Abendgesellschaften einlädt, um Beziehungen zu pflegen und Kontakte zu knüpfen. Interessanterweise treten dabei vor allem einige besonders pointiert dargestellte Nebenfiguren hervor, die für ein wenig Unterhaltung sorgen und die eigentliche Qualität des Schriftstellers zeigen.
Auf meinem SuB liegt noch "Der Stechlin" von Fontane, so schnell werde ich mir aber einen solchen Roman, der stets zwischen dröge, unterhaltsam und aufmerksam beobachtend schwankt, nicht mehr zumuten, wenn auch ich auf den letzten 70 - 80 Seiten noch einmal positiv überrascht worden bin, vom Tempo, das Fontane gegen Ende aufgenommen und auch gehalten hat.

Fazit:
Ob ihr dieses Buch lest oder nicht, wird eure Welt nicht verändern. Wenn ihr es aber lest, könnt ihr einiges darüber erfahren, wie man sich in der eher vornehmen Gesellschaft des 19. Jahrhunderst bewegt hat und welche Konsequenzen ein Seitensprung für eine verheiratete Frau hatte. Ausserdem werdet ihr vor allem von den Nebenfiguren positiv überrascht sein und immer wieder ein paar unterhalsame Lesemomente erleben.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Schön, aber da wäre mehr möglich gewesen

Mein Weihnachtswunsch bist du
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Mein Weihnachtswunsch bist du - Jenny Hale

Der Inhalt und die Leserunde:
Es hat mich sehr gefreut, dass gleich mein erster Besuch im neuen Portal der Lesejury (und so neu ist es ja nun auch wieder nicht, ...

Mein Weihnachtswunsch bist du - Jenny Hale

Der Inhalt und die Leserunde:
Es hat mich sehr gefreut, dass gleich mein erster Besuch im neuen Portal der Lesejury (und so neu ist es ja nun auch wieder nicht, ich war dort einfach schon sehr lange nicht mehr online...), mit einem Buchgewinn gekrönt wurde. Meine erste Bewerbung, die ich nach so langer Pause abgeschickt habe, war also erfolgreich und ich ich habe mich sehr auf die Leserunde gefreut, die genau an meinem Geburtstag gestartet wurde. Der Austausch war wundervoll und obwohl unsere Meinungen teilweise sehr unterschiedlich sind und waren, so war es ein Genuss, über das Buch zu diskutieren. Die aktuellen Lichtverhältnisse lassen ja leider keine wirklich tollen Fotos zu, aber es soll hier definitiv noch erwähnt sein, dass dieses Buch nicht nur wunderbar kitschig anzusehen ist, sondern dass die vielen Schneesterne auf dem ganzen Einband auch noch herrlich glitzern...

Meine Meinung zum Inhalt:
Nun aber noch zum Inhalt. Ich bin mir sehr sicher, dass mein Lesegeschmack sich in den letzten Jahren stark verändert hat und dass ich insgesamt kritischer, aufmerksamer, emanzipierter und neugieriger geworden bin. Trotz allem vergeht für mich keine Adventszeit ohne Kitsch und da darf auch ein richtig guter romantischer Roman nicht fehlen. Was aber ist ein richtig guter und romantischer Roman? Meiner Meinung nach können (und sollen) auch Romane mit Happy End-Garantie hochwertig, intelligent, humorvoll und mit einem gewissen Anspruch an die Leserschaft geschrieben sein.
Debbie Macomber und Debbie Johnson, sowie Kerry Fisher oder auch Lucinda Riley machen dies in meinen Augen grandios und die Bücher von Gilles Legardinier sind ein wahrer Genuss. Fundierte Recherchen, starke, menschliche und sehr authentische Protagonistinnen und Protagonisten mit Stärken und Schwächen, Romantik, Drama, Tiefgang, Humor und eine in sich stimmige Handlung sind da in wirklich jedem Buch anzutreffen. Jenny Hale ist dies mit "Mein Weihnachtswunsch bist du" nicht immer ganz gelungen. Da finden sich nämlich sich widersprechende Aussagen, nicht wirklich stimmige Szenen, grosse Lücken, die sich in einem normalen Leben nie ergeben hätten, und, und... Zum Beispiel erbt Leah die Hälfte des Hauses ihrer Grossmutter und wird dann vor eine schwere Entscheidung gestellt, ihre Eltern aber lässt sie komplett aussen vor, bespricht sich nicht einmal mit ihnen, sie tauchen erst am Ende einmal auf und ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob Leahs Mutter oder Leahs Vater das Kind ihrer Grossmutter war, so unwichtig sind sie für das Geschehen. Auch wird über den Preis des Grundstücks verhandelt, das riesig sein muss, bei allem, was es beinhaltet und doch konnte ich es mir am Ende immer noch nicht richtig vorstellen, weil es der Autorin wohl nicht ganz so wichtig war und das Lektorat da auch nicht Einspruch erhoben hat.
Von solchen nicht wirklich falschen und nicht komplett unlogischen aber doch störenden Unstimmigkeiten wimmelt dieses Buch. Einige Mitleserinnen in der Leserunde taten diese Einwände mit "Es ist doch nur ein Liebesroman" ab. Aber muss das wirklich sein? Sind wir Leserinnen und Leser, die einfach einmal etwas fürs Herz wollen, so leicht zu bedienen? Müssen Bücher, die wir gerne lesen, wirklich seicht und eher realitätsfremd sein? Dürfen wir so einfach abgespiesen werden?
Versteht mich nicht falsch. Das Buch war in Ordnung. Das Ende hat gepasst, ein wenig Romantik und Kitsch kamen auf, es gab Schnee, Kinderlachen und ein schönes Weihnachtsfest, aber das reicht mir leider noch nicht ganz. Ich persönlich vermute, dass hier an der Recherchearbeit und am (inhaltlichen) Lektorat gespart worden ist, um dieses Buch schnell auf den Markt zu bringen und fühle mich diesbezüglich ein wenig hintergangen. So einfach möchte ich eigentlich nicht (mehr) mit Lesestoff beliefert werden.

Schreibstil und Handlung:
Die Sprache liest sich flüssig und humorvoll und so fliegt man beim Lesen nur so durch die Seiten. Mir fehlte vor allem am Anfang ein wenig Tiefgang und die Emotionen waren für mich nicht fassbar. Leah erzählt zum Beispiel viel von ihrer Trauer über den plötzlichen Verlust ihrer Nan. Ich bin normalerweise sehr schnell zu Tränen gerührt, aber das kam bei mir leider so gar nicht an (und war auch nicht der einzige Aspekt, der mich leider kaltgelassen hat).
Ansonsten hat mich das Buch gut unterhalten, sämtliche weihnachtlichen Klischees wurden bedient (inklusive dem ewig gestrigen und mittlerweile nicht mehr salonfähigen Bild der eigentlich ohne Mann total hilflosen Protagonistin und der Frauen, die "in der Küche stehen", während die Männer "arbeiten", wow, das liest sich noch schlimmer als im Buch, wenn ich es in Anführungszeichen setze) und ein glitzerndes Weihnachtsfest voller Lichterglanz und Wärme durfte auch nicht fehlen.
Insgesamt war mir das aber - wie gesagt - alles ein wenig zu seicht, zu konservativ und leider einfach zu wenig ausgereift. Sehr enttäuscht war ich dann aber vom Epilog. Der hätte gar nicht sein müssen. Im Gegenteil, die Autorin hätte sich diesen Teil der Geschichte besser für ein paar Folgebände aufgespart, da hätte man nämlich wirklich noch etwas aus der Erzählung herausholen können. Schade, da wurde einiges an inhaltlichem Potenzial verschenkt, wo es doch sprachlich am Ende wirklich super gepasst hat und die Weihnachtsstimmung perfekt war.

Mein Fazit:
Dieses Buch empfehle ich euch nicht. Nicht, weil es schlecht wäre oder zu wenig romantisch und nicht, weil die negativen Seiten überwiegen. Vielmehr verpasst ihr einfach nichts, wenn ihr dieses Buch nicht lest und da die Geschichte einfach ingesamt zu wenig ausgereift ist, greift ihr lieber zu einem anderen Buch aus diesem Genre, Auswahl gibt es ja genug

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  • Figuren
Veröffentlicht am 01.09.2024

Leider enttäuschend, obwohl einzelne Texte mich abholen konnten

Blut, Stolz, Fernweh und andere Mysterien
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Inhalt:
"Blut, Stolz, Fernweh und andere Mysterien" beinhaltet ein Vorwort und neun sehr persönliche Essays zu ganz unterschiedlichen Themen. Ausserdem ist jedem Essay ein ausführliches Quellenverzeichnis ...

Inhalt:
"Blut, Stolz, Fernweh und andere Mysterien" beinhaltet ein Vorwort und neun sehr persönliche Essays zu ganz unterschiedlichen Themen. Ausserdem ist jedem Essay ein ausführliches Quellenverzeichnis angehängt, was das weitere Stöbern und Nachforschen erleichtert.

Meine Meinung:
Der Zeit, zu der diese Rezension online geht, seht ihr an, wie sehr ich um Worte gerungen habe. Nicht nur, weil dieses Buch mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt worden ist und weil die Autorin Ellen Kuhn es mir in einem sehr angenehmen Austausch erst angeboten hatte, wollte ich unbedingt ein paar Worte dazu verlieren. Vielmehr ist es mir wichtig, die Lektüre und die Gründe, weshalb sie mir eben nicht wie erwartet zugesagt hat, einzuordnen, damit ihr euch ein eigenes Bild davon machen könnt.
Gleich im Vorwort lädt Kuhn dazu ein, sich den Texten neugierig und offen zu nähern, diese aber auch nach Lust und Laune selektiv zu lesen. Eine schöne Bitte einerseits, aber auch eine Art Disclaimer für alles, was folgt. Schliesslich muss niemand diese Essays lesen und schon gar nicht, wenn sie nicht gefallen. So einfach ist es aber dann doch nicht. Schliesslich wird gleich im ersten Essay ("Die Frage nach dem „Warum lese ich?“ nochmals neu gestellt") darauf eingegangen, wie durchaus lohnenswert und befriedigend es sein kann, ein Buch auch komplett anspruchslos zu lesen, sich durchzubeissen oder es immer wieder neu mit einem Buch zu probieren, wenn es beim ersten Aufschlagen nicht gleich funkt.
Das habe ich mir sehr zu Herzen genommen, musste aber einige der Texte querlesen und immer mal wieder sowohl den Kopf schütteln, als auch Seiten überspringen.
Dies lag ein wenig am Schreibstil und auch an der Haltung der Autorin selber. Schon in ihrer Beschreibung erwähnt Kuhn, wie sie sich ihren Themen mit philosophischem und psychologischen Tiefgang nähert und verwendet eine vermeintlich sehr akademische und hochstehende Sprache. Nach jedem Essay finden sich die entsprechenden Quellenverzeichnisse, was mir sehr gut gefallen hat, da ich so nicht immer an den Schluss des Buches blättern wollte, wenn ich mir die Liste der weiterführenden Literatur ansehen wollte. Ich bin es mir gewohnt, wissenschaftliche Texte aus den unterschiedlichen Sparten zu erarbeiten, somit war diese Herangehensweise kein Stolpersein für mich. Vielmehr hat mich gestört, dass Kuhn allen Ausführungen zum Trotz nie zum Punkt kommt und kein einziges Thema wirklich tiefsinnig aufschlüsselt. Beispielsweise wird im Essay "Evolution (m)eines Zyklus" in einem Nebensatz Menstruationshütten in Nepal (zu recht) kritisiert, ohne aber darauf einzugehen, dass solche in vielen indigenen Kulturen gang und gäbe sind und waren und dort eine sehr wichtige spirituelle Rolle innehatten, deren Ursprünge man sich durchaus einmal anschauen könnte. Auch wird die Waschtemperatur von Periodenunterwäsche im selben Artikel nicht ganz korrekt angegeben. Gerade weil "Periode ist politisch" von Franka Frei so oft zitiert wird, empfehle ich euch so oder so, Franka Freis Buch zu lesen, wenn ihr euch mit der Menstruation auseinandersetzen wollte. Ihr lernt mehr und werdet dabei auch noch wunderbar unterhalten.
Auch in anderen längeren Essays werden wahllos Themen durcheinandergewürfelt und dies geschieht - womit wir beim zweiten mich störenden Punkt angelangt wären - aus einer massiv privilegierten und nicht wirklich reflektierten Perspektive heraus. Beispiel gefällig? Im Essay "Klima und Kinder – eine hoffnungslose Kombination?", der eigentlich sehr viele gute Gedanken und sogar Entscheidungshilfen beinhaltet und einfühlsam darauf hinweist, dass letztendlich alle Entscheidungen ihre Berechtigung haben, sinniert Kuhn über Frauen, die sich schon immer unter den widrigsten Umständen entschieden haben, Kinder zu bekommen. Es habe also schon immer Frauen gegeben, die sich trotz scheinbar ausweglosen Situationen für Kinder, für die Hoffnung, für die Zukunft entschieden haben und Kuhn schliesst diesen Gedankengang ernsthaft damit ab, dass schon Frauen im Mittelalter oder während und zwischen Kriegen bereit gewesen wären, Kinder zu bekommen, ohne auch nur annähernd zu bedenken, dass das Konzept der Wahlfreiheit in Bezug auf Kinderfragen leider sehr, sehr neu und immer noch nicht überall gegeben ist, was der jahrtausendelangen Unterdrückung der Frau und den schlicht nicht funktionalen Verhütungsmitteln der alten und sogar jüngeren Vergangenheit geschuldet ist und somit ist eine Frau im Mittelalter wohl die letzte Person gewesen, die immer komplett freiwillig und gewünscht schwanger geworden ist und geboren hat. Vielmehr sind wohl die meisten Frauen/Menschen damals gar nicht in der Lage gewesen, zu verhüten oder sicher abzutreiben, geschweige denn persönliche Wünsche und Lebensentwürfe zu verwirklichen. Und wie viele Frauen im Krieg schwanger werden, darüber wollen wir alle uns am liebsten gar nicht zu viele Gedanken machen, weil die Wahrheit zu grausam ist. Dass dann die meisten Schwangerschaften auch noch ausgetragen werden müssen ist nur ein weiterer furchtbarer Aspekt dieses abscheulichen Kriegsverbrechens und gehört definitiv - auch mit den besten Absichten und auch wenn es natürlich trotzdem immer Menschen gibt, die auch unter widrigen Umständen eine Familie gründen wollen - nicht glorifiziert.
Auch irritieren mich binäre Systeme in Büchern, die von vermeintlichen Feministinnen geschrieben worden sind, immer sehr. Wenn von weiblicher und männlicher Energie die Rede ist, stelle ich innerlich auf Durchzug, entsprechend habe ich wohl nicht alles mitbekommen, was Kuhn noch ausgeführt hat...
Sie selbst bezeichnet sich übrigens als digitale Nomadin und reist seit über zehn Jahren um die Welt um mal hier, mal da zu leben. Dabei hat sie schon einiges erlebt, betrachtet ihren Lebensstil in Bezug auf die Zukunft des Planeten nicht wirklich kritisch. Dafür hat sie dank ihren Reiseerfahrungen im Essay "Obdachlosigkeit – eine existentielle Begegnung" etwas geschafft, was ich gegen Ende dieses Buches nicht mehr erwartet hätte: sie hat mich mit ihren einfühlsamen Schilderungen und ihrer aufrechten Anteilnahme am Schicksal obdachloser Menschen tief berührt und sogar ein wenig mit diesem Buch versöhnt.

Fazit:
Leider bin ich mit diesem Buch nicht warm geworden, obwohl mich Inas Rezension so neugierig gemacht hat und obwohl mich jedes einzelne Thema dieser Essays sehr interessiert. Es wird nicht bei mir bleiben und andere Lesende dürfen hoffentlich davon profitieren, sich in den Texten wiederfinden oder zum Weiterdenken angeregt werden.

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