Cover-Bild Sobald wir angekommen sind
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 24.07.2024
  • ISBN: 9783257073157
Micha Lewinsky

Sobald wir angekommen sind

Ben Oppenheim balanciert zwischen Ex-Frau, zwei Kindern und seiner Liebe zu Julia. Er hat Rückenschmerzen und Geldsorgen, aber was ihn wirklich ängstigt, ist der Krieg in Osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien. Mitsamt Ex-Frau und Kindern, aber ohne Julia. Im Krisenmodus läuft Ben zur Hochform auf. Nur der Atomkrieg lässt auf sich warten. Ben dämmert, dass er sich ändern muss, wenn sich etwas ändern soll.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.07.2024

Dezenter Humor

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"Sobald wir angekommen sind" ist ein Buch, das weder begeistert noch lange in Erinnerung bleiben wird, aber sanft unterhält und mit dezentem Humor durchaus überzeugen kann.
Es geht um Ben und seine Lebenssituation, ...

"Sobald wir angekommen sind" ist ein Buch, das weder begeistert noch lange in Erinnerung bleiben wird, aber sanft unterhält und mit dezentem Humor durchaus überzeugen kann.
Es geht um Ben und seine Lebenssituation, seine Familie, die im Umbruch ist, seine Geliebte, seine Eltern, sein jüdisches Erbe, seine Angst. Die Geschichte lässt sich sehr leicht lesen und ist angenehm aufgebaut. Es kommen keine großen Überraschungen, keine tiefgreifende Gesellschaftskritik, keine großen Träume. Es kommen aber oft genug humorvolle Szenen, Selbstironie und ein wenig Slapstick. Die Charaktere sind nahbar und dadurch vorhersehbar. Insgesamt erzählt das Buch eine kurze Episode und vermittelt hauptsächlich ein Gefühl des Umbruchs und Abschlusses, nach dem Motto "auf zu neuen Ufern". Es ist nett zu lesen, allerdings nicht tiefgreifend.

Veröffentlicht am 28.07.2024

Der arme Mann!

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Ben Oppenheim ist als Sohn reicher jüdischer Eltern in Zürich aufgewachsen und ihm fehlte nichts an materiellen Ressourcen. Und so benimmt er sich auch...
Als er und seine Frau sich trennen wollen, beginnt ...

Ben Oppenheim ist als Sohn reicher jüdischer Eltern in Zürich aufgewachsen und ihm fehlte nichts an materiellen Ressourcen. Und so benimmt er sich auch...
Als er und seine Frau sich trennen wollen, beginnt der Kampf um den Lebensstandard. Angeblich reicht das Geld nicht für zwei getrennte Wohnungen, obwohl Ben eine Ausweichwohnung in Wien besitzt, in die er sich zurückzieht, wenn er sich von der Familie absondern will, und eine Atelierwohnung, in der er seine Bücher und Drehbücher schreibt. Als der Krieg in der Ukraine immer bedrohlicher wird, flieht er mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern nach Brasilien, seine Geliebte bleibt in Zürich zurück.
Ben ist ein wehleidiges Weichei, hypochondrisch, egozentrisch, wankelmütig und unfähig zu echten Beziehungen. Mal überschätzt er sich und seine Fähigkeiten massiv, sieht sich als Star am Fernsehhimmel, dann wieder zweifelt er an allem. Seine Frauen tun mir wirklich leid und ich kann gut verstehen, dass sie irgendwann auf Distanz gehen.
Das Buch erinnert manchmal an die Bücher des Zürchers Thomas Meyer mit seiner "Wolkenbruch"-Reihe, erreicht aber nicht deren Klasse. Trotzdem musste ich oft genug lachen über diesen Idioten Ben, der nur um sich selbst kreist und sich dabei immer wieder lächerlich macht.
Das Cover vom Diogenes-Verlag ist einmal mehr großartig.
Ein echtes Lesevergnügen!

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Veröffentlicht am 20.07.2024

Überzeugende Dialoge, tiefgehende Gedankengänge

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Das Cover spielt auf Stadt und tropischer Natur in Brasilien an – ein wenig Dschungel mit Blick auf eine Großstadt im Hintergrund – passend zum Buchinhalt wie bei Stefan Zweig. Die Hauptfigur Ben Oppenheim ...

Das Cover spielt auf Stadt und tropischer Natur in Brasilien an – ein wenig Dschungel mit Blick auf eine Großstadt im Hintergrund – passend zum Buchinhalt wie bei Stefan Zweig. Die Hauptfigur Ben Oppenheim aus Zürich, ca. 50 Jahre alt, erzählt von seinen verschiedenen Nöten und Ängsten, auch hinsichtlich eines 3. Weltkriegs. Diesem will er als Jude rechtzeitig genug entfliehen wie damals Stefan Zweig, den er als jüdischen Schriftsteller verehrt. Wie dieser sucht er Ruhe und Sicherheit vor weltbewegenden politischen Kampfansagen aus dem Osten Europas - nicht in Petrópolis, sondern in Orlando, Recife. Ben reflektiert viel über seine Familie incl. Stammbaum, über seine kaputte Ehe mit Marina nach dem Nestprinzip, über das Judentum generell und über das brasilianische Exil von Stefan Zweig. Seine eigenen Arbeiten verknüpft er mit der Emigration des Literaten – vielleicht aus historischer Verpflichtung gegenüber dem Holocaust etc. Benns klare, romantisierte Vorstellung von Petrópolis wird schließlich entzaubert wie auch sein besonderes Verhältnis zu Julia, seiner jüngeren Geliebten. Die Selbstfindung und Klärung der Scheidungsproblematik wird durch räumliche Veränderung forciert. „Wir wollten frei sein und ungebunden. Wieso haben wir ein Leben gewählt, das nie unseres war?“
Die subtile, filigrane Hinführung im Schreibstil gefällt durch kreative, realistische Dialoge und Gedankengänge. Überhaupt wirkt das ganze Szenarium rund um die Ehekrise und das Judentum mit seinen Rassenmerkmalen, ständigen, tiefverwurzelten Ängsten und häufiger Flucht nachvollziehbar und überzeugend. „Nicht das Land, nein, die Tradition ist des Juden Heimat.“

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Kurzweilig erzähltes Nachdenken über das Leben

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3,5 von 5

"Sobald wir angekommen sind" von Micha Lewinsky ist ein kurzweilig und lebendig geschriebener Roman, in dem der Autor es zwar schafft, humorvolle Unterhaltung sowie inhaltliche, schwere und ...

3,5 von 5

"Sobald wir angekommen sind" von Micha Lewinsky ist ein kurzweilig und lebendig geschriebener Roman, in dem der Autor es zwar schafft, humorvolle Unterhaltung sowie inhaltliche, schwere und tiefgründige Themen miteinander zu verbinden, dabei jedoch handlungs- und figurentechnisch nicht komplett überzeugen kann.

Inhaltlich hat der Roman zunächst einiges zu bieten und kann mit dem 50-jährigen Juden Ben Oppenheim aus Zürich auch mit einem durchaus sympathischen Protagonisten punkten.
Ben ist von zahlreichen Sorgen und Ängsten, persönlicher wie gesellschaftlicher Natur, geprägt. Gesundheitlich hat er so seinen Wehwehchen, finanziell sieht es nicht so gut aus und beziehungstechnisch läuft auch nicht alles rund und dann ist da ja noch die Gefahr eines 3. Weltkrieges. Um all dem zu entkommen, begibt er sich auf die Flucht nach Brasilien, begleitet von seiner Ex-Frau Marina und den beiden Kindern. Er lässt dabei den Leser an seinen Gedanken über sein Leben, das Leben als Jude und Stefan Zweig, der genauso wie er auch nach Brasilien ins Exil gegangen ist, teilhaben.

Rasant schreitet die Handlung voran, die unterbrochen von Bens Gedankengängen, sich stellenweise wie ein Fiebertraum liest. So ist man in einem Moment noch in Zürich und im nächsten schon in Brasilien.
Manchmal ging es mir etwas zu schnell, wodurch auch die inhaltliche Entwicklung und die Ausarbeitung besonders der Nebencharaktere leidet. Denn im Gegensatz zu Ben bleiben diese eher blass. Da man Bens Gedanken folgt, lernt man ihn gut als Person kennen und auch trotz seiner Eigenheiten und Schwächen durchaus zu lieben.

Einerseits geht die Geschichte inhaltlich in die Tiefe und besitzt starke sowie überzeugende Dialoge, ausgestattet mit einer Prise Humor, verbleibt aber teilweise zu sehr an der Oberfläche. Ein paar Seiten mehr hätten sicherlich gutgetan, sodass der Roman sein ganzes Potenzial hätte ausschöpfen können.

Sprachlich toll, inhaltlich leider jedoch mit ein paar Schwächen, so präsentiert sich "Sobald wir angekommen sind" insgesamt.
Dennoch ein unterhaltsamer, kluger und tiefgründiger Roman, der sich gut als literarische Auszeit für zwischendurch eignet.

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Veröffentlicht am 25.08.2024

Selbstfindung in Brasilien

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Ben Oppenheim ist Ende vierzig, semi-erfolgreicher Schriftsteller, nicht praktizierender Jude, lebt in Zürich und von seiner Ehefrau Marina getrennt. Er hat zwei Kinder, eine Geliebte und jede Menge Selbstzweifel. ...

Ben Oppenheim ist Ende vierzig, semi-erfolgreicher Schriftsteller, nicht praktizierender Jude, lebt in Zürich und von seiner Ehefrau Marina getrennt. Er hat zwei Kinder, eine Geliebte und jede Menge Selbstzweifel. Als der Krieg in Osteuropa jedoch näher zu rücken scheint und Marina und er den Ausbruch des dritten Weltkriegs befürchten, sind sich beide für einen Moment ihrer Sache ganz sicher. Kurz darauf sitzen sie mit Kindern und Gepäck im Flugzeug nach Brasilien – in das Land, in das schon Bens Vorbild Stefan Zweig auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten emigriert ist. Für einen Moment scheint alles möglich, doch dann muss Ben feststellen, dass er seine Unsicherheiten und Probleme nicht in Zürich zurückgelassen hat.

Wäre die Hauptfigur nicht schon fortgeschrittenen Alters, wäre ich glatt versucht, diesen Roman mit „Coming of Age“ zu beschreiben. Doch Ben ist längst erwachsen. Eventuell befindet er sich in einer Midlife-Crisis, doch die Ängste, mit denen er kämpft, scheinen ihn bereits den Großteil seines Lebens zu begleiten und werden von ihm gerne auf seine jüdische Herkunft und die Last der Geschichte zurückgeführt – Bens Reflektionen hierzu haben mich zum Teil berührt und zum Teil überfordert. Paradoxerweise sind diese Ängste sowohl mit extremer Selbstkritik als auch der Gewohnheit, die Schuld bei anderen zu suchen, gepaart. Da der Erzähler Bens Innenleben und Gedanken minutiös enthüllt, bleibt Leserinnen und Lesern wenig erspart: Seine Larmoyanz ist allgegenwärtig und nur erträglich durch die glücklicherweise ebenfalls vorhandene Selbstironie und die pointierte Sichtweise auf das Leben. Als seine Ex zu ihm sagt: „Je schlechter es dir geht, desto lustiger bist du“ antwortet Ben zum Beispiel: „Ohne Deine Hilfe könnte ich das nicht.“
Der Humor und die Neugier darauf, ob und wie Ben sein Leben in den Griff kriegt, haben mich bei der Stange gehalten. „Sobald wir angekommen sind“ liest sich kurzweilig, auch wenn die Hauptfigur einem ein gewisses Maß an Geduld abverlangt. Etwas ratlos, was ich aus diesem Roman eigentlich mitnehme, bleibe ich am Ende dennoch zurück.

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