Profilbild von sommerlese

sommerlese

Lesejury Star
offline

sommerlese ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sommerlese über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2017

Ein umtriebiger Privatdetektiv, ein mysteriöser Mord und Lokalkolorit machen diesen Krimi besonders

Lesereise in den Tod
0

In diesem Krimi ermittelt der Privatdetektiv und das ermöglicht eine Sichtweise, die manchem Polizisten verwehrt ist. Dank Mückes umgänglicher Art, kommt er den Befragten auf Augenhöhe entgegen, trinkt ...

In diesem Krimi ermittelt der Privatdetektiv und das ermöglicht eine Sichtweise, die manchem Polizisten verwehrt ist. Dank Mückes umgänglicher Art, kommt er den Befragten auf Augenhöhe entgegen, trinkt schon mal mit ihnen einen über den Durst und flunkert was das Zeug hält, nur um ihnen Informationen oder die Wahrheit zu entlocken. Hier fehlt die autoritäre Distanz, die sich automatisch Polizeibeamten gegenüber einstellt. Außerdem ist Andreas Mücke ein Mensch, der relativ normal wirkt, dank zwei geschiedener Ehen mit zwei Kindern typische Alltagssorgen hat und hart für sein Geld arbeiten muss. Da kommt ihm dieser Job wie gerufen.
Bei diesem Krimi hat man das Gefühl, gemeinsam mit Mücke den Gegebenheiten auf den Grund zu gehen und ihm beim Ermitteln über die Schulter zu schauen. Man erlebt sein Agieren stets hautnah mit. Ob er nun in eine Prügelei verwickelt wird, auf Sauftour ist oder wie ein Frischverliebter seine Frauenschwärmereien pflegt, die für Privatermittler ja schon fast ein echtes Klischee bedeuten, als Leser ist man einfach mit dabei.

Was er über die "Möchte-gern-Autorin" Mona de la Mare ausgräbt, führt den Leser tief ins Selfpublishing Geschäft und zeigt, wie unbekannte Autoren sich abstrampeln müssen, um in diesem Metier Erfolg zu haben. Auch diese Einblicke geben diesem Krimis einen besonderen Reiz.

Aber auch Mückes Stadtführungswissen hat mich beeindruckt. Wer sich in dieser Gegend auskennt, fühlt sich sicher gleich heimisch. Der Lokalkolorit flammt hier und da wieder auf und man hat die Orte gut vor Augen.

Das einzige Problem hatte ich mit dem Täter, auch ihn begleitet man gedanklich und möchte gern seine Beweggründe nachvollziehen. Er kommt wie ein Phantom daher und hier hätte ich mir am Ende noch ein paar abschließende Erklärungen gewünscht.

Dieser Krimi hat mich mit einigen Wendungen überrascht und bis zum Schluss gut unterhalten. Den unflätigen Männerjargon muss man zuweilen aushalten können, ansonsten siegt hier mal wieder ein Privatdetektiv über die Polizei. Matulla lässt grüßen!

Veröffentlicht am 18.11.2017

Eine mitreißende Familiengeschichte mit historischem Hintergrund sorgt für spannende Unterhaltung!

Die Frau im hellblauen Kleid
0

Wien: Vera Altmann führt als Schauspielerin die Tradition ihrer Mutter Marianne und Großmutter Käthe fort. Doch an den großen Erfolg ihrer Mutter Marianne, die einst ein gefeierter UFA Star war, kann sie ...

Wien: Vera Altmann führt als Schauspielerin die Tradition ihrer Mutter Marianne und Großmutter Käthe fort. Doch an den großen Erfolg ihrer Mutter Marianne, die einst ein gefeierter UFA Star war, kann sie nicht anknüpfen. Vera beschliesst, eine Dokumentation über ihre Familie zu drehen und befragt ihre Mutter nach Einzelheiten. Marianne ist schockiert, denn sie befürchtet, es könnten Geheimnisse ans Licht kommen, die sie bisher verbergen konnte. Schließlich willigt sie ein, wenn der Film mit der Lebensgeschichte von Großmutter Käthe Schlögel beginnt.

Mit dieser Familiensaga hat mich Beate Maxian schnell gefesselt, der flüssig geschriebene Roman liest sich einfach wunderbar. Ihre Charaktere sind voller Leidenschaft und authentischer Strahlkraft, sodass man sich kaum vom Lesen abbringen lassen kann. Besonders die historischen Hintergründe habe ich sehr interessiert gelesen und die Schicksale der Familie Altmann lesen sich sehr lebendig. Man taucht tief in die Geschichte ein.


Der Roman wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Die Dynastie der Altmanns beginnt 1927 mit Käthe Schlögel und ihren ersten Anfängen am Theater und wird in der Gegenwart 2015 zur Zeit der Dokumentation durch Enkelin Vera aufgearbeitet. Die vierte Generation wird durch Sophie vertreten.


Durch Veras Dokumentation über die Familie kommen einige Informationen ans Tageslicht, die sich mit Nazitum und Verfolgung befassen. Denn Käthe heiratet einen Juden.

Durch Mariannes Erzählungen erfährt der Leser Details über Käthe, sieht wie die Tochter eines einfachen Gemüsehändlers vom Glanz der Theaterwelt beeindruckt ist und gegen den Willen der Eltern ans Theater geht. In Prag gelingt ihr mit "Marianne" der große Durchbruch und von dort geht sie nach Berlin und feiert große Erfolge als Star der Vorkriegszeit bis sie sich in einen Juden verliebt.


Die familiären Einblicke zeigen die deutsch-österreichische Geschichte über 80 Jahre und man taucht tief in die Handlung ein, egal, ob es sich um glamoröses Theaterleben handelt, um Rivalitäten unter Kolleginnen beim Film oder um die aufkommende Bedrohung durch die Nationalsozialisten oder die Problematik des Zweiten Weltkrieges. Beate Maxian lässt die Leser eine Zeitreise miterleben, die berührt, fesselt und ausgesprochen gut unterhält. Besonders ein Zerwürfnis zweier Familien spielt eine große Rolle.


Käthe und ihr Traum vom Theater sind der Hauptangelpunkt des Romans, ihr Leben wird sehr anschaulich und lebendig gezeigt. Dagegen wirkt Marianne eher wie ein unbeschriebenes Blatt, auch wenn sie als Mittlerin zwischen Vergangenheit und Gegenwart fungiert. Vera hat sich ihrer Mutter zu fügen, doch sie glänzt als Mutter und Regisseurin und mit Sophie konnte ich nicht warm werden. Ihre Liebesgeschichte fiel im Verhältnis zum übrigen Roman etwas aus dem Rahmen.


Beate Maxian hat einen flüssigen und wunderbar bildhaften Schreibstil. Gespannt habe ich Kapitel um Kapitel gelesen und war besonders in der Schilderung von Käthes Leben gefangen. Sie lässt Eindrücke der Filmwelt entstehen, die man mit Schwarz-Weiß-Filmen und alten Schauspielern wie Hörbiger, Moser oder Martha Schneider verbindet.
Aber auch in der Gegenwart unterhält die Autorin gekonnt mit einer Menge Lokalkolorit und zeigt mit Sprache und Handlungsorten Wiener Flair.


Die Frauen dieser Familie zeigen ein Frauenbild Die gemeinsame Recherche, Aufarbeitung der Vergangenheit und die Verwirklichung des Films lassen sie noch mehr zusammenwachsen und Beate Maxian hat mit dem Schluss ihres Buches noch ein sehr schönes Finale für sie und den Leser geschaffen.



Dieser Roman begeistert mit einer faszinierenden Familiengeschichte mit historischem Hintergrund und Einblicken in die Welt des Theaters zur Zeit der UFA. Beate Maxian kann nicht nur Krimis, sondern auch unterhaltende Romane mit Tiefgang.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Flower-Power und eine alte Jugendliebe

Friesensommer
0

Friesensommer ist eine unterhaltsame Liebesgeschichte, die mit nordischen Charakteren, dem typischen Zeitgeist der Flower-Power-Zeit und einer Menge Lokalkolorit von der Nordsee punkten kann.

Im Roman ...

Friesensommer ist eine unterhaltsame Liebesgeschichte, die mit nordischen Charakteren, dem typischen Zeitgeist der Flower-Power-Zeit und einer Menge Lokalkolorit von der Nordsee punkten kann.

Im Roman verknüpft Janne Mommsen zwei Zeitebenen miteinander: 1968 und die Gegenwart um 2014.

1968 floh Harry Petersen in die Heimat seines Vaters nach Föhr, denn die Army hatte ihm in San Francisco einen Einberufungsbefehl für Vietnam geschickt. Die Weigerung bedeutete Fahnenflucht und somit Gefängnis. Für Harry war eine Rückkehr in die USA dadurch unmöglich.

Also lebte er sich in Oldsum ein und verliebte sich in Maike, damals 17 Jahre alt und verschwand dann irgendwann wieder.
40 Jahre später kehrt er nach Föhr zurück. Mehr möchte ich vom Inhalt nicht verraten.

Bei diesem Buch habe ich mich von Föhr verzaubern lassen und hatte beim Lesen Bilder von der Nordsee, vom Sommer am Strand und von der Natur vor Augen.
Auch wenn der Erzählstil sehr ruhig ist, so nimmt die Handlung gefangen. Während ich für Harry keine echte Sympathie entwickeln konnte, waren es dafür Maike, Rainer und Carla umso mehr.

Es wird zeitweise etwas Föhrer Friesisch (Fering) wird mit in die Dialoge eingebunden, die jeweilige Übersetzung findet man direkt darunter. Mir haben die nordischen, wortkargen Charaktere dieser Gegend besonders gut gefallen. Mit nur wenigen Worten versteht man sich hier und hält es auch schon einmal ohne Smalltalk aus, was besonders Harald als Ami sehr wundert. Dort gilt Schweigen eher als unhöflich.

Mit der Schilderung der Hippie-Zeit erlebt man die Musik, die Kunstszene und die legendären Parties auf Sylt mit und wer selbst über 60 ist, wird sich an diese Zeit erinnern.



Mir hat dieser Liebesroman unterhaltsame Lesezeit geschenkt und ich konnte mich im grauen November an den sonnigen Strand von Föhr träumen.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Kurioses aus der Welt der Namen von A bis Z

Gestatten, mein Name ist Wilma Bumsen, Gynäkologin aus Fucking
0

Namen sind Glückssache. Während einige unauffällig erscheinen, gibt es immer wieder Namen, die dem Träger durchaus Hohn und Spott einbringen können. Gerade einige Promis bringen hier eine ungeahnte Fantasie ...

Namen sind Glückssache. Während einige unauffällig erscheinen, gibt es immer wieder Namen, die dem Träger durchaus Hohn und Spott einbringen können. Gerade einige Promis bringen hier eine ungeahnte Fantasie auf, während die Kinder damit eher gestraft sind. Aber auch dann, wenn vielleicht der Nachname nicht unbedingt gut zum Beruf passt, muss man sich schon zusammenreißen, um nicht laut aufzulachen.

G wie Guiness-Buch
Der Bahnhof mit dem längsten Namen liegt in Wales und heißt:
Llanfairpwllgwygyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch
Zitat Seite 62

Dieses Buch gibt Namen zum Besten, es wird dabei alphabetisch vorgegangen und neben Namen von Berufsgruppen, werden auch Straßennamen, Ortsnamen und Begriffe vorgestellt. Neben kuriosen Wissenslücken, gibt es auch manchen nicht tiefer zu erfassenden Unsinn. Doch das gibt diesem Buch die spezielle Note.

Es ist schon interessant zu lesen, welche Kindernamen zugelassen werden (Apple, Matt Eagle, Schneewittchen oder Napoleon) und welche nicht (Agfa, Nelkenheini, Patizan, Ottifant, Seerose oder Schröder). Auch wenn man sich wundert, warum der eine Name erlaubt und der andere dagegen abgelehnt wird.

Wie sich aus der besonderen Kombination von Vor- und Nachnamen neue Bedeutungen herauskristallisieren wie bei "Klara Himmel" oder "Bernhard Diener", ist eine lustige Idee.
Selbst Ortsnamen finden hier ihre Auflistung, wenn sie denn mehrdeutig genug erscheinen: Pestenacker, Rotzendorf, Irrendorf, Blödau.
Manchmal treibt es mir die Tränen in die Augen, besonders die Promi-Kinder tun mir echt leid. Ist zum Beispiel Harper Seven in Wahrheit wirklich der 7. Versuch, ein Mädchen zu bekommen? Oder warum nennt man seinen Sohn Satchel, also Schulranzen? Was macht denn wohl Little Pixie, wenn sie mal erwachsen ist, aber immer noch klein vom Wuchs?
Oder haben Eltern, wenn sie Y statt I oder J bei der Namenswahl bevorzugen wie bei Yan oder Julja, doch keine kreative Phase, sondern wohl eher eine schwer ausgeprägte Form von Legasthenie?
Man weiß es nicht, denkt sich aber seinen Teil. So hat sich interessanterweise der Kevinismus für verhaltensauffällige Kinder durchaus bei einigen Kindern bewahrheitet.
Leider hilft das den normal veranlagten Kevins dieser Welt herzlich wenig.

Hier ein paar Strassennamen: Zornige Ameise, Vogelsollweg, Spannerweg.

Wenn niedergelassene Zahnärzte, Dr. Carius, Dr. Lücke oder Dr. Reißmann heißen, besucht man sie sicher mit einem unguten Gefühl.

Einige Namen gehen aber auch direkt unter die Gürtellinie.
Albert Standfest, Diana Fickbaum oder Hans Massengeil möchte ich hier nennen.

Hier gibt es Namen über Namen: Von banal bis ausgefallen, von lustig bis übertrieben ist alles dabei! Was Namen anrichten können, erfährt man mit diesem Buch. Es unterhält gut, erstaunt und lässt die Lachmuskeln zucken.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Poesie der Gegenwart: Tiefsinnige, nachdenkliche und melancholische Poetry

Jetzt, Baby
0

"Wenn ein Korn zu Boden fällt, wird niemand es fallen hören. Doch fallen viele simultan, wird der Lärm die Ruhe stören." Zitat Seite 84

Für mich ist diese Textsammlung eine große Überraschung, bislang ...

"Wenn ein Korn zu Boden fällt, wird niemand es fallen hören. Doch fallen viele simultan, wird der Lärm die Ruhe stören." Zitat Seite 84

Für mich ist diese Textsammlung eine große Überraschung, bislang habe ich von Julia Engelmann noch nichts gelesen.

Sie kann wunderbar mit Sprache umgehen, sie ist ein Slam Talent, das steht außer Frage. Die Texte haben mich teilweise berührt und zum Nachdenken angeregt. Sie regen an, sich selbst näher kennenzulernen und andere mehr wertzuschätzen. Die Autorin möchte ihre Leser/Hörer dazu animieren, jetzt zu leben, nicht über das Leben nachzudenken, wie es sein könnte, sondern es jetzt zu geniessen und wertzuschätzen. Ich bin total erfreut über die frische Ausdruckskraft dieser Texte und darüber, wie Julia die Literaturwelt der Gegenwart aufmischt und frischen Wind hinein bringt.

Mir gefallen die schönen Texte, es gibt viel Tiefsinn zu entdecken und Hauptthema ist das Erwachsenwerden, die Familie, der Bruder, doch wo ist der Freund?
Auch die Reime machen Spaß und lassen sich locker lesen.
Im Text: "Vorbelastet" hat Julia Engelmann geschickt Klassiker der deutschen Dichtkunst eingebaut. Dieser Text scheint aber nicht spontan geslammt worden zu sein, hier bedarf es ein wenig Vorbereitung, um Textpassagen vom Erlkönig oder Faust mit unterzubringen. Die Ausarbeitung ist hier total gelungen wie ich finde.

Auch "Höhenangst" ist ein sehr schöner Text und in "Luna" werden Lebensfragen der jungen Generation deutlich gemacht. Sie kommen von Herzen und man kann auch als Mensch in mittleren Lebensjahren für sich noch viele Gefühle und Denkanstösse daraus entnehmen.

"Die Ballade vom König"
"Hier stehe - ich bin ein einsamer König. Ich bin unendlich reich,und das nützt mir so wenig. Kein Gast kann herein, mein Olymp ist ein Käfig. S. 56

Sehr umfangreich, dabei anrührend und schön macht Julia Engelmann hier deutlich, wie man im Goldenen Käfig nicht glücklich ist.

"Outro"
"...Bleibst du bei dir selber, dann passieren die besten Sachen. Lass dich überraschen, all die Wunder werden groß." Zitat S. 115
Gefällt mir sehr gut und ist ein schönes Ende für dieses erstaunliche Büchlein.

Die Texte verbreiten einen angenehmen Tiefsinn, sie sind voller Melancholie und Freude und alle sehr verschieden. Es empfiehlt sich, immer mal einen einzigen Text zu lesen und dann nachsacken zu lassen.
Es geht um Loyalität, die Liebe zur Familie, den Glauben an sich selbst und um die Quarterlife-Crisis. Das Fehlen von Texten über die große Liebe oder Leidenschaft hat mich erstaunt. Ich nehme mal an, diese Themen sind eher Inhalt der Vorgängerbände.


Diese Texte geben den Zeitgeist der jungen Generation wieder, beschäftigen sich aber auch mit der Liebe alter Menschen.

Dieses Büchlein kann berühren und zum Nachdenken anregen, es kann aber auch einfach nur unterhalten. Nicht nur für Poetry Slamer eine schöne Lektüre.