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Veröffentlicht am 02.09.2024

Jäger

Lupus
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An einem Hochstand wird ein Jäger tot aufgefunden, ein anderer ist verschwunden, zudem werden in den Wäldern Norddeutschlands Wölfe gesichtet. Haben die Tiere Menschen angefallen oder geht es um Mord? ...

An einem Hochstand wird ein Jäger tot aufgefunden, ein anderer ist verschwunden, zudem werden in den Wäldern Norddeutschlands Wölfe gesichtet. Haben die Tiere Menschen angefallen oder geht es um Mord? Die Staatsanwaltschaft geht mit Tierärztin Jenny Rausch auf Pirsch und verstrickt sich immer weiter in DDR-Machenschaften, Nazi-Geheimnisse und ein längst zurückliegendes Familiendrama.

Spannend geht es von Anfang an zu im neuen Thriller „Lupus“ von Tibor Rode. Ein verschollener Vater, ein Toter am Hochstand, ein moderner Zaun, der mittels Künstlicher Intelligenz Wölfe von der Bevölkerung abhalten soll, ja sogar einen Werwolf im System meldet. Eine fesselnde Schreibweise zieht den Leser schnell in den Bann, außergewöhnliche, fast unglaubliche Fakten fließen nach genauer Recherche in eine fiktive Handlung ein und rufen immer wieder Erstaunen hervor. Während der Leser Jenny begleitet, erfährt er zwischendurch immer wieder mittels Rückblenden, Protokollen und Gesprächen in kursiver Schrift, was sich teils Jahrzehnte zuvor zugetragen hat. Auf diese Art und Weise setzen sich langsam, aber doch, Puzzlesteine zusammen und ergeben schlussendlich ein klares Bild rund um das Wolfsdrama.

Dieser Thriller besticht durch stete Kurzweil trotz der knapp 500 Seiten, bringt Informatives zur Sprache und veranlasst den Leser zum Nachdenken, wie man mit Künstlicher Intelligenz oder dem Lebensraum von Mensch und Tier umgehen soll. Keineswegs erfolgt dies aber mit erhobenem Zeigefinger, ganz im Gegenteil, verquickt Rode die vielfältigen Themen mit faszinierender Fiktion, die einen in Atem hält.

Spannung mit realitätsnahen Inhalten und ein wenig Fantasie – beste Unterhaltung ist garantiert!



Veröffentlicht am 02.09.2024

Aufstieg

Eisfeld - Der Fall Katharina S.
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Ziemlich unerwartet erfolgt Mara Eisfelds Aufstieg zur Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA. Nicht, dass sie dies nicht herbeigesehnt oder nicht die nötige Kompetenz hätte, dennoch ist sie überrascht ...

Ziemlich unerwartet erfolgt Mara Eisfelds Aufstieg zur Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA. Nicht, dass sie dies nicht herbeigesehnt oder nicht die nötige Kompetenz hätte, dennoch ist sie überrascht und stolpert noch dazu gleich während der kurzen Willkommensfeier in einen schwierigen Fall, welcher sie recht persönlich berührt, geht es doch plötzlich auch um einen alten Vermisstenfall, bei dem sie selbst ganz kurz mitermittelt hat.

Humorvoll und stark vermischt mit persönlichen Lebenslagen und –krisen beginnt dieser fesselnde Serienauftakt. Lebhafte Charaktere, starke Reibflächen und Maras ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit – das sind die ersten Eindrücke, welche man auf der ersten Seiten dieses Krimis bekommt. Mara hat ganz klare Vorstellungen davon, wie Polizeiarbeit erledigt werden muss und dass sie ihre Ehe retten will. Ob das alle anderen Beteiligten auch so sehen? Das stellt sich erst im Laufe des Geschehens heraus, welches mich als Leserin sofort in den Bann zieht. Was mit einem harmlosen Einbruch beginnt, entwickelt sich rasch zu einem spannenden Ermittlungsfall, in welchem alle Kommissare gefordert sind, nicht zuletzt aufgrund der sehr hartnäckigen Journalistin Karlotta von Busse, die stets viel früher als eigentlich möglich überall dort auftaucht, wo Mara Spuren sucht.

Ein phantastisches Team voller Menschen wie im echten Leben, ein aufregender erster Fall für Mara Eisfeld, verfasst in lebendiger Sprache, welche einen nur mitnehmen kann auf eine turbulente Jagd nach dem Täter. Obwohl Mara nicht immer logisch und mit kühlem Kopf entscheidet, ist sie doch eine Sympathieträgerin und hat mich sofort davon überzeugt, dass ich ihr auch künftig beim Ermitteln über die Schulter sehen will.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.08.2024

Schauspieler

Stalker – Er will dein Leben.
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Theaterschauspieler Eric Sanders erhält eine Rolle in der Fernsehserie Tatort und ebnet sich durch seine hervorragende Leistung den Weg für eine großartige Karriere. Genau in dem Moment gibt sich allerdings ...

Theaterschauspieler Eric Sanders erhält eine Rolle in der Fernsehserie Tatort und ebnet sich durch seine hervorragende Leistung den Weg für eine großartige Karriere. Genau in dem Moment gibt sich allerdings ein anderer für ihn aus und postet als vermeintlicher Eric Sanders scheußliche Dinge auf sämtlichen Social Media Kanälen und fordert den echten Sanders auf, sich seiner verdrängten Vergangenheit zu stellen.

Flott und fesselnd geht es von Anfang an dahin, schnell nimmt Arno Strobel seine Leser ein für die spannende Handlung dieses Psychothrillers, der an etlichen Stellen mehr als abstrus daherkommt. Und dennoch wird stets alles plausibel erklärt und glaubwürdig dargestellt, die Psychoanalyse und Hypnose sind hier so bewährte wie passende Mittel, welche eingesetzt werden, um Erinnerungen wachzurufen. Sanders ist als sympathischer Charakter angelegt und weckt auch beim Leser einen gewissen Beschützerinstinkt, der einen mitfiebern, ja mitleiden lässt mit dem armen Tropf. Auch wenn am Ende ein kleines Detail für mich nicht ganz schlüssig ist, so habe ich mich über mehr als 350 Seiten lang bestens unterhalten gefühlt und bin nicht nur einmal arg an der Nase herumgeführt worden. Ein rasantes Hin und Her, ein steter Wechsel der Möglichkeiten und die nicht abwägbare Wirkung auf Eric Sanders Anhängerschaft lässt viele Zweifel aufkommen, was wahr ist und was falsch. Man kann dieses Buch nur suchtartig (möglichst in einem Rutsch) durchlesen.

Fazit: ein spannender Thriller rund um die Verdrängung der Vergangenheit und wie einen diese wieder einholen kann, verpackt in eine grandiose Handlung mit rasantem Schreibstil. Von mir gibt es fünf Sterne und eine Leseempfehlung für den „Stalker“.

Veröffentlicht am 27.08.2024

Irische Turbulenzen

Schwestern im Geiste
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Eine neue Lehrerin aus Irland, Rhona O’Meally, bringt frischen Wind ins Moseler Mädchenpensionat, aber auch sonst gibt es ordentliche Turbulenzen im Diedenhofen (Thionville) des Jahres 1911. So muss sich ...

Eine neue Lehrerin aus Irland, Rhona O’Meally, bringt frischen Wind ins Moseler Mädchenpensionat, aber auch sonst gibt es ordentliche Turbulenzen im Diedenhofen (Thionville) des Jahres 1911. So muss sich Leiterin Pauline Martin um Diebstähle im Haus kümmern, während ganz in der Nähe antipreußische Schmierereien auftauchen. Die politische Stimmung darf als schwierig bezeichnet werden und der Antisemitismus wird offensichtlicher.

Wer Band Eins gelesen hat, findet sich rasch wieder wie daheim in der lothringischen Stadt Diedenhofen, welche damals Teil des Deutschen Reichs gewesen ist. Pauline und ihre Schützlinge werden aber so gut charakterisiert, dass man dieses Buch auch als Neueinsteiger ohne Vorkenntnisse zur Hand nehmen kann. [Das wäre allerdings schade, da bereits der erste Teil überaus empfehlenswert ist und das Begleiten der Figuren in ihrer Entwicklung viel Vergnügen bereitet.] Voller Details und bestens recherchierter Einzelheiten darf man eintauchen in eine längst vergangene Zeit und die Lebensumstände der Bewohner eines Landstrichs kennenlernen, der hin- und hergerissen ist zwischen deutschen und französischen Einflüssen. Mit viel Liebe und großer Hingabe entwirft Marie Pierre eine überaus realistische und sehr gut vorstellbare Handlung, geht ein auf politische und gesellschaftliche Aspekte, bringt anhand der Fastenzeit und des Osterfestes auch allerlei Wissenswertes im religiösen Bereich zur Sprache. Dass man durch die Irin Rhona zudem noch Interessantes aus Irland erfahren darf, versetzt dem Ganzen noch den letzten Pfiff.

Wortgewandt setzt die Autorin jede Szene ins rechte Bild, lässt unterschiedlichste Charaktere höchst lebendig werden, führt mitunter ihre Leser hinters Licht, sodass der umfangreiche Schmöker vom Anfang bis zum Ende höchst spannend bleibt. Passenderweise finden unter anderem französische, polnische oder jiddische Ausdrücke Eingang ins Geschehen und sorgen so für größtmögliche Authentizität. Damit das Lesevergnügen keinesfalls geschmälert wird, gibt es entweder direkt im Text eingeflochten eine Übersetzung oder im sorgfältig zusammengestellten Nachwort die nötigen Erklärungen.

Ein gefühlvoller Roman, der ohne jedweden Kitsch auskommt, ein unterhaltsames Buch, das viele historische Fakten zusammenträgt und auf fesselnde Art und Weise in eine fiktive Handlung einbettet. Nicht zuletzt ist die Ausstattung des hübschen Buches zu erwähnen mit den wunderschönen Postkarten in der vorderen Umschlagklappe und den vielen informativen Anmerkungen am Ende. Von Herzen gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus und warte gespannt, was in Band Drei auf uns zukommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.08.2024

Einschneidende Jahre

Das Haus in dem Gudelia stirbt
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Einundachtzig Jahre alt ist Gudelia, die hier aus ihrem Leben erzählt. Teils Monolog, teils frühere Handlungsstränge aus ihrer Sicht, so erlebt der Leser die aktuelle Sturmflut, welcher sie trotzt und ...

Einundachtzig Jahre alt ist Gudelia, die hier aus ihrem Leben erzählt. Teils Monolog, teils frühere Handlungsstränge aus ihrer Sicht, so erlebt der Leser die aktuelle Sturmflut, welcher sie trotzt und nicht flieht, wie ihre Nachbarn. Was hält sie fest in ihrem Haus, ihrem Heim seit über fünfzig Jahren?

Mit dem Ende beginnt die Geschichte, allerdings so raffiniert, dass es nichts vorwegnimmt, vor allem nicht von der Spannung, die das Geschehen oft nur latent, aber stetig begleitet. Überaus gelungen finde ich den Kniff, dass außer der alten Frau praktisch niemand zu Wort kommt, keine anderen Sichtweisen zugelassen werden. Im Wesentlichen beherrschen Vorfälle in drei unterschiedlichen Jahren (2024, 1984 und 1998) die Handlung und das Leben Gudelias. Abseits dieser einschneidenden Ereignisse führt sie ein eher zurückgezogenes und unauffälliges Dasein.

Kurze, flotte Sätze, prägen den Schreibstil rund um diesen außergewöhnlichen Roman, die kriminalistischen Anteile sind geschickt verwoben mit Gudelias spezieller, ja skurriler Figur. Verlust und Schaffenskraft, gepaart mit einem starken Willen, das sind Themen, welche unter anderem angesprochen werden, mit Einfallsreichtum und gewitzten Ideen kann die Hauptperson punkten.

Ein absolut unvergleichliches Buch, welches ich voller Neugierde und, gebannt vom Erzählstil her, in einem Rutsch gelesen habe. Ich hoffe, viele andere Leser haben damit ebenso viel Vergnügen!