In die Tiefe des Eises: Eine authentische Reise zur Selbstfindung
"9 Grad" von Elli Korb ist ein einfühlsamer und kraftvoller Roman, der die tiefen und oft ungesagten Herausforderungen des Erwachsenwerdens beleuchtet. Die Geschichte dreht sich um die Freundinnen Josie, ...
"9 Grad" von Elli Korb ist ein einfühlsamer und kraftvoller Roman, der die tiefen und oft ungesagten Herausforderungen des Erwachsenwerdens beleuchtet. Die Geschichte dreht sich um die Freundinnen Josie, Rena und ihren Freund Anton, die seit ihrer Kindheit miteinander verbunden sind und nun, in ihren Zwanzigern, mit den Unsicherheiten des Lebens und den Erwartungen der Gesellschaft konfrontiert werden. Erzählt aus der Ich-Perspektive von Josie, zieht uns der Roman in ihre Gedankenwelt und lässt uns an ihrer Reise der Selbstfindung teilhaben.
Ein besonders einprägsames Element des Buches ist das Eisbaden, das für Josie eine Art Rettungsanker inmitten der Turbulenzen ihres Lebens wird. Es symbolisiert nicht nur ihre Suche nach Kontrolle und dem Gefühl, lebendig zu sein, sondern auch die körperliche und psychische Grenzerfahrung, die sie durchlebt. Diese Aktivität wird zum roten Faden der Geschichte und spiegelt die emotionale Kälte und den Schmerz wider, mit dem die Charaktere zu kämpfen haben.
Elli Korb schafft es, ernste Themen wie Depression, Essstörungen und den Druck, einem idealisierten Körperbild zu entsprechen, mit einer beeindruckenden Authentizität darzustellen. Dabei vermeidet sie es, die Charaktere auf ihre Krankheiten zu reduzieren, sondern zeigt sie als vielschichtige Menschen mit Ecken und Kanten. Josies Begegnung mit Lee, der an Depressionen leidet, wird dabei zu einem zentralen Punkt der Erzählung. Die Art und Weise, wie die psychischen Belastungen geschildert werden, ist sowohl charmant als auch realitätsnah, was den Leser in die Lage versetzt, sich intensiv in die Figuren hineinzuversetzen.
Der Schreibstil von Elli Korb ist besonders hervorzuheben. Er ist flüssig, nahbar und wirkt so ehrlich, dass man sich oft fühlt, als würde eine gute Freundin die Geschichte erzählen. Die vielen indirekten Zitate, die Korb verwendet, geben dem Text eine besondere Note und tragen zur Authentizität bei.
Trotz der gelungenen Darstellung der Hauptfiguren bleibt die Tiefe mancher Charaktere auf der Strecke. Anton wird, im Vergleich zu Josie und Rena, etwas vernachlässigt, was bedauerlich ist, aber angesichts der thematischen Vielfalt des Romans verständlich erscheint. Rena hingegen bleibt ein wenig geheimnisvoll, was ihren Charakter interessant, aber nicht vollständig greifbar macht.
Insgesamt ist "9 Grad" ein beeindruckendes Buch, das den Leser nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Es thematisiert auf eindrucksvolle Weise den Druck, den junge Menschen in ihren Zwanzigern verspüren, während sie versuchen, ihren Platz in der Welt zu finden. Trotz einiger Startschwierigkeiten und kleinerer Mängel in der Charakterentwicklung hinterlässt der Roman einen bleibenden Eindruck. Das Buch ist eine Empfehlung für all jene, die sich mit den Herausforderungen der Selbstfindung und dem Erwachsenwerden auseinandersetzen möchten. Ein gelungener Roman mit einem stimmigen Ende, der Lust auf eine Fortsetzung macht.