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Veröffentlicht am 18.09.2024

Toller Roman über Liebe, Freundschaft und falsche Entscheidungen

Die Orchideenfrauen
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Holly Greenwood soll als Immobilienmaklerin das Haus einer Kundin an der Küste Englands verkaufen. Die Eigentümerin Annabel Oxley besitzt eine riesige Orchideensammlung im Wintergarten des Cottages, die ...

Holly Greenwood soll als Immobilienmaklerin das Haus einer Kundin an der Küste Englands verkaufen. Die Eigentümerin Annabel Oxley besitzt eine riesige Orchideensammlung im Wintergarten des Cottages, die der neue Eigentümer unter keinen Umständen verändern oder wegschmeißen darf. Holly wurde gerade von ihrem Verlobten verlassen und merkt, wie sehr Annabels Herz an Cottage und Orchideen hängt. Annabel erzählt von einem Orchideenzüchter in Italien, der ihr die teuersten Exemplare sicher abkaufen würde. Mit diesem Geld könnte sie das Cottage und ihre Orchideen behalten. Kurzerhand beschließt Holly, mit Annabel zu dem Orchideenzüchter nach Ligurien in Italien zu fahren. Doch Annabel scheint ihn und seine Familie bereits zu kennen und nicht nur das - es verbindet Annabel mehr mit ihr als Holly ahnt.

"Die Orchideenfrauen" ist mein erster Roman von Lea Santana. Der Erzählstil ist gut zu lesen und der Einstieg in das Buch fällt leicht. Man ist direkt in der Geschichte drin als Holly an einem mehr als regnerischen Tag zur Besichtigung des Cottages fährt. Die Orte und Personen sind im Buch durchgängig sehr gut beschrieben, man kann die Sonne Italien und den Regen England förmlich selbst spüren. Das Buch ist in übersichtliche Kapitel unterteilt, die auf zwei Zeitebenen spielen: in der Gegenwart und im Jahr 1968. Das gibt dem Ganzen eine sehr gut gearbeitete Spannung und als Leser erfährt man Stück für Stück mehr aus der Vergangenheit.
Die Geschichte hat mich berührt und nicht losgelassen, man ist hin- und hergerissen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Es ist eine Geschichte über vergangene Liebe, Freundschaft zwischen zwei Frauen unterschiedlicher Generationen und falscher Entscheidungen in der Vergangenheit. Die Autorin schreibt berührend über diese Themen, nie belehrend oder überladen sondern mit einem Feingefühl, die die Geschichte so emphatisch und berührend macht.

Eine klare Leseempfehlung von mir für diesen tollen Wohlfühlroman!

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Hochspannender Thriller mit vielen Wendungen - absoluter Pageturner!

Anna O.
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Anna Ogilvy schläft seit vier Jahren - sie soll ihre beiden beiden Freunde Indira und Doug, vermutlich während des Schlafwandelns, ermordet haben und danach in einen Schlaf gefallen sein, aus dem sie bisher ...

Anna Ogilvy schläft seit vier Jahren - sie soll ihre beiden beiden Freunde Indira und Doug, vermutlich während des Schlafwandelns, ermordet haben und danach in einen Schlaf gefallen sein, aus dem sie bisher niemand aufwecken konnte. Dr. Benedict Prince, Schlafmediziner und Experte für Verbrechen, die im Schlaf begangen wurden, erhält nun den Auftrag, Anna mit einer von ihm entwickelten Methode aufzuwecken, damit sie vor Gericht gestellt werden und ein Urteil gefällt werden kann. Aber am Fall Anna O. scheiden sich die Geister: ist sie eine kaltblütige Mörderin oder selbst Opfer eines Verbrechens? Benedict weiß noch nicht, dass auch er in großer Gefahr schwebt.

Da sich auch am Buch "Anna O." die Geister scheiden, war ich zunächst skeptisch aufgrund der sehr geteilten Meinungen. Ich wurde allerdings nicht enttäuscht, im Gegenteil - was für ein Buch!
Schon das Cover ist interessant und der Farbschnitt in grellem Orange sieht einfach toll aus.
Das Thema finde ich hochspannend: kann man im Schlaf gleich zwei Menschen ermorden und danach in einen andauernden Schlaf fallen? Wie sieht es mit der Schuld aus, wenn man beim Schlafwandeln nicht "Herr seiner Sinne" war und sich an nichts erinnern kann?

Das Buch ist in kurze und übersichtliche Kapitel unterteilt, in denen ein allwissender Erzähler jeweils verschiedene Figuren beschreibt und aus deren Sicht erzählt. Das macht das Ganze sehr abwechslungsreich und spannend. Der Erzählstil ist leicht zu verstehen.
Schnellt merkt man als Leser, dass im Fall "Anna O.", wie er in der Presse betitelt wird, nichts ist, wie es scheint. Man kann niemandem trauen und weiß nicht, wer die Wahrheit sagt. Denn im Fall "Anna O." spielen viel mehr Menschen und Umstände eine Rolle, als man zu Beginn denkt.
Die Verstrickungen und Abgründe der einzelnen Personen sind sehr spannend erzählt und es baut sich nur Stück für Stück eine Geschichte um das Verbrechen von Anna Ogilvy auf.

Bis zur letzten Seite wird die Spannung gehalten und sogar noch in die Höhe getrieben und mit Wendungen und Überraschungen für ein grandioses Finale gesorgt. Das hat mich nochmal komplett staunend zurück gelassen! Matthew Blake versteht es, den Leser im Dunkeln tappen zu lassen, seine eigenen Theorien aufzustellen und immer wieder zu verwerfen.
Man schwankt zwischen den Gefühlen und der Sympathie für Anna: durch Tagebucheinträge Annas, die oft eingestreut werden, kann man sich erst ein Bild der Hauptfigur machen, da sie sich auch nicht äußern kann, bleibt ein Bild von ihr zunächst vage.
Das ist für mich auch ein großer Pluspunkt an dem Buch: die Geschichte ist so gut konstruiert obwohl die Hauptfigur nichts erzählen kann. Gerade hier liegt der Reiz der Geschichte.

Für mich ein grandioses und spannendes Buch über ein interessantes Thema, für jeden zu empfehlen, der einen gut aufgebauten und psychologisch anspruchsvollen Thriller sucht!

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Grandiose Umsetzung eines schwierigen Themas

Solange wir schwimmen
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Alice ist pensionierte Rentnerin und schwimmt täglich ihre Bahnen im Schwimmbad der Stadt, was unterirdisch liegt und wo es immer nach Chlor riecht. Täglich kommen die immer gleichen Menschen hierher: ...

Alice ist pensionierte Rentnerin und schwimmt täglich ihre Bahnen im Schwimmbad der Stadt, was unterirdisch liegt und wo es immer nach Chlor riecht. Täglich kommen die immer gleichen Menschen hierher: der Blumenverkäufer, die Langsamschwimmer, die Inhaberin des Lottogeschäfts und viele mehr. Sie haben ihre Rituale eingeprägt und jeder kennt seine Bestimmung hier. Im Wasser sind alle gleich, egal wie fit oder alt.
Als in Bahn vier jedoch eines Tages ein kleiner Riss zu sehen ist, ignorieren ihn die einen und machen weiter wie bisher die Anderen. Bald jedoch wird Bahn vier gesperrt und die Gerüchte nehmen zu. Die Menschen nehmen den Riss mit nach Hause, lassen ihn größer werden. Auch die Verwaltung des Schwimmbads kümmert sich nun um den Riss in Bahn vier, in dieser Zeit vergisst Alice die Namen ihres Mannes und ihrer Tochter.

Ich hatte bereits "Wovon wir träumten" von Julie Otsuka gelesen und war sehr gespannt auf diesen Roman von ihr. Auch wenn das Buch nur fünf Kapitel beinhaltet, haben die es gewaltig in sich. Die Autorin erzählt leise und unaufgeregt vom Beginn einer Demenz bei einer fitten Rentnerin. Der Erzählstil ist typisch Otsuka, mich hat er zu jeder Zeit abgeholt und berührt.
Grob lässt sich das Buch in zwei Teile unterteilen: im ersten Teil wird das Schwimmen beschrieben, es wird mal mehr, mal weniger auf die Menschen im Schwimmbad eingegangen, es werden die Regeln und die Rituale beschrieben. Schwimmen bedeutet für die meisten Auszeit, Freiheit, Selbstbestimmung und Loslassen. Im zweiten Teil wird auf die beginnende Demenz Alice´ eingegangen. Sie vergisst immer öfter Namen und verlegt Dinge, irgendwann muss sie ins Pflegeheim, auch das wird hervorragend und eindrücklich beschrieben.

Eine wirkliche Handlung sucht man in dem Buch vergebens, aber das ist auch nicht nötig, denn das Buch erzählt seine eigene Geschichte über die Gemeinschaft beim Schwimmen, den Riss im Schwimmbad und im Kopf. Sprachlich hervorragend ausgearbeitet ist das Buch eine große Metapher.
Ich hatte vorher so gut wie keinen Zugang zum Thema Demenz, dieses Buch gibt dem Leser einen Zugang, ohne belehrend zu wirken. Eine Empfehlung für alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen möchten und einen hervorragenden Roman lesen möchte!

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Veröffentlicht am 04.09.2024

Eine Fußpflegerin erzählt aus ihrem Alltag - berührend und empathisch

Marzahn, mon amour
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Katja Oskamp ist Mitte vierzig, als sie beschließt, Fußpflegerin zu werden. Ihr Mann ist krank, das Kind aus dem Haus und von der Schriftstellerei allein kann sie nicht leben. Sie arbeitet nach der Ausbildung ...

Katja Oskamp ist Mitte vierzig, als sie beschließt, Fußpflegerin zu werden. Ihr Mann ist krank, das Kind aus dem Haus und von der Schriftstellerei allein kann sie nicht leben. Sie arbeitet nach der Ausbildung zur Fußpflegerin im Kosmetiksalon einer Freundin in Berlin-Marzahn. Was für die meisten eher abschreckend ist, sieht Katja Oskamp als Chance: sie erzählt von ihrer Arbeit und von all den Menschen, die ihre Kunden sind.

Ich kannte Katja Oskamp vorher nicht, aber dass eine Schriftstellerin Fußpflegerin wird und darüber ein Buch schreibt, fand ich sehr interessant. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Das Buch ist in übersichtliche Kapitel unterteilt, angefangen bei der Ausbildung. Es wird in jedem Kapitel ein Kunde vorgestellt, der einen Termin bei ihr hat. Die Autorin beschreibt wunderbar jeden einzelnen Charakter mit seinen Ängsten, Nöten und Hoffnungen. Sie findet dabei ihre eigene Sprache, oft mit Witz und Charme, aber immer respektvoll.
Auf dem "pinkfarbenen Fußpflegethron", wie sie ihn nennt, sind alle gleich. Es kommen vorwiegend ältere Menschen, aber auch Jugendliche suchen gelegentlich die Fußpflege auf und sogar die 5-jährige Mizzi bekommt ihre Behandlung. Ihre Kunden kommen aus allen Schichten der Gesellschaft. Katja Oskamp übt ihren neuen Beruf mit Herz und viel Geduld aus, man merkt beim Lesen schnell, dass sie sich nie verbiegt, jedem Kunden mit Empathie begegnet und ihre Arbeit mag.
Einziger kleiner Kritikpunkt ist für mich das Cover. Es fällt auf den ersten Blick nur durch die pinke Schrift auf, erst beim zweiten Hinschauen erkennt man die typische Balkonfront eines Plattenbaus in Berlin.

Das Buch ist mit knapp 140 Seiten überschaubar, aber Katja Oskamp schafft es, auf jeden einzelnen Charakter einzugehen und seine Eigenheiten wiederzugeben, dass man oft lachen muss und sich fragt, warum dieser Beruf eigentlich so verpönt in der Gesellschaft ist und ihm nicht mehr Wichtigkeit zukommt. Mich hat Katja Oskamp überzeugt und in eine mir fremde Welt mitgenommen. Es lohnt sich, sich auf diese ungewohnte Thema einzulassen!

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Veröffentlicht am 30.08.2024

Ein wichtiges Buch, das jeder lesen sollte! Absolute Empfehlung und ein neues Highlight!

Die Wut, die bleibt
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Helene hat drei Kinder und ist mit Johannes verheiratet. Die fünf sitzen beim Abendbrot als Johannes fragt: "Haben wir kein Salz?". Helene steht auf, öffnet die Balkontür und stürzt sich hinunter. Zurück ...

Helene hat drei Kinder und ist mit Johannes verheiratet. Die fünf sitzen beim Abendbrot als Johannes fragt: "Haben wir kein Salz?". Helene steht auf, öffnet die Balkontür und stürzt sich hinunter. Zurück bleiben drei geschockte Kinder, allen voran die älteste Tochter Lola und Johannes. Er ist im Job sehr eingespannt und kaum zu Hause. Ohne Helene versinkt nun alles im Chaos. Helenes beste Freundin Sarah kümmert sich vorübergehend um Haushalt und Kinder.

Ich hatte vorher noch nichts von Mareike Fallwickl gelesen, aber ich werde mir jeden Roman vornehmen, denn: das Buch hat eingeschlagen und auch bei mir bleibt Wut. Wut, die ich beim Lesen hatte und auch jetzt noch, nachdem ich das Buch beendet habe. Wut auf Helene, die ihre Kinder zurück lässt, Wut auf Johannes, der sich seiner Verantwortung als Vater entzieht und Wut auf Lola, die ihre eigene Wut mit Gewalt bekämpft. Wut auf Sarah, die sich fügt und alle Pflichten übernimmt, weil sie eine Frau und Helenes beste Freundin ist. Aber auch Wut auf das System, die Gesellschaft, die Selbstverständlichkeit, dass Frauen schon alles regeln, weil das eben das ist, was man als Frau und Mutter eben macht.
Das Buch erschüttert, es hallt nach und man MUSS darüber diskutieren. Es sollte jeder lesen, egal welchen Alters oder Geschlechts. Ich hoffe, dass der Roman einige zum Nachdenken anregt und sich (hoffentlich) irgendwann etwas in der Gesellschaft regt und verändert. Das Buch mag an einigen Stellen überspitzt rüber kommen, aber in der Situation von Helene, Sarah oder Lola kann sich auf die eine oder andere Art jeder wiederfinden. Ein Lichtblick ist das Nachwort, in der die Autorin ihrem Mann dankt, der sie immer unterstützt und das Gegenteil der Männer im Buch ist. Vielleicht fängt die Veränderung klein an, in der Erziehung oder in der Denkweise, aber dass es Zeit dafür ist, macht dieses Buch deutlich.
Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, man kann sich in jede einzelne Person hinein fühlen und die Gedanken werden gut wiedergegeben. Auch das Logo ist toll gestaltet in seinen knalligen Farben.

Von mir gibt es sowohl eine klare Empfehlung als auch eine Aufforderung, dieses Buch zu lesen! Es lohnt sich, denn es bleibt im Gedächtnis, hallt nach und regt zum Nachdenken an.

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