Ganz viel Liebe für dieses wundervolle Buch!
"Westwell - Heavy & Light" ist mittlerweile das 9. Buch der Autorin, das ich gelesen habe und wie auch in allen anderen zuvor, habe ich den Schreibstil von ihr wieder sehr geliebt. Lena Kiefer schreibt ...
"Westwell - Heavy & Light" ist mittlerweile das 9. Buch der Autorin, das ich gelesen habe und wie auch in allen anderen zuvor, habe ich den Schreibstil von ihr wieder sehr geliebt. Lena Kiefer schreibt spannend, fesselnd und zudem mit sehr viel Gefühl, vergisst dabei aber auch eine Prise Humor nicht, sodass man während des Lesens wirklich ebenso mit den Charakteren mitfühlen und mitfiebern, wie man auch mit ihnen gemeinsam leiden und gleichzeitig lachen kann. Mir hat New York als Setting in Kombination mit der gesamten Atmosphäre der High Society unglaublich gut gefallen und ich konnte das Buch wirklich kaum aus der Hand legen.
Was ich sowohl bei Helena als auch bei Jessiah so toll fand, ist die Tatsache, dass ich absolut keine Probleme dabei hatte, mich in ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineinzufinden und ihre Gedankengänge sowie Handlungen nachzuvollziehen. Die Autorin lässt einen durch die Einblicke, die man in die Köpfe und Herzen beider bekommt, wunderbar verstehen, was in ihnen vor sich geht und einen dadurch auch absolut mit ihnen mitfühlen.
Helena, die Protagonistin, fand ich absolut klasse. Sie ist ein unglaublich selbstloser Mensch, dem Gerechtigkeit ganz wichtig ist. Innerhalb des Buches erlebt man oft, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse hintenanstellt und sich so verbiegt, dass sie so gut es geht in das Leben hineinpasst, in das sie hineingeboren wurde - aber nicht, weil sie naiv ist oder sich nicht durchsetzen kann, sondern weil die Liebe zu ihrer Schwester größer ist als alles andere. Und ich habe das nicht nur bewundert, ich habe es auch wirklich verstehen können. Gab es Momente, in denen ich mir gewünscht hätte, dass sie anders handelt? Alleine schon, weil einige ihrer Entscheidungen sie selbst am meisten verletzt haben? Ja, absolut. Aber ich hatte die gesamte Zeit über eben auch das volle Bewusstsein darüber, dass sie das nicht kann. Ich habe ihren trockenen Humor ebenso geliebt wie ihren Mut und ihre Zielstrebigkeit, denn wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann sie niemand davon abbringen, das auch durchzuziehen. Und ich habe sie so so gerne durch die Geschichte hindurch begleitet.
HEAR ME OUT - der Protagonist, Jessiah Coldwell, fällt unter die Kategorie "angeleckt, meins", nur ohne den ersten Part, weil mir mein Buch dafür zu heilig ist. Nein, im Ernst. Wir müssen darüber reden, wie toll er ist und wie sehr ich ihn geliebt habe. Er ist jemand, der alles für die Menschen tun würde, die er liebt und der - genau wie Helena - zuallerletzt an sich selbst denkt. Auch er wurde in eine Welt hineingeboren, in der er sich absolut verbiegen muss, um irgendwie hineinzupassen, auch wenn ihm das in den meisten Fällen nicht ganz so gut gelingt wie Helena. Jess wird von Schuldgefühlen geplagt und egal, wie charmant er wirkt oder wie viele neckende Sprüche er von sich gibt - der Schmerz in ihm drin lässt sich nie ganz verbergen. Bei ihm war da für mich die ganze Zeit über dieser Mix aus:
"Kann man ihn bitte von diesem Schmerz und der Trauer befreien und ihn glücklich sein lassen?" und "Wie ist es möglich, dass ich mich Seite für Seite mehr in ihn verliebe?". Wenn ihr dieses Buch also lest und merkt, dass ihr euch ebenfalls in ihn verliebt, denkt bitte daran, dass wir ihn uns zumindest teilen, okay?
Mein Highlight in diesem Buch war - wie wahrscheinlich von mir auch nicht anders zu erwarten - die Liebesgeschichte oder besser gesagt der Beginn der Liebesgeschichte von Helena und Jess. Zwei Menschen, die dazu bestimmt sind, einander zu hassen, finden auf einmal in den Augen des jeweils anderen den Schmerz, der ihren eigenen widerspiegelt und bei dem sie gedacht hätten, mit diesem vollkommen alleine zu sein. Helena und Jess könnten auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein, aber je besser sie einander und je näher man als Leser:in die beiden kennenlernt, desto klarer wird, dass sie viel mehr miteinander verbindet, als man gedacht hätte. Sie beide wurden in ein Leben hineingeboren, in dem sie sich absolut fehl am Platz fühlen und in dem von ihnen verlangt wird, eine bestimmte Rolle einzunehmen. Doch in der Gegenwart des jeweils anderen können sie auf einmal vollkommen sie selbst sein und sich fallen lassen. Sie beide trauern um ein Geschwisterteil und tragen einen unglaublichen Schmerz mit sich herum, bei dem sie dachten, sie wären völlig alleine damit. Bis sie merken, dass sie genau diesen Schmerz und diese Trauer miteinander teilen.
Was also ist, wenn du dich zu der Person, von der du dich auf alle Fälle fern halten solltest, gleichzeitig die Person ist, mit der du dich am stärksten verbunden und zu der du dich am meisten hingezogen fühlst? Wenn nach und nach die Frage immer lauter wird, wie sich etwas, das anscheinend so falsch ist, sich so richtig anfühlen kann? Ich habe SO sehr mit diesen beiden mitgefiebert. Ich habe es geliebt, mit ansehen zu dürfen, wie sich die Gefühle der beiden füreinander langsam verändern und in eine völlig andere Richtung entwickeln.
Dass ihre Liebe eigentlich verboten ist, hat für noch mehr Spannung, aber eben auch für viel Schmerz und Verzweiflung gesorgt. Man wollte so sehr, dass alles gut geht und die beiden einfach glücklich sein können, aber wusste gleichzeitig eben auch, dass das nicht so einfach wird. Umso mehr habe ich aber jeden gemeinsamen Moment der beiden genossen. Und ihr glaubt gar nicht, wie froh ich darüber bin, dass die Autorin beschlossen hat, die Geschichte von Helena und Jess auf drei Bücher aufzuteilen, denn ich wäre nach diesem hier definitiv noch nicht dazu bereit gewesen, ich nach diesem hier noch absolut nicht bereit dazu gewesen wäre, sie schon wieder gehen zu lassen.
Neben der Tatsache, dass ich die beiden Protagonisten sehr dafür geliebt habe, dass sie so authentisch und für mich absolut greifbar gewesen sind, fand ich es wahnsinnig schön, dass man durch ihre Beschreibungen von Adam ( Jessiah’s Bruder ) und Valerie ( Helena’s Schwester ) das Gefühl bekommen hat, diese beiden ebenfalls gekannt zu haben - und dabei meine ich nicht das Wissen darüber, was für Menschen sie gewesen sind, sondern das Gefühl, das ich während des Lesens dadurch bekommen habe. Das Gefühl, dass die beiden nicht einfach nur zwei Fremde sind, nach deren Tod man jetzt nur durch Erzählungen etwas über sie erfährt, sondern zwei Menschen, die einem etwas bedeuten. Ich habe es geliebt, dass man nebenher immer wieder etwas über ihre Liebe zueinander erfahren hat und einen kleinen Teil ihrer Geschichte somit ebenfalls nachträglich miterleben konnte. Gleichzeitig finde ich es super spannend, dass die Autorin es geschafft hat, trotzdem dafür zu sorgen, dass man das gesamte Buch über nicht wirklich sagen kann, wem von beiden man die Schuld an ihrem Tod geben würde - ob überhaupt einem von ihnen, vielleicht beiden oder gar keinem? Das lässt einen gespannt und aufmerksam bleiben und trägt somit dazu bei, dass man noch viel tiefer in der Geschichte abtaucht.
Wie man Lena Kiefer ja kennt, liebt sie es, ihre Leser:innen zum Ende hin immer zu quälen und wie nicht anders zu erwarten, wenn es noch zwei weitere Bände geben wird, endet dieses hier natürlich so, dass man sich fragt, wie man bitte die nächsten vier Monate aushalten soll, ohne zu wissen, wie es mit Helena und Jess weitergehen wird. Es gibt noch so viele offene Fragen, so viele Probleme zu überwinden und dabei aber auch so viel Raum für Entwicklungen, dass ich einfach weiß, dass die nächsten Bände toll werden! Ich freue mich auf jeden Fall riesig auf den zweiten Band und bin mehr als bereit für die Spannung und all die Gefühle, die mich dort erwarten werden!