Die Zeit verläuft anders
Die Geschichte beginnt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, jedoch verläuft die Zeit in Venedig einfach anders, wie uns die Autorin erklärt. Und mit jedem ...
Die Geschichte beginnt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, jedoch verläuft die Zeit in Venedig einfach anders, wie uns die Autorin erklärt. Und mit jedem Kapitel wird ein Stein weiter übers Wasser geworfen und wir machen einen Zeitsprung. Die Welt dreht sich weiter, aber nicht für Orsola, ihre Familie und ihre direkte Umgebung. Ein geschickter Schachzug, denn die Geschichte endet in unserer Gegenwart. So erleben wir beispielsweise die Pest auf Murano und Venedig, treffen Casanova, erleben die Zeit der napoleonischen Besatzung und das Hin und Her zwischen Frankreich und Österreich etc. Aber wir bleiben vorrangig in dem Kosmos der Familie Rosso und der Protagonistin Orsola. Eine Familie von Glasmachern, die viele Schicksalsschläge hinnehmen muss und die Geschichte einer starken Frau. Und man lernt ganz viel über Murano-Glas. Wenn man die Beschreibung so liest, denkt man, das ist unmöglich, so außerhalb der Zeit eine Romanhandlung zu erschaffen, aber Tracy Chevalier gelingt das ganz wunderbar.
Ich liebe ihren Schreibstil, der mich auch hier wieder begeistert hat. Sie hat mit Orsola und auch weiteren Frauen starke Persönlichkeiten geschaffen, hinter denen die Männer immer ein wenig zurück treten.
Dieser Roman ist etwas ganz Besonderes, so zerbrechlich, aber gleichzeitig hart wie das Glas, so vielfältig und bunt und facettenreich wie das Material, um das es geht. Begebt euch auf eine wunderbare, zauberhafte, ganz besondere Zeitreise nach Murano.