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Veröffentlicht am 24.09.2024

Italien hat schon so manchen verzaubert – Eine Familiengeschichte

An den grünen Hängen des Vesuv
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Marie Matisek hat ein Thema aufgegriffen, das nicht nur mich, sondern viele Leser sehr interessiert: woher komme ich, wer sind meine Vorfahren, welche Geheimnisse nahmen sie mit ins Grab?

Selina, aufgewachsen ...

Marie Matisek hat ein Thema aufgegriffen, das nicht nur mich, sondern viele Leser sehr interessiert: woher komme ich, wer sind meine Vorfahren, welche Geheimnisse nahmen sie mit ins Grab?

Selina, aufgewachsen in Wuppertal, Enkeltochter der lebenslustigen rheinländischen Marianne und des italienischen Eisdielenbesitzers Sergio, steht nach dem Tod ihres Großvaters plötzlich vor vielen Rätseln. Warum kam Sergio tatsächlich 1956 nach Deutschland und verließ sein geliebtes Dorf am Fuß des Vesuvs und seine Eltern? Nie wurden die Gründe in der Familie thematisiert, selbst Selinas Vater Marcello kennt sie nicht.

Selina beschließt, ihre „Auszeit“ zu nutzen und endlich ins Land ihrer Vorfahren zu reisen, um die Geheimnisse zu lüften. Wie ihr das gelingt und welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, liest sich trotz der dahinter verborgenen Tragik leicht und angenehm. Einen Teil der Zeit in Italien verbringt sie sogar mit ihrem Bruder, der plötzlich als Überraschungsgast auftaucht. Mehr möchte ich zum Handlungsverlauf nicht verraten, ich empfand ihn als spannend und aufschlussreich.

Die ersten Kapitel fand ich nicht besonders aufregend und spielte schon mit dem Gedanken, das Lesen abzubrechen. Aber plötzlich, mit Beginn der Reise, gefiel mir das Buch dann doch von Seite zu Seite besser. Viel Platz wird der Liebesgeschichte von Sergio und Rosa vor seiner Auswanderung nach Deutschland gegeben. Aber das Kapitel 18 über Rosa und ihre Entscheidungen hat für mich den Spannungsverlauf unterbrochen, all das wäre besser am Ende der Spurensuche aufgehoben gewesen. Aber hier haben natürlich Autorin und Lektorat die Entscheidung getroffen. Als Leser muss man trotzdem den Spuren weiter folgen, die Selina und Bruder Fabio verfolgen, die beiden kennen ja das Kapitel 18 nicht.

Etwas irritiert hat mich der Ausdruck „Fremdarbeiter“, der für die Gastarbeiter der 1950er Jahre verwendet wird. Für mich ist diese Bezeichnung verbunden mit dem Nationalsozialismus und den aus vielen besetzten Ländern nach Deutschland zur Arbeit gebrachten Menschen, egal, ob aus Polen, der Ukraine oder Italien. Sie wurden alle mehr oder weniger gezwungen, für Hitlerdeutschland zu arbeiten. Die vielen insbesondere italienischen und türkischen Männer, die ab Mitte der 1950er Jahre zum Arbeiten nach Deutschland kamen, taten dies vor allem wegen der Not und Arbeitslosigkeit in ihren Heimatländern, in Deutschland waren sie in erster Linie willkommene, billige Hilfsarbeiter.

Sehr erfreut habe ich mich an den lebhaften Beschreibungen Italiens, kürzlich war ich in Neapel und auch auf halber Höhe des Vesuvs, an der Amalfiküste und in Neapels Umgebung. Die Autorin beschreibt alles sehr genau und liebevoll. Einfach traumhaft, dieses Italien! Dass Sergios Wohnort tatsächlich ein Fantasieort ist, lässt sie den Leser nicht merken.

Fazit: Ich bewundere die Autorin für ihren Einfallsreichtum und die Umsetzung in einen wirklich lesenswerten Roman. Danke für die gute Unterhaltung. Gute vier Sterne!

AndengrünenHängendesVesuv

NetGalleyDE

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 24.09.2024

Italien hat schon so manchen verzaubert – Eine Familiengeschichte

An den grünen Hängen des Vesuv
0

Marie Matisek hat ein Thema aufgegriffen, das nicht nur mich, sondern viele Leser sehr interessiert: woher komme ich, wer sind meine Vorfahren, welche Geheimnisse nahmen sie mit ins Grab?

Selina, aufgewachsen ...

Marie Matisek hat ein Thema aufgegriffen, das nicht nur mich, sondern viele Leser sehr interessiert: woher komme ich, wer sind meine Vorfahren, welche Geheimnisse nahmen sie mit ins Grab?

Selina, aufgewachsen in Wuppertal, Enkeltochter der lebenslustigen rheinländischen Marianne und des italienischen Eisdielenbesitzers Sergio, steht nach dem Tod ihres Großvaters plötzlich vor vielen Rätseln. Warum kam Sergio tatsächlich 1956 nach Deutschland und verließ sein geliebtes Dorf am Fuß des Vesuvs und seine Eltern? Nie wurden die Gründe in der Familie thematisiert, selbst Selinas Vater Marcello kennt sie nicht.

Selina beschließt, ihre „Auszeit“ zu nutzen und endlich ins Land ihrer Vorfahren zu reisen, um die Geheimnisse zu lüften. Wie ihr das gelingt und welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, liest sich trotz der dahinter verborgenen Tragik leicht und angenehm. Einen Teil der Zeit in Italien verbringt sie sogar mit ihrem Bruder, der plötzlich als Überraschungsgast auftaucht. Mehr möchte ich zum Handlungsverlauf nicht verraten, ich empfand ihn als spannend und aufschlussreich.

Die ersten Kapitel fand ich nicht besonders aufregend und spielte schon mit dem Gedanken, das Lesen abzubrechen. Aber plötzlich, mit Beginn der Reise, gefiel mir das Buch dann doch von Seite zu Seite besser. Viel Platz wird der Liebesgeschichte von Sergio und Rosa vor seiner Auswanderung nach Deutschland gegeben. Aber das Kapitel 18 über Rosa und ihre Entscheidungen hat für mich den Spannungsverlauf unterbrochen, all das wäre besser am Ende der Spurensuche aufgehoben gewesen. Aber hier haben natürlich Autorin und Lektorat die Entscheidung getroffen. Als Leser muss man trotzdem den Spuren weiter folgen, die Selina und Bruder Fabio verfolgen, die beiden kennen ja das Kapitel 18 nicht.

Etwas irritiert hat mich der Ausdruck „Fremdarbeiter“, der für die Gastarbeiter der 1950er Jahre verwendet wird. Für mich ist diese Bezeichnung verbunden mit dem Nationalsozialismus und den aus vielen besetzten Ländern nach Deutschland zur Arbeit gebrachten Menschen, egal, ob aus Polen, der Ukraine oder Italien. Sie wurden alle mehr oder weniger gezwungen, für Hitlerdeutschland zu arbeiten. Die vielen insbesondere italienischen und türkischen Männer, die ab Mitte der 1950er Jahre zum Arbeiten nach Deutschland kamen, taten dies vor allem wegen der Not und Arbeitslosigkeit in ihren Heimatländern, in Deutschland waren sie in erster Linie willkommene, billige Hilfsarbeiter.

Sehr erfreut habe ich mich an den lebhaften Beschreibungen Italiens, kürzlich war ich in Neapel und auch auf halber Höhe des Vesuvs, an der Amalfiküste und in Neapels Umgebung. Die Autorin beschreibt alles sehr genau und liebevoll. Einfach traumhaft, dieses Italien! Dass Sergios Wohnort tatsächlich ein Fantasieort ist, lässt sie den Leser nicht merken.

Fazit: Ich bewundere die Autorin für ihren Einfallsreichtum und die Umsetzung in einen wirklich lesenswerten Roman. Danke für die gute Unterhaltung. Gute vier Sterne!

AndengrünenHängendesVesuv

NetGalleyDE

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Spannende Suche nach der Wahrheit

Das elfte Manuskript
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Wie konnte ich es nur schaffen, die ersten zehn Bücher der Hanne-Wilhelmsen-Serie nicht zu kennen? Ich kenne zwar die Schriftstellerin Anne Holt, aber nur ihre Selma-Falck-Reihe. Und die gefiel mir gut. ...

Wie konnte ich es nur schaffen, die ersten zehn Bücher der Hanne-Wilhelmsen-Serie nicht zu kennen? Ich kenne zwar die Schriftstellerin Anne Holt, aber nur ihre Selma-Falck-Reihe. Und die gefiel mir gut. Jetzt als Das elfte Manuskript als elfter Band der Hanne-Wilhelmsen-Krimis. Ich habe mit Freude darüber hergemacht und wurde am Ende nicht enttäuscht. Die Spannungskurve steigt nämlich in diesem Krimi nicht von gleich auf jetzt, man muss als Leser schon etwas Geduld mitbringen. Denn zuerst lernt man peu à peu die Protagonisten und die verschiedenen Handlungsstränge kennen. Jeder dieser Stränge für sich genommen birgt ein Rätsel.

Handlungsort und -zeit sind Norwegen, speziell Oslo, und der Beginn der Coronapandemie im März 2020. Als deutscher Leser fühlt man sich direkt in die eigene Vergangenheit versetzt, Norwegen hatte wohl genau die gleichen Probleme wie Deutschland. Der Lockdown am 20. März 2020 blieb mir in Erinnerung, die jetzt geweckt wurde.

Zum Buch gibt es viel zu erzählen, ich versuche es mal:

Ein Totengräber, selbst rüstiger Witwer, in der nördlichen Provinz, beerdigt eine einsame, merkwürdige Frau aus seinem Ort und macht sich so seine Gedanken über die Tote und ihr verstecktes Leben. Dabei kommt er ganz schön ins Grübeln. Mir hat der Alte sehr gefallen.

Eine Leiche ohne Gesicht und Identität wird gefunden, Kommissar Henrik Holme, etwas introvertiert und in Frauensachen komisch, beginnt mit den Nachforschungen. Sein akribischer Kollege Bo Tennøy forscht auf seine Weise.

Edda Braut, studierte Theologin, Mitte 20, wird im größten Belletristikverlag Norwegens als Lektorin angestellt. Gleich zwei Manuskripte überrollen sie am Beginn ihrer Tätigkeit, die Ex-Kriminalkommissarin Hanne Wilhelmsen hat ein Krimimanuskript eingereicht, das Manuskript „Das elfte Manuskript“ von Kate Howe ist spurlos verschwunden. Der Lockdown macht Lektoratsarbeit und Suche nicht leichter.

Eli Schwartz, deren Stelle Ebba übernommen hat, soll helfen, aber verschleiert mehr als sie enthüllt. Eddas Chefin Marion Kovig verbietet Edda das Nachforschen zum verschwundenen Manuskript. Hanne Wilhelmsen ist plötzlich aus ihrem eigenen Lockdown – sie sitzt seit Jahren im Rollstuhl und verlässt kaum das Haus –, erwacht und beginnt sich mehr für die unbekannte Tote als für ihre eigenes Manuskript zu interessieren. Als sie dann noch von dem verschwundenen Manuskript erfährt, ist sie ganz Feuer und Flamme. Dass sie zwar sehr gut denken und sprechen kann, aber ansonsten eher ein sozialer Besen und recht abschreckend ist, erschüttert Ebba zumindest ebenso wie Henrik Holme. Dieser ist nicht zu Unrecht ab und an beleidigt, springt aber wie ein abgerichtetes Hündchen, wenn Hanne pfeift. Holme ist ein langjähriger Freund und Kollege von Hanne, aber sie hält ihn gern auf Abstand, wenn es ihr passt.

Das alles liest sich schnell und gut. Leider aber auch des Öfteren für meinen Geschmack zu geschlechtergerecht, was den Lesefluss besonders in Kapitel III bei mir deutlich negativ beeinträchtig hat. Dabei interessierte mich gerade dort die Verlagsatmosphäre sehr, habe ich doch selbst einige Jahre im Verlagswesen gearbeitet.

Die Protagonisten werden gut beschrieben, man kann sich die Charaktere im wahren Leben lebhaft vorstellen, das macht Freude in diesem Buch. Dass die Geschichte auch ein wenig eigensinnig und verwirrend ist, fand ich nicht so schlimm. Als Leser erwartet man ja am Ende eine schlüssige Entwirrung aller Fäden. Da enttäuscht Anne Holt nicht.

Bei der Wortwahl der Übersetzerin bin ich mir nicht immer ganz sicher gewesen, ob die Autorin im Original genau das gemeint hat, was ich im Deutschen lesen konnte. Zum Beispiel hielt Henrik Holme auf dem Weg zur Arbeit ein Stullenpaket in der „Faust“. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er es in der Hand hielt, sonst wären die Stullen wahrscheinlich platt wie eine Flunder. Es gibt noch andere Stellen, die mich wunderten, aber die Wortwahl kann auch am Original liegen. Im Gegensatz zu englischsprachigen Büchern kann ich hier leider keine Vergleiche ziehen, da ich nicht Norwegisch kann. Schade eigentlich. Denn in einem Kapitel wird auf die Etymologie bestimmter Begriffe eingegangen, Norwegisch ist eine schöne und interessante Sprache.

In den letzten Kapiteln gibt die Autorin dann Gas, es geht mit Volldampf durch das ganze Drama. Wer die schlechte Angewohnheit hat, Bücher zuerst hinten zu lesen, dem empfehle ich, es nicht zu tun. Wäre schade um den Aha-Effekt.

Zur Lieblingsfigur erhebe ich für mich Henrik Holme, er ist so hilflos mit Frauen und er kann ein richtig bewundernswerter Polizist sein. Ich wünsche ihm eine nette Frau, vielleicht sogar im nächsten Band der Reihe die junge Edda. Wenn es denn einen nächsten Band gibt, würde ich den gerne lesen. Dieser elfte hat mir gute Unterhaltung bereitet.

Vier Sterne

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Wenn Ideale die Liebe töten

Der Morgen nach dem Regen
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Das gestörte Verhältnis von Mutter zu Tochter oder Tochter zu Mutter wird in der Gegenwartsliteratur gern als Aufhänger für einen Familienroman oder für Biografien benutzt (schöne Beispiele: von Alena ...

Das gestörte Verhältnis von Mutter zu Tochter oder Tochter zu Mutter wird in der Gegenwartsliteratur gern als Aufhänger für einen Familienroman oder für Biografien benutzt (schöne Beispiele: von Alena Schröder "Bei euch ist es immer so unheimlich still" oder von Angelika Schrobsdorff "Du bist nicht so wie andre Mütter"). Gerade diese beiden eigentlich so eng verbundenen Menschen sind als Kontrahentinnen oft bis aufs Messer verfeindet, ohne dass sich ein Silberstreif am Horizont zeigt. Melanie Levensohn hat genau das zu ihrem Thema gemacht. Es ist ihr zweiter großer Roman, den ersten habe ich leider nicht gelesen, das werde ich nun nachholen.
Im Roman begegnet dem Leser zuerst die Mutter, Johanna Glück, die ihren Job bei der UN in New York mit 60 Jahren hinter sich lässt und den Versuch eines Neuanfangs im kleinen Städtchen St. Goar am Rhein startet. Sie erbt das Haus ihrer Tante Toni, sie kennt es von Kindheit an, auch ihre längst erwachsene Tochter war oft bei der Tante zu Besuch. Kaum angekommen, lernt sie ihren Nachbarn Richard, einen Arzt aus der näheren Nachbarschaft kennen. Zwischen beiden prickelt es, aber Johanna versucht kühl zu bleiben und zu denken. Trotzdem genießt sie seine Hilfe im Bezug auf die Renovierung und Neugestaltung des alten, etwas heruntergekommenen Hauses und Grundstücks. In die Renovierungsaktivitäten von zwei ausländischen Handwerkern platzt die Nachricht, dass ihre Tochter, die in Den Haag am Internationaler Strafgerichtshof als Strafverteidigerin tätig ist, einen Burnout erlitten habe und in ihrem Haus Ruhe und Erholung finden möchte. Und an diesem Punkt beginnt das Drama sich zu entfalten.
Mutter und Tochter haben seit Jahren ein vollkommen unterkühltes Verhältnis. Das mag an der Gegensätzlichkeit ihrer Arbeit liegen, aber vor allem an der Erinnerung an die Kindheit der Tochter Elsa. Schweigen, Vorwürfe, Aggressivität und überzogene Reaktionen auf beiden Seiten erwarten die Leser.
Melanie Levensohn erzählt auf sehr subtile Weise von dem zuerst mühsamen Zusammenleben der beiden Frauen, wie auch von den mühsamen Versuchen, beim anderen Verständnis und dann auch Mitgefühl zu erlangen. Elsa tut sich sehr schwer damit und ist zu Beginn vollkommen hilflos und abweisend. Erstaunlich, welche Selbstbeherrschung die Mutter an den Tag legt. Hinter den Gedanken der beiden geistert immer auch die Stimme der Tante Toni herum, die zu Geduld und Mut ermahnt. Diese Geisterstimme wird aus meiner Sicht etwas zu häufig benutzt, besonders, weil der Tenor der Tante immer der gleiche bleibt.
Johanna war viele Jahre die Powerfrau, die sich bei den Vereinten Nationen in ihrem Job wahnsinnig stark engagierte, auf der Strecke blieben Ehemann Ralph und Tochter Elsa. Die detaillierten Beschreibungen der Arbeit bei den Vereinten Nationen waren es dann auch, die mir manchmal das Weiterlesen etwas verleideten, denn sie klangen wie Werbebotschaften für die UN, insbesondere das UNHCR. Dass es auf den Auslandseinsätzen auch sehr gefährlich werden konnte, schreckte die Ehefrau und Mutter jedoch keinesfalls ab, sie stürzte sich mit Vehemenz in jedes neue Krisengebiet.
Da ist es dann schon verwunderlich, dass sie sich plötzlich nur noch dem Haus und dem Garten widmet, natürlich im Hinterkopf dennoch den Gedanken, dass sie als Freelancer für die UN gern weiterarbeiten würde, wenn die Renovierungen abgeschlossen wären. Als in all diese Gedanken und Überlegungen die vollkommen erschöpfte Elsa eindringt, beginnt auch bei Johanna ein neuer Denkprozess.
Ob die beiden Frauen es schaffen werden, sich wieder einander zu nähern, das kann man auf über 400 Seiten mitverfolgen. Wer als Leser weder Mutter noch Tochter ist, kann sich vielleicht schwer hineinversetzen in das Gefühlschaos der beiden. Ich kann das sehr gut, bin beides und kenne alle nur denkbaren Hürden, die einem das Leben in den Weg legt. Gerade auch deshalb hatte ich mir dieses Buch ausgesucht, das bereits im Klappentext und auf der Umschlagrückseite die Problematik anreißt, Zitat „… über tief sitzenden Schmerz, Schuld und Versöhnung…“.
Das Buch ist flüssig geschrieben, die Kapitel wechseln zwischen der Ich-Erzählerin Johanna und der Ich-Erzählerin Elsa, so werden beide Positionen deutlich, auch die Dickköpfigkeit und Ich-Bezogenheit der beiden wird nicht ausgespart.
Ich empfehle das Buch gern, weil es auch ein Buch ist, das zur Beruhigung den Garten hat, die Farben und das Licht, den romantischen Rhein und den Blick zur Burg Katz und den Duft der reifen Mirabellen, so wie man es bereits auf dem fantasievollen Cover erahnt.
Gute 4 Sterne

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Viele Züge verderben den Brei

Schwarze Dame
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Der Schriftsteller Daniel Holbe tritt seit vielen Jahren in die Fußstapfen von Andreas Franz, der Julia Durant vor 28 Jahren als junge Kommissarin aus der Taufe gehoben hat. Andreas Franz, der 2011 verstarb, ...

Der Schriftsteller Daniel Holbe tritt seit vielen Jahren in die Fußstapfen von Andreas Franz, der Julia Durant vor 28 Jahren als junge Kommissarin aus der Taufe gehoben hat. Andreas Franz, der 2011 verstarb, bleibt aber auch weiterhin als "Vater der Serie" auf dem Cover bzw. als Autor neben (bildlich über) Daniel Holbe stehen. Diesem gelingt es aus meiner Sich hervorragend,. Julia Durant immer wieder neue Fälle auf den Leib zu schneidern.
Unterdessen ist sie Leiterin der Mordkommission, verheiratet und plötzlich in ihrer Fantasie schon in der Rolle der Oma von Lionel. Der kommt auf höchst ungewöhnliche Weise in die Familie, die ansonsten kinderlos ist. Auf den kleinen Löwen Lionel und die Geschichte drumherum konzentriert sich der Autor aus meiner Sicht etwas zu verbissen, denn es gibt ja Morde aufzuklären.
Die Idee mit den Morden, die mit Schachfeldern (analog auf dem entsprechenden Stadtplan von Frankfurt) und dann mit blutigen Schachfiguren verbunden sind, hat mir gefallen. Aber der Krimi wurde durch die vielen Felder und Figuren, damit meine ich nicht nur die Schachfiguren, ein wenig überfrachtet.
Dass die innerbetriebliche Luft bei der Mordkommission manchmal etwas dick ist, das kann man sich gut vorstellen, Die Mordermittler, Kriminaltechniker und Forensiker sind alle gut beschrieben, es entsteht ein feines Geflecht, das auch für Julia Durant nicht nur Gutes bereithält.
Insgesamt ist mein Eindruck gut, aber die Geduld wurde mit über 12 Stunden schon ein wenig überstrapaziert.
Die Sprecherin Julia Fischer macht einen tollen Job, sie ist der Grund, dass ich weder Abschnitte übersprungen noch ein vorzeitiges Ende gemacht habe. Das Buch wurde wohl bei dieser Ausgabe um über zwei Stunden gekürzt. Ich vermute, da ich die lange Version (14 Std. und 46 Min.) nicht kenne, dass das Kürzen dem Buch gut getan hat.
Fazit: teilweise spannend und auch undurchsichtig, ist das ein guter Krimi, den ich gern weiterempfehle.

SchwarzeDame

NetGalleyDE

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