Cover-Bild Das Philosophenschiff
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17,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 29.01.2024
  • ISBN: 9783446282377
Michael Köhlmeier

Das Philosophenschiff

Roman
Mit Lenin auf dem Sonnendeck – eine beinahe wahre Geschichte vom "erstklassigen Erzähler Michael Köhlmeier." Denis Scheck, ARD Druckfrisch

Mit diesem großen Werk schließt Michael Köhlmeier an seinen Bestseller „Zwei Herren am Strand“ an. Zu ihrem 100. Geburtstag lädt die Architektin Anouk Perleman-Jacob einen Schriftsteller ein und bittet ihn darum, ihr Leben als Roman zu erzählen. In Sankt Petersburg geboren, erlebt sie den bolschewistischen Terror. Zusammen mit anderen Intellektuellen wird sie als junges Mädchen mit ihrer Familie auf einem der sogenannten „Philosophenschiffe“ auf Lenins Befehl ins Exil deportiert. Nachdem das Schiff fünf Tage und Nächte lang auf dem Finnischen Meerbusen treibt, wird ein letzter Passagier an Bord gebracht und in die Verbannung geschickt: Es ist Lenin selbst.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.09.2024

Historie verwoben mit Fiktion

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Es gab sie tatsächlich diese Philosophenschiffe, auf denen unliebsame Intellektuelle 1922 mit der Gründung des jungen Sowjetstaates außer Landes gebracht wurden, ein Versuch gefährliche idiologische Einflüsse ...

Es gab sie tatsächlich diese Philosophenschiffe, auf denen unliebsame Intellektuelle 1922 mit der Gründung des jungen Sowjetstaates außer Landes gebracht wurden, ein Versuch gefährliche idiologische Einflüsse im Keim zu ersticken. Denn die junge Sowjetunion brauchte Ruhe nach der Oktoberrevolution im Jahre 1917 und dem sich anschließenden erbitterten Bürgerkrieg, Ruhe, um ihre Machstrukturen zu etablieren und zu festigen.
Michael Köhlmeier lässt in seinem Roman ‘Das Philosophenschiff‘ die Protagonistin Anouk Perlemann-Jakob, eine international bekannte Architektin russisch-jüdischer Abstammung, mit dem Schriftsteller Michael, mehr wird über ihn nicht verraten, nur dass er seine Erfolge mit Veröffentlichungen feiert, die nicht immer so ganz den Tatsachen entsprechen, zusammentreffen. Es ist zu vermuten, dass der Autor sich selbst anlässlich des einhundertjährigen Geburtstages der Dame verpflichten lässt, eine Biografie über eben jene zu schreiben, deren Fakten sie in gemeinsamen Sitzungen liefert.
Gekonnt werden in der Geschichte sowohl historische Ereignisse und Personen als auch historische Tatsachen mit Fiktionen verknüpft, wieder korrigiert und schließlich bleibt es dem Leser überlassen, welcher Wahrheit er folgen mag. Hauptsächlich spricht Anouk, weit ausholend und immer wieder abschweifend. Geschickte Fragestellungen des Interviewpartners bringen allerdings stets neue Erkenntnisse ans Licht und lassen bisherige Aussagen schonungslos kippen.
Ein Roman, der Aufmerksamkeit verlangt und nicht nur unterhalten will.

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Veröffentlicht am 13.02.2024

Eine gelungene Erzählung

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Anouk Perlemann-Jacob, hundertjährige Stararchitektin, die in St. Petersburg geboren worden ist, engagiert den als Ich-Erzähler auftretenden Schriftsteller, um ihre Biografie zu schreiben.

„Ich habe mich ...

Anouk Perlemann-Jacob, hundertjährige Stararchitektin, die in St. Petersburg geboren worden ist, engagiert den als Ich-Erzähler auftretenden Schriftsteller, um ihre Biografie zu schreiben.

„Ich habe mich über Sie erkundigt. Sie haben einen guten Ruf als Schriftsteller, aber auch einen etwas windigen. Ich weiß, dass Sie Dinge erfinden und dann behaupten, sie seien wahr. Jeder wisse das, hat man mir gesagt, aber immer wieder gelinge es Ihnen, Ihre Leser und Zuhörer hinters Licht zu führen. Deshalb glaubt man ihnen oft nicht, wenn Sie die Wahrheit schreiben, und glaubt Ihnen, wenn Sie schummeln. Das habe ich mir sagen lassen. Stimmt das?“.

In zahlreichen, täglichen Sitzungen erzählt sie aus ihrem Leben, in dem die Ausweisung aus dem damaligen Sowjetrussland die zentrale Rolle spielt. Dies hat sich so oder so ähnlich tatsächlich zugetragen im Jahr 1922. Nachdem Lenin nichts mehr gefürchtet hat, als denkende Menschen, hat er mehrere Tausend der damaligen Intelligenzija einfach ausweisen lassen, ein anderer Teil ist im Gulag verschwunden oder gleich erschossen worden.

„Die Elemente, die wir ausweisen oder ausweisen werden, sind als solche politisch bedeutungslos. Aber sie sind potenzielle Waffen in den Händen unserer Feinde. Falls es erneut zu militärischen Komplikationen kommt, werden all diese unversöhnlichen und unbelehrbaren Elemente sich als militärisch-politische Agenten des Feindes erweisen. Und wir werden gezwungen sein, sie nach dem Kriegsrecht zu erschießen. Deshalb ziehen wir es vor, sie jetzt in einer ruhigen Phase, beizeiten auszuweisen. Und ich [Trotzki] hoffe, dass Sie bereit sein werden, unsere vorausschauende Humanität anzuerkennen und sie gegenüber der öffentlichen Meinung zu verteidigen.“

Nach welchen Kriterien die Ausweisungen vorgenommen worden sind, bleibt unklar.

„Vor dem Trotzki haben sich alle gefürchtet, noch mehr als vor dem Lenin. Lenin denkt, Trotzki tut. So hat es damals geheißen.“.

Anouk ist gerade einmal 14 Jahre alt, als sie mit ihren Eltern, einer Ornithologin und einem Architekten, das Land verlassen muss und aus ihrer bürgerlichen Umgebung herausgerissen worden ist. Im Gegensatz zu ihren Eltern, die sich im Pariser Exil 1931 das Leben nehmen, kann sie in der westlichen Welt Fuß fassen und lebt in Deutschland un Österreich.

Meine Meinung:

Mein erster Gedanke war, Köhlmeier hat sich Margrete Schütte-Lihotzky (1897-2000) zum Vorbild genommen. Jein, denn die Architektin ist in Wien geboren und hat erst in den 1930er-Jahren in der Sowjetunion gelebt und gearbeitet.

Wir begegnen während in dieser Erzählung zahlreichen realen russischen Persönlichkeiten, die ebenso ausgewiesen worden sind und ebenso zahlreichen, die vom Regime ermordet worden sind. Dass der sterbenskranke Lenin persönlich selbst auf einem dieser Philosophenschiffe war, ist allerdings Fiktion. Sein (Un)Geist ist allerdings deutlich spürbar und präsent.

Die Erzählung ist interessant, ist allerdings ohne Vorkenntnisse der russischen Revolutionsgeschichte nur schwer nachzuvollziehen. Denn Anouk Perlemann-Jacob springt in Raum und Zeit umher. Wie es einfach alte Menschen tun, wenn sie über ihr langes Leben berichten. So wechseln sich scheinbare Nebensächlichkeiten und historisch Belegtes ab.

Der Schreibstil ist sachlich und souverän. So besorgt sich der Ich-Erzähler, weiterführende Literatur, um die Aussagen der alten Frau zu überprüfen. Das macht die Geschichte glaubwürdig, auch wenn sie doch zu einem großen Teil fiktiv ist.

Fazit:

Eine gelungene Erzählung, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 21.12.2023

Historie - hier um Philosophenschiffe - und Fiktion gut verknüpft.

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Das Cover zeigt ein Dampfschiff in der Ferne, von steinigem Ufer wolkenverhangen dargestellt – passend zum Buchtitel und in gedämpfter Farbgebung den Romaninhalt heraufbeschwörend. Das PHILOSOPHENSCHIFF ...

Das Cover zeigt ein Dampfschiff in der Ferne, von steinigem Ufer wolkenverhangen dargestellt – passend zum Buchtitel und in gedämpfter Farbgebung den Romaninhalt heraufbeschwörend. Das PHILOSOPHENSCHIFF ist eigentlich ein Sammelbegriff für mindestens fünf Schiffe, mit denen im Jahr 1922 unliebsame Personen in großer Zahl aus Sowjetrussland ins Ausland abgeschoben wurden. Die Verbindung zwischen dieser realen Historie und der Fiktion, nämlich der Biografie der einst international tätigen Architektin Anouk Perleman-Jacob, ist kreativ in einem sachlichen Schreibstil verwoben. Das Szenarium beginnt in St. Petersburg mit Schilderung ihres Lebens bis zum 14. Lebensjahr in intellektuellen Kreisen, sympathisierend mit den Bolschewiki, die Behandlung von Juden unter dem Diktat des Zaren anprangernd. Über den Finnischen Meerbusen und die Ostsee in Richtung Deutsches Reich kommen sie 1922 in Berlin im Exil an. Auch in Paris verweilt die Familie einige Jahre aufgrund eines Lehrauftrages des Vaters. Ende der Sechzigerjahre hält sich die Hauptfigur auch in den USA auf, arbeitet an der Texas A&M University-Corpus Christi , immer noch verfolgt von deutlichen Erinnerungen an ihr Leben hinter dem Eisernen Vorhang. In Zeitsprüngen wird wiederholt auf die Überfahrt auf dem Luxusdampfer und ihre 12 Personen auf dem 3. Deck und auf Lenin auf dem 1. Deck eingegangen, die Atmosphäre von Angst und Bespitzelung herauf beschwörend. Randfiguren wie die amerikanische Assistentin und Freundin Alice Winegard oder den Präsidenten des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins Dr. Mahler beleben den Roman. Zurückversetzt in das bewegte Jahrhundert rund um Lenin, Trotzki und Konsorten ins bolschewistische Russland erfährt der Leser viel über das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche Leben der Intelligenzija.

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Veröffentlicht am 08.11.2024

Zum Ende hin weniger fesselnd

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Michael Köhlmeier spielt in seinem neuen Roman „Das Philosophenschiff“ mit Fiktion und Wahrheit. Doppelbödig lässt er eine 100-jährige erfolgreiche Architektin ihr Leben erzählen.

Die eigene turbulente ...

Michael Köhlmeier spielt in seinem neuen Roman „Das Philosophenschiff“ mit Fiktion und Wahrheit. Doppelbödig lässt er eine 100-jährige erfolgreiche Architektin ihr Leben erzählen.

Die eigene turbulente Lebensgeschichte soll für die Ewigkeit festgehalten werden. Darum geht es der 100-jährigen Anouk Perleman-Jacob. Einen Schriftsteller, den Ich-Erzähler im Buch, will sie dazu bringen, ihre Geschichte aufzuschreiben. Die beiden führen regelmäßig Gespräche, die gefeierte Architektin erzählt von ihrem Leben, vor allem von der Flucht aus der Sowjetunion.

Als junges, 14-jähriges Mädchen floh sie auf einem der so genannten Philosophenschiffe. Mit diesen Schiffen, das ist historisch verbürgt, hat die Regierung unliebsame Bürger des Landes verwiesen – zu ihrem eigenen Schutz, wie die russische Propagandamaschinerie formulierte.

Doch bald schon beginnt der Schriftsteller selbst zu recherchieren, was damals wirklich geschah. Denn seine Auftraggeberin erweist sich als sehr unzuverlässig. Missliebiges verschweigt sie, Unliebsames lässt sie lieber weg oder ändert die Tatsachen.

Ganz und gar unglaublich ist die Geschichte, auf die sich alles zubewegt: das Schiff macht sich mit überraschend wenigen Passagieren auf den Weg – und das nicht nur, weil viele der Passagiere wegen angeblicher Devisenvergehen zuvor erschossen wurden. Plötzlich stoppt das Schiff auf offener See, ein Beiboot bringt einen weiteren Passagier auf das fast leere Schiff, der in der 1. Klasse untergebracht wird.

Neugierig schleicht sich die 14-jährige Anouk zu dem alten Mann, der dann sogar noch offiziellen Besuch bekommt. Eine famose Lügengeschichte? Oder nichts als die Wahrheit, die reine Wahrheit?

Ein wenig schade ist, dass im Laufe des Buches die Rahmenerzählung um den Schriftsteller und die 100-Jährige immer mehr an Gewicht bekommt, während die Binnen-Erzählung um das Schiff an Kontur verliert. Allerdings: Worüber will ein 14-jähriges Mädchen auch mit einem betagten Staatsmann sprechen, das für die Nachtwelt von Interesse ist?

So sehr mich das „Philosophenschiff“ am Anfang in seinen Bann gezogen hat, zum Ende hin hat es mich nicht mehr fesseln können.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Gelungener Roman

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Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, ...

Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, von einer Kindheit in Sankt Petersburg unter den Bolschewiki. Gemeinsam mit ihren Eltern wird sie auf eines der sogenannten Philosophenschiffe gebracht. Zusammen mit anderen Künstlern und Intellektuellen, die den Bolschwiken zweifelhaft oder potentiell gefährlich erscheinen, fahren sie aufs Meer hinaus. Als ein anderer Passagier an Bord gebracht wird, von dem niemand weiß, wer er ist, erkundet Anouk das Schiff und macht die Bekanntschaft von Lenin.

Der Roman ist eine Reise in eine ereignisreiche und politisch sehr interessante Zeit. Köhlmeier stellt dabei mit den Philosophenschiffen ein Ereignis in den Vordergrund, das vielen LeserInnen vorher sicher nicht bekannt war. Zusätzliche Recherchen lohnen sich in diesem Fall, da es die Schiffe wirklich gab. Sie symbolisieren die Angst der Herrschenden vor Künstlern und Wissenschaftlern in unterdrückerischen politischen Systemen. So hat die Geheimpolizei sogar eine extra Abteilung, die nur damit beschäftigt ist, Lyrik zu deuten und in ihr versteckte politische Aussagen zu finden.

Für mich wieder ein gelungener Roman von Köhlmeier.

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