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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.09.2024

Aufwachsen in den 90ern

Geile Zeit
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Niclas Seydack ist 1990 geboren und hat somit seine Kindheit in den 90ern und seine Jugend in den 00ern verbracht. In "Geile Zeit" referiert er nicht nur auf den Song von Juli, den wir wohl alle, die um ...

Niclas Seydack ist 1990 geboren und hat somit seine Kindheit in den 90ern und seine Jugend in den 00ern verbracht. In "Geile Zeit" referiert er nicht nur auf den Song von Juli, den wir wohl alle, die um 1990 geboren sind, kennen, sondern blickt auf das Aufwachsen in den 90ern/00ern zurück.
Seydack erzählt in der Kindheit von den bunten Tüten, dem Abhängen mit Freundinnen draußen, analogen Spielen und einer gewissen Unbedarftheit - die mit 9/11 plötzlich endete, gefolgt von den ersten Amokläufen in Deutschland und der ersten Schwere, die in unseren Köpfen einsetzte. Weiter erzählt er von den ersten Schritten im Internet, Chats auf ICQ und die vermeintliche Möglichkeiten, die wir hatten - allerdings mit der Vorgabe, auf gar keinen Fall eine Lücke im Lebenslauf zu haben.

Gerade in der ersten Hälfte habe ich, geboren 1994, sehr viele Aspekte aus meiner Kindheit und Jugend wiedererkannt. Niclas Seydack hat so viele - in erster Linie positive - Erinnerungen bei mir hochgeholt, hat mich selbst meine Kindheit und Jugend Revue passieren lassen und hat mich mit seinem humorvollen und präzisen Erzählstil absolut abgeholt.
Die zweite Hälfte des Buches schließt unbezahlte Praktika, Corona und die Suche nach Sicherheit sowie die Startschwierigkeiten im Berufsleben ein, was mir einen eher melancholischen Vibe gegeben hat.

"Geile Zeit" ist eine gelungene Autobiographie einer Generation, in der sich die Leser
innen aus Seydacks Generation sicherlich wiederfinden, und alle anderen einen guten Einblick und Verständnis bekommen. Durch den Autor sind die Einblicke und Perspektiven cis-männlich geprägt, weshalb ich mich an einigen Stellen anders erinnere bzw. meine Lebensrealität eine andere war. Im Großen und Ganzen kann ich das Buch auf jeden Fall empfehlen.

Veröffentlicht am 08.09.2024

Zeitschleifendilemma

Death. Life. Repeat.
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In "Death. Life. Repeat" ist der jugendliche Spencer in einer Zeitschleife gefangen. Am Todestag seiner Mutter, die einen tödlichen Unfall hatte, wird er morgens in seinem Auto auf dem Schulparkplatz wach, ...

In "Death. Life. Repeat" ist der jugendliche Spencer in einer Zeitschleife gefangen. Am Todestag seiner Mutter, die einen tödlichen Unfall hatte, wird er morgens in seinem Auto auf dem Schulparkplatz wach, da seine Mitschülerin Clara Hart den Wage touchiert hat. Obwohl er eigentlich keine richtige Lust hat, geht Spencer abends zur Party zu seinem besten Freund Anthony. Dort sieht er, wie Clara bedrängt und missbraucht wird, anschließend benommen aus dem Haus stürzt, von einem Auto überfahren wird und stirbt. Während alle Schülerinnen mehr oder weniger geschockt von dem Unfall sind, wacht Spencer am nächsten Tag wieder auf dem Schulparkplatz auf und stellt schnell fest, dass er diesen Tag wieder und wieder durchlebt. Seine Mission wird klar: Er muss Clara Hart retten.

Da Spencer den Tag immer wieder erlebt und sich die Figuren entwickeln bzw. andere Handlungen geschehen und Spencer mit jedem weiteren Tag anders reagiert, lernen wir sowohl ihn als auch seine Freunde und Mitschüler
innen immer besser kennen. Louise Finch schreibt locker, einfach und sehr derb - gerade die Dialoge unter den Jungs sind sehr vulgär, abwertend und misogyn. Für die Zielgruppe und als Widerspiegelung von Spencers Umfeld und den Dynamiken innerhalb der Gruppe scheint dies authentisch, ich musste mich jedoch daran gewöhnen.
Thematisiert werden toxische Männlichkeit, geschlechtsspezifische Gewalt und kollektives Schweigen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch und Mobbing.
Gerade für ein Jugendbuch und da die Geschehnisse nicht leider nicht unüblich sind und mit Sicherheit auf jeder Party geschehen, finde ich es wichtig, darauf ein Augenmerk zu legen und diverse Umgangsweisen damit aufzuzeigen. Ich kann das Jugendbuch also auf jeden Fall empfehlen!

Veröffentlicht am 14.08.2024

Unerwartete Freund*innenschaft

Das Licht in den Birken
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Nach zwanzig Jahren als Ziegenhirtin in Portugal wagt Thea mit Mitte fünftig noch einmal einen Neuanfang - zurück in ihrer Heimat in Norddeutschland. Mit ihren zwei Ziegen kommt sie auf einem alten Hof ...

Nach zwanzig Jahren als Ziegenhirtin in Portugal wagt Thea mit Mitte fünftig noch einmal einen Neuanfang - zurück in ihrer Heimat in Norddeutschland. Mit ihren zwei Ziegen kommt sie auf einem alten Hof in der Lüneburger Heide bei Benno unter. Sie möchte dort zur Ruhe kommen und sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.
Benno liebt Tiere und Pflanzen, hat sein eingespieltes Leben auf dem Hof. Nur mit anderen Menschen kommt er nicht allzu gut zurecht. Da er auf die Miete angewiesen ist, bietet er Thea einen Unterschlupf und sie nähern sich trotz ihrer unterschiedlichen Wesen langsam an. Als dritte im Bunde stößt Juli, eine Wanderung mit Fußverletzung, zu ihnen und gemeinsam bestreiten sie das Leben auf dem Hof und entwickeln einen Plan, um Bennos Schulden zu begleichen.

"Das Licht in den Birken" erzählt von drei sehr unterschiedlichen Menschen, die aus verschiedenen Gründen zusammenkommen und quasi dazu gezwungen sind, sich mit sich selbst und den anderen beiden auseinanderzusetzen. Aus Fremden werden langsam Freundinnen und eine feste Gemeinschaft. Jeder von ihnen trägt in sich eine gewisse Last aus der Vergangenheit, die es zu bearbeiten und aufzuarbeiten gilt.
Romy Fölck erzählt sehr ruhig von dem Wagnis eines Neuanfangs, der Begegnung mit neuen Gedanken und Einstellungen sowie dem Hinterfragen bestehender Muster. Ich mochte den gelassenen Schreibstil, die lockere Art des Erzählens, inklusive der notwendigen Ernsthaftigkeit, jedoch auch dem Blick für das wesentliche Geschehen.
Ein schöner und berührender Roman über den Neuanfang und entstehender Freund*innenschaften aus einer vermeintlichen Zweckgemeinschaft.

Veröffentlicht am 02.08.2024

Schöne RomCom

Funny Story
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Daphne hat Wochen und Monate der Hochzeitsplanung hinter sich, als ihr Verlobter Peter von seinem Junggesellenabschied zurückkommt und ihr eröffnet, er habe festgestellt, seine Kindheitsfreundin Petra ...

Daphne hat Wochen und Monate der Hochzeitsplanung hinter sich, als ihr Verlobter Peter von seinem Junggesellenabschied zurückkommt und ihr eröffnet, er habe festgestellt, seine Kindheitsfreundin Petra zu lieben. Völlig überrascht und fassungslos von der Trennung muss sich Daphne innerhalb kürzester Zeit eine neue Bleibe suchen. Für Peter ist sie nach Michigan gezogen, wo sie keine Freund*innen und keine Familie hat. Nun steht sie ohne Verlobten und wegen ihres Traumjobs als Kinderbibliothekarin, der allerdings nur wenig Geld einbringt, auch ohne große Chance auf Wohnraum da. Ihre Lösung: Sie zieht bei Petras Ex-Freund Miles ein, der nach der schnellen Trennung ebenso in der Luft hängt. Wegen ihrer unterschiedlichen Lebensstile gehen sich beide aus dem Weg - bis zu dem Tag, an dem Daphne eine Einladung zu Peters und Petras Hochzeit bekommt und ihm erzählt, sie sei nun mit Miles zusammen und käme mit ihm gemeinsam. Das ist der Beginn ihrer Fake-Beziehung und diverser absurder Situationen und Begegnungen.

Emily Henry schreibt flüssig, humorvoll und leicht, was für mich ein schnelles Lesetempo bedeutet. Außerdem waren mir sowohl Daphne als auch Miles sympathisch, ich mochte die Nebenfiguren und die Schilderungen der Abläufe in Michigan. Miles und Daphne liefern sich den einen oder anderen Schlagabtausch, was mich zum Schmunzeln brachte. Im Mittelteil nervte mich das ewige Hin und Her der beiden etwas, das nahm das Tempo aus der Lektüre und ich wusste nicht immer, was Sinn und Zweck mancher Handlungen und Äußerungen sein sollten.
Was mich jedoch sehr positiv überrascht hat, war die Thematisierung negativer Kindheitserinnerungen und Familiendynamiken, was den Figuren und dem Geschehen einen für mich überraschenden Tiefgang verliehen hat. So wurde die Fake-Beziehung streckenweise eher zur Nebensache und es ging um die persönliche Entwicklung und Aufarbeitung dieser Themen.

Insgesamt hat mir "Funny story" sehr gut gefallen und mich tatsächlich zum Schmunzeln gebracht.

Veröffentlicht am 30.07.2024

Roman über Freundschaft und Klimakatastrophe

Bea & Nyx – Der Baum zwischen den Zeiten
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Bea lebt mit ihren Eltern in Tasmanien im Jahr 2023 und geht zur Schule, wo sie nicht mit allen gut klarkommt. Über einen Baum kann sie mit Nyx über Briefe kommunizieren. Nyx lebt ebenfalls in Tasmanien, ...

Bea lebt mit ihren Eltern in Tasmanien im Jahr 2023 und geht zur Schule, wo sie nicht mit allen gut klarkommt. Über einen Baum kann sie mit Nyx über Briefe kommunizieren. Nyx lebt ebenfalls in Tasmanien, allerdings im Jahr 2093. Zu der Zeit sieht die Welt ganz anders aus - die Lage spitzt sich immer weiter zu, es herrschen Hitze, Dürre und Hunger. Nyx warnt Bea vor der Klimakatastrophe, die nun versucht, in der Gegenwart dagegenzusteuern. Der Baum, der als Briefkasten zwischen den beiden fungiert, hat eine sehr wichtige Rolle inne und eröffnet den beiden Mädchen nicht nur eine Möglichkeit der Kommunikation in die Zukunft bzw. in die Vergangenheit, sondern auch eine Freundinnenschaft, in der die beiden sich aneinander anvertrauen.

Rebecca Lim und Kate Gordon schreiben wechselnd aus Nyx' und Beas Perspektive in der Ich-Form, wodurch die Leser*innen einen direkten Einblick in die Gedanken und Gefühle der beiden bekommen. Der Schreibstil ist flüssig und berührend, da sowohl die Ängste und Sorgen als auch die weltlichen Veränderungen sehr anschaulich beschrieben werden.

Einige Aspekte innerhalb der Zeitachsen konnte ich nicht nachvollziehen und fand sie nicht schlüssig, was der Handlung und der Wichtigkeit der Geschichte rund um den Klimakollaps und präventive Maßnahmen keinerleich Abbruch tat. Für ein Kinder- und Jugendbuch ist die Atmosphäre recht düster, verharmlost jedoch auch nicht und verpackt wichtige Botschaften in eine schöne und hoffnungsvolle Geschichte.

Ich kann das Buch also auf jeden Fall empfehlen - und das nicht nur Kindern und Jugendlichen.