Berührend, still und doch fehlt etwas
Hey guten Morgen, wie geht es dir?Ich habe "Hey guten Morgen, wie geht's dir" gelesen, weil ich neugierig darauf war, welches Buch dieses Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen hat. Vorhin bin ich mit der Lektüre fertig geworden und das ...
Ich habe "Hey guten Morgen, wie geht's dir" gelesen, weil ich neugierig darauf war, welches Buch dieses Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen hat. Vorhin bin ich mit der Lektüre fertig geworden und das Buch lässt mich einerseits berührt und andererseits doch auch etwas ratlos zurück.
Es geht um Juno Isabella Flock, etwas über 50, und verheiratet mit Jupiter, der an Multipler Sklerose leidet und von Juno gepflegt wird. Juno ist Tänzerin, Jupiter mittelmäßig erfolgreicher Schriftsteller - die beiden halten sich mit ihren Honoraren, gelegentlichen Literaturpreisen und ein bisschen Pflegegeld so einigermaßen über Wasser. Aus Langeweile beginnt Juno, auf die Nachrichten afrikanischer Scammer zu antworten und insbesondere mit einem davon, Benu aus Nigeria, baut sich so eine Art Online-Freundschaft auf.
Es ist ein berührendes, stilles, unaufgeregtes Buch. Viel von dem, was geschildert wird, sind Alltagsszenen aus dem beschwerlichen Pflegealltag Junos mit Jupiter. Ein bisschen geht es um das Tanzen und was es ihr gibt. Und es gibt immer wieder Rückblicke in Junos Kindheit und Jugend und dass sie sich schon damals irgendwie komisch und anders gefühlt hat, was ihr auch von den anderen Kindern und Jugendlichen gespiegelt wurde.
Die etwas einsame, traurige und doch über einen feinen Witz verfügende Juno chattet also mit Benu aus Nigeria. Später gibt es auch ein paar Videocalls. Und immer wieder die Frage, ob er immer noch versucht, sie zu scammen.
Das Buch macht nachdenklich über die Situation von Pflegenden in Deutschland, über das Bild des reichen Deutschlands im Ausland und die Menschen in Deutschland, die diesem gar nicht so recht entsprechen, über Vermögensunterschiede auf der Welt und das Erbe des Kolonialismus. Dabei reißt es viele spannende Themen an.
Und doch... irgendetwas fehlt. Es gibt nicht so richtig Spannung, keinen wirklichen roten Faden, das Buch springt - wie es bei zeitgenössischen Werken offenbar derzeit Mode sein dürfte - zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her, und hat mich dabei manchmal berührt, manchmal aber auch einfach nur gelangweilt.
Für das beste Buch, das in Deutschland in diesem Jahr erschienen ist, halte ich es nicht. Es ist ein solides, nettes, stilles Buch, das man lesen kann, oder auch nicht. Das sich locker-flockig-leicht und schnell liest, ein dünnes Büchlein, mit wenig Umfang und weniger Tiefgang, als die darin behandelten Themen hergeben könnten.