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Veröffentlicht am 26.09.2024

Ein jeder ist so viel wert, wie die Dinge wert sind, um die es ihm ernst ist. – Marc Aurel

Herbstglühen am Liliensee
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1966 Schwarzwald. Nachdem Bärbel Stein ihr Studium und ihre Ausbildung zur Lehrerin absolviert hat, kehrt sie an ihren Heimatort Vierbrücken am Liliensee zurück, um dort die Kinder in Dorfschule zu unterrichten. ...

1966 Schwarzwald. Nachdem Bärbel Stein ihr Studium und ihre Ausbildung zur Lehrerin absolviert hat, kehrt sie an ihren Heimatort Vierbrücken am Liliensee zurück, um dort die Kinder in Dorfschule zu unterrichten. Schon bald begegnet sie ihrer alten Jugendliebe Ralf Vogel wieder, der als Tierarzt ebenfalls in die Heimat zurückgekehrt ist. Bärbel trägt eine alte Last aus der Vergangenheit herum, die sie nicht nur äußerlich gezeichnet hat, sondern auch innerlich so unsicher hat werden lassen, dass sie kaum wirkliche Freude beim Unterrichten empfindet aus Angst, dass den Kindern irgendetwas zustoßen könnte. Schon bei einem Schulausflug rettet Ralf sie unwissend vor einer heimlichen Panikattacke. Doch als ein großes Unwetter Vierbrücken und Umgebung völlig überschwemmt, sieht sich Bärbel auf einmal allein mit Ralf in der ungemütlichen Natur, wo zwischen den beiden einige Dinge aus der Vergangenheit zur Sprache kommen und auch die alten Gefühle wieder Oberhand zu gewinnen scheinen. Kann und vor allem will Bärbel sich wirklich dagegen wehren?
Elisabeth Büchle hat mit „Herbstglühen am Liliensee“ den vierten und leider letzten Band ihrer Liliensee-Jahreszeiten-Reihe vorgelegt, der ebenso wie seine Vorgänger mit viel Tiefgang und großen Gefühlen sowie zauberhaften Charakteren für wunderbare Unterhaltung sorgt. Der flüssige, farbenfrohe, gefühlvolle Erzählstil mit feinem Humor lädt den Leser in den kleinen Ort Vierbrücken zu Mitte des letzten Jahrhunderts ein, wo er sich unter bereits liebgewonnenen Protagonisten wiederfindet und nun intensiver in das Leben von Bärbel und Ralf eintaucht. Die Autorin versteht es hervorragend, die Örtlichkeiten lebhaft und farbenprächtig zu beschreiben, so dass der Leser alles regelrecht vor Augen sieht, während er Bärbels Neustart in ihrer Heimat ebenso hautnah miterlebt wie ihre innere Gedanken- und Gefühlswelt und ihre Unsicherheit. Schon in der Jugend war Bärbel in Ralf heimlich verliebt, doch nun als Lehrerin, die zur damaligen Zeit unverheiratet sein musste, bringt die Begegnung sie in einen zusätzlichen Zwiespalt. Nicht nur alte Erinnerungen und Gefühle drängen an die Oberfläche, auch ihre übervorsichtige Art, jegliches Unglück vermeiden zu wollen, lässt Bärbels Nervenkostüm dünn werden. Ralf liest in Bärbel wie in einem Buch und versucht auf jegliche Art und Weise, ihr Mut zuzusprechen. Gleich einem geschlossenen Kokon wirkt die Dorfgemeinschaft, die alle irgendwie miteinander verbunden sind und den Leser einfach mit aufnehmen. Großartig die Kuppeleiversuche von Charlotte, die Schwiegervater Johann gern unter die Haube bringen würde, dieser aber den Spieß umdreht und dadurch Charlotte in die Bredouille bringt. Der christliche Aspekt ist unaufdringlich mit der Handlung verbunden und sendet die Botschaft, jeder ein Geschöpf Gottes ist, das in seiner Art wertvoll ist.
Die Charaktere sind liebenswert und glaubwürdig gezeichnet und in Szene gesetzt. Der Leser fühlt sich unter ihnen sofort wohl und folgt ihnen nur zu gern. Bärbel ist eine freundliche, herzensgute Frau, die in ihrer Lehrtätigkeit aufgeht und über die ihr anvertrauten Kinder wie eine Glucke wacht. Ihre innere Zerrissenheit rührt nicht nur von ihrem versehrten Gesicht, sondern auch von Unsicherheit vor den Gefahren des Lebens. Ihre Entwicklung während der Geschichte ist wunderschön zu beobachten. Ralf ist ein selbstbewusster, empathischer Mann, der hinter die Fassade blickt und einfühlsam Mut zuspricht. Opa Johann ist ein Spaßvogel der besonderen Art, während Schwiegertochter Charlotte fast schon etwas übergriffig wirkt, obwohl sie es nur gut meint. Aber auch die anderen Protagonisten stützen mit ihren Handlungen den Wohlfühlcharakter der Geschichte.
„Herbstglühen am Liliensee“ isst eine wunderbar tiefgründige Geschichte über Ängste, Sorgen, Hoffnungen und Neuanfang. Auch die Romantik sowie ein feinsinniger Humor kommen nicht zu kurz, so dass den Leser ein zauberhaftes Leseerlebnis erwartet, dass ihn wie eine warme Kuscheldecke umhüllt und ihn mitten ins Herz trifft. Absolute Empfehlung für ein echtes Lesehighlight!

Veröffentlicht am 26.09.2024

Das Leben ist turbulent, aber immer aussichtsreich. - Unbekannt

Schwestern im Geiste
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1911 Diedenhofen. Die turbulenten Ereignisse der vergangenen Monate haben dafür gesorgt, dass sich Pensionatsleiterin Pauline Martin und Hauptmann Erich von Pliesnitz angefreundet haben und sie durch ihn ...

1911 Diedenhofen. Die turbulenten Ereignisse der vergangenen Monate haben dafür gesorgt, dass sich Pensionatsleiterin Pauline Martin und Hauptmann Erich von Pliesnitz angefreundet haben und sie durch ihn Rückhalt und Unterstützung bekommt. Zudem hat sie die irische Lehrerin Rhona O’Meally eingestellt, die die Schülerinnen neben Englischunterricht auch mit Informationen über ihr Heimatland versorgt und sich schnell großer Beliebtheit erfreut. Doch kaum hat sich ein normaler Tagesablauf eingependelt, kommt es im Pensionat nicht nur zu antisemitischen Äußerungen zwischen Schülerinnen, sondern auch zu Diebstählen. Dann wird eine preußische Kaserne mit Schmierereien versehen, was Wachtmeister Schrotherr auf den Plan ruft, der das Pensionat sowieso auf dem Kieker hat. Das ruft wiederum Hauptmann von Pliesnitz auf den Plan, aber auch Gärtner Vincent springt Pauline bei. Und dann ist da noch Rhona, die ein Geheimnis zu haben scheint…
Marie Pierre alias Marie W. Peter hat mit „Schwestern im Geiste“ den zweiten Teil ihrer Pensionatstrilogie vorgelegt, der dem ersten in punkto Unterhaltung, historischem Hintergrund, spannender Handlung sowie wundervollen Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil beamt den Leser sofort zurück ins 20. Jahrhundert, wo er sich im Pensionat unter die Schülerinnen mischt und immer wieder an der Seite von Pauline landet, um deren Handeln genau zu verfolgen. Pauline atmet nach den letzten Ereignissen auf, doch ihr bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn nicht nur die neue irische Lehrerin bringt neuen Schwung in den Lehralltag, sondern auch die Schülerinnen unterschiedlicher Herkunft und Religion tragen so manchen Disput auf die Spitze. Sowohl Diebstähle im Pensionat als auch Schmierereien an einer preußischen Kaserne bringen die Polizei ins Haus, so dass Hilfe von Seiten Hauptmann von Pliesnitz von Nöten ist. Pauine hat alle Hände voll zu tun, um ihre Schülerinnen, vor allem Charlotte, zur Raison und gleichzeitig die aufwallenden Gefühle für den Hauptmann unter Kontrolle zu bringen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und verknüpft die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten wunderbar mit den Geschehnissen rund um die Schule für höhere Töchter. Dabei lüftet sie gekonnt nach und nach das Geheimnis um Rhona. Dem Leser rinnen die Seiten nur so durch die Finger bei dieser durchweg spannenden Handlung, die ihm ein tolles Kopfkino beschert.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt und glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten versehen. Der Leser klebt regelrecht an ihren Fersen, um nichts zu verpassen. Pauline ist eine engagierte Frau, die sich durchzusetzen weiß. Sie liebt ihre Arbeit, behält auch bei schwierigen Situationen die Contenance und hat ein gutes Gespür für Menschen. Hauptmann von Pliesnitz ist ein wirklicher Freund und Vertrauter, der zwar mit preußischer Gründlichkeit vorgeht, sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt. Rhona kann die Schülerinnen zwar begeistern, jedoch wirkt sie oftmals düster und radikal, wenn nicht sogar unehrlich. Polizist Schrotherr ist ein unangenehmer Wichtigtuer, der sehr auf seiner Meinung beharrt. Charlotte ist eine Teufelin, die anderen das Leben zur Hölle macht, damit sie sich besser fühlt. Aber auch Vincent, Esther sowie weitere Protagonisten tragen zur Lebhaftigkeit der Handlung bei.
Mit „Schwestern im Geiste“ ist eine wunderbare Fortsetzung gelungen. Den Leser erwartet eine spannende und atmosphärisch-dichte Handlung vor historischem Hintergrund. Starke Protagonisten schleichen sich schnell ins Leserherz, während dieser mit einem fesselnden Kopfkino bei der Lektüre zusätzlich belohnt wird. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse, einfach toll!

Veröffentlicht am 09.09.2024

Farbe ist meine tägliche Obsession, Freude und Qual. - Claude Monet

Sommerfarben in der Stadt der Liebe
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Kunststudentin Marie lebt in Paris, der Stadt der Liebe, und konzentriert sich seit langer Zeit im Café Lola nur auf ihre Doktorarbeit über Claude Monet, die von der Fertigstellung noch weit entfernt ist. ...

Kunststudentin Marie lebt in Paris, der Stadt der Liebe, und konzentriert sich seit langer Zeit im Café Lola nur auf ihre Doktorarbeit über Claude Monet, die von der Fertigstellung noch weit entfernt ist. Doch der Liebe möchte Marie aufgrund der Enttäuschung mit Ex-Freund Antoine keine weitere Chance geben, da ist jede Ablenkung willkommen. Nebenbei arbeitet Marie aushilfsweise als Führerin in der Orangerie, wo sie bei einem Schülerrundgang auf den deutschen Lehrer Jan trifft, mit dem sie augenscheinlich die Liebe zu Monet teilt. Als sie Jan aus der Misere hilft, schlägt er ihr als Dankeschön einen Ausflug zu Monets Wohnhaus in der Normandie vor. Was Marie nicht weiß: auch Jan hat eine Enttäuschung hinter sich und wagt kaum, die Liebe wieder in sein Leben zu lassen. Während des Ausflugs nach Giverny öffnen sich behutsam die Herzen von Jan und Marie, die Funken zwischen den beiden springen hin und her. Doch kaum zurück in Paris, steht Maries Ex Antoine auf der Matte und will zu ihr zurückkehren. Wie wird Marie sich entscheiden?
Lily Martin hat mit „Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ den zweiten Band ihrer wunderschönen Paris-Reihe vorgelegt, der dem ersten Roman in punkto liebenswerten französischen Savoir vivre, Romantik, Herzschmerz und feingezeichneten Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssig-leichte, atmosphärische und farbenfrohe Erzählstil lädt den Leser in die eindrucksvolle französische Metropole Paris ein, wo Liebe neben Tragik anscheinend immer in der Luft liegt. Als unsichtbarer Schatten mischt der Leser sich unter die Protagonisten, wobei er seine Aufmerksamkeit vor allem auf Marie und Jan richtet, deren Gedanken- und Gefühlswelt in sich aufsaugt und ihr Schicksal nur zu gern verfolgt. Einsame enttäuschte Herzen pochen in Marie und Jan, doch während er sich als Lehrer mit seinen Schülern umgibt, muss sich die eher schüchterne Marie unter die Leute zwingen. Am liebsten sitzt sie im Café Lola von Nachbarn umgeben und feilt an ihrer Doktorarbeit, die nicht fertig werden will, da der zündende Gedanke fehlt. Jan macht derweil mit seinen Schülern Paris unsicher und teilt sein Wissen über die französische Lebensart, da er schon einmal in Frankreich gelebt hat. Das Aufeinanderprallen von Jan und Marie ist zufällig, doch schicksalshaft, denn beide teilen die Liebe zur Kunst und Monet. Die Verletzlichkeit der beiden wird immer wieder durch kleine Rückzieher deutlich, wo sie sich wieder in ihr Schneckenhaus verkriechen, um dann erneut einen größeren Schritt hinaus zu wagen. Die Autorin versteht es wunderbar, die Gefühle ihrer Protagonisten mit Streifzügen durch das atmosphärische Paris zu verbinden: die Begegnung der beiden vor der Kulisse eines der größten Impressionisten der Welt oder das malerische Giverny für den Ausflug, bei dem die Funken sprühen. Während der Leser die Charaktere nicht aus den Augen lässt, verliebt er sich immer wieder aufs Neue in Paris und schwebt von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt das Gefühlsbarometer rauf und runter.
Die Charaktere sprühen vor Lebendigkeit und nehmen den Leser sofort als Teil von ihnen in die Mitte. Marie ist eine zurückhaltende, eher schüchterne Frau, der es an Entscheidungsfreudigkeit mangelt, innerlich tief verletzt und verunsichert. Gleichzeitig ist sie hilfsbereit, freundlich und lässt ihre Freunde nicht im Stich. Jan ist ein liebenswerter Mann, der seine Schüler auf Augenhöhe behandelt. Auch er ist in Liebesdingen unsicher und wagt sich gerade erst wieder aufs Parkett. Ebenso lassen bereits liebgewonnene Charaktere wie Fabien oder die alternde Operndiva das Leserherz höher schlagen und geben ihm das Gefühl, daheim unter alten Freunden zu sein.
„Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ treffen mit liebenswerten Charakteren, Liebeskummer, Romantik und ganz viel französischem Savoir vivre mitten in die Seele des Lesers, der nicht nur eine zauberhafte Auszeit vom Alltag genießen darf, sondern sich auch selbst ein Stück weit in den Protagonisten wiederfindet. Absolute Leseempfehlung – einfach wunderschön!!!

Veröffentlicht am 26.08.2024

Sturm und Wellen geben der See erst Seele und Leben. – Wilhelm von Humboldt

Im Nordwind
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1913 Hamburg. Alice lebt gemeinsam mit Ehemann Henk und Töchterchen Rosa im Arbeiterviertel auf der Uhlenhorst. Da Henk das Geld immer wieder ins Wirtshaus trägt, um sich mit Alkohol zuzudröhnen, ist Alice ...

1913 Hamburg. Alice lebt gemeinsam mit Ehemann Henk und Töchterchen Rosa im Arbeiterviertel auf der Uhlenhorst. Da Henk das Geld immer wieder ins Wirtshaus trägt, um sich mit Alkohol zuzudröhnen, ist Alice gezwungen zu arbeiten. Nebenbei muss sie auch noch die ständigen Misshandlungen ihres Ehemannes ertragen und hat ständig Angst, dass er seine Übergriffigkeiten auch auf Rosa ausdehnt. Alice sieht keinen anderen Ausweg, als sich scheiden zu lassen. Auf der Suche nach einem Rechtsbeistand trifft sie auf den gutsituierten, verlobten Anwalt John Reeves, der nebenbei Arme auch pro bono vertritt. Als er von Alice Willen hört, eine Scheidung zu erwirken, weiß er um die Aussichtslosigkeit, doch trotzdem stimmt er zu, ihr zu helfen. Sowohl Alice als auch John begeben sich damit auf einen Drahtseilakt, der für beide größtmögliche Gefahren birgt…
Miriam Georg hat mit „Im Nordwind“ den ersten Teil ihrer historischen Nord-Dilogie vorgelegt, der sowohl mit menschlichen Schicksalen als auch mit einer sehr berührenden, spannenden Handlung durchweg zu fesseln weiß. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil der Autorin nimmt den Leser sofort mit ins Hamburg des vergangenen Jahrhunderts, wo er über wechselnde Perspektiven die Gefühls- und Gedankenwelt sowohl von Alice als auch von John kennenlernt. Alice wurde als kleines Kind von ihren Schausteller-Eltern an eine Pastorenfamilie verkauft. Obwohl ihr Leben ab dann in geordneten Bahnen verlief, wurde sie missbraucht, schwanger und musste ihr Kind gegen ihren Wunsch weggeben. Da das Leben sie auch noch mit einem gewalttätigen Ehemann bestraft hat, der sie mit ihrer Tochter in ständiger Angst leben lässt, nimmt sie all ihren Mut zusammen und reicht die Scheidung ein wohlwissend, dass dies zur damaligen Zeit eigentlich unmöglich ist. Aber in John Reeves hat sie jemanden gefunden, der nicht nur von Alice fasziniert ist und schon bald sein Herz an sie verliert, sondern der ihr beisteht und versucht, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen, egal wie aussichtslos das Unterfangen erscheint. Die Autorin gelingt es wunderbar, ihren Charakteren Leben einzuhauchen und die zwischenmenschlichen Beziehungen so an den Leser zu bringen, dass dieser ebenso wie die Protagonisten eine Gefühlsachterbahn durchlebt, während er wie gebannt an den Seiten klebt. Der historische Hintergrund sowie die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind wunderbar mit der Handlung verknüpft und vermitteln dabei ein klares Bild, wie das Leben der Menschen zu jener Zeit geprägt war.
Die Charaktere wurden detailliert ausgestaltet und liebevoll in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Ecken und Kanten können sie den Leser sofort überzeugen, der sich wie ein Schatten an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal hautnah mitzuverfolgen. Alice besitzt den Mut und die Stärke, die nur Menschen haben, die sich lebenslang durchkämpfen mussten. Sie ist eine liebenswerte Frau, die sich endlich etwas Glück wünscht für sich und ihre Tochter. John dagegen stammt aus einem privilegierten, reichen Elternhaus, besitzt Anstand, Ehre und Gerechtigkeitssinn. Henk ist ein ausgemachter Widerling, der seine Unzulänglichkeit in Alkohol ersäuft und seine Familie drangsaliert. Ebenso bestechen Alice Tochter Rosa und Johns Schwester Blanche mit ihren Handlungen.
„Im Nordwind“ weiß den Leser von der ersten Sekunde an zu fesseln mit einem sehr gelungenen Mix aus menschlichen Schicksalen, einer starken Hauptprotagonistin, Liebe, historischem Hintergrund sowie den damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft – einfach wunderbar!

Veröffentlicht am 26.08.2024

Mörderische Flitterwochen

Letzte Lügen
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Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Agent Will Trent sind endlich in den Hafen der Ehe eingefahren und verbringen ihre Flitterwochen in einer einsam in der Natur gelegenen Lodge am Appalachian Trail. Doch ...

Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Agent Will Trent sind endlich in den Hafen der Ehe eingefahren und verbringen ihre Flitterwochen in einer einsam in der Natur gelegenen Lodge am Appalachian Trail. Doch ihr Honeymoon ist nach einem abendlichen Seebad beendet, denn sie hören entsetzliche Schreie einer Frau, die Will kurze Zeit später ermordet auffindet. Die Tote war Mercy McAlpine, die Managerin der Lodge-Anlage, sie wurde brutal erstochen. Als dann der Sohn der Ermordeten spurlos verschwindet, nehmen Sara und Will die Ermittlungen auf. Allerdings können sie keine Unterstützung erwarten, da alle Familienmitglieder von Mercy und sogar der örtliche Sheriff nicht gut auf das Mordopfer zu sprechen sind. Sie alle verbergen etwas und haben somit ein Mordmotiv…
Karin Slaughter hat mit „Letzte Lügen“ den zwölften Teil ihrer Georgia-Reihe um Agent Will Trent und die Gerichtsmedizinerin Sara Linton vorgelegt, der den Vorgängern in punkto Spannung und Nervenkitzel in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil lässt den Leser ab den ersten Zeilen an die Seite von Will und Sara gleiten, wo er nicht nur die wunderschöne Naturkulisse des Appalachian Trails mitgenießen und am Glück des frischgebackenen Ehepaares teilhaben darf, sondern wo ihm bei den markerschütternden Schreien einer Frau die Haare zu Berge stehen und sich Gänsehaut breit macht. Slaughter versteht es auf ganz besondere Art, die Spannung mit jedem Absatz, jedem Wort in die Höhe zu treiben und den Leser mitermitteln zu lassen. Dabei bringt sie aktuelle Themen in ihren Romanen unter wie hier Kindesmissbrauch, Kindheitstraumata sowie menschliche Abgründe, die man sich als Mensch nur schwer vorstellen kann. Gänsehaut wird beim Leser deshalb zum Dauerzustand, während er durch ein Wechselbad der Gefühle jagd bei der Suche nach dem Täter. Will wird bei diesem Fall mit seiner Vergangenheit konfrontiert, kann sich aber auf Saras Unterstützung verlassen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil jeder Verdächtige wohl ein Hühnchen mit der Toten zu rupfen hatte. Zudem erschwert ein Unwetter und fehlendes Internet, dass Will und Sara Unterstützung anfordern können. Das Spannungslevel steigert sich immer weiter, während die Tätersuche sich durch überraschende Wendungen schwierig gestaltet.
Die Charaktere sind glaubhaft und lebendig in Szene gesetzt, besitzen Authentizität und Ausstrahlung, so dass der Leser ihnen gern über die Schulter schaut und den Fall unbedingt mit ihnen gemeinsam so schnell wie möglich lösen will. Sara Linton hat in Will ihren Seelenmenschen gefunden. Als Gerichtsmedizinerin ist sie unnahbar und sehr professionell. Will wirkt durch die Konfrontation mit seiner Vergangenheit etwas angeschlagen, doch wie ein Pitbull verbeißt er sich in die Mordermittlung, um den Täter zur Strecke zu bringen.
„Letzte Lügen“ begeistert mit einer perfiden Handlung, hohem Spannungslevel und allerlei Verwicklungen. Slaughter gelingt es mit diesem Psychothriller erneut, den Leser in einen Sog zu ziehen und das Buch von Anfang bis Ende durchzulesen und damit die Nacht zum Tag zu machen. Absolute Leseempfehlung für Hochspannung pur!