Anders als erwartet
Es liest sich schnell und flüssig, der Text ist in einem staccatoartigen, sachlichen Stil geschrieben, ohne große Emotionen, wodurch die Geschichte oft kühl und distanziert wirkt. Die Beziehung zwischen ...
Es liest sich schnell und flüssig, der Text ist in einem staccatoartigen, sachlichen Stil geschrieben, ohne große Emotionen, wodurch die Geschichte oft kühl und distanziert wirkt. Die Beziehung zwischen der Protagonistin (deren Name niemals genannt wird) und Tosch, ihrem 19 Jahre älteren Partner, ist sehr auf seine Bedürfnisse zugeschnitten. Man hat den Eindruck, dass die Protagonistin sich ihm unterordnet und in eine Abhängigkeit geraten ist. Es geht eher um seine Bedürfnisse als um den großen Altersunterschied der beiden. Davon hatte ich mir tatsächlich mehr Einblicke erwartet, da der Klappentext sehr auf diesen Unterschied hinweist.
Die Handlung bleibt bis auf wenige Momente nüchtern und unemotional. Der Teil, in dem Tosch schwer erkrankt, ist sehr belastend, aber auch hier wird kein emotionaler Tiefgang zugelassen. Es bleibt sachlich, fast kühl. Gewünscht hätte ich mir mehr zur Beziehung der Tochter der Protagonistin. Diese bleibt eher im Hintergrund, wenn sie jedoch auftaucht, erblickt man einen tollen Menschen. Da das Werk autobiographische Züge hat, kann ich allerdings nachvollziehen, warum dieser Teil nicht intensiver betrachtet wurde.
Das Ende hat mich völlig unbefriedigt zurückgelassen. Gerade, als im letzten Drittel des Buches mehr Spannung aufgebaut wird, verpufft diese plötzlich. Das Ende kommt so abrupt, dass es sich anfühlt, als würde die Geschichte mitten im Satz enden und ließ mich so mit vielen offenen Fragen zurück.
Alles in allem hat mich „Die vorletzte Frau“ eher ratlos und mit einem gewissen Unmut zurückgelassen. Die nüchterne Darstellung und die abrupten Brüche machen es schwer, eine emotionale Bindung zur Geschichte oder den Figuren aufzubauen. Trotzdem ist es kein schlechtes Werk, nur nicht ganz so meins wie erhofft.