Zwischen Obsession und Abhängigkeit mit heftigem Pageturner
Zum Hörbuch: Stefanie Wittgenstein hat hier einer so unsympathischen Figur wirklich tadellos ein Profil verliehen. Ich habe dieses Hörbuch mit 1,75-facher Geschwindigkeit gehört und hatte damit ein ganz ...
Zum Hörbuch: Stefanie Wittgenstein hat hier einer so unsympathischen Figur wirklich tadellos ein Profil verliehen. Ich habe dieses Hörbuch mit 1,75-facher Geschwindigkeit gehört und hatte damit ein ganz tolles Hörerlebnis. Sie hat es sogar geschafft, dass ich phasenweise Mitgefühl für die Frau aufbringen konnte. In jedem Fall hörte sich „Mein Mann“ dank der Sprecherin wie ein Rausch. Ein i-Tüpfelchen wäre es noch gewesen, wenn das letzte Kapitel von einem Mann gesprochen worden wäre, da so der Schockmoment noch größer ist. Doch auch so war das für mich ein heftiger Plot-Twist. 😲
Zum Buch selbst: Ich denke, für dieses Buch muss mensch in Stimmung sein und darf auch kein Problem haben, im Kopf einer Figur zu sitzen, deren Gedanken so oft absolut absurd erscheinen. Wenn mensch sich aber in die Geschichte hineinziehen lässt, entwickelt das Werk einen Sog, der irgendwie berauscht.
Die namenlose Frau erzählt von ihrer Obsession, aber auch von ihrer Abhängigkeit, von ihrem Mann, der ebenso namenlos bleibt. Auf repetitive Art und Weise analysiert sie jede noch so kleine Handlung des Ehemannes, hinterfragt seine Liebe und verliert sich in gedanklichen Katastrophenszenarien. Und so übertrieben sie oft auch scheint, konnte ich mich doch trotzdem manchmal in sie einfühlen. Ihre Unsicherheit ist fundamental und phasenweise durchaus nachvollziehbar, die daraus folgenden Taten allerdings weniger. Doch Maud Ventura schaffte es regelmäßig, mich mit einem neuen Gedanken der Frau wieder zurückzuholen. Die idolisiert ihren Mann nämlich einerseits, lässt andererseits aber immer wieder blicken, dass er Einiges an Paternalismus und abstoßender Selbstverständlichkeit zu bieten hat.
Und so schwankte ich im Laufe der Handlung zwischen Fassungslosigkeit, Unverständnis, Wut und Mitgefühl. Ich fand die Hauptfigur auf abschreckende Art faszinierend und konnte nicht mehr aufhören. Vor allem auch deshalb, weil ich zuvor schon von dem krassen Pageturner am Ende gelesen habe. Und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage: Der wird alles zuvor Gedachte komplett erschüttern! 😲🤯
Wenn euch ungewöhnliche Charaktere nicht abschrecken und ihr in einen solchen abtauchen wollt, empfehle ich „Mein Mann“ ganz deutlich. Es ist schon ziemlich abgefahren und muss zur Stimmung passen, daher ziehe ich einen Stern ab. Für das, was es sein soll, finde ich es aber wirklich großartig umgesetzt!