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Veröffentlicht am 29.09.2024

Unterhaltsame Story.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen
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„Ich fürchte, Ihr habt Drachen“ ist ein neuer Fantasy-Roman aus der Feder von Peter S. Beagle, der vor allem durch seinen allseits beliebten Klassiker „Das letzte Einhorn“ Bekanntheit erlangte.

In diesem ...

„Ich fürchte, Ihr habt Drachen“ ist ein neuer Fantasy-Roman aus der Feder von Peter S. Beagle, der vor allem durch seinen allseits beliebten Klassiker „Das letzte Einhorn“ Bekanntheit erlangte.

In diesem Buch liegt der Fokus auf drei Charakteren, die sich im Verlauf selbst finden und den Druck von Erwartungen und lästigen Pflichten abstreifen, während sie dieses eine große Abenteuer erleben: einen Drachen erlegen. Einen von der gigantischen Sorte, versteht sich.

Ein Prinz, eine Prinzessin und ein Drachentöter – alle drei sind ziemlich unterschiedlich und verfolgen eigene Ziele, doch in einem sind sie sich einig: Ihre auferlegte Bestimmung, die mit der Rolle, in der sie geboren wurden, einhergeht, ist ihnen lästig. 

Robert, der in die Fußstapfen seines Vaters gezwungen wird, obgleich er als Kämpfer gegen die sich ausbreitende Drachenplage weder geeignet noch sonderlich motiviert ist –  empfindet er doch hauptsächlich Mitgefühl und Ehrfurcht den mächtigen Geschöpfen, die hier durch Individualität glänzen, gegenüber. 
Prinzessin Cerise, die sich doch bitte endlich, und zwar bald, vermählen soll. Dabei handelt es sich bei dieser Adeligen nicht um eine Maid in Nöten. Sondern um eine schlagfertige, willenstarke Frau, die sich allein vor Bestien verteidigen kann.
Prinz Reginald, zukünftiger König des Nachbarreiches, soll auf Auftrag seines Vaters eine Heldentat begehen. Ruhm einheimsen, der den Sprössling ja so gar nicht interessiert.

Das Innenleben dieser drei Charaktere, ihre Zweifel und der Zwiespalt, in den sie durch die ihnen zugeteilten Aufgaben geraten, ihre eigenen Wünsche und Träume werden ausgiebig beleuchtet, so dass es ein Leichtes ist, sich einzufühlen. Sobald sich ihre Wege kreuzen, geht das Abenteuer los – skurril, unterhaltsam und gefährlich. Peter S. Beagle führt uns durch das Land, inmitten in die drachenstarke Plage. Ob klein, groß, riesig, freundlich oder wütend: Wir treffen auf eine Vielzahl der geschuppten Wesen und erkennen schnell, dass sich die Protagonisten nicht in die zu erwartenden Schubladen packen lassen. Ebenso humorvoll, mit einem Hauch Ironie, geht der Autor mit fantastischen Elementen um – bricht Schemen und überrascht. Selbst der Ton ist trotz des historischen, gehobenen Einschlags locker-modern. Empfand ich die Welt von Bellemontagne als nicht ausreichend inszeniert, gab es sympathische Figuren, die mit Tiefe ausgearbeitet wurden, charmante, intelligente Gespräche, Drachen und eine Menge Spaß. 

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Hamlet nach Haig – nur unterhaltsamer.

Nachricht von Dad
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Matt Haigs neuer Roman ist Shakespeares Rachetragödie nachempfunden und bietet, wie vom Autor gewohnt, philosophische Ansätze, Charme und Humor.

Erzählt wird aus der Sicht von Philip Noble – Typ-Einzelgänger, ...


Matt Haigs neuer Roman ist Shakespeares Rachetragödie nachempfunden und bietet, wie vom Autor gewohnt, philosophische Ansätze, Charme und Humor.

Erzählt wird aus der Sicht von Philip Noble – Typ-Einzelgänger, der sich in der Schule mit Mobbing herumschlagen und nun auch den plötzlichen Tod seines Vaters verkraften muss.
Immer häufiger taucht seit dem Onkel Alan zu Hause auf, schmiegt sich an seine Mutter – und Philip? Der sieht den Geist seines Dads, der den vermeintlichen Unfall eine Lüge straft. Es ist an dem Jungen, ihn zu rächen. Denn nur wenn sein Sohn den Täter zur Strecke bringt, kann er in Frieden ruhen ...
Ganz schön viel Tobak für ein trauriges Kind, oder?

Etliche Aspekte der Geschichte stimmen nachdenklich, animieren zum mitfiebern und – zumindest erging es mir so – lösen Stress aus. Denn wer vermutet, hier ist ein verständnisvoller Vater am spuken, der irrt. Dieser Geist ist fordernd, zornig, setzt den Protagonisten unter Druck und erpresst ihn emotional. Mich machte das mehrfach wütend, und ich verstand Phils Zwiespalt, litt mit ihm, haderte.
Denn was ist Wahr, was Wahn; was Richtig und was Falsch?

»𝗠𝗮𝗻𝗰𝗵𝗺𝗮𝗹 𝗺𝘂𝘀𝘀 𝗺𝗮𝗻 𝗲𝘁𝘄𝗮𝘀 𝘁𝘂𝗻, 𝘄𝗮𝘀 𝗳𝗮𝗹𝘀𝗰𝗵 𝗶𝘀𝘁, 𝘂𝗺 𝗲𝘁𝘄𝗮𝘀 𝗚𝗿𝗼𝗲ß𝗲𝗿𝗲𝘀 𝘇𝘂 𝘁𝘂𝗻, 𝗱𝗮𝘀 𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝗶𝗴 𝗶𝘀𝘁.«

In vielen Rezensionen wird der Ton der Geschichte kritisiert. Ich möchte darauf hinweisen, dass das Geschehen aus der Perspektive eines Kindes wiedergegeben wird. Heißt: hochtrabende Worte und konsequente Taten würden der Authentizität keinen Gefallen tun. Wir bekommen Naivität und Angst, sind Teil von Problemen und Gedanken(gängen), die dem Alter entsprechen. Philipp hinterfragt Kleinigkeiten, ist begeisterungsfähig, lernt und versucht sich am Klang von Worten. Und dabei schmiedet er halbgare Pläne, um seinen Onkel unter die Erde zu- und seine Mutter von ihren rosa Plänen abzubringen.
Durch die – beeinflusste – Sicht des Jungen können sich die LeserInnen nie sicher sein, was für ein Mensch der potenzielle Mörder wirklich ist – dieser Umstand hält das Interesse zusätzlich der Frage, ob es den Geist wirklich gibt oder er nur eine Folge der Trauerverarbeitung, eine Antwort auf das "Warum?" ist, aufrecht.
Während des Verlaufs bringt der Autor neue Menschen in das Leben des Elfjährigen, manifestiert und verändert Dynamiken, überrascht mit ungeahnten Ereignissen. Mit Lügen, deren Konsequenzen auf ewig nachhallen, mit Schuld.
Leider empfand ich das Ende weder rund noch schlüssig und im Gesamten zu abrupt.

Schonungslos ehrlich, trocken und humorvoll, ohne an Ernst und Gefühlen einzusparen, detailreich, ohne sich in Nichtigkeiten zu verlieren – das ist „𝐍𝐚𝐜𝐡𝐫𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐯𝐨𝐧 𝐃𝐚𝐝“.

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Nervenaufreibend und packend.

Er will nicht gehen
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𝗘𝘀 𝗶𝘀𝘁 𝗮𝗹𝗹𝗲𝘀 𝗻𝘂𝗿 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗶𝗻𝗲𝗺 𝗞𝗼𝗽𝗳.
Oder?

In den letzten beiden Jahren widmete Lucy ihre ganze Aufmerksamkeit dem Erbe ihres Freundes. Überwachte die Renovierungsarbeiten und übernahm die gestalterische ...

𝗘𝘀 𝗶𝘀𝘁 𝗮𝗹𝗹𝗲𝘀 𝗻𝘂𝗿 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗶𝗻𝗲𝗺 𝗞𝗼𝗽𝗳.
Oder?

In den letzten beiden Jahren widmete Lucy ihre ganze Aufmerksamkeit dem Erbe ihres Freundes. Überwachte die Renovierungsarbeiten und übernahm die gestalterische Planung. Nun ist das Haus Nummer 18 der ‚Forrester Avenue‘ auf Hochglanz poliert, ein modernisierter Traum und bereit, gewinnbringend verkauft zu werden. Denn Lucy und Sam wollen raus aus London, reisen, zusammen neu beginnen.
Gerade heute ist die Maklerin zu spät und Lucy, die unter Panik- und Angstattacken leidet, allein mit dem vielversprechenden Kandidaten …

C. M. Ewan redet nicht lange drumherum, sondern beginnt sogleich an jenem verhängnisvollen Nachmittag. Der psychische Zustand der jungen Frau, die nervös und unsicher, gar paranoid wirkt, wird augenblicklich deutlich. Ironisch, dass Sam – ein handwerklich wenig begabter Hipster – Dozent für Psychologie und Verhaltensforschung sowie Gründer diverser Selbsthilfegruppen ist. Donovan – ein charmanter, hilfsbereiter Mann – hinterlässt einen positiven ersten Eindruck und scheint aufrichtig interessiert an einem Kauf.

Was für eine Story – in den letzten Jahren kam ich eher selten in thrilligen, packenden Genuss, doch dieses Buch fesselte mich von Anfang bis Ende, trotz der einen oder anderen Länge. In 24 Stunden hatte ich die Geschichte beendet, denn ich musste wissen, worauf all das hinausläuft.

„𝐄𝐫 𝐰𝐢𝐥𝐥 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐠𝐞𝐡𝐞𝐧“ wird hauptsächlich in kurzen Kapiteln aus den Perspektiven von Lucy und Sam erzählt. Sie, mitten in der Besichtigung, hangelt sich mit dem Fremden von Raum zu Raum, immer im Nacken die Angst – Flashbacks, die sie zu übermannen drohen. Probleme, mit denen Lucy kämpft, seit ihr Leben über den Haufen geworfen wurde und nicht mehr zurückblieb als Leere und Lücken, dazwischen stechende Fragmente. Ein Trauma, tief in ihr, verursacht durch Tragik, die nicht greifbar ist. Zusätzlich erleben wir Sam bei der Arbeit mit Menschen, die unter den unterschiedlichsten Phobien leiden. Doch einer gehört hier nicht hin...

Ungewissheit und Misstrauen, Vorsicht und die Suche nach Wahrheiten begleiten die Seiten – eine unterschwellige Bedrohung krallt sich an die Geschehnisse und Gedanken; wird durch eine gewisse Distanz im Ton, durch eine Unmenge an Fragen und eine schwere, triste Atmosphäre aufrechterhalten.
Ewans detailreicher, verheißungsvoller Stil ermöglicht es, sich in den Haupthandlungsort und in die Figuren hineinzuversetzen, komplett in die beengende Situation einzutauchen; die Anspannung regelrecht zu spüren, Klicken und Knarzen zu hören. Perfide Pläne, erschreckende Hintergründe und echte Emotionen sorgen dafür, dass sich während des Lesens, während wir Lucy und ihren Gast begleiten, eine Gänsehaut ausbreitet.

„𝙴𝚒𝚗𝚎 𝚞𝚗𝚜𝚒𝚌𝚑𝚝𝚋𝚊𝚛𝚎 𝙷𝚊𝚗𝚍 𝚜𝚝𝚛𝚎𝚌𝚔𝚝𝚎 𝚜𝚒𝚌𝚑 𝚗𝚊𝚌𝚑 𝚖𝚒𝚛 𝚊𝚞𝚜, 𝚝𝚊𝚞𝚌𝚑𝚝𝚎 𝚝𝚒𝚎𝚏 𝚒𝚗 𝚖𝚎𝚒𝚗𝚎 𝙱𝚛𝚞𝚜𝚝 𝚞𝚗𝚍 𝚜𝚌𝚑𝚕𝚘𝚜𝚜 𝚍𝚒𝚎 𝙵𝚊𝚞𝚜𝚝 𝚞𝚖 𝚖𝚎𝚒𝚗 𝙷𝚎𝚛𝚣.
`𝐷𝑢 ℎ𝑎𝑡𝑡𝑒𝑠𝑡 𝐴𝑛𝑔𝑠𝑡 𝑤𝑒𝑔𝑒𝑛 𝑖ℎ𝑚. 𝑈𝑛𝑑 𝑒𝑟 𝑤𝑎𝑟 𝑑𝑖𝑟𝑒𝑘𝑡 ℎ𝑖𝑛𝑡𝑒𝑟 𝑑𝑖𝑟 (...)ʼ

Obgleich der eine oder andere Absatz zu viel der Beschreibung war, blieb der Spannungsbogen konstant oben; ungewiss, was als Nächstes passiert, woher die Gefahr in der ‚Forrester Avenue‘ rührt.
Zusätzlich sind es die psychologischen Aspekte und Themen, ebenso nachvollziehbar geschildert wie der hervorragend konzipierte Verlauf, die das Interesse nicht abflauen lassen.
Der Autor führt uns in die Irre, überrascht mit Twists, einer ausgeklügelten – gar verstörenden – Auflösung sowie einem adrenalingeladenen Finale. „Er will nicht gehen“ ist ein Thriller, der Beklemmungen auslöst, manipuliert und mitreißt. Hinein in die Abgründe des Menschen.

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Veröffentlicht am 11.09.2024

Spaßige Fairytail-Fantasy, die zum Nachdenken anregt.

Mirror: Weiß wie Schnee
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"𝐌𝐢𝐫𝐫𝐨𝐫: 𝐖𝐞𝐢ß 𝐰𝐢𝐞 𝐒𝐜𝐡𝐧𝐞𝐞" ist eine moderne Fantasy-Geschichte, in der uns Lucia Herbst in die Welt der Märchen schickt.

Zu Beginn lernen wir Luna kennen, bekommen eine Ahnung von ihrem wahren Wesen ...



"𝐌𝐢𝐫𝐫𝐨𝐫: 𝐖𝐞𝐢ß 𝐰𝐢𝐞 𝐒𝐜𝐡𝐧𝐞𝐞" ist eine moderne Fantasy-Geschichte, in der uns Lucia Herbst in die Welt der Märchen schickt.

Zu Beginn lernen wir Luna kennen, bekommen eine Ahnung von ihrem wahren Wesen und worauf ihr grausamer Ruf gründet, spüren ihren Schmerz und den Drang, Schloss und Konkurrenzkampf zu entkommen. Eine Lösung soll her und wer könnte diese eher finden als der berüchtigte Spiegel?

»𝗦𝗽𝗶𝗲𝗴𝗹𝗲𝗶𝗻, 𝗦𝗽𝗶𝗲𝗴𝗹𝗲𝗶𝗻 𝗮𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗪𝗮𝗻𝗱. 𝗛𝗶𝗹𝗳 𝗺𝗶𝗿 𝘇𝘂 𝗳𝗹𝗶𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗮𝘂𝘀 𝗱𝗶𝗲𝘀𝗲𝗺 𝗟𝗮𝗻𝗱.«

Lenas fantastisches Abenteuer fängt mit einem Traum, einem Brennen in der Brust an – einem Wandel, dem sie ungläubig, verwirrt und hilflos entgegenblickt. So wie ihrem Ebenbild, das statt ihrer in der Münchner Wohnung steht, während sie in einem mittelalterlichen Schlafgemach erwacht, im Rücken Tante Toni – jetzt ihre untergebene Amme, die einzige Vertraute. Binnen eines Wimpernschlags wurde aus der engagierten Ärztin die böse Stiefmutter Schneewittchens. Eine eifersüchtige, mordlustige Hexe.
Um den Auftrag der wahren Königin möglichst unbescholten zu erfüllen, nicht versehentlich auf dem Scheiterhaufen zu landen und andere Fauxpas zu umgehen, beginnt Lena, eigenen Plänen zu folgen, und gelangt in den verwunschenen Wald. Nicht ahnend, dass alles, was sie entdeckt, den überlieferten Klassikern von Andersen, Grimm und Co. Lüge strafen wird. Denn die Begegnung mit Zauberwesen- und getier führt ihr vor Augen, dass immer zwei Seiten einer Geschichte existieren.

Lucia Herbst erdachte sich einen abwechslungsreichen, kreativen Plot samt eines ausgefeilten Worldbuilding, nimmt Bezug zu verschiedenen Themen und kombiniert gekonnt bekannte Elemente und Figuren. Bösewichte werden hinterfragt, auf moderne Weise reflektiert und Verhaltensweisen analysiert.
Lena, die im Märchen ein Stück ihrer bisherigen Realität findet, fügt sich Stück für Stück in die – für uns am Ende schlüssig dargelegten – Regeln und Gegebenheiten, fühlt sich – mit dem Wissen der Moderne und ihren Erfahrungen – aufmerksam und bedacht in die verschiedenen Persönlichkeiten und Probleme. So dringt sie auch zu Hannah durch, die ihrer Schwester nicht nur äußerlich ähnelt; gründet einen knusprigen Safespace, bringt Schurken zusammen, knüpft Verbindungen, Freundschaften und mehr.
Kurz: Lena wirbelt die Märchen durcheinander, entdeckt Ungereimtheiten, Merkwürdigkeiten und ihre Macht, Routinen zu durch- und Muster aufzubrechen. Zum Missfallen der Storyline, die sich vehement gegen Veränderungen wehrt. Oder ist es gar nicht die Geschichte selbst, die strikt am Skript festhalten will?

Wenn ich auch nicht sagen möchte, dass Lucia zu Gruselelementen griff, haftete an so manch Geschehnissen etwas Unheimliches, während die Atmosphäre bedrohlich wabert – Reaktionen des Einzelnen bleiben ebenso unberechenbar wie jene der Erzählung. Aufregung und Spannung vermischen sich mit Witz und Magie, Skurrilität und der Frage, wohin das alles führt. Im Verlauf werden Irrungen aufgedröselt und perfide Intrigen offenbart, die weit in die Vergangenheit reichen. Stilistisch traf die Autorin einen für die historisch anmutende Zeit passenden Ton, der durch Lenas Gebären Frische erhält. Das Setting kam in seinen Details zur Geltung, und wenn Romantik auch nicht im Fokus stand: Ein zarter Hauch dieser schwingt mit.
Durch moderne Blickwinkel regt Herbst auf mehreren Ebenen zum Nachdenken an, wendet kreativ die Perspektive und entlockt neue Facetten samt Intentionen von Hexe, Wolf und Co.

Lediglich in den letzten Kapiteln des Fairytail-Fantasys überlud die plötzliche Fülle an „erzwungen wirkenden“ Informationen und Erklärungen die Storyline. Zudem stieß mir der – nicht wie zuvor in humorvoller, für die Handlung relevanter Form – erhobene Zeigefinger auf, der in Ursprung/Kultur von Märchen sticht.
Mut und die Kraft der Liebe bilden ein stimmiges, überraschendes Finale, welches darauf hofft, noch mehr aus der Feder von Lucia Herbst zu lesen. Kann eine Frau des 21. Jahrhunderts für ein gutes Ende im Märchen sorgen – ein gutes Ende für die Guten?

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Veröffentlicht am 11.09.2024

Düsterer Auftakt, der Lust auf mehr macht.

Empire of Sins and Souls 1 - Das verratene Herz
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„𝐃𝐚𝐬 𝐯𝐞𝐫𝐫𝐚𝐭𝐞𝐧𝐞 𝐇𝐞𝐫𝐳“: Band eins der düsteren Romantasy-Serie „𝐄𝐦𝐩𝐢𝐫𝐞 𝐨𝐟 𝐒𝐢𝐧𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐒𝐨𝐮𝐥𝐬“.

Abgesehen eines Kapitels erleben wir das Geschehen aus der Sicht von Zoé Durand – Lügnerin, Diebin und Prostituierte. ...

„𝐃𝐚𝐬 𝐯𝐞𝐫𝐫𝐚𝐭𝐞𝐧𝐞 𝐇𝐞𝐫𝐳“: Band eins der düsteren Romantasy-Serie „𝐄𝐦𝐩𝐢𝐫𝐞 𝐨𝐟 𝐒𝐢𝐧𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐒𝐨𝐮𝐥𝐬“.

Abgesehen eines Kapitels erleben wir das Geschehen aus der Sicht von Zoé Durand – Lügnerin, Diebin und Prostituierte. Mit dem Ziel, ihrer kranken Mutter und sich ein Leben außerhalb der Trostlosigkeit Rivières zu bieten, neu zu beginnen. Als ein Freier sie von den Fahndungsfotos erkennt, wird „Claire“ zur Mörderin und von da an nimmt ihr Schicksal eine dramatische Wendung, die nicht nur sie nach Xanthia reißt. In den Vorhof zur Hölle. In die Fänge von Wesen, die ihr Blut, ihre Sünden kosten wollen.
Doch der Xathyr-Graf Alexei sieht in der jungen Frau mehr: die einmalige Chance, in den Besitz dreier Relikte zu gelangen. Im Gegenzug wird sie frei sein, ihr sterbliches Dasein weiterführen können. Ohne Erinnerungen daran, was nach dem Tod lauert.

„Das verratene Herz“ ist von einer düsteren, hoffnungslosen Atmosphäre geprägt, ganz gleich, in welcher Welt wir uns befinden.
In den ersten Kapiteln lernen wir die Protagonistin, ihre Beweggründe und Situation kennen, bekommen eine Ahnung der tristen Bedingungen, die in ihrer Heimat herrschen. Auch im Wirkungsreich von Alexei erhalten wir durch von Erinnerungen losgelöste Rückblenden und schmerzhafte Flashbacks ein Fundament, welches Zoés Taten untermauert; Verluste, Schuld und Opfer offenlegt. In meinen Augen zeichnete die Autorin eine starke Frau, die ihre Fehler (er)kannte; Überlebensinstinkt, Angst und Sorge übertönen Rechtschaffenheit und Rationalität. „Claires“ Empfindungen und Entscheidungen waren nachvollziehbar, die in ihr klaffenden Abgründe schon als Lebende erkennbar.

Obgleich der Graf eine präsentere Rolle einnimmt als der im Klappentext erwähnte Prinz, bleibt Alexei ein unnahbarer, nicht zu deutender Schemen. Welche Intentionen er durch seinen rücksichtsvollen Umgang mit der einstigen Hure wirklich verfolgt, bleibt fraglich.
Doch zumindest der Ursprung seines Interesses – abseits seiner Aufgabe für Durand – und über die pulsierende Verbindung der beiden kristallisiert sich nach uns nach heraus. Zwar umreißt der Verlauf lediglich vage die Gegebenheiten, Regeln und Hierarchien des Höllenvorhofs, dafür wurde das Setting detailliert, vorstellbar und einnehmend geschildert. Wer die Gothic-Vibes abseits der teuflischen, vampirähnlichen Wesen sucht, sollte nach Xanthia reisen; mit Vorsicht das Schloss, die Gärten und Reiche durchstreifen.

Beril Kehribar gibt dem Auftakt ihrer Dark-Fantasy-Serie mit einigen nicht einschätzbaren Nebenfiguren – zu denen bspw. Nika zählt – und flackernden Hoffnungsschimmern, wie Marie einer ist, der gefährlichen Suche nach den Relikten und mysteriösen Begegnungen wie Entdeckungen regen Aufschwung. Waren einige Szenen für meinen Geschmack zu sprunghaft und nicht vollends ausgearbeitet, waren die Slow-Burn-Romance und der Zwiespalt, in den Zoé durch ihre Gefühle stolpert, die leise Anziehung – nicht wissend, ob Manipulation oder Wahrheit geschuldet – knisternd, verheißungsvoll inszeniert. Der Ton der Autorin ist durchweg passend – sei es in den Gassen von Rivière, am Hofe des Grafen oder in Gegenwart von totem Adel, der auch in der Vorhölle nicht an Herabwürdigung spart –, einnehmend und düster. Momente voller Bedauern, Wehmut und Tragik; Blut und Adrenalin, Geheimnisse und Irrungen warten in dieser beklemmenden, hitzigen Geschichte, die mit einem überraschenden Cliffhanger endet ...

Mit „Das verratene Herz“ gelang Beril Kehribar ein mitreißender Auftakt, der die Fortsetzung der „Empire of Sins and Souls“-Trilogie herbei sehnen lässt.

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