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Veröffentlicht am 12.09.2024

Kunstvoll verwobene Frauenschicksale und ein Haus auf den Klippen

Die Frauen von Maine
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Die Autorin Courtney J. Sullivan ist in den USA ein Star der hochwertigen Unterhaltungsliteratur. Und das vollkommen zu recht! In Deutschland wird diese Art von Büchern immer etwas herablassend ...

Die Autorin Courtney J. Sullivan ist in den USA ein Star der hochwertigen Unterhaltungsliteratur. Und das vollkommen zu recht! In Deutschland wird diese Art von Büchern immer etwas herablassend angeschaut, in den USA weiß man anscheinend, wie schwer es ist, wirklich gute Unterhaltung zu schreiben. Und die Autorin ist eine Meisterin darin!
Ich mochte insbesondere ihr früheres Buch "Die Verlobungen" sehr gerne (die anderen habe ich inzwischen auch fast alle gelesen). In den Verlobungen verwebte die Autorin kunstvoll die Geschichte eines Diamanten mit verschiedenen Zeitebenen und Personen und schuf so ein Kaleidoskop von Beziehungen und gesellschaftlichen Entwicklungen, von der Erfinderin des Slogans "Diamonds are girl´s best friend" bis zu einem schwulen Paar, das sich mit Ringen mit dem Diamanten das Jawort geben wird.
In diesen Buch spielen nicht Diamanten, sondern ein Haus auf den Klippen in Maine die verbindende Rolle. Am Anfang des Romans ist das Haus verlassen und Jane flüchtet sich dorthin vor den schwierigen Familienverhältnisse mit alkoholkranker Mutter und Schwester. Später wird Jane erfolgreich ein Institut für Frauenforschung leiten und zurückkehren an den Ort ihrer Jugend und die neue Besitzerin kennenlernen. Und beginnen, über die früheren Bewohner zu recherchieren. Dabei kommt eine Kultur- und Gesellschaftsgeschichte zu Tage, die vor allem über die Entwicklung der Lage der Frauen in den USA erzählt. Gekonnt, gut recherchiert, spannend und interessant. So wie gute Unterhaltung sein sollte. Nicht seicht, sondern richtig gut.
Große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Traurig - Tragisch - Schön - Berührend

Der Gesang der Berge
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Der Vietnamkrieg. Erzählt aus vietnamesischer Sicht anhand einer Familie und über viele Generationen. Krieg, Flucht, Tod, Leid. Aber auch Zusammenhang und zwischendurch sogar Glück.

Ungemein poetisch ...

Der Vietnamkrieg. Erzählt aus vietnamesischer Sicht anhand einer Familie und über viele Generationen. Krieg, Flucht, Tod, Leid. Aber auch Zusammenhang und zwischendurch sogar Glück.

Ungemein poetisch erzählt, damit lassen sich die teils furchtbaren Ereignisse einigermaßen ertragen.

Mir persönlich ist es dennoch sehr sehr schwer gefallen, das Buch zu lesen. Das lag sicherlich daran, dass ich im Urlaub angefangen habe (es gefiel mir sehr gut) und dann nach dem Urlaub Zuhause nur noch Stress hatte. Da passt solch ein Buch nicht (für mich). Dazu ist es zu anspruchsvoll geschrieben, man muss sehr aufpassen wegen der vielen Personen (es gibt aber ein Personenverzeichnis - zum Glück) und natürlich sind viele Ereignisse sehr grausam. Sicher realistisch. Aber schwer zu ertragen.

Trotzdem: Ein sehr wichtiges Buch, dass die Gräuel von Kriegen und Machtwechseln und die Auswirkungen auf die ganz normalen Menschen sehr eindringlich beschreibt. Dazu noch literarisch sehr anspruchsvoll geschrieben. Das ist schon sehr kunstvoll.

Ich empfehle das Buch ausdrücklich. Allerdings empfehle ich auch, es nicht gerade in einer persönlichen Stresssituation zu lesen.

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Veröffentlicht am 23.08.2024

Interessante Familiengeschichte aus Griechenland

Bittersüße Mandeln
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Griechenland war bei uns im Geschichtsunterricht immer nur Antike. Von der neueren Geschichte wusste ich fast nichts. Das hat sich durch diesen Roman geändert. Dafür vielen Dank! Erzählt wird von der Zeit ...

Griechenland war bei uns im Geschichtsunterricht immer nur Antike. Von der neueren Geschichte wusste ich fast nichts. Das hat sich durch diesen Roman geändert. Dafür vielen Dank! Erzählt wird von der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis in die Zeit der Krise Anfang der 2000er Jahre über eine wohl irgendwie typische griechische Familie, die unendlich viele Hürden überwinden musste und in der es doch viel Liebe und Zusammenhalt gab. Weit spannt die Autorin den Bogen, von 1944 und den Untergrundkämpfen sowie über Wirtschaftskrisen bis hin zu den Familienmitgliedern, die in den USA oder in Deutschland ihr Glück suchten. Erzählt wird auf zwei Ebenen: Da ist zum einen die Tochter aus Deutschland, die ihre griechisch-stämmige Mutter nach einem Schlaganfall im Krankenhaus in Athen besucht. Dort trifft sie auf einen Bruder der Mutter, der ihr die Geschichte ihrer Familie erzählt, das ist dann die zweite Ebene. Es beginnt mit Anna, der Großmutter, die schwanger mit dem fünften Kind aus ihrem Heimatdorf auf der Peloponnes fliehen muss. Nach vielen Wochen kommt sie in Athen an, schlüpft bei Verwandten unter und schafft es mit viel Tatkraft, einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen und erfolgreich zu führen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass Anna weder lesen noch schreiben kann. Ihr Ehemann, den sie leidenschaftlich liebt, bleibt zunächst verschollen, dafür interessiert sich einer ihrer Arbeiter für sie... Wie wird es weitergehen?

Es kommt danach noch ganz viel, fast ein wenig zu viel. Aber wohl realistisch, denn viele Griechen suchten vor allem nach dem 2. Weltkrieg ihr Glück und ein wenig Wohlstand im Ausland. Deshalb wird die Geschichte auch in den USA und in Deutschland weitererzählt und es wird erklären, warum die Tochter aus Deutschland anreist....

Ich habe etwas gebraucht, um in dem Buch anzukommen, doch dann hat es mich gepackt. Ich war dann auch neugierig, welcher der Töchter von Anna nun die im Krankenhaus liegende Mutter ist.... das wird nämlich ziemlich lange nicht enthüllt... zwischendurch war ich zwar geschockt von den mangelnden Bildungsmöglichkeiten für Frauen damals und von dem traditionellen Rollenbild, das für Frauen vorgesehen war (was allerdings in Deutschland auch nicht unbedingt sooo viel besser lief....). Aber die Frauen dieser Familie waren ziemlich stark (meistens, nicht immer) und konnten im Endeffekt das Beste daraus machen. Viel gelernt habe ich auch über die Traditionen in Griechenland, über die politischen Entwicklungen dort und über die Tendenz, dem Staat nicht zu sehr zu vertrauen...

Es soll einen zweiten Band geben. Ich bin gespannt, was dort erzählt wird.

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Veröffentlicht am 22.07.2024

Sprachlich gelungen, tragisch und stimmungsvoll zugleich

Cascadia
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Ehrlich gesagt hätte ich das Buch nie begonnen nur aufgrund der Leseprobe. Zu düster die Ausgangssituation. Eine Tragödie über verpasstes Leben, Armut und Chancenlosigkeit.
Da ich jedoch "Das Verschwinden ...

Ehrlich gesagt hätte ich das Buch nie begonnen nur aufgrund der Leseprobe. Zu düster die Ausgangssituation. Eine Tragödie über verpasstes Leben, Armut und Chancenlosigkeit.
Da ich jedoch "Das Verschwinden der Erde" der Autorin gelesen hatte und das damals überaus beeindruckend fand, habe ich dann doch zugegriffen. Zunächst ist die Lektüre tatsächlich alles andere als leicht. Zwei Schwestern leben auf den idyllischen San-Juan-Inseln vor Seattle. Eigentlich eine begehrte Inselgruppe, hier haben die Reichen ihre Ferienvillen oder Wohnsitze inmitten einer großartigen Natur. Aber es gibt auch die Einheimischen, die für den Komfort der Reichen arbeiten müssen. So wie Elena, die im Service im örtliche Golfclub ihr Geld verdient und Sam, die andere Schwester, die auf den Fähren Kaffee & Snacks verkauft. Beide verdienen nicht genug, um die Arztrechnungen und alle weiteren Kosten für ihre todkranke Mutter zu begleichen. Beide Schwestern träumen davon, die Inseln zu verlassen und endlich ein neues, besseres Leben zu beginnen. Aber dazu müssten Sie das Haus verkaufen und das geht nicht, wegen der Mutter. Wie sich herausstellt, gibt es für die Schwestern eigentlich wenig Grund, die Mutter zu beschützen. Aber wie das so ist, Kinder lieben ihre Mutter, egal was war.... und so leben die Schwestern mit Ende zwanzig immer noch nicht ihr Leben, sondern sind erstarrt und hängen fest. Als ein Bär auf der Insel und sogar vor dem Haus auftaucht, gerät alles in Bewegung, vor allem das Verhältnis der Schwestern zueinander .....
Der Bär ist sicherlich eine interessante Metapher, auch literarturwissenschaftlich zu interpretieren. Das will ich hier nicht anfangen. Jedoch anmerken, dass ein wichtiges Anliegen der Autorin anscheinend das Gefangen sein in bestimmten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ist. Die meisten Menschen können sich nicht frei entscheiden, nicht frei agieren, jedenfalls wird dies hier eindrücklich so dargestellt. Die Möglichkeiten sind begrenzt durch die sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Dabei bedient die Autorin bewusst kein West-Ost-Klischee. Denn der erste Roman spielte auf der abgelegenen russischen Halbinsel Kamtschatka, auf der das Leben nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion alles andere als leicht war. Auch dort konnten die Protagonisten kaum aus ihrer Haut und vieles nicht tun, wie zum Beispiel auf ihre Kinder aufpassen, während sie doch arbeiten mussten (die Kinder wurden dann entführt). Hier ist es wieder eine abgelegene Gegend und wieder sind die Menschen nicht nur aufgrund der Abgelegenheit der Region gefangen, sondern auch aufgrund der sozialen Rahmenbedingungen. Ein Ausbruch aus dieser Tristesse scheint nur theoretisch möglich. Mit der großen Selbstverwirklichung ist hier nicht. Auch nicht in diesem Roman. Jedenfalls nicht so, wie man es vielleicht gerne lesen würde.
Mich hat das Buch sehr beeindruckt, auch wenn ich vieles schwer zu ertragen fand und die Schwestern am liebsten spontan mal durchgeschüttelt hätte. Ich mag den Schreibstil der Autorin und werde wahrscheinlich jedes ihrer Bücher lesen, daran verzweifeln und dann doch weiterlesen.

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Veröffentlicht am 07.06.2024

Bildhaft, unterhaltsam und doch nicht seicht

Mühlensommer
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Maria hat es als einzige aus ihrer Familie geschafft, Abitur zu machen und in die Stadt zu ziehen. Sie leitet eine Werbeagentur, hat zwei Teenagertöchter und eigentlich ist alles etwas stressig ...

Maria hat es als einzige aus ihrer Familie geschafft, Abitur zu machen und in die Stadt zu ziehen. Sie leitet eine Werbeagentur, hat zwei Teenagertöchter und eigentlich ist alles etwas stressig - aber gut. Als sie gerade zu einem verlängerten Wochenende in den Bergen unterwegs ist, bekommt sie einen Anruf von Zuhause: Der Vater ist im Krankenhaus und die Mutter schafft es alleine nicht mit Kühen, Schweinen und der dementen Großmutter. Also muss Maria ran. Und während sie die nächsten Tage auf dem Bauernhof arbeitet, kommen viele Erinnerungen hoch an ihre Kindheit, an die schwere Arbeit, an das recht karge Leben, das Nie-in-den-Urlaub-fahren, die Vorurteile gegenüber Bauernkinder aber auch an sonnige Tage am Mühlenbach und an den familiären Zusammenhalt. Alte Konflikte kommen ans Licht und Maria fühlt sich hin- und hergerissen.
Die Autorin beschreibt hier warmherzig und humorvoll und ohne Kitsch in Form von Anekdoten sehr realistische Szenen aus dem Landleben, weitab von aller Biomarkt-Romantik aus den Städten. Es wird deutlich, wie sehr Maria kämpfen und sich durchsetzen musste, um ihren eigenen Weg zu gehen. Dabei hat ihre Familie sie zwar teilweise unterstützt, andererseits konnten auch sie nicht aus ihrer Haut und sehen und sahen in Maria diejenige, die sich "aus dem Staub" machte und "etwas Besseres sein" will.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen. Die Schilderungen des Lebens im Jetzt und Früher, der Wunsch von Maria nach mehr Bildung, ihre Enttäuschungen, wenn sie nie mithalten konnte und ihren Wunsch danach, einmal in Urlaub zu fahren, konnte ich sehr gut nachvollziehen.
Allerdings fehlte mir zum Schluss etwas, vielleicht eine konkrete Entscheidung, vielleicht eine Aussicht, wie es weitergeht (auch mit diesem sehr attraktiven Mann...). Und im Endeffekt fehlte mir auch ein wenig mehr an Information über Maria, über die Beziehung zum Vater ihrer Kinder, über ihre Herausforderungen als Alleinerziehende.... aber insgesamt eine sehr empfehlenswerte, atmosphärische Lektüre. Und obwohl ich nicht von einem Bauernhof komme, sondern nur aus einem kleinen Dorf, wurde mir persönlich wieder bewusst, wie gut ich doch in die Stadt passe. So idyllisch es auch zwischendurch auf dem Land ist. Irgendwann ist es gut und ich muss wieder in die Stadt.

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