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Veröffentlicht am 16.09.2024

Kultig und knorke: Der Kampf um den Nibelungenschatz

KoboldKroniken 4. Drachenjagd im Dunkeln
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Schon aus dem tollen, dreidimensionalen Cover schauen sie heraus: Ein Kobold und ein Leuchtpilz. Beide werden in diesem phantasievollen, flüssig , flott und witzig geschriebenen Buch von Daniel Bleckmann ...

Schon aus dem tollen, dreidimensionalen Cover schauen sie heraus: Ein Kobold und ein Leuchtpilz. Beide werden in diesem phantasievollen, flüssig , flott und witzig geschriebenen Buch von Daniel Bleckmann mit gekonnt komischen und abwechslungsreichen Illustrationen von Thomas Hussung noch eine wichtige Rolle spielen.

Doch zum Anfang: Dario, ein zwölf Jahre alter Junge, liegt im Krankenhaus, er hat eine Gehirnerschütterung. Aber die ist “nicht von dieser Welt” sondern sie stammt aus Kwertz. Eigentlich hat dieses Koboldreich einen viel längeren Namen, aber den kann keiner aussprechen, also- einfach Kwertz. Denn Dario ist nicht nur der Chronist von Kwertz, das unter seiner Gesamtschule liegt, sondern er bewacht auch den Schatz der Nibelungen, eine sehr anstrengende Aufgabe, wie er findet. Und auf diesem Schatz sitzt in seinem Fiebertraum der Drache Fafnir und ist darauf aus, Dario zu vernichten.

Doch Dario hat Freunde von Hüben und Drüben. In seiner Schule sind das Lennard, der immer einen Ausweg weiß und die Mädchen Clara -mit-C und Selin. Beide mag Dario sehr, auch wenn Clara-mit-C wenig Zeit hat, sie will Schulsprecherin werden, und Selin einfach nicht zu erreichen ist. In Kwertz wartet Kobold Rumpel, aber als Dario endlich wieder in der Koboldwelt ist, muss er Rumpel erst rufen. Auch Lennard will ihn nicht begleiten. Er hört im Kopf Stimmen, die er jetzt finden will.
So macht sich Dario alleine auf die Suche nach dem Drach.., Lindwu.., also nach dem, dessen Name nicht genannt werden darf. Und in Kwertz herrscht Ausgangssperre. So allein und im Dunklen- Dario ist das nicht geheuer. Erst der Leuchtpilz Örgs weist ihm den Weg und kämpft heldenhaft an seiner Seite.

Nach der Begegnung mit einem verrückten Wissenschaftler erkennt Dario, das auch er Kwertzblut in sich trägt und endlich kommt es zum Show Down mit dem Drachen…..

Obwohl die “Koboldkroniken - Drachenjagd im Dunkeln” spannend und unterhaltsam zu lesen sind, kommen auch ernstere Themen vor. Darios geliebter Großvater stirbt, und das erste Mal finden auch zwei Wesen der Koboldwelt den Tod. Außerdem wird dem mutigen Dario- nicht umsonst heißt er mit Nachnamen Leone- bewusst, dass auch gute Freunde manchmal ihrer eigenen Wege gehen müssen, dass aber dann von unerwarteter Seite Hilfe und Freundschaft auftauchen können. Und zu seinen sechs Freunden- auch der Klabauter Talugo sei noch erwähnt- findet er endlich die siebente Gefährtin, um damit das Lied der Sieben, ein Heldenlied, zu vervollständigen.

Die Koboldkroniken 4 ist ein Skizzenbuch mit so vielfältigen und tollen Illustrationen, Zeichnungen, Fotos, Zeitungsausschnitten und Chats, dass die Lesenden- egal welchen Alters, -einfach nicht aufhören können, Dario auf seinem Abendteuer zu begleiten. Der leicht lesbare Text ist dem Lesealter ab neun Jahren angepasst, kurze Kapitel erhalten die Lesefreude. Auf jeder Seite nimmt uns der Autor mit in eine phantastische Welt, die einerseits von gefährlichen Wesen, andererseits aber auch von hilfreichen Figuren bevölkert wird. Schon die Namen der Bewohner der Koboldwelt - und davon gibt es viele- sind so vielfältig und lustig, dass man manchmal Mühe hat, alle phantastischen Wesen auseinander zu halten.

Aber auch in der realen Welt von Dario und seinen Freunden gibt es viel zu schmunzeln. Die Protagonisten sind Darios Lehrer mit diversen Marotten sowie seine Mitschüler, deren Typen der Autor so treffend beschreibt, dass die Lesenden einfach lachen müssen. Toll auch die Idee mit den Gestaltwandlern: Wer hätte nicht schon selbst vermutet, dass in einer Lehrkraft eigentlich ein Kobold steckt.

Außerdem finden sich immer wieder Anspielungen auf Filme, Bücher und andere bekannte Themen, sodass auch Erwachsene Freude am Lesen dieses rundum gelungenen Buches finden werden. Daher eine klare Leseempfehlung und von mir fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 19.09.2024

Ein Freund ist das Beste auf der Welt

Der kleine Grimlin und die große Portion Mut - Eine Freundschaftsgeschichte
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Mit “Der kleine Grimlin und die große Portion Mut” hat Kinder- und Jugendbchautorin Barbara Rose eine wunderbare Geschichte über die Bedeutung, die Freude, aber auch die Herausforderungen von Freundschaft ...

Mit “Der kleine Grimlin und die große Portion Mut” hat Kinder- und Jugendbchautorin Barbara Rose eine wunderbare Geschichte über die Bedeutung, die Freude, aber auch die Herausforderungen von Freundschaft geschrieben. Die gelungenen Illustrationen von Laura Bednarski sind fröhlich und phantasievoll, aber nie kitschig.

Schon vom Cover dieses hochwertig ausgestatteten Buches blickt uns freundlich und offen der kleine Grimlin entgegen. Er möchte sich wohl gerade auf den Weg machen, denn er hat eine ganz besondere und schwierige Aufgabe zu erfüllen: Er möchte seinen Freund suchen, der in Gefahr sein könnte.

Bisher hat der kleine Grimlin eigentlich zufrieden in seinem Mooshäuschen unter der großen Kastanie gelebt, auf der er seinen Lieblingsplatz hat. Er ist ein freundlicher Wichtel, dennoch am liebsten allein, denn dann hat man keine Verantwortung für andere. Und Aufregungen mag er gar nicht.

Doch eines Tages sitzt Tirili im Baum, ein bunter Vogel, der ein wunderbares Lied singt und das Herz des kleinen Grimlin berührt. Er gewinnt Tirili als Freund, der bei ihm wohnt und für den er sorgen möchte. Doch plötzlich ist Tirili verschwunden.

Auf der Suche nach Tirili, für die er seinen ganzen Mut zusammen nehmen muss, lernt Grimlin viele Geschöpfe des Zapfenfresserwaldes kennen, die er anfangs bedrohlich findet, die dann aber freundlich und hilfsbereit sind. Und Grimlin erkennt, dass auch er anderen Wesen freundlich und offen begegnen kann. Nach langer Suche steht der kleine Grimlin plötzlich den Zapfenfressern gegenüber. Doch da ist auch Tirili und singt sein wunderschönes Lied….

In “Der kleine Grimlin und die große Portion Mut” lernen die kleinen Zuhörer eine Vorlesegeschichte kennen, die Jungen und Mädchen ab fünf Jahren begeistern wird. Die dem Alter entsprechende liebevolle Sprache, immer wieder mit Lebensweisheiten gespickt, die auch Erwachsene ansprechen werden, bringt den kleinen Zuhörenden eine Welt näher, in der die Bedeutung der Freundschaft hoch gehalten wird. Die Kinder lernen, dass man sich nicht von seinen Ängsten leiten lassen soll und dass Vorurteile oft nicht gerechtfertigt sind. Ganz im Gegenteil, mit Freundlichkeit, Offenheit und Hilfsbereitschaft kommt man auch in schwierigen Situationen weiter. Durch die kurzen Kapitel eignet sich das Buch auch hervorragend als “Gute Nacht-Geschichte”.

Besonders hervorzuheben ist, wie liebevoll dieses Buch gestaltet wurde : Ein besonders gelungenes Hard-Cover, ein Lesebändchen, am Schluss noch eine Bastelanleitung und Rezepte für Mirabelmus, die Lieblingsspeise des kleinen Grimlin. Begeistert werden die Kinder vom Bilderbogen am Ende des Buches sein. Die Bilder können sie ausschneiden und nach jeden Kapitel auf die Landkarte am Buchanfang kleben, eine tolle Motivation zum weiteren Lesen und Zuhören. Wer nicht aus dem Buch ausschneiden mag, kann sich den Bilderbogen auch herunterladen. Die Freundschaftsgeschichte vom kleinen Grimlin ist ein einfühlsames Buch mit liebenswerten Charakteren, daher von mir eine klare Leseempfehlung und fünf Sterne.


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Veröffentlicht am 25.08.2024

Zwei kluge Ermittlerinnen- zwei ungelöste Verbrechen-eine fulminante Story

Die Gewalt des Sturms
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In Aurich geschehen fast zeitgleich zwei Verbrechen: ein Anwalt und Notar ist zu Tode gekommen und in einem nahen Dorf wird ein überfahrener Jogger gefunden.

Während Kommissarin Lina Lübbers sich um das ...

In Aurich geschehen fast zeitgleich zwei Verbrechen: ein Anwalt und Notar ist zu Tode gekommen und in einem nahen Dorf wird ein überfahrener Jogger gefunden.

Während Kommissarin Lina Lübbers sich um das Verbrechen in der Anwaltskanzlei kümmert- handelt es sich bei dem Tötungsdelikt um Mord oder Körperverletzung mit Todesfolge oder gar nur unterlassene Hilfeleistung- steht fest, dass der Tresor aufgebrochen wurde. Doch weder die Ehefrau des Toten noch seine Sekretärin können sagen, was daraus fehlt.

Kommissarin Kea Siefken untersucht den Unfalltod des Joggers. Auch hier ist die Todesursache unklar. Er betrieb eine Spedition mit zwei Lastwagen und seine Ehefrau ist erschüttert.
Langsam zeigen sich Indizien, dass beide Fälle zusammenhängen könnten. Und immer mehr deutet darauf hin, dass das organisierte Verbrachen seine Hand im Spiel hat.

Kommissarin Lübbers hat aber nicht nur den Fall des Notars zu bearbeiten. Sie sucht auch nach einem Maulwurf in den Reihen der Auricher Polizei, davon jedoch darf kein Kollege wissen. Auch Kea lässt man im Dunkeln. Etwas, das sie außerdem nicht weiß: Ihr Kollege Hauke, mit dem sie mehr als Freundschaft verbindet, arbeitet als verdeckter Ermittler sowohl für die Polizei sowie auch für einen kriminellen Clan.

Mit ihrem faszinierenden Kriminalroman “Die Gewalt des Sturms” haben Anna Johannsen und Elke Bergsma einen richtigen Page-Turner geschrieben. Nie verliert sich die Handlung in Nebensächlichkeiten oder weist unlogische Episoden auf. Durch die stets wechselnde Perspektive der beiden Ich- Erzählerinnen- von Kommissarin Lina Lübbers und Kommissarin Kea Siefken -ensteht ein lebendiges und durchaus realistisches Fallbild.

Die Ermittlungen werden inklusive aller damit verbundenen Schwierigkeiten genau beschrieben, immer wieder müssen Lina und Hauke versuchen, das polizeilich gedeckte Doppelspiel zu verbergen. Und Lina kommen auch moralische Zweifel, da sie einerseits nach dem Maulwurf sucht, andererseits aber dadurch das Gefühl hat, ihre Kollegen zu hintergehen. Dabei ist Lina gerade wirklich glücklich, denn sie hat in Aurich ihre Liebe gefunden. Soll sie zurück nach Osnabrück, ihrer eigentlichen Dienststelle gehen, wenn sie den Maulwurf enttarnt hat?

Kea hadert, während sie zum Tod des Joggers ermittelt, mit ihrer Vergangenheit. Sie ist geschieden und hat zwei Kinder. Und ein Verhältnis mit Hauke begonnen, ohne sich im Klaren zu sein, wohin das nach ihrem Willen führen soll. Obwohl Hauke immer wieder versucht, Kea auf ihre Beziehung anzusprechen, bleibt sie abweisend.

Hauke, der durch seine Rolle als verdeckter Ermittler ohnehin bereits unter hochgradigem Stress steht, bemüht sich trotzdem, mit Kea zusammen zu ermitteln, aber die Geheimhaltung seiner Situation fällt ihm schwer.

Als sich die Lösung der beiden Fälle zuspitzt, kommt es bei einem Einsatz zu einem Schusswechsel mit Todesfolge. Alle Kollegen sind schwer betroffen und die Einsatzleiterin Kea Siefken muss sich internen Ermittlungen zum Tod eines Kollegen stellen. Aber ist dieser wirklich versehentlich erschossen worden?

Mit “Die Gewalt des Sturms”, dem zweiten Band über Lina Lübbers und Kea Siefken, haben die beiden erprobten Krimiautorinnen Anna Johannsen (Spiegel-Bestseller-Autorin) und Elke Bergsma einen Roman vorgelegt, der zeigt, dass manches anfänglich in einem falschen Licht erscheint und dass man in Menschen, in diesem Fall den Maulwurf, nicht hineinschauen kann, weil man seine persönliche Situation nicht ausrechend kennt.
Schon das eindrucksvolle Cover lässt ahnen, dass es die Lesenden mit bewegenden Schicksalen und aufpeitschenden Gefühlen der Protagonisten zu tun bekommen. Dieses Buch werden Sie nicht aus der Hand legen, ohne es fertig gelesen zu haben., denn nicht nur die Neugier auf die Falllösung sondern auch die eindringliche, bildhafte Sprache und die persönlichen Verstrickungen der Figuren werden Sie in ihren Bann ziehen. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 09.08.2024

Eine spannende Rettungsaktion

Idefix und die Unbeugsamen - Der große Taubenschlag
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Auf dem lustigen, bunten Buchcover finden sich die bekannten und von den Kindern geliebten Hunde Dertutnix, Turbine und Idefix. Im Hintergrund abgebildet ist der Taubenschlag, und der ist wirklich hoch. ...

Auf dem lustigen, bunten Buchcover finden sich die bekannten und von den Kindern geliebten Hunde Dertutnix, Turbine und Idefix. Im Hintergrund abgebildet ist der Taubenschlag, und der ist wirklich hoch. Das hat Idefix bisher gar nicht so beachtet, aber jetzt gilt die Rettungsaktion zwei Tauben, Arbeitsbine und ihrer Tochter Hermine. Sie sind eingeschlossen, die Statue des römischen Adlers blockiert den Eingang zu ihrem Nest.

Nur Idefix und die Unbeugsamen können helfen. Und wirklich, eine schwierige Aufgabe, denn Idefix ist nicht schwindelfrei, aber der unerschrockene kleine Hund kann auf einmal fliegen. Juchuu! Und das braucht er auch, denn die römischen Hundesoldaten und Zerberus sind ihm auf den Fersen. Nur ein Trick kann helfen, die schwere Statue hinunter zu stürzen. Was hat sich Idefix da noch mal ausgedacht?

Wieder ist es der kleine (“ich bin nicht klein”) Idefix, der sich tapfer und listig seinen römischen Hundegegnern stellt. Bei dieser schwierigen Aufgabe ist er natürlich nicht allein: Dertutnix und Turbine sind im Rettungskommando, Uhu Weissnix braut einen seltsamen Zaubertrank und auch Astmatix, die alte Taube, hilft. Denn die Freunde werden an die Römer verraten und die Gegner sind mächtig. Aber zusammen sind die Unbeugsamen nicht zu besiegen.

Hier helfen Freundschaft und Zusammenhalt, natürlich auch Klugheit und Mut, eine schwierige Situation zu meistern. Dieses mit farbenfrohen und fröhlichen Illustrationen ausgestattete Erstlesebuch zur TV-Serie sorgt für einen tollen Leseeinstieg und verdient eine klare Leseempfehlung. Also fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 07.08.2024

Am Ende ist es Liebe

Genau so, wie es immer war
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Der Roman von Claire Lombardo schildert das Schicksal von Julia Ames und ihrer Familie auf mehreren Zeitebenen.

Im Rückblick einerseits die junge Julia, Mutter des dreijährigen Ben, eines ruhigen und ...

Der Roman von Claire Lombardo schildert das Schicksal von Julia Ames und ihrer Familie auf mehreren Zeitebenen.

Im Rückblick einerseits die junge Julia, Mutter des dreijährigen Ben, eines ruhigen und offenen Kindes, die in der Öde ihrer langen, einsamen Tage versinkt und das Gefühl hat, als Mutter und Frau nicht zu genügen. Sie ist überzeugt davon, immer alles “kaputtzumachen” und weiß selbst, dass ihr Zustand nicht mehr auf den schwankenden Hormonhaushalt nach der Geburt, sondern auf eine Depression zurückzuführen ist, unter der sie schon die längste Zeit leidet. Dabei hätte sie alles, was man sich wünschen kann: einen Mann, Mark, der sie innig liebt, ein gesundes, liebes Kind, ein schönes Haus in einer guten Suburb, dennoch kann Julia mit den Menschen um sich herum nichts anfangen. Jede zwischenmenschliche Interaktion fällt ihr schwer, wenn sie die Mütter anderer Kindergartenkinder trifft, würde sie am liebsten weglaufen, und auch Mark, ihrem ruhigen und gelassenen Ehemann, sagt sie im Streit einmal ins Gesicht, dass sie nichts mit ihm zu tun haben möchte. Aus diesem Grund sieht es in der Beziehung düster aus, die Erotik und auch Gespräche kommen zu kurz.

Am Tiefpunkt ihrer Einsamkeit trifft sie die ältere Helen, die sie zu sich einlädt und sie wie eine eigene Tochter behandelt. Mit der Zeit werden die Besuche bei Helen immer wichtiger, wichtiger als die Beziehung zu ihrem Mann und nur bei ihr fühlt sie Geborgenheit und auch Liebe. Helen ist vermögend und selbst Mutter mehrerer erwachsener Kinder. Mit der Zeit erfährt Julia, dass auch Helens Kinder Probleme haben und eines Tages beendet sie die Freundschaft mit Helen. Dazu kommt, dass Julia sich auf eine Beziehung zu Helens Sohn eingelassen hat, was sie bitter bereut, wobei Mark die Ehe aufrecht erhält, aber zur Bedingung macht, dass sie Helen und ihren Sohn nie wieder sieht.

In einer weiteren Zeitebene lernen die Lesenden die ältere Julia kennen, die den sechzigsten Geburtstag ihres Mannes vorbereitet, zwei Kinder hat, Ben und Alma, siebzehn Jahre alt. Auch jetzt bewegt sich Julia im Kontakt mit ihren Kindern wie auf einem Minenfeld, denn Alma ist der typische Teenager und Ben erwachsen. Beide Kinder haben jedoch Probleme: Alma mit der Aufnahme ins College und Ben wird Vater- und wieder steht Julia der Situation zwiespältig gegenüber.

Doch dann trifft sie im Supermarkt Helen wieder…

In der jungen Julia beschreibt uns die Autorin eine unsichere und mit ihrer Lebenssituation völlig überforderte junge Frau, die keine Vorstellung davon hatte, was es bedeutet, Mutter zu werden und ohne Ansprache eines Erwachsenen sich bleiern hinziehende Tage zu verbringen. Ihrem Sohn steht Julia zwiespältig gegenüber: Wenn das Kind da ist, möchte sie alleine sein, wenn es nicht da ist, fehlt es. Sie zeigt Ben kein starkes Mutterbild, denn immer wieder bricht sie vor dem Kind in Tränen aus. Auch ihrem Mann gegenüber zeigt sich Julia abweisend. Dieses Verhalten mag auf ihre unglückliche Kindheit zurückzuführen sein, auf eine abweisende, trinkende Mutter und einen Vater, der die Familie verlassen hat. Julia flüchtet zwar in eine Affaire, aber weiß selbst nicht genau, warum. Letztlich entscheidet sie sich für ihre Familie und als die Autorin uns die ältere Julia schildert, hat diese sich augenscheinlich mit der Situation arrangiert, liebt ihre Kinder zwar, aber kann schlecht beurteilen, wann es klüger ist, sich nicht in deren Leben einzumischen. Noch immer scheut sie vor zwischenmenschlichen Begegnungen zurück, hat aber mit Mark einen Ausgleich gefunden, so dass ihre Ehe sogar mit neuen erotischen Praktiken bereichert wird. Mark ist es, der immer wieder als ausgleichendes Element fungiert, oft mit seinen Kindern besser zurechtkommt als die Mutter und Julia durch für sie unangenehme Situationen hilft.

Der Roman von Claire Lombardo schildert ein Frauenleben, eingebettet in das Geflecht einer eigentlich durchschnittlichen, wenn auch gut situierten amerikanischen Familie, das immer wieder Herausforderungen an die Protagonistin stellt, aber keine wirklichen Schicksalsschläge bereithält.

Einerseits wird die Idylle der Mutterschaft in Frage gestellt und damit gezeigt, dass die Beziehung zu den eigenen Kindern nicht immer nur von Liebe, sondern oft auch von Verzweiflung und Versagensängsten geprägt ist. Andererseits wird beleuchtet, wie fragil eine Partnerschaft sein kann und welche Herausforderung es für die Betroffenen darstellt, Vertrauen zu geben und zu erhalten. Das Erleben in der Kindheit und Jugend, das immer wieder Einfluss auf das Geschehen in der Familie nimmt, beeinflusst nicht nur die Entwicklung der Figuren, sondern zeigt auch die in der Vergangenheit erlittenen Verletzungen und Traumata.

Mit “Genau so, wie es immer war” hat Claire Lombardo einen großangelegten, einfühlsamen und klugen Familienroman geschrieben, der eine Zeitspanne von sechzig Jahren umfasst. Das farbenfrohe Cover, das die Gemütlichkeit einer Suburbidylle zeigt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in dieser Familie neben alltäglichem Leben viele Verletzungen sichtbar werden und Narben aufbrechen, die die Wunden der Kindheit nur oberflächlich überdecken. Den Lesenden wird Geduld abverlangt, die nicht nur dem Umfang des Buches geschuldet ist, sondern auch der komplexen Familiensituation, in die die Lesenden hineingezogen werden und die sie miterleben, ohne eingreifen zu können. In einem eingängigen und teilnehmenden Schreibstil schildert die Autorin Zuneigung und Enttäuschung sowie die Suche nach einem gelingendem Leben.

Berührend ist der Schluss des Buches, als Julia sich an ihr Leben erinnert. In der Rückschau erkennt sie alles Glück, das das Leben für sie bereithielt und fühlt neben wiederauftauchender Verzweiflung, wie sehr die Liebe zu ihrem Mann und ihren Kindern ihr Leben bereichert hat.

Dieses Roman ist ein vielschichtiges Buch, das von der nicht immer einfachen Geschichte einer Familie erzählt, es den Lesenden gestattet, sich als Teil des Geschehens zu fühlen, mit den Protagonisten Mitleid und Freude zu empfinden und am Ende zu erkennen: ”Das ist Liebe”. Eine klare Leseempfehlung, denn dieses Buch wird die Lesenden bereichert zurücklassen!






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