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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2024

Penibel recherchiert und fesselnd erzählt

Captain Nelson – Unter der Flagge des Königs
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Mac P. Lorne widmet sich in seinem Zweiteiler rund um Horatio Nelson dem Leben und Aufstieg des wohl bekanntesten Seehelden des Napoleonischen Zeitalters.

Zunächst begleiten wir Horatio, den jüngeren ...

Mac P. Lorne widmet sich in seinem Zweiteiler rund um Horatio Nelson dem Leben und Aufstieg des wohl bekanntesten Seehelden des Napoleonischen Zeitalters.

Zunächst begleiten wir Horatio, den jüngeren Sohn eines anglikanischen Pfarrers, der kein Erbe zu erwarten hat, auf seinen Weg zu den Kleinen Antillen, damals in englischem Besitz, wo er den sogenannten Navigation Act, also jenes Gesetzeskonvolut, das unter anderem den Handel zwischen England und den Kolonien regelt, zu überwachen hat. Denn derzeit umgehen zahlreiche vorwiegend amerikanische Schmuggler die Vorschriften. So entgehen dem Mutterland jede Menge Steuern und Zölle. Nutznießer des Schmuggels sind auch die britischen Statthalter auf den diversen Inseln, die ein komfortables Leben führen und natürlich ihre Privilegien nicht aufgeben wollen. Und genau mit diesen Statthaltern und Teilen der Bevölkerung, die vom Schmuggel profitieren, legt sich der junge Nelson an, denn er hält sich strikt an seine Befehle. Während die beschlagnahmten Schiffe der britischen Flotte einverleibt werden, gehört ein Anteil an der Schmuggelware ihm und seiner Mannschaft. Diese Vorgabe der britischen Krone soll die Kosten für eine stehende Flotte gering halten, denn die Kapitäne werden auf Halbsold gesetzt, wenn sie kein Kommando über ein Schiff führen.

So ist es nicht ganz verwunderlich, dass Horation Nelson jede unverheiratete oder verwitwete Frau nach ihrem zu erwartenden Vermögen taxiert. Dabei stellt er sich nicht unbedingt geschickt an und so muss er nach der Hochzeit mit Frances „Fanny“ Nisbet, einer Witwe, entdecken, dass weder die Mitgift noch die monatliche Rente seinen Erwartungen entspricht. Das Paar kehrt nach England zurück und muss sich fünf Jahre einschränken.

Erst 1793 als Frankreich England den Krieg erklärt und es gilt, die französische Flotte im Mittelmeer zu besiegen, erhält Horatio Nelson sein Kommando zurück. Die Belagerung von Toulon beschert ihm einen Todfeind: Napoleon Bonaparte und ein Aufenthalt in Neapel, eine neue Liebe, Emma Hamilton, die blöderweise mit dem britischen Botschafter verheiratet ist.

Wobei die nächsten vier Jahre hat Nelson nicht allzu viel Zeit für Liebschaften, denn er hat einige Seegefechte zu bestehen, bei denen er auch verwundet wird.

Meine Meinung:

Wie Autor Mac P. Lorne in seinem Nachwort erzählt, gibt es zwar einige historische Romane rund die Royal Navy während der Napoleonischen Kriege, doch keinen, der sich eingehend mit Horatio Nelson beschäftigt. Das hat er bei seinen Recherchen zu seinem anderen Roman „Jack Bannister“ entdeckt. Was lag daher näher, als einen eigenen historischen Roman über den Seehelden zu schreiben, der in der Seechlacht vor Kap Trafalgar 1805 seinen Tod findet? Aber, soweit sind wir ja noch nicht.

Dieser erste Teil widmet sich dem Aufstieg, der auf Grund Nelsons geradlinigem Charakter nicht ganz friktionsfrei verläuft. Kein Vorgesetzter, im Zivilleben und schon gar nicht beim Militär, kann es akzeptieren, wenn seinen Anordnungen nicht Folge geleistet wird. Mehrmals steht er knapp vor einem Verfahren wegen Insubordination dem Kriegsgericht. So auch 1797 vor Kap St. Vincent als er eine günstige Gelegenheit wittert, sich über alle Befehle hinwegsetzt und die spanische Flotte zerstört. Dass er die Schlacht gewinnt, rettet Nelson vor dem Kriegsgericht, bringt ihm aber, eine Menge Feinde ein wie auf S. 361 zu lesen ist. Denn nicht alle Kapitäne der Flotte stehen auf seiner Seite, wie Admiral John Jervis:.

„Mag sein, Mr. Calder. Der Unterschied ist nur: Admiral John Byung hat die Schlacht verloren, wir sie gewonnen. Eine unvorschriftsmäßige Abweichung von der vorgeschriebenen Angriffsmethode waren Commodore Nelsons Handlungen gewiss. Doch wenn Ihr jemals auf diese Weise gegen Eure Befehle verstoßen solltet, könnt Ihr sicher sein, dass ich Euch ebenfalls vergeben werde.“

Einige Handlungen von Nelson muss man im dem historischen Kontext sehen. In den Familien mit mehreren Söhnen erbt nur der Älteste, die anderen müssen schauen wo sie bleiben. Bei Nelson kommt noch dazu, dass sein Vater nur anglikanischer Pfarrer ist und über wenig Vermögen verfügt. Daher beleibt ihm nur wenig übrig, als reich zu heiraten, was auch nicht ganz so einfach ist, denn die Klassen blieben unter sich. Als er sich in die hübsche Witwe Fanny Nesbit verliebt, glaubt er das große Los gezogen zu haben, denn ihr Onkel ist ein reicher und gewiefter Kaufmann. Doch der hält sein Vermögen zusammen und düpiert Nelson mit der bescheidenen Mitgift und kargen Rente. Viel schwerer wiegt, dass Fanny ihm verschwiegen hat, dass sie nach der Geburt ihres Sohnes aus erster Ehe, keine Kinder mehr bekommen kann. Das wäre sogar nach katholischem Recht ein Grund die Ehe annullieren zu lassen. Dass er das nicht tut, ist vermutlich seinem strengen Ehrgefühl geschuldet.

Sehr gut sind seine Führungsqualitäten herausgearbeitet. Dort, wo üblicherweise die Peitsche regiert, setzt er auf den Ehrgeiz der Männer. Bei Exerzieren schenkt er seinen Männern nichts, denn jeder Handgriff muss einfach sitzen. Die Mannschaft muss sich blind aufeinander verlassen können. Nelson macht genau dasselbe, wie Napoleon aus den verwahrlosten Truppen seiner Italienarmee oder auch Arthur Wellington aus deinen Bataillonen.

Der Schreibstil ist lebendig und die Schlachtszenen sind nicht voyeuristisch beschrieben. Die langjährige Recherche beschert uns authentische Seegefechte.

Fazit:

Ich freue mich schon auf den zweiten Teil, auch wenn ich weiß, wie Horatio Nelsons Leben endet. Dem ersten Teil gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 17.09.2024

Süße Köstlichkeiten

Veronikas Backstube
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Nach „Veronikas Hofküche“ dürfen wir nun Veronika Brudl in ihrer Backstube über die Schulter schauen und unsere Nase (oder Finger) in die Schüsseln mit Teigen für flaumige Kuchen oder andere köstliche ...

Nach „Veronikas Hofküche“ dürfen wir nun Veronika Brudl in ihrer Backstube über die Schulter schauen und unsere Nase (oder Finger) in die Schüsseln mit Teigen für flaumige Kuchen oder andere köstliche Backwaren stecken.

Das Buch ist ähnlich aufgebaut wie sein Vorgänger , weshalb auch einige Grundrezepte daraus hier übernommen worden sind. Im Großen und Ganzen lassen sich die Rezepte wie folgt einteilen:

Torten, Tartes & feine Schnitten
Strudel & Rouladen
Brot & Gebäck
Pikantes Gebäck
Schmalzgebackenes & Traditionelles
Kekse & Weihnachtliches

Das Thema Keks ist noch weiter unterteilt in:

Kekse aus Mürbteig
Kekse aus Nuss-Mürbteig
Kekse aus Busserlteig/Baiserteig

Jetzt, wo die Tage wieder kürzer und die Temperaturen sinken, werde ich wohl das eine oder andere Rezept ausprobieren.

Die Zutaten sind leicht zu bekommen und die Anleitung liest sich gut strukturiert. Zu jedem Rezept ist dann die fertige Speise appetitlich abgebildet, damit Koch oder Köchin weiß, wie das Endprodukt aussehen soll.

Ich wünsche mir und allen jenen, die Rezepte aus Veronikas Backbuch ausprobieren, gutes Gelingen.

Fazit:

Ein ansprechendes Backbuch, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 07.09.2024

"Wir waren dort - Frauen können auch Helden sein"

Die Frauen jenseits des Flusses
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„Frauen können doch auch Helden sein“. Dieser Satz, der bei der Abschiedsfeier für ihren Bruder Finley, der sich als Marinesoldat für den Vietnam-Krieg verpflichtet hat, aus dem Mund seines Freundes Ryan ...

„Frauen können doch auch Helden sein“. Dieser Satz, der bei der Abschiedsfeier für ihren Bruder Finley, der sich als Marinesoldat für den Vietnam-Krieg verpflichtet hat, aus dem Mund seines Freundes Ryan „Rye“ Walsh fällt, bestärkt die junge Frances Mc Grath, Krankenschwesterschülerin aus gutem Haus, sich ebenfalls zur Army zu melden.

Noch bevor sie ihren Entschluss wirklich umsetzen kann, sie muss erst volljährig sein, erschüttert die Mitteilung, dass ihr Bruder gefallen ist, die Familie. Aus der Traum des Vaters, die sogenannte „Heldenwand“ im Haus mit einem Bild des hochdekorierten Sohnes zu schmücken.

Frankie lässt sich nicht beirren. Sie geht nach Vietnam, nicht nur um sich selbst, sondern auch um ihren konservativen Eltern zu beweisen, dass eine Frau nicht nur Hausfrau und Mutter sein muss.

Kaum angekommen, erlebt sie das Grauen des Krieges, das so gar nicht mit Parolen der Regierung übereinstimmt. Sie findet mit Barb und Ethel Freundinnen, verliebt sich in den Chirurgen Jameson, später trifft sie Rye wieder, sieht Männer, mit denen sie kurz zuvor noch gescherzt hat, sterben und entwickelt sich zu einer toughen Frau. Langsam beginnt sie angesichts der Leiden der vietnamesischen Zivilbevölkerung am Sinn dieses Krieges zu zweifeln.

Nach ihrer Dienstzeit kehrt sie verändert in die USA zurück und muss erleben, wie die Veteranen verunglimpft und beschimpft werden. Als sie um Hilfe ansucht, fühlt sich niemand für sie zuständig. Denn man verleugnet, dass Frauen als Krankenschwestern bei der Army und oder gar nicht in Vietnam an der Front waren. Der Hass und die Ablehnung, der ihr auch von Seiten ihrer Familie entgegen schlägt, lässt sie fast zerbrechen. Die Eltern haben ihren Freunden erzählt, Frankie studiere in Florenz

Frankie steht mit Henry, ihrem Verlobten im Haus ihrer Eltern vor der Heldenwand und vermisst ein Foto von sich und die Diskussion, dass sie als Frau in einem Krieg nichts verloren hat, beginnt von Neuem.

„Wenn ich als dein Sohn wohlbehalten aus Vietnam zurückgekehrt wäre, dann hättest du mein Foto also hier aufgehängt, Dad?

Du bist meine TOCHTER, du hattest kein Recht darauf in den Krieg zu ziehen, und das habe ich dir damals auch deutlich gesagt. Jetzt finden wir heraus, dass wir diesen verdammten Krieg von vornherein nicht führen hätten dürfen, und verlieren ihn noch obendrein. Lass die Sache doch endlich auf sich beruhen, Frankie. Vergiss sie und blicke nach vorn.“

Jahre später, erst 1982, erhält sie eine Einladung zu einem Treffen des medizinischen Personal des 36th Evac Hospitals, denn in Washington D.C. wird ein Memorial für die mehr als 58.000 gefallenen Männer und 8 Frauen enthüllt. Finley O. Grath‘ Name ist darunter, Jamesons fehlt.

Meine Meinung:

Der Vietnamkrieg und die Rolle der USA sind kaum in der Belletristik vorhanden. Erst die Biografie von Ron Kovic, der in Hannahs Roman auch vorkommt, die die Grundlage des Films „Geboren am 4. Juli“ von 1989, in dem Tom Cruise eben jenen Ron Kovic spielt, beschäftigt sich mit den traumatisierten Veteranen. Dieser Film ist zusammen mit „Platoon“ (1986) und „Zwischen Himmel und Hölle“ (1993) eine Film-Trilogie von Oliver Stone, der sich des Themas Vietnam und seine Folgen annimmt. <

Viele kleine Ereignisse sind für Frankie ein Trigger, um sofort wieder in Vietnam zu sein. Die Szene zu Sylvester, als sie sich beim Feuerwerk zu Boden wirft und Deckung sucht, ist für sie völlig normal, ihr Umfeld hält sie für verrückt. Die Diagnose, dass sie an einer PTBS , wie fast alle Veteranen, leidet, kommt erst sehr spät.

Für ihren Roman hat Autorin Kristin Hannah, wie sie im Nachwort schreibt, nach Erinnerungen jener Krankenschwestern und Ärztinnen gesucht, die dort waren. Es gab sie wirklich, die Frauen in Vietnam, nach den Recherchen der Vietnam Women’s Memorial Foundation haben rund 10.000 Frauen in verschiedensten militärischen und zivilen Positionen gedient. Dass ihre Tätigkeiten verleugnet und ihnen solange die Anerkennung verwehrt geblieben ist, ist eine Herabwürdigung ihre Verdienste.

Die Autorin versteht es, die Emotinen der Leser zu wecken, wenn sie die Frankie & Co im Feldspital unter widrigsten Umständen um das Leben der verletzten Soldaten kämpft. Manches ist kaum zu ertragen, wie der Angriff der US Army mit Napalm oder dem Entlaubungsmittel Agent Orange, das wie man nun weiß für eine Häufung von Krebserkrankungen und Fehlgeburten sowohl bei der vietnamesischen Bevölkerung als auch beim US-Personal.

Fazit:

Kristin Hannah ist es gelungen, allen jenen, die keine Lobby, keine Stimme haben/hatten, eine Stimme zu geben. Der Roman ist eine Hommage an alle Frauen, die im Krieg ihr Leben riskiert haben, ohne dass man ihnen dafür Anerkennung und Respekt gezollt hat. Dafür gebühren der Autorin und ihrem Roman 5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.09.2024

Ein gelungener Leifaden zum Möbelkauf

Das Möbel-Handbuch
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Dieses Buch ist ein gelungener Ratgeber zum Möbelkauf. In diesem Leitfaden wird erklärt, auf welche Fakten geachtet werden sollte. Ein Möbel soll nicht ausschließlich schön anzusehen und zur Brieftasche ...

Dieses Buch ist ein gelungener Ratgeber zum Möbelkauf. In diesem Leitfaden wird erklärt, auf welche Fakten geachtet werden sollte. Ein Möbel soll nicht ausschließlich schön anzusehen und zur Brieftasche passen, sondern hauptsächlich den Bedürfnissen der Menschen, die es benützen angepasst sein. Dazu werden die Lehren der Ergonomie, die man vielleicht schon vom Arbeitsplatz her kennt, auf den privaten Bereich umgelegt.

Über den scheinbar einfachen Rat, auch die Innenlichte von Türen abzumessen, um damit sicher zu stellen, dass das Möbelstück in die Wohnung passt, musste ich ein wenig schmunzeln. Aber, das hat seine Berechtigung, denn in der Euphorie, das lange gesuchte Wunschmöbel gefunden zu haben, wird das doch manchmal vergessen.

Die einzelnen Kapitel befassen sich ausführlich mit Sitzmöbel, Tischen, Stauraum und Betten unter oben angegebenen Kriterien, Vor-, und Nachteile werden aufgelistet. Auch das Kapitel über die verschieden Materialien sowie die Tabelle über die Holzarten können eine Hilfe bieten, denn die Auswahl ist schier grenzenlos. Leider sind die Verkäufer in einem Möbelhaus oft nur angelernte Verkäufer und können daher nicht immer entsprechend komptent beraten.

Zahlreiche Skizzen ergänzen die ausführlichen, aber doch leicht verständlichen Ausführungen. Nach der Lektüre wird schnell klar, dass der Kauf eines Möbels mehr ist, als saisonales Shopping, auch wenn uns die Werbung ständig suggeriert, den Jahreszeiten entsprechend, mehrmals im Jahr neue Möbel zu kaufen.
Es schont auch die eigene Geldbörse, ein wenig mehr Zeit und vor allem in Qualität eines neuen Möbelstückes zu investieren. Vom Gedanken an Nachhaltigkeit ist dabei noch wenig die Rede. Apropos Nachhaltigkeit: Die Autorin macht hier auch auf den Gebrauchtmöbelmarkt aufmerksam, bei dem oft nicht bekannt ist, welche Materialien hier verwendet worden sind, weil Gebrauchsanleitungen nicht mehr vorhanden sind. Besonders bei gebrauchten Kindermöbel, die allenfalls neu gestrichen werden, ist auf speichelfeste Lacke zu achten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem hochwertig und ansprechend gestalteten Handbuch, das die Leser auf wichtige Aspekte hinweist, das für sie persönlich perfekte Möbelstück zu kaufen, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.09.2024

Penibel recherchiert und opulent erzählt

Das Geheimnis der Glasmacherin
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Die US-amerikanische Autorin Tracy Chavelier hat mit „Das Geheinis der Glasmacherin“ einen ganz besonderen historischen Roman verfasst.

Man schreibt das Jahr 1468. Die Glasbläserfamilien auf Murano hüten ...

Die US-amerikanische Autorin Tracy Chavelier hat mit „Das Geheinis der Glasmacherin“ einen ganz besonderen historischen Roman verfasst.

Man schreibt das Jahr 1468. Die Glasbläserfamilien auf Murano hüten die Geheimnisse um die Herstellung des kostbaren Glases wie ihre Augäpfel. Die achtjährige Orsola Rosso soll bei der bekannten Glasbläserfamlie Barovier spionieren, was dort gerade erzeugt wird.

Wenig später kommt Lorenzo Rosso, einer der Glasvirtuosen, durch ein Unglück bei der Herstellung eines Kandelaber ums Leben. Zwar gibt es mit Marco einen Sohn, der die Familientradition weiterführen soll. Doch der ist ein Hitzkopf und bei weitem nicht so begabt wie sein Vater oder der Obergeselle Paolo.

Obwohl Lorenzos Witwe Laura versucht, den Niedergang aufzuhalten, treibt die Manufaktur langsam aber sicher auf ihren Ruin zu. Da greift Tochter Orsola, neben allen Aufgaben des Haushalts, zu einem Strohhalm: Sie holt sich Rat bei der gefürchteten Maria Barovier, lässt sich das Perlendrehen zeigen und beginnt heimlich in der Nacht mit der Erzeugung von Glasperlen in der Küche. Denn gemäß den strengen Regeln der Glasmacherkunst, ist es den Frauen verboten, an den Glasöfen zu arbeiten. Die Anfertigung von Glasperlen, abfällig „escrementi di topo“ bzw. „escrementi di coiglio“ (also Mäuse- bzw. Kaninchenköttel) genannt, mittels eines Tranbrenners, wird gerade noch geduldet, denn die Männergesellschaft nimmt diese Glasperlen nicht ernst. Damit kann sie die Unterhalt der Familie garantieren und die Werkstatt bis in die Gegenwart erhalten.

Wie eng die Regeln der Glasmacherkunst ausgelegt werden, ist daran zu erkennen, dass es nur sehr selten gelingt, Männern, die nicht aus Glasmacherfamilen stammen, eine Ausbildung auf Murano zu erhalten. Eine solche Ausnahme ist Antonio, der sich in den Kopf gesetzt hat, Glasmacher zu werden, obwohl seine Familie seit Generationen Fischer waren. Dass ihm Orsola den Kopf verdreht hat, spielt natürlich auch eine Rolle. Als Antonio bessere Entwürfe als Marco erzeugt, kommt es zum Streit und Antonio verlässt heimlich Murano, denn auf das Verlassen der Insel steht die Todesstrafe. Es könnte ja das Geheimnis um die Herstellung des Glases verraten werden und damit unliebsame Konkurrenz erzeugt werden.

Meine Meinung:

Bereits das Cover des Buches mit dem kunstvoll gestalteten Farbschnitt stimmt den Leser auf die Geschichte ein. Die Farben lehnen sich an die Glasstäbe an, mit denen die Glasmacher gearbeitet haben. Das Buch entführt einerseits nach Murano, wo das Monopol der Glasmacherkunst beheimatet war.

Dieser historische Roman bedienst sich einer interessanten Erzählform, denn er spannt den Bogen von Mitte des 15. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Was daran so bedeutsam sein soll? Tracy Chevalier lässt die Zeit in Murano viel langsamer vergehen. Während im nur wenige Kilometer entfernten Venedig die Jahre wie im Flug vergehen und wir Persönlichkeiten wie Giacomo Casanova und Kaiserin Joséphine, die Pest, die Besetzung Venedigs durch Napoleon, später durch die Habsburger, die Einigung Italiens, die beiden Weltkriege sowie die Corona-Epidemie erleben, bleibt in Murano (fast) alles beim Alten.

Diese politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen rund um Venedig sind eindringlich beschrieben. Spannend war auch das Verhältnis der Insulaner zum Festland. Die Autorin hat viele geschichtliche Details in dieser spannenden Familiengeschichte versteckt. Dadurch bleibt die Geschichte durchwegs interessant und entwickelt eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann.

Welches Geheimnis die Glasmacherin umgibt und welche Rolle Glasdelfine dabei spielen, müsst ihr selbst lesen.

Mir hat der Einblick in die Glasmacherkunst sehr gut gefallen. Ich habe anlässlich eines Besuches in einer der letzten Glashütten in Neunagelberg in Niederösterreich selbst eine Glaskugel blasen dürfen. Eine interessante Erfahrung.

Tracy Chevalier, deren wohl bekanntestes Werk „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ ist, ist abermals ein opulenter historischer Roman gelungen.

Neben einem geschichtlichen Überblick enthält das Buch noch ein Glossar über die wichtigsten italienischen und venezianischen Begriffe und Redewendungen, die in der Geschichte vorkommen. Ich konnte mein Arsenal an Schimpfwörtern um einige neue ergänzen, herrlich.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der penibel recherchiert und opulent erzählt ist und uns in die Welt der Glasmacherkunst entführt, 5 Sterne.