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Veröffentlicht am 08.10.2024

Die Geschichte mehrerer Generationen in Maine

Die Frauen von Maine
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Die Frauen von Maine von J. Courney Sullivan hat mich begeistert. Jane ist die Frau von Maine, die im Mittelpunkt des Romans steht, es ist die Geschichte von Jane und ihrer Familie, in der der Alkoholismus ...

Die Frauen von Maine von J. Courney Sullivan hat mich begeistert. Jane ist die Frau von Maine, die im Mittelpunkt des Romans steht, es ist die Geschichte von Jane und ihrer Familie, in der der Alkoholismus von Generation zu Generation weitervererbt wurde.
Jane lebt mit ihrer Mutter und Schwester in Awadapquit, was in der Sprache der Abenaki „Wo die herrlichen Klippen und das Meer sich begegnen“ bedeutet. Die drei bewohnen ein kleines Häuschen, das früher ihrer Großmutter gehört hatte. Janes und Hollys Mutter lebt vom Verkauf gebrauchter Waren, das Geschäft läuft mehr schlecht als recht, die Familie kommt gerade so über die Runden.
Jane ist sehr intelligent und belesen, mit einem Stipendium schafft sie es aufs College, wo sie ihr Studium abschließt. Sie bekommt eine Stelle als Archivarin an der berühmten Schlesinger-Bibliothek, wo sie sich mit der Geschichte der Native Americans beschäftigt und Ausstellungen organisiert. Ihre Arbeit erledigt sie gewissenhaft und gut, von ihrem Umfeld wird sie sehr geschätzt
Seit zehn Jahren ist sie mit David glücklich verheiratet. Sie versucht, die Finger vom Alkohol zu lassen, was ihr jedoch immer seltener gelingt. Auf einer Veranstaltung der Schlesinger-Bibliothek benimmt sich so daneben, dass ihr nahegelegt wird, sich eine längere Auszeit zu nehmen. Auch David erträgt es nicht länger, mit einer Alkoholikerin zusammenzuleben. Jane beschließt, ihrer Schwester Holly bei der Auflösung des Haushalts ihrer vor wenigen Monaten verstorbenen Mutter zu helfen.
In Awadapquit lebt Janes beste Freundin Alison, mit der sie seit ihrer Schulzeit befreundet ist. Alisons Eltern haben Jane immer unterstützt und häufig die Aufgaben übernommen, die eigentlich ihre Mutter hätte erledigen müssen.
Als junges Mädchen zieht es Jane zu einem verlassenen Haus an den Klippen. Dort verbringt sie viele glückliche Stunden. Während ihrer Auszeit wird sie von Geneviève, der neuen Besitzerin des Hauses beauftragt, gegen sehr gute Bezahlung die Geschichte der früheren Bewohner dieses uralten Hauses zu erforschen. Hintergrund ihres Interesses ist der Geist, der ihrem kleinen Sohn erscheint.
Jane stürzt sich begeistert in die neue Aufgabe. Sie bekommt heraus, dass einige der früheren BewohnerInnen im Haus gestorben und auf einem kleinen Friedhof an den Klippen begraben wurden. Sie nimmt Kontakt mit einem Medium auf und nimmt gemeinsam mit Alison und Geneviève an einer Rückführung in vergangene Leben teil. Dabei erfährt sie, dass auch ihre Großmutter eine Verbindung zu dem Haus hatte.
Wow! Ein wunderbarer, spannender Roman, den ich kaum aus der Hand legen konnte! Es waren vielleicht ein oder zwei Handlungsstränge zu viel, mir hätte die Geschichte von Jane fast ausgereicht, deren Leben und Charakter sehr stark von ihren Vorfahrerinnen beeinflusst wurden. Sehr interessant fand ich den spirituellen Aspekt, die Kontaktaufnahme mit der Welt der Geister und Janes Forschung über Native Americans. „Ich bin mir sicher, dass die Dekolonialisierung der Beitrag unserer Generation wird.“ (S. 153). Jane wollte „verdeutlichen, dass die Anfänge amerikanischer Geschichte in der Geschichte der indigenen Bevölkerung wurzelten.“ (S.394). Von mir eine große Leseempfehlung für alle, die gern Familien- und Frauenromane lesen und alle, die sich für die amerikanische Geschichte interessieren.

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Veröffentlicht am 07.10.2024

Flucht aus der DDR im Sommer 1989

Als wir nach den Sternen griffen
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Ich habe schon einige Bücher der Autorin, die sie unter dem Pseudonym Juliana Weinberg veröffentlicht hat, sehr gern gelesen. Auch „Als wir nach den Sternen griffen“ hat meine Erwartungen erfüllt.
1987, ...

Ich habe schon einige Bücher der Autorin, die sie unter dem Pseudonym Juliana Weinberg veröffentlicht hat, sehr gern gelesen. Auch „Als wir nach den Sternen griffen“ hat meine Erwartungen erfüllt.
1987, Halle/Saale: Tobias‘ Frau Doreen ist Leistungsschwimmerin und nimmt an Wettbewerben im In- und Ausland teil. Während eines Aufenthalts in München, bleibt sie im Westen. Tobias gerät daraufhin ins Visier der Staatssicherheit, wird tagelang verhört, verliert seinen Job als Fotograf und muss aus der Wohnung ausziehen. Von nun an ist er alleinerziehender Vater der gemeinsamen Tochter Jasmin.
Juni 1989: Als die Grenzen nach Ungarn und in die Tschechoslowakei im Zuge von Perestroika und Glasnost durchlässig werden, beschließt Tobias, sich mit der dreijährigen Jasmin in den Westen abzusetzen. Die beiden gehören zu den Ersten, die in der Botschaft der Bundesrepublik in Prag Zuflucht suchen.
Judith, 30, ist vom Auswärtigen Amt an die Botschaft in Prag entsandt. Die BotschaftsmitarbeiterInnen stehen bald vor der großen Herausforderung, sich um die täglich steigende Zahl an DDR-Flüchtlingen zu kümmern. Schon bald platzt die Villa Lobkowicz, der Sitz der Botschaft, aus allen Nähten, es werden Zelte im Garten aufgestellt. Tobias und Jasmin schlafen in Judiths Büro, auch die anderen BotschaftsmitarbeiterInnen stellen ihre Büros den Flüchtlingen zur Verfügung. Bald muss in Schichten geschlafen werden. Aus der BRD kommen Lastwagen mit Lebensmitteln, Kleidung und Hygieneartikeln an. Es gibt kaum Waschgelegenheiten und nur wenige Toiletten. Die umliegenden Straßen sind mit Trabis und Wartburgs zugeparkt, die Anwohner beschweren sich über den Lärm, den die Menschenmassen verursachen.
Neben der Situation in der Botschaft steht die Liebesgeschichte zwischen Judith und Tobias im Fokus des Romans. Als Doreen in der Botschaft auftaucht und Zeit mit ihrer Tochter verbringen will, will Tobias ihr diesen Wunsch nicht verwehren. Judith denkt über ihre Zukunft mit Tobias nach und wie sich die Beziehung mit ihrem Beruf vereinbaren lässt, der von ihr abverlangt, dass sie alle drei Jahre in einem anderen Land arbeitet.
Am 30. September 1989 ist es endlich soweit. Außenminister Genscher teilt den DDR-Flüchtlingen, mit, dass sie mit Sonderzügen in die BRD gebracht werden.
Judiths und Tobias Geschichte hat mich sehr berührt, die Autorin hat mich in die mit Flüchtlingen überfüllte Botschaft versetzt, unfassbar, was die Menschen auf sich genommen haben, um in den Westen zu kommen. Die Autorin hat sowohl das Leben der Flüchtlinge in der Villa Lobkowicz als auch die Ost-West-Liebesgeschichte sehr lebendig und emotional beschrieben. Gut gefallen haben mir auch die vielen Nebencharaktere wie Botschafter Huber mit seiner Frau Jacqueline, der Pförtner Walter Edel und Judiths Kollegin Anke Wegener. Sie alle haben alles Menschenmögliche getan, um die Versorgung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Es gab sogar eine Einschulung mit Zuckertüten für die I-Dötzchen. Diesen schönen Liebesroman mit historischem Hintergrund der jüngsten deutschen Geschichte empfehle ich sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 07.10.2024

Trauerbewältigung und ein Neubeginn

Mein drittes Leben
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In dem Buch „Mein drittes Leben“ geht es um Trauerverarbeitung nach dem Verlust eines Kindes.
Lindas 17jährige Tochter Sonja stirbt nach einem Fahrradunfall. Linda stürzt in ein tiefes Loch, sie sieht ...

In dem Buch „Mein drittes Leben“ geht es um Trauerverarbeitung nach dem Verlust eines Kindes.
Lindas 17jährige Tochter Sonja stirbt nach einem Fahrradunfall. Linda stürzt in ein tiefes Loch, sie sieht keinen Sinn mehr im Leben. In der Leipziger Wohnung erinnert sie alles an Sonja, sie zieht auf einen Bauernhof auf dem Land und kündigt ihren Job als Kuratorin.
Auf dem Land findet sie allmählich wieder zurück ins Leben. Sie kümmert sich um Hündin Kaja, die ihr mit dem Bauernhof überlassen wurde und lernt Dorfbewohner und Nachbarn kennen. Mit Natascha, der Mutter eines jungen behinderten Mädchens, freundet sie sich an.
Ihr Mann Richard ist in Leipzig geblieben, er besucht Linda regelmäßig, auch nachdem er eine Beziehung mit der Schriftstellerin Brida Lichtblau eingeht. Dann geschieht etwas, das dazu führt, dass sich Richard zwischen Brida und Linda entscheiden muss.
Was ich nicht verstehen konnte, war die Beziehung zwischen Linda und ihrer Mutter. Linda nahm ihrer Mutter übel, dass sie kurz nach der Wende mit ihrer 12jährigen Tochter zu ihrem späteren Mann in den Westen Deutschlands gezogen ist. Sie habe große Eingewöhnungsschwierigkeiten am neuen Wohnort gehabt und keine neuen Freundschaften schließen können, was jedoch nicht an ihrem Stiefvater lag, der sie gut behandelt und gemocht hatte. Ich konnte die Entscheidung der Mutter nachvollziehen, die nicht nur für sich, sondern auch für Linda ein besseres Leben wollte.
Trotz des schwierigen Themas hat mich das Buch nicht traurig, sondern hoffnungsvoll zurückgelassen. Lindas Gedanken und Handlungen kreisen nicht mehr ausschließlich um sie selbst, sie hilft anderen, und ihr Leben hat dank der Unterstützung, die sie Natascha und Nine, Klaus und Bruni, Frau Engel und Richard zukommen lässt, wieder einen Sinn. Von mir eine große Leseempfehlung für diesen berührenden Roman, den ich nicht so bald wieder vergessen werde.

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Eine deutsche Familie im Zeitraum zwischen 1912 und 2007

Woher wir kamen
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Woher wir kamen von Ulrike Schweikert ist ein spannender historischer Roman auf mehreren Zeitebenen und an teilweise exotischen Handlungsorten: Berlin, Cape Cod, New York, Konstantinopel, Bagdad und Aleppo. ...

Woher wir kamen von Ulrike Schweikert ist ein spannender historischer Roman auf mehreren Zeitebenen und an teilweise exotischen Handlungsorten: Berlin, Cape Cod, New York, Konstantinopel, Bagdad und Aleppo.
2007: Jane erbt das Haus ihrer Großeltern auf Cape Cod. Sie ist Sanitäterin bei der Navy und war einige Jahre im Irakkrieg eingesetzt. Die Erlebnisse im Nahen Osten haben sie traumatisiert, sie überlegt, ihren Dienst zu quittieren und ein neues Leben auf Cape Cod anzufangen. In dem Haus findet sie Aufzeichnungen ihrer Großeltern, die 1930 aus Berlin nach Amerika ausgewandert sind.
Berlin, 1912: Die 12jährige Emilia lebt bei ihrer Mutter und ihrem Großvater. Dieser ist Hausmeister des Admiralpalasts, in dem erfolgreiche Revuen aufgeführt werden. Emilia träumt davon, Tänzerin zu werden. Sie wird von dem berühmten Paul Lincke entdeckt und gefördert.
Benno ist ein Findelkind ohne Nachnamen. Er ist in einem Waisenhaus aufgewachsen und ergreift die nächstbeste Gelegenheit, um zu fliehen. Als er im Admiralspalast unterschlüpft lernt er zuerst Emilia und dann ihren Großvater kennen. Als der Krieg ausbricht, verschlägt es ihn in den Nahen Osten. Er wird er von einem ranghohen Militär gefördert und beschützt und fährt mit ihm mit dem Orientexpress nach Konstantinopel.
Seine Erlebnisse im Osmanischen Reich sind geprägt von dem Völkermord an Armeniern. Entsetzt muss er mit ansehen, wie Armenier systematisch ermordet werden, und die Welt schaut zu – „Wir sind auf einer diplomatischen Mission, und die strikte Anweisung des Auswärtigen Amtes lautet, die Beziehungen zu unseren türkischen Verbündeten zu pflegen und zu stärken.“ (S. 185)
Die ersten getöteten Armenier sieht er in Aleppo. Von dort werden Armenier zu Todesmärschen in die mesopotamische Wüste getrieben. Einige werden von deutschen Firmen beim Bau einer Eisenbahnlinie von Bagdad aus beschäftigt. Benno erfährt einiges darüber, warum die Deutschen dabei helfen, eine Bahnstrecke durch den Orient zu verlegen. „Es ging um die deutsche Wirtschaft und ums Geld. Alleine die Lieferung der Schienen und Züge hatte deutschen Firmen einen enormen Auftragsschub bereitet.“ (S. 242)
Jane beschließt in das Land ihrer Vorfahren zu fliegen. Ihre Nachbarin Eve Rosenberg befürwortet das Vorhaben, denn: „Ich bin schon lange davon überzeugt, dass wir viel mehr sind als das Produkt unserer Gene und der Erziehung unserer Eltern. Der Grund, wie und wer wir sind, reicht viel weiter zurück, über Generationen, Weltmeere und Zeiten hinweg.“ (S. 477)
Mir hat das 500 Seiten starke Familienepos sehr gut gefallen. Besonders interessant und spannend fand ich Emilias und Bennos Geschichte in der Zeit von 1915 bis zur ihrer Auswanderung nach Amerika. Von dem Völkermord an Armeniern habe ich zum ersten Mal erfahren. Es ist der Autorin hervorragend gelungen, fiktive und reale Personen und Ereignisse zu verbinden. Ich freue mich, Ulrike Schweikert entdeckt zu haben und werde sehr gern weitere Bücher von ihr lesen.

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Veröffentlicht am 18.09.2024

Prophetische Träume in einem Haus im Wald

Der längste Schlaf
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Nach „Die Kunst des Verschwindens“ ist es das zweite Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. „Der längste Schlaf“ konnte mich genauso begeistern.
Mara, eine Deutsche, die seit Jahren in London lebt, ...

Nach „Die Kunst des Verschwindens“ ist es das zweite Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. „Der längste Schlaf“ konnte mich genauso begeistern.
Mara, eine Deutsche, die seit Jahren in London lebt, ist Schlafforscherin. Sie hat selbst große Schlafprobleme, da sie sich gegen den Tiefschlaf wehrt, nachdem mehrmals eingetreten ist, wovon sie geträumt hatte. So hat sie als Kind vom tödlichen Unfall ihrer Eltern in der Nacht zuvor geträumt. Nach dem Tod der Eltern ist sie bei Pflegeeltern aufgewachsen. Aus dieser Zeit kennt sie ihre beste Freundin Roxi, die ebenfalls ein Pflegekind war. Die beiden sich immer noch eng befreundet, und Roxi ist eine der wenigen Personen, die von Maras prophetischen Träumen wissen.
Eines Tages bekommt Mara ein Schreiben, in dem ihr die Schenkung eines Herrenhauses in der deutschen Provinz angekündigt wird. Den Schenker kennt sie nicht, sie hat noch nie von ihm gehört. Nach reiflicher Überlegung beschließt sie, den Notar zu kontaktieren und sich das Haus anzuschauen.
Das Haus übt einen magischen Sog auf sie aus, besonders ein Raum beschert ihr Glücksgefühle und weckt schöne Erinnerungen an ihre Kindheit. Doch irgendwann wendet sich das Haus gegen sie, Tassen, Teller und Bücher fliegen durch die Luft, das Licht geht an und aus, Waldtiere stürmen ins Haus.
Im Haus träumt Mara von einem kleinen Mädchen, welches ihr nicht nur im Traum, sondern auch tagsüber im wachen Zustand erscheint. Dann sieht sie ein Plakat mit dem Foto des Mädchens, es wird vermisst.
Der Roman ist in der Ich-Perspektive geschrieben, bis auf einige eingeschobene Kapitel, in denen ein Mädchen verzweifelt auf der Suche nach Hilfe für ihren Bruder ist, der im Wald in einen Brunnenschacht gefallen ist.
Der Schreibstil ist flüssig und authentisch, zeitweise habe ich mich gegruselt. Die paranormalen und mystischen Phänomene, die prophetischen Träume, das Haus am Waldrand, das sich in ein Geisterhaus verwandelt – bei all dem lief mir ein Schauer über den Rücken. Die Autorin weiß, wie man gute Thriller schreibt.
Die Auflösung der Frage, woher der großzügige Schenker Mara kennt, hat sehr gut gepasst. Die Liebesgeschichte am Rande hat mir auch gut gefallen. Von mir eine große Leseempfehlung für diesen spannenden Roman mit mystischen Elementen.

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