Über die flüchtigen Momente, die unser Leben und unsere Beziehungen prägen
Claire Lombardos Roman „Genau so, wie es immer war“ entfaltet sich als tiefgründiges und meisterhaft erzähltes Familienporträt, das vor allem durch seine komplexen Figuren und die subtile Erzählweise überzeugt.
Die ...
Claire Lombardos Roman „Genau so, wie es immer war“ entfaltet sich als tiefgründiges und meisterhaft erzähltes Familienporträt, das vor allem durch seine komplexen Figuren und die subtile Erzählweise überzeugt.
Die Geschichte beleuchtet die Bruchstellen einer scheinbar perfekten Familie, indem sie intime Einblicke in das Seelenleben der Protagonistin Julia gibt. Als Mutter zweier Kinder und Ehefrau, die sich mit Mitte fünfzig eigentlich in einem geordneten und erfüllten Leben wähnt, sieht sie sich plötzlich mit alten Wunden und ungeahnten Veränderungen konfrontiert.
Der Roman beginnt mit einem familiären Schock: Der Sohn verkündet eine folgenschwere Nachricht, während die Tochter kurz vor dem College steht. Diese Ereignisse lösen in Julia eine tiefe, bisher unbewusste Angst vor dem „leeren Nest“ aus. Doch die eigentliche Bedrohung lauert in ihrer Vergangenheit. Eine zufällige Begegnung mit einer Frau, die Julia seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hat, bringt nicht nur alte Wunden zurück an die Oberfläche, sondern zwingt sie auch, ihre Ehe und ihr Leben in Frage zu stellen.
Lombardo versteht es, die innersten Gefühle ihrer Figuren meisterhaft zu ergründen. Besonders Julia steht im Zentrum, und der Roman gibt einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt – von Ängsten über Sehnsüchte bis hin zu der Frage, was Glück wirklich bedeutet.
Die wechselnden Erzählstränge zwischen Gegenwart und Vergangenheit und die häufig verschachtelten lange Sätze verlangen vom Leser allerdings Konzentration.
Die Sprünge zwischen den Zeitebenen können zu Beginn verwirrend sein, und auch die Rolle der mysteriösen Helen, die Julia wiederbegegnet, erscheint zunächst nicht ganz klar.
Doch mit der Zeit fügt sich alles zu einem stimmigen Ganzen zusammen, in dem die Konflikte und Fragestellungen um Ehe, Familie und individuelle Selbstverwirklichung meisterhaft ineinandergreifen.
Insgesamt ist „Genau so, wie es immer war“ ein bewegender und zugleich tiefsinniger Roman über die flüchtigen Momente, die unser Leben und unsere Beziehungen prägen. Lombardo zeigt eindrucksvoll, wie unvorhersehbare Begegnungen und alte Wunden unser Glück infrage stellen und neue Perspektiven eröffnen können.
Trotz der gelegentlichen Langatmigkeit und der anspruchsvollen Erzählweise ist es ein Buch, das zum Nachdenken anregt und lange nachhallt.