Die Illusion eines klimaneutralen Dorfes
Das Dorf liegt idyllisch zwischen einem tiefen Wald und fruchtbaren Ackern und Wiesen. Viele Familien leben kleinbäuerlich, wie die von Antonie und ihren Eltern. In ihrem Roman "Schaltiere am Waldboden" ...
Das Dorf liegt idyllisch zwischen einem tiefen Wald und fruchtbaren Ackern und Wiesen. Viele Familien leben kleinbäuerlich, wie die von Antonie und ihren Eltern. In ihrem Roman "Schaltiere am Waldboden" @picusverlag nimmt mich Selina Holešinsky mit in das alltägliche Leben von Antonie. Feinfühlig erzählt sie aus der Perspektive des Mädchens die Entwicklung des Dorfes. Eines Tages wird ebendieses von einer Ministerin ausgewählt und es entsteht ein Modelldorf mit dem Ziel klimaneutralen Lebens. Antonies Vater ist begeistert von der Idee, wird zum Ortsvorsteher und kümmert sich im Namen der zuständigen Ministerin um die Öffentlichkeitsarbeit. Das Dorf erlebt einen Aufschwung, regionale Lebensmittel und Kunsthandwerk wird für viel Geld an Touristen verkauft. Menschen aus großen Städten ziehen in das Dorf, mit der Sehnsucht nach Idylle, Ruhe und einem umweltfreundlichen Leben. Antonies Mutter steht alldem von Anfang an sehr skeptisch gegenüber. Zumal es das einzige Modelldorf weit und breit ist in der ganzen Region. Und schon bald kippt die Stimmung im Dorf. Zugezogene beschweren sich zunehmend über Unannehmlichkeiten, es gibt zunehmd Auflagen für das Leben im Dorf: Verbot von PKWs, Wasserverbrauch wird je nach Verwendung rationiert, Plastik verboten, Obst und Gemüse soll nur noch aus dem Ort stammen. Was mit einer vorbildlichen Idee beginnt, entwickelt sich zu einer Diktatur im Namen der Klimaneutralität. Demokratie ist nicht mehr möglich. Nachbarn werden bespitzelt und bei Regelverstoß öffentlich bloßgestellt und gedemütigt. Und dann zerbricht Antonies Familie. Mich hat das Buch sehr berührt und gefesselt. Zumal es zeigt, wie Diktaturen zur Spaltung der Gesellschaft führen, im Großen wie im Kleinen. Lesen herzlich empfohlen 🤗