Ein Blitz, der alles zum Guten wendet?
DrifterWenzel und Killer verbindet seit Kindertagen eine tiefe Freundschaft. Beide haben sich aus dem einfachen Milieu, in dem sie aufgewachsen sind, rausgearbeitet. Wobei Killer, der mit bürgerlichen Namen Marco ...
Wenzel und Killer verbindet seit Kindertagen eine tiefe Freundschaft. Beide haben sich aus dem einfachen Milieu, in dem sie aufgewachsen sind, rausgearbeitet. Wobei Killer, der mit bürgerlichen Namen Marco Killmann heißt, eher der smarte Karrieretyp ist, der PR-Direktor werden will anstelle des PR-Direktors, immer ein paar Mädels im Schlepptau hat und Wenzel ihn irgendwie dafür bewundert. So wie an dem Tag, als sie auf der Pferderennbahn unterwegs sind. Doch nach dem Rennen wird Killer vom Blitz getroffen und das hat unübersehbare Auswirkungen.
»So, dachte ich, jetzt ist es amtlich: Bei Killer hatte sich was verschoben. Es ist nicht so, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber er hat das Geschirr neu sortiert.« S.74
Wenzel, der Ich-Erzähler dieser teils skurrilen, manchmal witzigen Geschichte erinnert sich an Vica, die Frau im goldenen Kleid, der sie in der S-Bahn begegnet sind. Hat sie nicht einen Blitz in die Luft gemalt, als sie am Aussteigen waren? Doch das war erst der Anfang von vielen Merkwürdigkeiten, die noch folgen.
Natürlich werden sich vor allem Wenzels Wege mit der ominösen Dame Vica (den vollen Namen samt Adelstitel erspare ich euch hier) wieder kreuzen, denn in seiner Hosentasche ist gleich eine ganze Liste von Fragen, die er ihr stellen will. Zum Beispiel woher sie das Buch »Elektrokröte« von seinem Lieblingsschriftsteller Drifter hatte, das noch gar nicht auf dem Markt ist. Und warum weiß sie sie so viel von ihm?
Nun aber zu dem neu sortierten Geschirr von Killer. Er wird seinen Job hinschmeißen, sein 1000 Euro teures Handy zertreten und zurück an die Peripherie in den Ranunkelring ziehen. Ein halb leerstehender Plattenbau, in dem seine Mutter noch lebt und Vica sich mit ihrer Firma einmietet.
In Vicas Schlepptau treten auf: ein zotteliger Hund, der eine gute Erziehung genossen hat und tanzen kann, eine etwas schrille Assistentin und ein farbenfroher Adjudant namens Heurtebise.
Nun ja, ihr merkt schon, das Ganze klingt nicht gerade nach einem ernstzunehmenden Roman und so ist es auch. Es wird herrlich schräg, Vica stellt nicht nur das Leben der beiden Bros auf denn Kopf, sondern auch den gesamten Wohnblock. Dabei gehts an manchen Stellen doch eher etwas fantastisch zu, im wahrsten Sinne des Wortes. Ulrike Sterblich verteilt einige Seitenhiebe auf die Medienwelt, lässt uns in ein ominöses Online-Forum blicken und verzaubert mit ein paar magischen Darbietungen. Anlagetipps gibst es bei der Vorstellung gratis dazu. Was? Ihr meint, das passt doch nicht? Sorry, ich habe das nicht erfunden, die Autorin war’s.
Also, ich würde sagen, wenn ihr einen freien Nachmittag habt, eine herrlich abgedrehte Geschichte über eine Männerfreundschaft lesen wollt, ein paar mysteriösen Verschwörungstheorien inklusiv bissiger Medienkritik – von einer Autorin, der die Ideen scheinbar nicht ausgehen, dann zieht euch die 286 Seiten Drifter rein, dazu was leckeres Hochprozentiges und der Tag ist gerettet. Nett war’s.