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Veröffentlicht am 04.11.2018

Schmöker für trübe Herbsttage

Die Tochter des Uhrmachers
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Romane, in denen ein Geheimnis aus der Vergangenheit gelüftet werden will, haben Konjunktur. Dafür verknüpfen die (üblicherweise) Autorinnen Gegenwärtiges mit Vergangenem, was mal mehr, mal weniger gut ...

Romane, in denen ein Geheimnis aus der Vergangenheit gelüftet werden will, haben Konjunktur. Dafür verknüpfen die (üblicherweise) Autorinnen Gegenwärtiges mit Vergangenem, was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Ein erfolgreiches Konzept, zumindest für die Australierin Kate Morton, deren Schmöker sich regelmäßig in den Bestsellerlisten etablieren.

In ihrem neuen Roman „Die Tochter des Uhrmachers“ sichtet Elodie, Archivarin und die zukünftige Braut, anlässlich ihrer bevorstehenden Hochzeit Familienfotos und stößt dabei auf das Bild eines Hauses, das Erinnerungen an die Gute Nacht-Geschichten hervorruft, die ihr ihre verstorbene Mutter allabendlich erzählt hat. Und es ist dieses Haus, hinter dessen Mauern sich im Lauf der Jahre so viel ereignet hat und das deshalb zum Dreh- und Angelpunkt des Romans wird.

Und daraus resultiert auch das große „Aber“, dessen ich mich während des Lesens nicht erwehren konnte. Es war einfach zuviel von allem, was dazu führte, dass die Geschichte immer nur an den verschiedenen Oberflächen gekratzt hat: vier verschiedene Zeitebenen (eigentlich drei: Gegenwart, Ende neunzehntes Jahrhundert, Zweiter Weltkrieg) mit vier unterschiedlichen Protagonistinnen, deren Schicksal samt und sonders mit dem Herrenhaus Birchwood Manor verknüpft ist. Jede hat ihre eigene Geschichte, und die Verknüpfungen bekommt Morton auch gut hin, aber die Personen bleiben flach, erreichen den Leser nicht.

Dennoch, wer einen Schmöker für die trüben Herbsttage sucht, den man trotz des Umfangs zügig herunterlesen kann, kann hier unbedenklich zugreifen.

Veröffentlicht am 22.09.2024

Schwacher Protagonist und dünne Handlung

Nacht der Verräter
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Max, ein Polizist, der nach einem missglückten Einsatz, den seine Kollegin mit dem Leben bezahlt, schwer traumatisiert ist. Dessen Frau, die wie ein Grab über ihr früheres Leben schweigt, ohne Vorwarnung ...

Max, ein Polizist, der nach einem missglückten Einsatz, den seine Kollegin mit dem Leben bezahlt, schwer traumatisiert ist. Dessen Frau, die wie ein Grab über ihr früheres Leben schweigt, ohne Vorwarnung spurlos verschwindet und ihr dreijähriges Kind zurücklässt.. Zwei Halbbrüder, beide ebenfalls Polizisten, die in dunkle Geschäfte verwickelt sein könnten. Seine Vorgesetzten, die uneingeschränkte Loyalität zum Dienst von ihm fordern und ihn auf seine Halbbrüder ansetzen. Und zuletzt eine kriminelle Organisation, die über Leichen geht.

Soweit die Eckdaten zu Horst Eckerts neuem Thriller „Nacht der Verräter“, in dem er zwar dem aus seiner Vincent und Melia-Reihe bekannten Handlungsort Düsseldorf treu bleibt, ansonsten aber alles zur Seite schiebt, was diese Vorgänger ausgezeichnet hat. Natürlich ist das legitim, und diese Story mag auch an reale Ereignisse in NRW angelehnt sein, aber auf mich wirkte sie über weite Strecken dünn, unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen.

Die Gründe dafür werde ich hier aus meiner Sicht erläutern. Wer Max dienstfähig geschrieben hat, sollte den Beruf wechseln. Selbst für uns außenstehende Leser ist es schnell klar, dass das nicht verarbeitete Trauma noch immer seinen Blick vernebelt und die Verlustängste wieder an die Oberfläche holen. Und welche Partnerschaft toleriert auf Dauer das Schweigen des Gegenübers über die Vergangenheit, diese Geheimniskrämerei? Lässt eine Mutter, selbst wenn sie in einer Ausnahmesituation ist und nicht weiß, ob sie irgendwann zurückkommen wird, ihr Kind zurück? Was ist mit der familiären Loyalität? Warum müssen die Halbbrüder einen teilrussischen Hintergrund haben? Soll sie das von vornherein schon zwielichtig erscheinen lassen? Und zu guter Letzt, warum und wie könnte ein solch isoliertes Ereignis wie die Enttarnung zweier korrupter Polizisten ein wirksamer Schlag gegen die organisierte Kriminalität sein? Das wäre doch lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Tja, und der Schluss? Oh weia, falls dieser eine Tür für die Fortsetzung offenhalten soll, werde ich sie mit Sicherheit nicht lesen. Mir war dieser Thriller im Gegensatz zu der obengenannten Reihe, die ich sehr gerne gelesen habe, viel zu einfach gestrickt und konnte mich deshalb nicht überzeugen. Vielleicht waren meine Erwartungen aber auch zu hoch, denn bei der Mehrzahl der Leser und Leserinnen, schaut man sich die aktuellen Bewertungen an, konnte der Autor durchaus punkten.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Das Buch hat knapp 400 Seiten, aber hätte man eine Schriftgröße des üblichen Standards verwendet und die extrem kurzen Kapitel fließend enden lassen, würde das den Umfang erheblich reduziert haben.

Veröffentlicht am 14.09.2024

Statt Spannung überwiegt Gejammer

Dunkles Wasser
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Dieser fünfte Band der Linville-Reihe bietet keine Überraschungen. 2008 werden an Schottlands Westküste zwei campende Familien überfallen und ermordet. Einzig Iris, die Tochter der einen Familie, kann ...

Dieser fünfte Band der Linville-Reihe bietet keine Überraschungen. 2008 werden an Schottlands Westküste zwei campende Familien überfallen und ermordet. Einzig Iris, die Tochter der einen Familie, kann sich verstecken und überlebt das Massaker. Die Ermittlungen der Polizei bleiben ergebnislos, die Mordkommission steht vor einem Rätsel.

Fünfzehn Jahre später kommt Bewegung in den Cold Case, der als die Kilbride-Morde in die Akten eingegangen ist. Ausgelöst durch Iris, die im Frankreich-Urlaub auf Caleb Hale trifft und sich hilfesuchend an ihn wendet, nachdem ihre Freundin mitsamt dem Auto, in dem sich Iris‘ Gepäck, Geld und Ausweis befanden, spurlos verschwunden ist…

Warum habe ich zu diesem Buch gegriffen, obwohl mich bereits der Vorgänger nicht überzeugen konnte? In erster Linie war es die Verortung in Schottland und die Hoffnung auf atmosphärische Landschaftsbeschreibungen. Leider tauchen diese nur sporadisch in den Rückblenden zu den Kilbride-Morden auf, denn wesentlich mehr Raum nehmen die Beschreibungen der gegenwärtigen Ermittlungen ein, die Caleb Hale und Kate Linville wieder aufnehmen.

Leider kranken diese an zahlreichen nicht nachvollziehbaren Handlungen und Logikfehlern der federführenden Ermittlerin Linville, deren persönliche Nicht-Entwicklung zusätzlich dafür sorgt, dass die fast 600 Seiten unglaublich zäh daherkommen. Dieses Gejammer und Selbstmitleid über ihr einsames Leben, ihr mangelndes Selbstbewusstsein und die unerfüllte Liebe zu Caleb…ich will’s nicht mehr lesen. Die Frau ist erwachsen, und wenn sie es nicht selbst auf die Reihe bekommt, sollte sie sich professionelle Hilfe holen.

Glücklicherweise klärt sich einer dieser genannten Punkte am Ende, aber es ist zu befürchten, dass in der Fortsetzung der Geschichte - siehe offene Fäden - das Schmachten durch unzählige vollgeheulte Taschentücher abgelöst wird.

Spannung? Leider Fehlanzeige.

Veröffentlicht am 30.07.2024

Konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen

Man sieht sich
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„Am liebsten sitzen alle in der Küche“ habe ich gerne gelesen und die realistische Darstellung der Beziehungs- und Alltagsprobleme von drei Freundinnen in den Fünfzigern geschätzt. Ähnliches hatte ich ...

„Am liebsten sitzen alle in der Küche“ habe ich gerne gelesen und die realistische Darstellung der Beziehungs- und Alltagsprobleme von drei Freundinnen in den Fünfzigern geschätzt. Ähnliches hatte ich auch von „Man sieht sich“ erwartet, aber das ist Julia Karnick diesmal leider nicht gelungen.

Erzählt wird die on/off Geschichte von Frie und Robert. Es ist eine Geschichte vom Zögern und Zaudern, von Gefühlen, die man sich nicht eingestehen kann oder will und von verpassten Gelegenheiten.

1988: Robert ist der neu an der Schule und verliebt sich in Friederika, genannt Frie, seine Mitschülerin mit den großen Füßen und dem Entengang, sie aber verhält sich ihm gegenüber indifferent. Also hält er den Ball flach. Man lernt sich kennen, freundet sich an. Es knistert, will aber nicht zünden. Beide sind unsicher, trauen ihren Gefühlen nicht, wollen sich keine Blöße geben, die Freundschaft nicht aufs Spiel setzen.

2002: Frie hat aus einer mittlerweile beendeten Beziehung eine kleine Tochter und ihre Karriereambitionen aufgegeben. Robert ist Musiker, hangelt sich von Auftritt zu Auftritt. Sie laufen sich zufällig über den Weg, haben sich aber wenig zu sagen, bleiben unverbindlich.

2022: Das Klassentreffen steht ins Haus. Werden sich die beiden mittlerweile Fünfzigerjährigen treffen? Und werden sie die alte Vertrautheit wieder herstellen können? Vielleicht sogar endlich ein Paar werden?

Interessiert das wirklich jemand, nachdem man sich ca. 400 Seiten durch diese langatmigen und redundanten Beschreibungen durchquälen muss, um am Ende zu einem Schluss zu kommen, der von Beginn an klar ist?

Zu Beginn ist diese Sie-konnten-zusammen-nicht kommen Geschichte ja noch ganz nett zu lesen, insbesondere was die Teenagerjahre samt erster Liebe angeht, aber mit zunehmender Seitenzahl macht sich Ermüdung und Langeweile breit, weil sowohl Höhepunkt als auch Katastrophen fehlen. Dafür gibt es banale Alltagsbeschreibungen in Hülle und Fülle.

Die langatmige Beziehungsgeschichte zweier Protagonisten, die keine Sympathien wecken und deren Verhalten man nicht unbedingt als erwachsen bezeichnen kann, gekrönt von einem Ende, das in diesem Genre vorhersehbar ist. Tut mir leid, Frau Karnick, aber das war nix.

Veröffentlicht am 09.06.2024

Au revoir, Lavandou

Verräterisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 10)
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Einmal mehr nimmt uns Remy Eyssen mit nach Le Lavandou, der Kleinstadt an der Côte d'Azur, in dem der Mediziner Leon Ritter vor einigen Jahren Zuflucht gefunden und sich mittlerweile an der Seite von Capitaine ...

Einmal mehr nimmt uns Remy Eyssen mit nach Le Lavandou, der Kleinstadt an der Côte d'Azur, in dem der Mediziner Leon Ritter vor einigen Jahren Zuflucht gefunden und sich mittlerweile an der Seite von Capitaine Isabelle Morell, stellvertretende Leiterin der Gendarmerie, ein neues Leben aufgebaut hat. Er arbeitet dort als Rechtsmediziner, sieht also nicht nur die idyllischen Seiten des Urlaubsparadieses, sondern bekommt auch immer wieder Tote zur Obduktion, die Opfer eines Verbrechens geworden sind. So auch im aktuellen Fall, in dem ein Frauenmörder sein Unwesen im Paradies treibt.

Nachdem mich bereits der Vorgänger nicht mehr überzeugen konnte, wollte ich der Reihe noch einmal eine Chance geben. Aber leider zeigt sich einmal mehr, dass dem Autor die Ideen ausgegangen sind. Idyllische Beschreibungen der Landschaft und des beschaulichen provenzalischen Lebens mögen ja durchaus ihren Reiz haben, aber sie tragen nun mal auf Dauer keinen Kriminalroman, dessen Handlung sich nur noch aus Versatzstücken und Kombinationen der Vorgängerbände, aufgefüllt mit nichtssagenden Plattitüden, zusammensetzt.

Beispiel gefällig? Voilà: „Leider kann man den Mördern ihre bösen Taten nicht ansehen“, kommentierte Leon. „Und die Harmlosesten sind oft die Gefährlichsten“.

Ich habe die Reihe seit Beginn verfolgt, die mit „Verräterisches Lavandou“, diesem zehnten Band, an einem Tiefpunkt angelangt ist und für die es langsam aber sicher angezeigt wäre, zu einem Abschluss zu kommen.

Zähe und langatmige Ermittlungen mit jeder Menge Geschwafel, die sich seitenweise im Kreis drehen, aber keinen Schwerpunkt auf die Polizeiarbeit legen. Beschreibungen, die wir bereits in den Vorgängern zur Genüge gelesen haben. Und ein Kriminalfall, der fast identisch in einem der früheren Bände beschrieben wurde, samt dem anscheinend unvermeidlichen Dreh, in dem die Menschen aus Ritters persönlichem Umfeld in Gefahr geraten. C’est tout pour moi. Au revoir, Lavandou.