Die Emanzipation einer Autorin
Nachdem ich das Buch von Nina de Gramont über das elf Tage dauernde Verschwinden von Agatha Christie im Jahre 1926 gelesen hatte, interessierte mich natürlich auch, was Marie Benedict aus diesem Mysterium ...
Nachdem ich das Buch von Nina de Gramont über das elf Tage dauernde Verschwinden von Agatha Christie im Jahre 1926 gelesen hatte, interessierte mich natürlich auch, was Marie Benedict aus diesem Mysterium gemacht hat.
Mir hat diese unspektakulärere Version von Benedict tatsächlich besser gefallen. Hier steht die Krimiautorin im Mittelpunkt, anders als bei de Gramont, wo es hauptsächlich um die Geliebte von Archibald Christie geht, die auch als Ich-Erzählerin fungiert. Marie Benedict, die bereits einigen anderen historischen Frauen einen Roman gewidmet hat, gewährt einen Einblick in das Leben von Agatha Christie, die ihre vorherbestimmte Bahn verlässt, als sie Archibald Christie kennenlernt. Sie verliebt sich Hals über Kopf und löst die Verlobung mit einem jungen Mann, den sie schon seit ihrer Kindheit kennt. Die stürmischen Anfänge der großen Liebe werden durch den 1. Weltkrieg getrübt und Archibald kehrt als ein anderer zurück. Benedict beschreibt eindrucksvoll und nachvollziehbar, wie Agatha alles versucht, um ihrem (wehleidigen und undankbaren) Gatten das Leben so angenehm wie möglich zu machen, bis zur Selbstaufgabe. Als er von ihr die Scheidung verlangt, bricht für sie eine Welt zusammen.
Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart von 1926 sieht sich Archibald den immer drängenderen Verdächtigungen der Polizei und der Öffentlichkeit ausgesetzt. In der Vergangenheit verfolgen wir das Leben von Agatha bis zu ihrem Verschwinden: Ihre behütete Kindheit, die Geldsorgen als der Vater stirbt, ihre Tätigkeit als Krankenschwester und Apothekenhelferin während des Krieges und ihre ersten Erfolge als Krimiautorin. Die "Auflösung", die sich Benedict überlegt hat, hat mir sehr gut gefallen und sie korrespondiert mit dem Bild, das ich mir von der Autorin gemacht habe, denn Christie-Krimis und ihre Autobiografie habe ich schon als Jugendliche gelesen.
Insgesamt ein flottes Lesevergnügen, bei dem Archibald Christie nicht besonders gut wegkommt und die Stellung der Ehefrauen zur damaligen Zeit auch nicht.