Alte chinesische Mythologie neu interpretiert
Das Buch "A song to drown rivers" der chinesisch-australischen Autorin Ann Liang fällt zuerst durch sein wunderschönes Cover mit Farbschnitt auf. Ich habe schon lange kein so wunderschön und liebevoll ...
Das Buch "A song to drown rivers" der chinesisch-australischen Autorin Ann Liang fällt zuerst durch sein wunderschönes Cover mit Farbschnitt auf. Ich habe schon lange kein so wunderschön und liebevoll gestaltetes Buch mehr gesehen, die Hardcover-Ausgabe ist absolut edel, fühlt sich angenehm an und es macht Freude, das Buch in der Hand zu haben. Unter dem Schutzumschlag befinden sich zwei Referenzen auf etwas, was im Buch vorkommt.
Der Inhalt des Buches steht der äußeren Form in nichts nach: es ist von Anfang an spannend erzählt, mit detailliert ausgearbeiteten, authentischen Charakteren und einer Geschichte, die tatsächlich auf eine der Legenden der Vier Schönheiten des Antiken Chinas zurückgeht und modern interpretiert wird.
Wir erleben diese Geschichte durch die Augen von Xishi, einer außergewöhnlich schönen und zugleich intelligenten, mutigen und bescheidenen jungen Frau aus einem armen Dorf im ländlichen China, die auserwählt wird (und sich bewusst dafür entscheidet), als Konkubine ins Reich des verfeindeten Herrschers, ins Nachbarland Wu, zu gehen, ihn zu bezaubern, sein Herz zu gewinnen und für ihr Heimatland zu spionieren. Das Buch nimmt sich Zeit, diesen Weg ausführlich zu schildern, und zwar nicht nur die Zeit am Hof des Feindes, sondern auch die ausführliche Vorbereitungszeit, in der Xishi nicht nur die bei Hof erwartete Etikette erlernen muss, sondern auch das Verbergen ihrer Gefühle. Im Hintergrund gibt es dann noch eine aufkeimende Liebesgeschichte zwischen ihr und dem jungen Militärstrategen Fanli, der sie für ihre Mission schult. Und auch im fremden Reich ist nicht alles so, wie Xishi es erwartet hätte...
Für einen historischen Roman weist dieses Buch eine besondere Erzählqualität auf und schafft es außerdem, nicht nur so spannend zu sein, dass man es in einem Zug durchlesen möchte, sondern auch zum Nachdenken über Feindbilder, Polarisierungen und die Natur des Krieges anzuregen. Damit ist das Buch gleich auf mehreren Ebenen wertvoll und ich empfehle es allen, die sich für chinesische Geschichte und Mythologie interessieren und auf intelligentem Niveau gut unterhalten werden möchten.
Nur mit Vorbehalt empfehle ich es allen, die sehr mitfühlend sind, und insbesondere Schwangeren und Eltern von kleinen Kindern: es werden nämlich nicht nur, wie in vielen historischen Romanen, diverse Kriegsgräuel an erwachsenen Menschen detailliert beschrieben geschildert, sondern leider auch die bestialische Ermordung eines Kleinkindes durch Soldaten, und diese Schilderung wiederholt sich gleich mehrmals im Buch, ganz am Anfang und später wieder (in Xishis Erinnerungen, es handelt sich dabei um ihre kleine Schwester und es soll damit gezeigt werden, was für einen tiefen Grund sie hat, das verfeindete Königreich Wu zu hassen). Diese Schilderungen haben mir als Mutter eines kleinen Kindes im Herzen sehr weh getan, selbst wenn es sich um eine fiktive Geschichte handelt.
Davon abgesehen handelt es sich aber um ein sehr gut geschriebenes, spannendes Buch, das ich definitiv empfehlen kann!