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Veröffentlicht am 23.09.2024

Spannende Themen um Klimakrise und Hausbesetzerszene der 1980er scheitern am kopflosen Verhalten der Charaktere

Tage mit Milena
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Annika ist in Lübeck mit Hendrik verheiratet und hat dort das Schreibwarengeschäft ihres Schwiegervaters übernommen, wo sie selbst Postkarten illustriert. Unbedarft verkauft sie einer jungen Frau Sekundenkleber, ...

Annika ist in Lübeck mit Hendrik verheiratet und hat dort das Schreibwarengeschäft ihres Schwiegervaters übernommen, wo sie selbst Postkarten illustriert. Unbedarft verkauft sie einer jungen Frau Sekundenkleber, die damit wenig später für eine Straßensperre sorgt, um auf die "Klimakatastrophe" aufmerksam zu machen. Als Luzie festgeklebt in Bedrängnis gerät, fühlt sich Annika an ihre Freundin Milena erinnert und zeigt sich mit dem Mädchen solidarisch. Sie erinnert sich an ihre Zeit in den 1980ern und sorgt sich um Luzie, die bei weiteren Protesten in Gefahr geraten könnte. Annika folgt ihr nach Hamburg zu einem Klimacamp und fühlt sich dort erst recht mit der Vergangenheit konfrontiert. Ihr Weg führt sie weiter zu Matti nach Venedig, mit dem sie in den 1980ern eng verbunden war.

Der Klappentext nimmt bereits viel vorweg, denn bevor man in die Vergangenheit und die Hausbesetzerszene in den 1980er-Jahren in Hamburg eintaucht, handelt die erste Hälfte des Romans in der Gegenwart. Erst dann erfolgen einzelne Erinnerungen Annikas an ihre Jugend und die Zeit zwischen 1982 und 1986. Aus der Distanz betrachtet, ist die Beschreibung nicht so bewegend wie erwartet. Erinnerungen vermischen sich mit einer Nacherzählung der Ereignisse und der Gegenwart, was den Lesefluss zunehmend hemmt. Die für Annika prägende Zeit, die in der Gegenwart so viel auslöst, bleibt zu oberflächlich und lässt Details über den Alltag in der Hausbesetzerszene, aber auch über die Bindung zwischen Annika, Matti und Milena vermissen.

Mit der Klimakrise und den streitbaren Klimaaktivisten hat die Autorin ein aktuelles und gesellschaftlich relevantes Thema gewählt. Luzie, die sich zur Letzten Generation zählt, wirkt in ihrem Handeln authentisch. Annikas Verhalten ist hingegen kaum nachzuvollziehen. Für eine Frau über 50, die mit beiden Beinen im Leben steht, löst die fremde 17-Jährige sehr viel in ihr aus und lässt sie kurzfristig ihr gesamtes Leben über den Haufen werfen. Andere Charaktere, insbesondere Milena und Matti bleiben blass.

Die Einblicke in Vergangenheit erfolgen nur häppchenweise, weshalb die Hausbesetzer-Thematik oberflächlich bleibt und die damalige Zeit - anders als bei Romanen auf zwei Zeitebenen - nicht aktiv miterlebt werden kann.
Der Roadtrip, der der Vergangenheitsbewältigung dient, wird in die Länge gezogen bis es endlich zu einer Aussprache mit Matti kommt. Da schon vorab klar ist, dass es in der Vergangenheit ein Missverständnis gegeben hat, ist die Aufklärung dann nicht mehr ganz so spannend und die Aussprache nach fast 40 Jahren fast schon inhaltsleer.

Unter "Tage mit Milena" hatte ich eine Geschichte über Freundschaft und Vergangenheitsbewältigung erwartet, in denen die Hausbesetzerszene eine entscheidende Rolle spielt. Überlagert wurde die Handlung vielmehr von Annikas kopflosem Verhalten und ihrer überstürzten, dramatischen Reise über Hamburg nach Italien. Dass sich Luzie einfach mal so einer fremden Frau anschließt statt ihre eigenen Pläne umzusetzen, empfand ich nicht schlüssig. Das Geheimnis, das sie birgt, ist zwar offensichtlich, wird jedoch erst am Ende aufgelöst, wodurch der Spannungsbogen nur künstlich aufrecht erhalten wird.

Das Duo und ihr abenteuerlicher Weg haben für mich nicht funktioniert, weshalb ich die Umsetzung der eigentlich so spannenden politischen Themen nicht gelungen fand. Die Charaktere und ihr Zusammenspiel konnten mich genauso wenig für die Geschichte einnehmen wie das verwirrende Wechselspiel zwischen Erinnerungen und gegenwärtigen Ereignissen.

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Mischung aus Drama, Kriminalroman und einem Hauch historischer Roman - konstruierter Handlungsverlauf mit zu vielen Themen, die oberflächlich bleiben

Die vergessenen Kinder
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Im Jahr 1975 war Superintendent Joanna Hamilton noch eine junge, unerfahrene Polizistin, als sie zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wurde. Die Situation eskalierte und am Ende überlebten in dem Haushalt ...

Im Jahr 1975 war Superintendent Joanna Hamilton noch eine junge, unerfahrene Polizistin, als sie zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wurde. Die Situation eskalierte und am Ende überlebten in dem Haushalt der Moores nur die beiden Töchter Holly und Daisy, die sodann in ein Waisenhaus gebracht wurden. Die Mädchen wurden später getrennt, die jüngere adoptiert und die ältere, die aufmüpfig wurde, verschwand eines Tages spurlos. Schon Jahre zuvor kam ein anderes Mädchen, das in dem Waisenhaus lebte, unter ungeklärten Umständen ums Leben.
30 Jahre später ist Jo kurz vor ihrer Pensionierung, als die sterblichen Überreste einer jungen Frau gefunden werden. Jo vermutet, dass es sich dabei um Holly handelt, die so lange schon vermisst ist. Sie möchte endlich beide Fälle vollständig aufklären, um Hollys Schwester Gewissheit zu geben und selbst guten Gewissens in Rente gehen zu können.

"Die vergessenen Kinder" ist ein Roman, der auf unterschiedlichen Zeitebenen handelt. Nach einem Rückblick auf den 14. Dezember 1975, der das Schicksal der beiden Schwestern Holly und Daisy besiegelte, fokussiert sich die Handlung auf die Jahre 1985 und 2015, der Verlust der beiden Teenager und der Fund der Leichenteile, die Jo die Fälle aufrollen lassen, die die Polizei zum Tatzeitpunkt nur unzureichend aufgeklärt hat. Darüber hinaus gibt es Rückblenden in das Frühjahr 1944, das zur eigentlichen Handlung bis auf wiederkehrende Charaktere keinen offensichtlichen Bezug hat.

Das Buch ist eine Mischung aus Drama, Kriminalroman und einem Hauch historischer Roman. Der Schwerpunkt der Handlung liegt auf den traurigen Schicksalen der Mädchen und den familiären und beruflichen Verhältnissen von Jo und weniger auf den polizeilichen Ermittlungen oder den Spionagetätigkeiten der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges.

Die Geschichte beginnt spannend mit einem von Jos ersten Einsätzen, der unglücklich endet und sie auch Jahre später noch beschäftigt. Anschließend verläuft sich der Roman mit verschiedenen Erzählsträngen und wirkt mit der Vielzahl an Themen zu überladen. Dabei ist keine Thematik wirklich neu, hat man Romane über kümmerliche Verhältnisse in Kinderheimen, Missbrauch Schutzbefohlener, ungewollte Schwangerschaften, problematische Mutter-Tochter-Beziehungen und frauenfeindliche Strukturen in Polizeibehörden schon häufiger gelesen. Der Fokus auf nur einzelne Probleme davon hätte dem Roman mehr Tiefe und den Charakteren mehr Möglichkeiten der Entfaltung geben können.

Darüber hinaus erscheint konstruiert, dass alle handelnden Figuren irgendwie mit einander zusammenhängen, verwandt sind oder beruflich zusammenarbeiten. Aufgrund der übersichtlichen Anzahl der handelnden Charaktere ist der Täter bald zu erahnen. Am Ende gibt es jedoch kein klares Motiv und seine Charakterisierung mag nicht zu den verübten Taten passen. Selbst wenn der Erzählstrang aus 1944 die Weichen für die Zukunft stellen sollte, überzeugt der Teil als Erklärung für die Beweggründe des Täters wenig und erscheint überflüssig.
Das Buch hat seine spannenden und dramatischen Momente, reicht aber nicht an die anderen Romane "Die verlorene Frau" oder "Das Geheimnis des Mädchens" von Emily Gunnis heran.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Band 3 setzt die unangenehme Freundschaft fort: ein toxisches Verhältnis um Eifersucht und Neid

Die Geschichte der getrennten Wege
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"Die Geschichte der getrennten Wege" ist nach "Meine geniale Freundin" und "Die Geschichte eines neuen Namens" der dritte Band der "Neapolitanischen Saga" um die beiden Freundinnen Lila und Lenù aus Neapel. ...

"Die Geschichte der getrennten Wege" ist nach "Meine geniale Freundin" und "Die Geschichte eines neuen Namens" der dritte Band der "Neapolitanischen Saga" um die beiden Freundinnen Lila und Lenù aus Neapel. Das Buch handelt Ende der 1960er-Jahre bis Ende der 1970er-Jahre und schildert neben der Fortentwicklung der Leben der beiden erwachsen gewordenen Frauen die politischen Unruhen in Italien, Aufstände der Arbeiter und Konflikte zwischen Kommunisten und Faschisten.

Lila hat nach der Trennung von ihrem Mann eine Anstellung in einer Wurstfabrik gefunden, wo sie für einen Hungerlohn körperlich schwer arbeiten muss. Zusammen mit ihrem kleinen Sohn lebt sie mit ihrem Jugendfreund Enzo außerhalb des Rione.
Lenù ist mit einem Professor aus gutem Hause verlobt und hat einen ersten Roman veröffentlicht, der sie berühmt gemacht hat. Verheiratet und selbst Mutter geworden tut sie sich schwer damit, sich in ihrer Rolle zurecht zu finden und an ihren Erfolg anzuknüpfen, während Lila sich in der Gewerkschaft für die Arbeiter einsetzt und sich zusammen mit Enzo erfolgreich weiterbildet.
Die Freundinnen haben keinen Kontakt, bis Lila erkrankt Hilfe braucht und Lenù ihr beisteht. Statt sich dankbar zu zeigen, trampelt Lila auf Lenùs Gefühlen herum, was zu einer erneuten Distanzierung führt.

Die Fortsetzung ist langatmig, hält sich anfangs mit der Situation in der Wurstfabrik und den Selbstzweifeln Lenùs auf, bis die beiden Frauen endlich wieder aufeinandertreffen und die Geschichte für einen kurzen Abschnitt interessanter wird. Beide Frauen sind im selben Armutsviertel aufgewachsen und hängen aneinander, tun sich jedoch nicht gut. Insbesondere Lila ist verletzend und fordert ohne zu geben. Lenù klammert sich an Lila, legt Wert auf ihre Meinung, wünscht ihr aber gleichzeitig den Tod.
Durch die "getrennten Wege" stellt der dritte Band fast komplett auf Lenù ab, wodurch die turbulenten Ereignisse in Neapel nach ihrem Umzug nach Florenz nur vom Hörensagen nacherzählt werden. Die Geschichte ist bis auf das Ende, als Lenù aus ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter ausbricht, wenig lebendig.

Die Freundschaft fühlte sich schon in den ersten beiden Bänden unangenehm an und setzt dieses toxische Verhältnis um Eifersucht und Neid im dritten Teil fort. Beide Frauen sind zunehmend unsympathisch, egoistisch und ich-bezogen, mit wenig Empathie für ihre Umgebung. Eine charakterliche Entwicklung ist in den vergangenen Jahren nicht feststellbar.
Letztendlich passiert auf über 500 Seiten nicht mehr, als das, was im Klappentext bereits verraten wird.
Nach drei Romanen möchte man natürlich wissen, wie die Geschichte im vierten und letzten Band endet, aber es wird immer schwerer den Hype um die Saga nachzuvollziehen. Vermutlich trägt dazu viel das Mysterium um Elena Ferrante bei, die mit Sicherheit darin Teile ihres eigenen Lebens verarbeitet.

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Veröffentlicht am 27.08.2024

Typischer New Adult-Roman: viele Emotionen und eine dunkle Bedrohung - leider vorhersehbar und wenig spannend

Lake of Lies – Hidden
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Olivia, genannt Via, flüchtet nach einem Social Media-Shitstorm von Sacramento an den Lake Tahoe, um in einer Lodge, die gerade renoviert wird, zur Ruhe zu kommen. Ihr Freund, ein bekannter Wakeboarder, ...

Olivia, genannt Via, flüchtet nach einem Social Media-Shitstorm von Sacramento an den Lake Tahoe, um in einer Lodge, die gerade renoviert wird, zur Ruhe zu kommen. Ihr Freund, ein bekannter Wakeboarder, war verunglückt und hatte mit einem missverständlichen Post die Trennung der beiden bekannt gegeben. In der Lodge lernt Via Miles kennen und verliebt sich ihn, auch wenn sie noch nicht bereit für eine neue Beziehung ist. Miles ist fasziniert von der traurigen Via, die er für sich "Sad Eyes" nennt, hat jedoch mit Schuldgefühlen und Trauer zu kämpfen, die nach dem Tod seiner Schwester noch viel zu gegenwärtig sind. Sie beginnen sich zu öffnen und den jeweils anderen nahe an sich heranzulassen. Die Gefühle überwältigen sie, auch wenn sie ihre Herzen aus allem heraushalten wollten. Als Vias Vergangenheit sie einholt und sie nicht anders kann, als ihrem Exfreund River beizustehen, wird es für alle riskant, denn der Unfall scheint an Anschlag auf River gewesen zu sein, um ihn zum Schweigen zu bringen. "Lake of Lies: Hidden" ist der erste Band einer Dilogie. Es ist eine Suspence-Romance, wobei der Gefühlsanteil gegenüber der Spannung dominiert. Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht einer der beiden Hauptfiguren Via und Miles geschildert. Daneben gibt es einen zu Beginn noch undurchsichtigen Handlungsstrang, der von einer Person handelt, die Via und River ernsthaft in Gefahr bringen könnte. Die Geschichte entspricht einem typischen New Adult-Roman und entwickelt sich nach dem üblichen Schema: zwei innerlich kaputte Mittzwanziger verlieben sich in einander, obwohl sie sich gegen ihre Gefühle wehren, werden ihre Verletzungen gemeinsam überwinden und sich gegenseitig heilen. Ein ehemaliger Partner funkt in der Gefühlswelt ein wenig dazwischen und eine Bedrohung aus der Vergangenheit bringt zum Sex noch ein bisschen Crime. Bei "Hidden" handelt es sich nicht um ein klassisches Love-Triangle, da die Präferenzen von Anbeginn klar sind. Die Liebesgeschichte ist deshalb vorhersehbar, aber die beiden gebeutelten Hauptfiguren sind einfach so lieb und sympathisch, dass man ihnen ihre Liebe gönnt. Leider machen sie es sich aber selbst sehr schwer mit ihrer Prämisse, ihre Herzen herauszuhalten. Rivers Vergangenheit und die Gefahr, die er für Via und Miles schafft, sorgt für eine unterschwellige Bedrohung. Es gibt jedoch nur vage Andeutungen, was River erlebt hat und was er mit seinem Wissen anrichten könnte. Dazu kommt, dass unklar ist, inwiefern die Polizei in Bezug auf Rivers "Unfall" ermittelt und warum der Anschlag als Beweis nicht ausreichen sollte, um die weiteren Verbrechen der Täter anzuzeigen und weiter aufzuklären. Das Gefahrenmoment ist deshalb nie so richtig glaubhaft und verpufft am Ende - vielleicht um die Neugier auf Band 2 zu erhöhen, in dem Rivers und damit auch seine Vergangenheit in den Mittelpunkt rückt. Schade ist auch, dass die malerische Landschaft keine wesentliche Rolle spielt. Den Lake Tahoe und seine Umgebung hätte man viel mehr in die Geschichte integrieren können. So sind die Schauplätze zwischen drei Schlafzimmern recht simpel gewählt. Ein Lichtblick ist hingegen Nebenfigur Nora, Vias beste Freundin, die ehrlich, unkompliziert und pragmatisch agiert und die im Vergleich zu den sensiblen Hauptfiguren nicht alles "zerdenkt". Fazit: Wer einen typischen New Adult-Roman lesen möchte, in dem vor allem Emotionen und die inneren Monologe der Hauptfiguren in den Vordergrund rücken, in dem Missverständnisse und Unsicherheiten für Drama sorgen und indem eine Bedrohung für die liebenswerten Hauptfiguren für ein Quäntchen Nervenkitzel sorgt, ist mit der Dilogie sehr gut aufgehoben. Band 2 erscheint bereits am 17. Oktober 2024 und vielleicht erschließt sich damit auch der Titel des Zweiteilers und welche Lügen gemeint sind.

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Veröffentlicht am 11.07.2024

Turbulente, etwas langatmige Geschichte, die mit zu vielen ernsten Themen überfrachtet wird und die Nerven mit eigenartigen Figuren und Verhaltensweisen der Protagonisten strapaziert

Wolke Sieben ganz nah
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Mit 27 Jahren stirbt Delphie einsam in London, indem sie an einem Mikrowellenburger erstickt. Sie landet im Wartesaal vor Evermore und begegnet dort neben ihrer Jenseitstherapeutin, Jonah, ihrem Seelenverwandten. ...

Mit 27 Jahren stirbt Delphie einsam in London, indem sie an einem Mikrowellenburger erstickt. Sie landet im Wartesaal vor Evermore und begegnet dort neben ihrer Jenseitstherapeutin, Jonah, ihrem Seelenverwandten. Noch nie wurde Delphie so angesehen und noch nie hat sie so bei einer Berührung empfunden. Doch Jonah ist versehentlich zu früh auf die andere Seite geraten. Das Schicksal hat Erbarmen mit der jungen Frau, die noch nie einen Freund hatte und gibt ihr die Chance auf ein zweites Leben. Wenn Jonah Delphie innerhalb von zehn Tagen noch einmal küsst, darf Delphie weiterleben. Allerdings ist es gar nicht so einfach, einen Mann in London wieder zu finden, von dem man nur den Vornamen kennt. Überraschende Hilfe bei der Suche erhält Delphie von ihrem Nachbarn Cooper, mit dem sie bisher nur widerwillige Dialoge im Hausflur verband.

Delphie ist ein eigenwilliger Charakter, der es nach schlechten Erfahrungen in der Schulzeit schwerfällt, Zugang zu anderen Menschen zu knüpfen, Vertrauen zu fassen und Freundschaften zu pflegen. So führte sie bisweilen ein einsames Leben mit flüchtigen Kontakten zu Kollegen und Nachbarn. Das ändert sich, als Delphie nach ihrem Tod eine zweite Chance erhält und ihr Leben tatsächlich lebendig wird.

Die Suche nach ihrem Seelenverwandten Jonah ist turbulent und katapultiert Delphie in die ein oder andere unangenehme und skurrile Situation. Dann nimmt der Roman eine Wende und der Versuch, von Jonah den lebensrettenden Kuss zu erlangen, tritt in den Hintergrund. Dennoch macht Delphie Erfahrungen mit der Liebe und hat plötzlich viele Menschen um sich herum, die sie nicht wie sonst von sich stößt.

Natürlich hat die Geschichte bereits zu Beginn durch den Jenseits-Bezug einige fantastische Elemente, allerdings entwickelt sich der Roman unabhängig davon zunehmend weniger glaubhaft. Bei einem Kampf um Leben und Tod erschien es widersinnig, unbedingt eine Party für einen älteren Nachbarn zu schmeißen.
Neben dem Spice-Anteil, der mir für eine bisherige Jungfrau zu dick aufgetragen war, fand ich auch den persönlichen Hintergrund der Jenseitstherapeutin nicht unbedingt gelungen. Undurchsichtig blieb das Verhältnis zu Delphies Mutter, das nicht nachvollziehbar kaputt war.

Die Geschichte ist humorvoll und unterhaltsam, spricht jedoch auch ernste Themen wie Einsamkeit, Mobbing, Trauer und die Anonymität einer Großstadt an, die ihr mehr Gehalt geben.
Delphie macht auf ihrer Mission eine enorme Entwicklung durch. War ihr ihr Leben bisher gleichgültig, erkennt sie nun einen Sinn und beginnt für sich und - wenn auch spät - die Aussicht auf Liebe zu kämpfen.
Nach einem charmanten Start und einem etwas zu gewollt erzwungenen Wandel der Hauptfigur zieht sich der Roman am Ende arg in die Länge. Die vielen Nebencharaktere, mit denen Delphie so schnell Freundschaft schließt, sind allesamt sonderbar und haben ihre eigenen Geschichten, die jedoch aufgrund der Vielzahl keinen Raum in der ohnehin schon überladenen Geschichte haben.

Dass Delphie neben der romantischen Liebe auch die Liebe zu sich selbst entdeckt, zu mehr Selbstbehauptung findet und Ängste und Traumata überwindet, ist eine zu erwartende Entwicklung, der Weg dorthin ist jedoch turbulent und chaotisch und strapaziert die Nerven mit zu vielen eigenartigen Nebenfiguren und einigen übertriebenen Verhaltensweisen der Protagonisten.

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