Verbessert, aber auch mit Gefahrenquelle
AschezeichenKatrine Engberg ist mir 2023 erstmals intensiver begegnet und da ihr Krimi in Dänemark spielend, „Glutspur“, genau im Herbst erschien, erschien es mir wie die ideale Gelegenheit, weil ich in den düsteren ...
Katrine Engberg ist mir 2023 erstmals intensiver begegnet und da ihr Krimi in Dänemark spielend, „Glutspur“, genau im Herbst erschien, erschien es mir wie die ideale Gelegenheit, weil ich in den düsteren Jahreszeiten mehr Krimis lese. Ich fand den Auftakt auch recht gelungen und mir war klar, dass ich gerne erstmal dran bleiben werden.
Nun ist „Aschezeichen“ draußen und nachdem ich den ersten Band noch als Hörbuch hatte, habe ich diesmal selbst gelesen. Das hat an der Wahrnehmung der Reihe aber wenig geändert. Da es für „Glutspur“ auch nur eine Erzählstimme für drei Perspektiven gab, kam für mich wirklich dasselbe raus. Auch weil Engberg an einem Punkt auch nichts geändert hat und das hat mich doch echt überrascht. Der erste Band wurde durch die Perspektive von Liv, Nima und Hannah erzählt. Aber für „Aschezeichen“ gilt das immer noch. Das habe ich so wirklich nicht erwartet, auch weil die Perspektiven mein zentraler Kritikpunkt war. Speziell Hannah fand ich völlig unwichtig für den ersten Band, während Nima als Verdächtiger durchaus seinen Reiz hatte. Warum also jetzt wieder diese drei Perspektiven? Zumal es auch diesmal nicht DEN Mehrwert hat. Ich würde Hannah immer noch als überflüssig beschreiben und bei Nima hatte ich diesmal sehr den Eindruck, dass die Autorin es sich auch etwas zurechtgebogen hat, um die Perspektiven behalten zu können. Auch wenn es mit der erneuten Verwicklung wieder aufgegangen ist, aber ich sehe in diesem sturen Erzählen dennoch eine große Gefahr, weil in Krimis verschiedene Perspektiven eigentlich Frische bedeuten und nicht Rückwärtsgewandtheit. Wenn Nima und Hannah, die beide nicht konkret mit Ermittlungsarbeiten zu tun haben, immer wieder in Fälle gequetscht werden, dann wirkt das irgendwann künstlich.
Hier ging es nun noch, obwohl es dabei bleibt: Hannahs Perspektive ist echt unsinnig. Ich finde ihre Figur gähnend langweilig. Auch wenn es wieder kleinere Überschneidungen gibt, aber über die Tage hinweg gab es da kaum Bewegung und deswegen wird auch kein Interesse geweckt. Für Nima war es sicherlich nochmal gelungen, um auch mehr über seiner Vergangenheit zu lernen und ihn auch durch die Verantwortung mehr herauszufordern. Aber im Zentrum bleibt sonst Liv. Sie ist speziell, das steht für mich außer Frage, aber Krimireihen funktionieren immer besser, wenn wenig aalglatte Charaktere vorausgehen. Bei Liv ist oft auch fast schon humorvoll, mit welchem Mut und welcher Dreistigkeit sie vorangeht. Sie kennt nur wenig Angst und das lässt sich auch mal wahnsinnig erscheinen, aber es verdient auch Respekt, auch weil sie so ein Gespür für alles hat. Dafür, dass sie nicht bei der Polizei angestellt hat, bekommt sie aber alle Tricks durch und ich habe auch den Eindruck, dass sie wie jemand agiert, der nichts zu verlieren hat. Es war auch spannend, dass mit diesen Fieberschüben ein psychosomatischer Schwerpunkt gesetzt wurde. Auch weil sie durch den sexuellen Übergriff auf sich sicherlich viel verdrängt. Dementsprechend war diese unterschwellige Wut auch interessant und könnte auch in weiteren Bänden noch spannend werden.
Kommen wir nun zum Fall. Ich habe in der Mitte der Ermittlungen schon echtes Bauchgrummeln gehabt, denn es geht in einem erheblichen Ausmaß um die Einwanderungsthematik. Das Opfer ist ein Iraner, der in einem Auffanglager kurz nach seiner Flucht nach Dänemark gelandet ist. Liv hat gleich ein Gespür dafür, dass etwas aus der Vergangenheit mit seinem Tod zu tun haben könnte, weswegen sie in der Unterkunft und in der iranisch-muslimischen Gemeinschaft herumschnüffelt. Zunächst fand ich das sehr spannend, aber irgendwann dachte ich, nun haben wir in vielen Ländern auf der Welt einen unter der Oberfläche brodelnden Konflikt in der Ausländerthematik und jetzt facht es das Buch auch noch an? Ich denke, die Gedanken zeigen, in welche Richtung es ging und ich war wirklich besorgt, dass es so einseitig zur Aufhetzung beiträgt. Der Krimi schafft dann aber nochmal die Wende und bietet eine andere Auflösung als zwischendurch gedacht. Damit ist dieser Themenkomplex nicht auf einmal weg, er bleibt auch in seinen Andeutungen wahr, aber es wirkt nicht mehr so einseitig. Deswegen konnte ich damit auch meinen Frieden machen. Ich finde nämlich auch, dass Engberg auf jeden Fall erzählerisch eine Schippe draufgelegt hat, weil alles gut ineinanderfließt und ich so Leerstellen wie in Band 1 nicht so wahrgenommen habe.
Fazit: „Aschzeichen“ stellt auf eine Weise eine Steigerung von Engberg dar, wenn es um Privatermittlerin Liv geht. Es ist alles flüssiger und noch kompakter im Aufbau. Doch es bleibt ein großer Schwachpunkt. Die Autorin klebt an drei Perspektiven, was erneut Fragezeichen aufwirft und spätestens für einen dritten Band fände ich es sehr fatal. Daher Obacht!