Roman mit Schwächen
Die GräfinEin britischer Pilot stürzt während des Zweiten Weltkriegs auf einer Sandbank in Nähe der Hallig Südfall ab. Bewohnt wird die Hallig von einer betagten Gräfin, ihrem jungen Hausmädchen und einem Kutscher. ...
Ein britischer Pilot stürzt während des Zweiten Weltkriegs auf einer Sandbank in Nähe der Hallig Südfall ab. Bewohnt wird die Hallig von einer betagten Gräfin, ihrem jungen Hausmädchen und einem Kutscher. Anstatt den „Feind“ an die Gestapo zu verraten, nehmen die drei ihn bei sich auf und versorgen ihn. Seine Anwesenheit sorgt allerdings insbesondere bei der Gräfin dafür, dass Erinnerungen an Vergangenes hochkommen.
„Abgestürzte alliierte Piloten - wenn sie ihren Absturz denn überlebten - [wurden] mit großer Brutalität behandelt und auf offener Straße unter Beifall gelyncht.“
Das Leben auf der Hallig, die Landschaft des Wattenmeers, die Abhängigkeit von den Gezeiten… All das nimmt schon auf den ersten Seiten von Irma Nelles' Debütroman "Die Gräfin" Form an und ist eine Stärke.
Was hingegen weniger zu überzeugen vermag, sind die Figuren und die Handlung. Vieles bleibt schemenhaft, insbesondere die Charaktere. Das liegt zum einen daran, dass manche Aspekte angeschnitten werden, aber nicht zu Ende erzählt werden und dass dadurch kein Gefühl von Tiefe aufkommen kann. Und zum anderen liegt es daran, dass das Verhalten der Figuren und auch einige Entwicklungen nicht leicht nachzuvollziehen sind. Den Absturz des britischen Piloten habe ich zum Beispiel eher als Aufhänger für eine Geschichte empfunden, in der es eigentlich um das Leben und um die Vergangenheit der Hallig-Gräfin geht. Und diese Vergangenheit hätte man im Grunde auch ohne den Absturz erzählen können. Sie hätte außerdem kohärenter und weniger sprunghaft wiedergegeben werden können.
Insgesamt habe ich "Die Gräfin" zwar nicht ungerne gelesen, seine Schwächen fallen jedoch ins Gewicht und stehen einer uneingeschränkten Empfehlung im Weg.