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Veröffentlicht am 27.09.2024

Vom Fortgehen und Ankommen

Zwei Leben
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„Es war, als hätte sie in ihrem Haus eine Tür gefunden, die sie seit fünfzehn Jahren übersehen hatte.“

Ein Dorf in Süddeutschland in den 1970er Jahren. Die Menschen dort gefangen in Konventionen, gefangen ...

„Es war, als hätte sie in ihrem Haus eine Tür gefunden, die sie seit fünfzehn Jahren übersehen hatte.“

Ein Dorf in Süddeutschland in den 1970er Jahren. Die Menschen dort gefangen in Konventionen, gefangen in alltäglichen Zwängen, in ihrem engen Dasein. Nur einer von ihnen war einmal im Leben frei, ausgerechnet als er in Gefangenschaft war.

Zwei Frauen, die sich sehnen. Nach der Ferne, nach dem freien Leben, nach dem „Mehr“, das es doch geben muss.

Die eine der beiden Frauen ist die junge Roberta, die nach ihrer Schneiderlehre zurück auf den elterlichen Hof kommt und dort sofort wieder in die immer gleichen Abläufe eingepresst wird. Die andere ist Gertrud, die Frau des Pfarrers, die in sich ein Sehnen spürt, ein Ziehen, das sie in die Welt hinauslocken möchte. Ewald Arenz versteht es meisterhaft, uns in dieses kleine Dorf mitzunehmen, die Abläufe des Jahres, die Natur, die gesellschaftlichen Bindungen und Verbindungen. All dies beschreibt er meisterhaft und bedient sich dabei eines Schreibstils, der haargenau Zeit und Ort widerspiegelt und lebendig werden lässt. Die Handlung nimmt sich Zeit, sich zu entfalten, Beziehungen wachsen, Sehnsüchte reifen zu lassen. Hier nun zeigt sich die wahre Meisterschaft des Autors, wenn er die Handlungsstränge geschickt verwebt, Parallelen entstehen und Wege sich kreuzen lässt, und wir erfassen so langsam die wahre Tiefe des Titels und der Handlung.
Und dann birgt dieser Roman noch eine ganz besondere Perle: Selten gibt es diese Charaktere, die nachhallen, die wir im Herzen behalten und von denen wir uns wünschen, es wären wahre Personen. Robertas Opa ist so jemand, der aus einer Geschichte eine Herzensgeschichte macht.

Für mich war es ein großartiges Leseerlebnis in Klang und Geschehen. Klare Leseempfehlung für diesen Roman.

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Veröffentlicht am 24.09.2024

Die heidnischen Ursprünge des Gabenbaums

Das Wunder der Tannenbäume
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Keine Angst, es ist noch nicht zu früh für einen Weihnachtsroman, denn hinter diesem Titel verbirgt sich eine ganz andere Geschichte als ich zuerst erwartet hätte!

In erster Linie ist dies nämlich ein ...

Keine Angst, es ist noch nicht zu früh für einen Weihnachtsroman, denn hinter diesem Titel verbirgt sich eine ganz andere Geschichte als ich zuerst erwartet hätte!

In erster Linie ist dies nämlich ein historischer Roman, der uns Anfang des 19. Jahrhunderts in den Schwarzwald führt zu einer Holzfällerfamilie. Aufgrund eines tragischen Unglücks muss die sechzehnjährige Anneliese plötzlich für ihre Mutter und ihren kleinen Bruder sorgen in einer Zeit voll Hunger und Armut.

Die Familie lebt auf einem kleinen Gehöft im Wald, und die Autorin versteht es wunderbar, die große Bedeutung der Natur ringsum zu beschreiben und für uns einzufangen. Marva, die Mutter, ist eine Art Heilerin, und so werden auch wir vertraut mit dem engen Geben und Nehmen, wenn es um Vorratshaltung geht, aber auch um Heilkräuter und Salben. Auch die bitteren Nöte der Familie sind so anschaulich geschildert, dass man den Hunger der Kinder beim Lesen förmlich spüren kann. Nein, dies ist kein rosarotes Weihnachtsmärchen, sondern die Geschichte stellt sich der Armut der Menschen. Aber es wäre auch keine Weihnachtsgeschichte, wenn es nicht ein Licht in der Dunkelheit gäbe! Und dieses Licht leuchtet bald weithin für alle Menschen in Freiburg, ehe es seinen Weg in die Welt findet.
Bemerkenswert finde ich, dass dieser Roman nicht die klassischen christlichen Weihnachtsthemen behandelt, sondern sich den heidnischen Ursprüngen der Tradition widmet. Vor allem begleiten wir Anneliese über viele Jahre durch alle Jahreszeiten, immer eng mit der Natur verbunden. Daher keine klassische Weihnachtsgeschichte, aber ein hervorragender historischer Roman, für den ich gerne eine Leseempfehlung abgebe.

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Veröffentlicht am 21.09.2024

Baumhaus-Magie in Colorado

A Place to Belong
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Eigentlich wollte Maggy Gardner nur das Impfbuch ihrer Mutter in deren Unterlagen suchen, aber dann stößt sie auf etwas, das ihr Leben verändern wird. Maggys Welt steht von jetzt auf gleich kopfüber, und ...

Eigentlich wollte Maggy Gardner nur das Impfbuch ihrer Mutter in deren Unterlagen suchen, aber dann stößt sie auf etwas, das ihr Leben verändern wird. Maggys Welt steht von jetzt auf gleich kopfüber, und ihr Weg führt sie nach Palisade auf die Cherry-Hill-Farm der McCarthys. Die freuen sich über ihr Auftauchen, halten sie Maggy doch für die Reporterin, die einen Bericht über die Baumhäuser auf dem Grundstück schreiben soll. Eine Journalistin ist Maggy zwar, aber sie kann den McCarthy-Schwestern unmöglich eröffnen, wer sie in Wirklichkeit ist.

Vielleicht liegt es daran, dass ich früher selbst als Journalistin gearbeitet habe, aber ich habe mich sofort mit Magnolia aka Maggy verbunden gefühlt. Ihr improvisierter Zeitungsartikel über eine Eichhörncheninvasion erinnerte mich köstlich an so manchen Artikel, den ich verfasst habe.

Aber auch abgesehen von dieser persönlichen Parallele war mir Magnolia als Charakter gleich wahnsinnig sympathisch und ich konnte mich in das gefühlsmäßige Durcheinander und die Zwickmühlen, in denen sie steckt, wunderbar hineinfühlen. Außerdem punktet der Roman stark mit großartigen atmosphärischen Eindrücken. Die Farm in Colorado ist nicht nur blasser Hintergrund, sondern man riecht den Duft reifer Pfirsiche, hört den Kies knirschen, sieht flackernde Lagerfeuer und kostet die leckeren Gerichte, die Mama McCarthy zaubert. Beim Lesen habe ich mich wirklich wie in einer anderen Welt gefühlt, und dies ist auch einer der Gründe, weshalb diese Reihe Wohlfühl-Bücher der allerbesten Reihe sind. Für mich übrigens die beste Reihe von Lilly Lucas. Dabei verbleibt es keineswegs bei einer Heile-Welt-Schilderung, sondern die Nöte der Saisonarbeiter auf der Farm werden klar angesprochen.

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Veröffentlicht am 19.09.2024

Misstöne in der Harmonie

Das Versprechen der Rosenholzvilla
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Es könnte alles so gut sein, nun da Elisa und Danilo zueinander gefunden haben. Doch schon bald mischen sich erste Misstöne in die Harmonie, denn Elisa spürt nach einem erfolgreichen kleinen Konzert deutlich, ...

Es könnte alles so gut sein, nun da Elisa und Danilo zueinander gefunden haben. Doch schon bald mischen sich erste Misstöne in die Harmonie, denn Elisa spürt nach einem erfolgreichen kleinen Konzert deutlich, wie Danilo Druck auf sie ausübt. Er möchte sie dazu bringen, ihn bei der Vermarktung der von ihm gebauten Campanula zu unterstützen, doch Elisa scheut den Gang in die Öffentlichkeit. Zugleich fürchtet sie, dass Danilos rastlose Seele ihnen irgendwann zum Verhängnis werden könnte. Doch schließlich ist es Elisas Großvater Niklas mit unerwarteten Eröffnungen, der das Familienidyll im Tessin zum Überkochen bringt.

Eine Fülle von Themen und zu überwindenden Hürden bietet uns diese gelungene Fortsetzung der Reihe um eine Instrumentenbauerfamilie im Tessin. Immer wieder beeindruckt es mich, wie viel in den Romanen von Tabea Bach steckt. Die ganze Bandbreite von musikalischen, zwischenmenschlichen, juristischen, kulinarischen und handwerklichen Themen wird bespielt, der Roman ist ein wahres Füllhorn, ohne auch nur eine Sekunde unübersichtlich zu werden. Vor allem in Gefühlsdingen wird den Lesenden einiges abverlangt. Die ganze Klaviatur von Liebe und Schmerz, Trauer und Glück, Misstrauen und Zuneigung erklingt und lässt uns mitfühlen. Ja, da muss man sich tatsächlich von Zeit zu Zeit vor Augen führen, dass dies alles „nur“ Romanfiguren sind. So ist es doch, oder?

Eine wunderbar aufregende Fortsetzung, die Lust auf mehr macht und für die ich gerne eine Leseempfehlung abgebe.

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Düsteres Märchen

Junge mit schwarzem Hahn
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Ein Dorf. Ein Junge mit einem schwarzen Hahn. Und ein geheimnisvoller Reiter, der Kinder raubt. Die Zutaten dieser Geschichte sind geheimnisvoll und düster, es liest sich wie ein böses Märchen. Die Sprache ...

Ein Dorf. Ein Junge mit einem schwarzen Hahn. Und ein geheimnisvoller Reiter, der Kinder raubt. Die Zutaten dieser Geschichte sind geheimnisvoll und düster, es liest sich wie ein böses Märchen. Die Sprache ist archaisch und grob, gleichzeitig strotzt der Text nur vor wundervollen und symbolträchtigen Sätzen. Nach der Lektüre fand ich mein Buchexemplar gespickt mit Markierzettelchen vor, weil mich immer wieder in bemerkens- und merkenswerten Formulierungen verlor.

Diese Erzählung ist wie aus der Zeit gefallen. Sie erinnerte mich beim Lesen stark an die grausamen Märchen im Grimmschen Kanon, sehr stark auch an Krabat.
Mich persönlich hat diese besondere Sprache völlig gepackt, die spukhafte und freudlose Stimmung kroch mir beim Lesen förmlich unter die Haut. Die teils derben und auch (un)menschlich grausamen Szenen passten sich perfekt in die Erzählung ein.

Für mich ein fulminantes Leseerlebnis!

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