Fulminanter Reihenauftakt!
Elias & Laia - Die Herrschaft der MaskenIch liebe jeden Aspekt dieses Buches, dieser Reihe. Der Weltenbau ist genau so, wie ich ihn liebe, die Handlung verstrickt und komplex, genauso wie die Figuren und alles wird umrahmt von Sabaa Tahir wundervollem ...
Ich liebe jeden Aspekt dieses Buches, dieser Reihe. Der Weltenbau ist genau so, wie ich ihn liebe, die Handlung verstrickt und komplex, genauso wie die Figuren und alles wird umrahmt von Sabaa Tahir wundervollem Schreibstil. Die Geschichte selbst ist episch, aber genauso episch ist auch der Schreibstil, der alles in einer Aura von Aufopferung und Poesie einfängt. Allein der erste Absatz des Buches ist absolut wundervoll und leitet die allgemeine Stimmung sehr gut ein.
Mein großer Bruder kehrt heim in den dunklen Stunden vor der Morgendämmerung, in denen sogar die Geister ruhen. Er riecht nach Stahl und Kohle und Schmiede. Er riecht nach dem Feind.
S. 10
Laia und Elias erzählen in diesem Band abwechselnd die Geschichte, Laia aus dem Kundigenquartier in der Stadt Serra aus, Elias aus der dortigen Schwarzkliff-Akademie, in der er ausgebildet wird. Die Stadt Serra ist hauptsächlich dafür bekannt, dass dort Schwarzkliff liegt, die einzige Ausbildungsstätte für die Elitekämpfer des Martialenreiches - die Masken. Masken heißen nicht nur so, die tragen auch Masken aus einem seltenen Metall, dass sich über längeres Tragen nahtlos mit ihrer Haut verbindet und ein Symbol für die abgeschlossene Ausbildung zum Auftragsmörder des Imperators ist. Die Martialen sind ein diszipliniertes Volk, das stark an das alte Rom (Klassengesellschaft mit Illustriern, Mercatoren und Plebejern) angelehnt ist und ähnlich brutal die anderen Völker der Welt regieren. Neben den Stammesleuten leiden besonders die Kundigen unter der Herrschaft der Martialen. Die Kundigen waren ein Volk von Gelehrten, die vor den Martialen die Welt regiert haben, bis sie gestürzt worden sind. Seitdem leben sie unter der eisernen Faust des Imperators, sind nur im Namen anders als die Sklaven, Bildung wird ihnen verwehrt und regelmäßig werden Familien doch versklavt oder abgeschlachtet, damit sie nicht aufbegehren. Laia und ihr älterer Bruder Darin leben an diesem Rand der Gesellschaft zusammen mit ihren Großeltern, als eines Nachts Darin angeklagt wird ein Rebell zu sein und von einer Maske verschleppt wird. Laia setzt sich in den Kopf ihren Bruder aus der Gefangenschaft zu befreien, nachdem sie es bei dem Überfall nicht schaffte ihn zu verteidigen. Sie schließt sich dem Kundigenwiderstand an, zu dem sie eine ganz besondere Verbindung hat. Aber um ihren Bruder befreien zu können fordert der Widerstand von ihr sich als Sklavin in der Militärakademie Schwarzkliff einzuschleichen und die Kommandantin auszuspionieren, die schon Laias Eltern getötet hat.
Elias mag zwar dem Namen nach bald eine Maske sein, aber sein erstes Kapitel beginnt damit, dass er plant zu desertieren. Obwohl er einer der Klassenbesten ist und scheinbar wirklich gut im Kämpfen, Töten und Strategien schmieden verabscheut er das Leben als Maske und möchte lieber als freier Mann leben. Jedoch wird desertieren mit dem Tod bestraft, ist man einmal in Schwarzkliff entkommt man nur durch den Tod (ob nun in der Ausbildung oder im Kampf). Übrigens werden die Jungen für Schwarzkliff ausgesucht, niemand kann dort freiwillig mitmachen, mit sechs Jahren werden die Kinder ihren Familien mehr oder weniger weggenommen und durchlaufen dann für zwölf Jahre eine harte Ausbildung. Und meist ist ein Jahrgang rein männlich, nur alle Jubeljahre wird ein Mädchen ausgewählt. Elias wird in diesem Buch vor mehr als nur eine Prüfung gestellt und muss wieder und wieder um seine Prinzipien kämpfen und versucht aufs Äußerte zu verhindern das seelenlose Monster zu werden, als das die meisten Masken Schwarzkliff verlassen. Begleitet wird er dabei von seiner besten Freundin Helena, das einzige Mädchen seit Jahren das in Schwarzkliff ausgebildet wurde und überlebt hat. Obwohl Elias und Helene zu Beginn des Buches eigentlich nur noch ihre Abschlussfeier vor sich haben, befinden sie sich bald in einem tödlichen politisch geprägten Wettkampf, denn aus ihrer Jahrgang soll der neue Imperator ausgewählt werden. Der Imperator der Welt wird eigentlich aus den Erben des amtierenden Imperators ausgewählt, aber der aktuelle Imperator hat keine Erben und so veranstalten die heiligen Männer der Martialen, die Auguren, einen Wettkampf aus dem zum Schluss der neue Imperator und seine rechte Hand, der Blutgreif, hervorgehen werden.
Inmitten diesen Wettkampf stolpert Laia als sie als Sklavin in Schwarzkliff ankommt und während sie versucht zu lernen wie man überhaupt spioniert und unter der brutalen Kommandantin überlebt lernt sie auch einiges über die Ausbildung der Masken und den Wettkampf um den neuen Imperator.
Zerreißt es mich? Maybe.
Entgegen dem, was man vom Titel vielleicht erwarten würde, bewegen sich Elias und Laia lange Zeit im Buch nicht in denselben Kreisen. Es dauert seine Zeit, bis sie wirklich aufeinander treffen und auch dann stehen sie lange Zeit auf unterschiedlichen Seiten. Ich mag den Kniff dahinter, dass man durch sie zwei völlig unterschiedliche Lager der Welt zu sehen bekommt, sie beginnen an entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums und arbeiten sich während des Buches langsam zu einem Berührungspunkt vor.
Obwohl ich schon so viel über die Handlung erzählt habe, habe ich noch nicht mal das erste Drittel des Buches abgedeckt, nehmt das also als Indikator dafür, wie dicht die Handlung gesponnen ist. Sabaa Tahir baut in diesem Buch wirklich eine meisterhafte Handlung auf, mit vielen verschiedenen Nebenhandlungen, die aber alle zum Ende hin zusammenlaufen und ein Feuerwerk an Erkenntnissen und Entwicklungen zünden. Es gibt einige trägere Stellen im Buch, aber die braucht man meiner Meinung nach auch, weil man sonst vor lauter Spannung zerspringen würde. Als ich das Buch das erste Mal gelesen habe, habe ich vor lauter Aufregung gezittert, als es an die letzten Kapitel ging und hatte kurz Sorge, das mein Herz stehen bleibt. In meinen Augen hat das buch einen hervorragenden Spannungsbogen und wird nicht langweilig.
Über die Figurenentwicklung will ich eigentlich nicht zu viel verraten, weil das den Wow-Effekt vorwegnehmen würde, aber Die Herrschaft der Masken hat eine der besten Charakterentwicklungen in einem Jugendbuch überhaupt, und nicht nur eine Figur muss in diesem Buch ihre Handlungen und Motivationen überdenken - und das reißt auch in den Folgebänden nicht ab, übrigens. Die Entwicklung geht ähnlich glatt vonstatten wie ich das zum Beispiel von Robin Hobb kenne, obwohl das hier natürlich auf ein Jugendbuch angepasst ist. Man merkt eigentlich kaum wie die Figuren sich weiterentwickeln, bis man mal einen Moment Abstand zum Text nimmt und feststellt wie anders bestimmte Figuren mittlerweile auf Situationen reagieren.
Übrigens glänzen auch die Nebenfiguren in dieser Reihe. Man wird mit einigen fremden Namen konfrontiert und am Anfang ist es bestimmt hilfreich ein Personenregister anzulegen (ich kann heute noch nicht alle Klassenkameraden von Elias auseinanderhalten), aber die wichtigen Nebenfiguren zeigen schnell ihre Persönlichkeit und bewegen das Geschehen maßgeblich mit. Besonders wenn man die Reihe erneut liest entfalten sich die Verknüpfungen und Vorausweisungen; auch wenn man die Reihe schon in ihrer Gänze kennt bringt ein erneutes Lesen eine neue Ebene hervor, was mir immer wieder eine Freude ist. Ich habe so viele Kommentare und Lieblingszitate, die ich aus gewissen Gründen aber nicht teilen kann, weil es spoilern würde.
Fazit
Für wen ist dieses Buch und stellvertretend also die ganze Reihe etwas? Für alle, die vielschichtige Figuren, gnadenlose Handlungen und Entwicklungen lieben und eine der stärksten Gruppen an Figuren, die ich bisher kenne.