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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2024

Subtiles Spiel um Macht und Ohnmacht in einer Ehe

Mein Mann
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Im Buch "Mein Mann" begleitet der Leser die Protagonistin in der Ich-Form 7 Tage durch ihre Ehe. Den Klappentext fand ich etwas irreführend ("...und dann geht sie zu weit"), was wie die Andeutung zu einem ...

Im Buch "Mein Mann" begleitet der Leser die Protagonistin in der Ich-Form 7 Tage durch ihre Ehe. Den Klappentext fand ich etwas irreführend ("...und dann geht sie zu weit"), was wie die Andeutung zu einem Psychothriller klingt. Vielmehr ist das Buch ein Psychogramm einer zutiefst unsicheren Frau, die sich an ihren Mann klammert, der angeblich ihr durch den sozialen Aufstieg erst ein lebenswertes Leben ermöglicht, wohingegen sie allein ihre Schönheit in die Waagschale werfen könne. Und selbst ihr gutes körperliches Aussehen sei vergänglich, was sie sich immer wieder bewußt macht. Maud Ventura schreibt sehr gut. Man spürt beim Lesen die emotionale Abhängigkeit und starken Ängsten der Protagonistin und taucht tief in deren psychischen Innenraum ab. Beim Lesen stellt sich die Frage- ist das wirklich Liebe? Deutlich wird eine starke Bedürftigkeit und der Versuch, ein inneres Gefühl von Mangel und Leere, über die Ehe zu kompensieren. Es ist manchmal kaum auszuhalten beim Lesen, wie sie durch ein ausgeklügeltes subtiles Bestrafungssystem sich müht, wieder Herr zu werden über die erlebte Hilflosigkeit und Ohnmacht in ihrer Ehe. Man möchte ihr zwischendrin zurufen: "Nimm deinen Blick weg von deinem Mann, konzentriere dich auf dein Leben!". Es ist ein Buch in dem vordergründig erst einmal nicht viel passiert und dennoch gibt es Einblick in eine hochproblematische Beziehungsdynamik in einer Ehe, die auf den ersten Blick so gutbürgerlich und geordnet erscheint. Zum Ende blieb bei mir ein Gefühl der Beklemmung zurück. Es ist sicher kein Wohlfühlroman, sondern vielmehr ein Buch über das man diskutieren kann.

"... aber mir wird klar, dass der Preis, den ich gezahlt habe, viel höher ist, als ich mir vorgestellt hatte. Hätte ich mich entschieden, lieber geliebt zu werden, statt zu lieben, wäre ich wahrscheinlich eine bessere Mutter geworden, ich hätte auch die nötige geistige Bereitschaft besessen, echte Freundschaften zu schließen und ehrgeizig meine Karriereziele zu verfolgen." S.246

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Veröffentlicht am 16.08.2024

Eine Hommage an die Lebensfreude und den Genuss

Bonjour Agneta
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Agneta hat genug von kaltem Haferschleim, Neoprenanzügen und vor allem ihrem asketischen Ehemann. Einer Annonce folgend landet sie in einem pittoresken Dorf inmitten der Provence. Zunächst schüchtern und ...

Agneta hat genug von kaltem Haferschleim, Neoprenanzügen und vor allem ihrem asketischen Ehemann. Einer Annonce folgend landet sie in einem pittoresken Dorf inmitten der Provence. Zunächst schüchtern und unbeholfen entdeckt sie (auch mit Hilfe der Dorfbewohner) zunehmend ungeahnte Seiten an sich.
Das Buch lebt vom humorvollen Schreibstil und der Selbstironie der Protagonistin. Ich hab mich durchaus wiedergefunden in einzelnen Details und mit Agneta mitgefiebert und mich mitgefreut. Insbesondere die ganze Szenerie in Frankreich ist sehr lebendig gestaltet und mir ist das eine oder andere Mal das Wasser im Munde zusammengelaufen. "How do you do, my Libido?" - eine Frage, die sich Agnetas Hausherr in Frankreich täglich und auch Agneta später immer wieder stellen wird. Eine Hommage an den Genuss und die Lebensfreude, was sich auch wunderbar im farbenfrohen Cover wiederfindet.
Es gibt durchaus auch schmerzliche und traurige Momente. Wobei diese meines Erachtens eher wenig Tiefe haben bzw. für mich nicht richtig nachzuempfinden waren. Die Stärke des Buches lag für mich persönlich eindeutig in der Leichtigkeit und der Situationskomik. Wer eine Lektüre zum Wohlfühlen sucht, in der der Genuss im Vordergrund steht, hat sicher seine Freude an dem Buch.

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Veröffentlicht am 10.08.2024

Wenn in einem Windstärke 17 herrscht...

Windstärke 17
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Neugierig aber auch ein wenig vorsichtig hab ich mich ans Lesen gemacht, da ich mit sehr gehypten Büchern nicht immer Glück hatte. Das Cover gefiel mir von Anfang an bereits sehr gut und empfand ich als ...

Neugierig aber auch ein wenig vorsichtig hab ich mich ans Lesen gemacht, da ich mit sehr gehypten Büchern nicht immer Glück hatte. Das Cover gefiel mir von Anfang an bereits sehr gut und empfand ich als einladend - 2 Menschen am Strand, vor sich die wilde See, lange Schatten. Das Gelb des Namens der Autorin auf dem Cover findet sich auch wieder in dem Gelb des Lesebändchens der Hardcoverausgabe. Ich mag solche kleinen Details.
Auch ohne den Vorgänger "22 Bahnen" gelesen zu haben, war ich schnell in der Geschichte drin. Diese wird aus der Sicht von Ida erzählt, die nach dem Tod ihrer alkoholkranken Mutter zwischen Wut, Schuld und Ohnmacht taumelt. Verbissen versucht sie wieder sicheren Boden unter die Füße zu bekommen. Bloß nicht die tiefe Traurigkeit spüren... Selber in einem emotionalen Mangelmilieu aufgewachsen, fällt es Ida schwer, für den Orkan, der in ihr tobt, Worte zu finden, geschweige denn zu formulieren, was sie braucht. So trifft sie auf Rügen auf Menschen, die unerwartet für sie da sind. Überhaupt wird eher "getan" als "geredet" und mehr gemeinsam "beschwiegen" als "gelöst". Die Dialoge sind sehr authentisch und die Momente der Annäherung und des Trostes haben mich berührt. Ich empfand die Geschichte als ehrlich, manchmal etwas rauh. Besonders gefallen haben mir die Passagen, wenn Caroline Wahl das Mehr beschreibt bzw. wenn Ida schwimmend wieder bei sich selber ankommt. Insgesamt ein lesenswertes Buch, für mich persönlich aber kein Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 15.07.2024

Gesellschaftlich wichtige Themen, literarisch leider etwas dahinter zurückbleibend

Und alle so still
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Mit großer Begeisterung habe ich "Die Wut, die bleibt" gelesen, oft weiter verschenkt und war jetzt sehr neugierig auf "Und alle so still". Während sich im ersten die Empörung über patriachale Strukturen ...

Mit großer Begeisterung habe ich "Die Wut, die bleibt" gelesen, oft weiter verschenkt und war jetzt sehr neugierig auf "Und alle so still". Während sich im ersten die Empörung über patriachale Strukturen aggressiv seine Bahn bricht, legen sich in diesem Buch die Frauen resigniert schweigend nieder. Es ist alles gesprochen und gesagt. Sie stellen Care-Arbeit ein, verlassen ihre schlecht bezahlten Arbeitsplätze, das System kommt zum Erliegen. Das Buch lebt für mich zum einen durch die Figur der Ruth, die als Pflegerin im Krankenhaus arbeitet, ihren schwerkranken Sohn alleinerziehend bis zu seinem Tod gepflegt hat. Zum anderen durch Nuri, der nahezu rundum die Uhr in schlecht bezahlten Jobs arbeitet bzw. eher ausgebeutet wird (Günther Wallraff lässt zwischendrin grüßen) und trotzdem zu wenig hat, um davon leben zu können. Sehr berührend die zunehmende Solidarität unter den Frauen. Deren gegenseitiger Halt und Unterstützung erlebe ich als das hoffnungsvolle Element in der Geschichte. Die Sprache ist klar, teils poetisch und sagt mir persönlich sehr zu. Etwas Schwierigkeiten hatte ich mit der Figur der Barbara. Da hatte ich zwischendurch das Gefühl, als würde die Autorin als alter ego über das patriachale System referieren, was sich ein wenig nach "Sendung mit der Maus" beim Lesen anfühlte. Das Buch hatte für mich nicht die ganz große Wucht wie "Die Wut die bleibt". Nichtsdestotrotz ist es ein großartiges Buch. Immer wieder habe ich zurückgeblättert, über bestimmte Aussagen nachgedacht, eigenen Erfahrungen nachgespürt. Geblieben sind mir zudem einige sehr intensive Szenen (u.a. die Arbeit von Ruth im Krankenhaus). Das Buch behandelt wichtige gesellschaftliche Themen, leider blieb gleichzeitig der literarische Anspruch etwas dahinter zurück.

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Veröffentlicht am 14.07.2024

Schöner Einstieg in die Welt von Jane Austen

Stolz und Vorurteil
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Bereits zweimal habe ich das Orginal begonnen, dann doch leider in der Mitte abgebrochen. Also ein neuer Versuch mit dieser Graphic Novel. Bereits auf den ersten Blick zeigt sich, dass versucht wurde, ...

Bereits zweimal habe ich das Orginal begonnen, dann doch leider in der Mitte abgebrochen. Also ein neuer Versuch mit dieser Graphic Novel. Bereits auf den ersten Blick zeigt sich, dass versucht wurde, das romantische Element wirklich zu erhalten. Die Zeichnungen sind pastellfarben koloriert. Die Figuren ganz klassisch gezeichnet. Viel Liebe wurde in die Details der Kleidung gesteckt, so dass es eine Freude ist, die Szenen anzuschauen. Die Sprache ist natürlich vereinfacht und nimmt gegenüber dem Bildanteil einen kleineren Anteil ein und dennoch erkennt derjenige, der das Orginal gelesen hat, den einen oder anderen Satz wieder. Etwas Mühe hatte ich manchmal die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten, aber das Problem hatte ich auch bereits beim Orginal. Da wäre vielleicht ein kleiner Anhang mit Abbildung der einzelnen Figuren hilfreich. Insgesamt hat mir das Lesen wirklich Freude gemacht. Der Witz blitzt immer wieder durch. Besonders über die Mutter, die ihre Töchter schleunigst unter die Haube bringen möchte, konnte ich mich sehr amüsieren. Ich bin mir nicht sicher, ob man die Graphic Novel tatsächlich mit dem Orginal vergleichen kann. Es ist einfach ein anderer Zugang, vielleicht auf eine etwas leichtere und oberflächlichere Weise und gleichzeitig hab ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und das Buch tatsächlich bis zum Ende sehr gerne gelesen. Das Orginal liegt hier und wird dann hoffentlich im dritten Anlauf vollständig gelesen.

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