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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2024

Amüsant und anstrengend

Sobald wir angekommen sind
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Bei diesem Buch bin ich etwas hin- und hergerissen. Der Schreibstil ist fein, das Thema skurril, der Humor erlesen und der Protagonist nervtötend, ein echter Unsympath.

Benjamin Oppenheim ist der berühmte ...

Bei diesem Buch bin ich etwas hin- und hergerissen. Der Schreibstil ist fein, das Thema skurril, der Humor erlesen und der Protagonist nervtötend, ein echter Unsympath.

Benjamin Oppenheim ist der berühmte Schriftsteller, der nach einem Onehitwonder dem Erfolg hinterher läuft. Er hat einen Volltreffer gelandet, kann aber nicht nachziehen. (Das Motiv lese in letzter Zeit öfter.) Ben ist allerdings richtig gut darin, sich selbst leidzutun und die Schuld dafür bei anderen zu suchen. Aktuelle Kriegsgerüchte treiben ihn zur Flucht nach Brasilien. Als Jude liegt es ihm im Blut, das Land zu wechseln, wenn es brenzlig wird, meint er. Und da kann er sich dann in Ruhe mit seiner Midlife- und seiner Ehekrise auseinandersetzen.

Bens Analyse seiner Situation hat einige Komik, steigert sich aber immer mehr und nimmt fast absurde Züge an. Er könnte einem leidtun, wenn er nicht so ein egozentrischer Wicht wäre. Immerhin lernt er dazu.

Ich war tatsächlich öfter in Versuchung, das Buch abzubrechen. Dann war es doch wieder sehr komisch und hübsch erzählt. Ich glaube, ich mag den Erzählstil sehr, das Buch weniger.

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Beinahe genial

Die Entflammten
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Dieses Buch ist beinahe genial. Es erzählt die Geschichte von Vincent van Gogh indirekt, aus der Sicht seiner Schwägerin Jo van Gogh-Bonger, die mit seinem Bruder Theo verheiratet war.

Das ist insofern ...

Dieses Buch ist beinahe genial. Es erzählt die Geschichte von Vincent van Gogh indirekt, aus der Sicht seiner Schwägerin Jo van Gogh-Bonger, die mit seinem Bruder Theo verheiratet war.

Das ist insofern genial, weil Jo zum einen deutlich länger gelebt hat und wir noch erfahren, wie sie es geschafft hat, Vincents Vermächtnis posthum berühmt zu machen. Und zum anderen war Vincent wohl psychisch schwer verstört. Ein Buch aus seiner Sicht ist wahrscheinlich unerträglich.

Geradezu ärgerlich fand ich den Handlungsstrang in der Gegenwart, wo die Kunsthistorikerin Gina ihre Lebensgeschichte erzählt, die sich hauptsächlich um ihren Vater dreht, der es nicht geschafft hat, berühmter Schriftsteller zu werden. Soll das eine sinnige Parallele darstellen?

Es könnte sein, dass er autobiographisch gemeint ist und die Entstehung dieses Buches beschreibt. Das würde ihn interessant machen, aber das müsste man dem Leser auch vermitteln. So wirkt er wie ein vergleichsweise läppisches Anhängsel, dass das Buch unnötig streckt und von der eigentlichen Handlung ablenkt.

Die Geschichte um Vincent herum ist ganz wunderbar. Liebevoll gestaltet, in einem grandiosen Erzählstil, erfährt man ganz viel über das Leben von Vincent und seiner Familie, über die Zeit und den Zeitgeist, Holland, Paris, die Kunstwelt, den Impressionismus und sogar die Syphilis.

Ohne den Handlungsstrang in der Gegenwart hätte das Buch fünf Sterne verdient. Was hätte es für ein toller historischer Roman werden können. Ein Jammer.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Sörensen lässt nach

Sörensen macht Urlaub
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Sörensen macht Urlaub in Triol, beinahe. Tatsächlich strandet er schon in Hamburg, wo Neles Freundin Probleme hat. Da könnte er sich doch kurz mal kümmern? Einen Tag später fahren? Lotta freut sich doch ...

Sörensen macht Urlaub in Triol, beinahe. Tatsächlich strandet er schon in Hamburg, wo Neles Freundin Probleme hat. Da könnte er sich doch kurz mal kümmern? Einen Tag später fahren? Lotta freut sich doch auch, Papa zu sehen. Also gerät Sörensen in Dinge. Und Jenny in Katenbüll gerät an seine Urlaubsvertretung und auch in Dinge. Schon wieder ein Mord.

Ich bin Sörensen Fan der ersten Stunde und sage es nicht gerne, aber es muss gesagt werden: Sörensen lässt nach. Es ist ein bisschen die Luft raus. Vielleicht wäre es auch an der Zeit, dass seine Angststörung Fortschritte macht, in welche Richtung ist eigentlich egal. Wir sind mittlerweile in Buch fünf und Sörensen suhlt sich inzwischen ausführlich in der Angst vor der Angst, die er bekommen könnte und die er nur zu gut kennt. Ja, aber wir inzwischen auch.

Dazu hat Nele Freundin noch Verfolgungswahn und es wird hingebungsvoll psychologisiert. Das ist aber ehrlich gesagt nicht das, was ich an Sörensen-Büchern liebe. Ich liebe den wunderbaren Humor, die schrägen Typen, die Schafe und den leicht vertrottelten Helden, der trotz Handicap verwickelte Fälle löst und sich nicht beirren lässt. Seine Therapie möchte ich ehrlich gesagt nicht mitmachen müssen.

Also, es wird Zeit, mal am Prinzip zu schrauben. Dass wir nie seinen Vornamen erfahren ist ein hübscher running gag, aber ansonsten wünsche ich mir Innovatives. Er löst bestimmt auch noch Fälle, wenn es ihm besser geht. Und in dieser Folge gönnt man uns noch nicht mal einen verpeilten Praktikanten. Ich bin enttäuscht.

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Veröffentlicht am 18.09.2024

Wie werde ich Psychopatin in fünf Stunden

Mein Mann
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Wenn man mal so richtig schlechte Laune haben möchte, sollte man zu diesem Buch greifen. Hier hält eine Frau einen langen Monolog und erzählt von ihrem Leben.

Eigentlich hat sie alles, einen Mann, zwei ...

Wenn man mal so richtig schlechte Laune haben möchte, sollte man zu diesem Buch greifen. Hier hält eine Frau einen langen Monolog und erzählt von ihrem Leben.

Eigentlich hat sie alles, einen Mann, zwei Kinder, Haus und Halbtagsjob, gutes Aussehen und den gepflegten Vorgarten, trotzdem ist sie unzufrieden und sucht das Haar in der Suppe.

Liebt er sie genug, ihr Mann? Achtet er sie ausreichend? Er hat ihre neue Frisur nicht gelobt, guckt er sie überhaupt noch an?

In kürzester Zeit steigert sie sich hinein in einen Wahn und führt uns vor, wie man zur Psychopatin wird, die ihr Fehlverhalten mit schlüssig kranker Logik begründet und meint, sie hatte gar keine andere Wahl.

Das alles erzählt sie uns engagiert und eindringlich und natürlich ist es satirisch überspitzt gemeint, nur ein Lesevergnügen ist es ganz und gar nicht. Diese Frau nervt unendlich und nach etwa fünf Minuten denkt man: Gut, verstanden, aber was willst du mir sagen? Dass man so nicht sein soll? Das ist offensichtlich, also, was ist die Botschaft dieses Buches?

Im Grunde bekommt man hier stundenlanges hysterisches Gejammer und Gehetze ohne größeren Mehrwert. Der Schlussgag ist ganz hübsch, aber das ist schon alles, was ich dem Werk abgewinnen konnte. Zum Glück ist es kurz.

Lob gebührt der Hörbuchsprecherin. Stefanie Wittgenstein präsentiert souverän und glaubwürdig jede Gehässigkeit dieser Frau 5 Stunden und 37 Minuten lang. Das war ein harter Job.

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Veröffentlicht am 09.09.2024

Unterhaltsam mit einigen Längen

Die Abschaffung des Todes
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Es kann sein, dass man dieses Buch gerne liest, wenn man ganz ohne Erwartungen herangeht. Ich habe mit visionärer Science Fiction voller Überraschungen und Hochspannung gerechnet und das findet man hier ...

Es kann sein, dass man dieses Buch gerne liest, wenn man ganz ohne Erwartungen herangeht. Ich habe mit visionärer Science Fiction voller Überraschungen und Hochspannung gerechnet und das findet man hier noch nicht einmal im Ansatz.

Der Science Fiction Teil ist im Grunde nur der Anlass für ein paar kluge Gedanken zum Sinn des Lebens und eher ein Gedankenexperiment als wirklich futuristische Handlung. Da suchen ein paar Visionäre Investoren für ein Forschungsprojekt. Sie behaupten, den Schüssel für ewiges Leben gefunden zu haben, theoretisch.

Praktisch ist ihre Idee nicht ganz so neu, wie sie möchten (ich habe Ähnliches schon mehrfach gelesen). Zwei Science Fiction Autoren haben mit der gleichen Idee gespielt und mussten sie aufgeben. Einer ist tot, der andere verschwunden. James Windover, Herausgeber einer elitären Zeitung, wird beauftragt herauszufinden, was da los ist und damit beginnt eine gefahrvolle Suche und eine Verfolgungsjagd, die den Hauptteil des Buches bestimmen.

Gut gefallen hat mir die Idee dieser Zeitung. Die Windover View in Amsterdam möchte neutral berichten, recherchiert akribisch und verfasst dann ihre Berichte so knapp und unvoreingenommen wie möglich. Nur ganz Reiche können sich diesen Service leisten, da kann man nur neidisch sein. Das Team ist eine eingespielte Gruppe von Nerds und Spezialisten und wenn nichts mehr geht, geht Fine telefonieren, die wickelt jeden ein.

Dieser Teil des Buches hat mir großen Spaß gemacht, alles andere kam mir etwas zäh vor. Es gibt ewig lange technische oder philosophische Betrachtungen zum Wesen und Sinn des Lebens, zur Funktion des Gehirns und eine unendliche Verfolgungsjagd im James-Bond-Stil (es fließt Blut, aber sie haben immer Glück, wundersame Technik und Fluchtfahrzeuge am Start).

Das neue Buch von Andreas Eschbach liest sich leicht und bietet gute Unterhaltung, es ist allerdings nicht mein Lieblingsbuch des Autors.

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