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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2024

Mentale Zerstörung durch zu tiefst narzisstischen Einfluss

Die Ungelebten
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Jennifer wächst in einem Umfeld auf, in dem kein materieller Wunsch unbeantwortet oder gar offenbleibt. Die Schlagerbranche boomt in den neunzehnhundertneunziger Jahren. Ihr Vater Bernd beweist durch Geschick ...

Jennifer wächst in einem Umfeld auf, in dem kein materieller Wunsch unbeantwortet oder gar offenbleibt. Die Schlagerbranche boomt in den neunzehnhundertneunziger Jahren. Ihr Vater Bernd beweist durch Geschick und Durchsetzungsvermögen, dass er das Business beherrscht im wahrsten Sinne des Wortes. Sein gut ausgewähltes Netzwerk aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens verschafft ihm ein Leben ohne finanzielle Not. Geld wird auch für nachfolgende Generationen keine Rolle mehr spielen müssen. Doch zu welchem Preis für sich und seine Familie gelingt es ihm, diese einzigartige, berufliche Karriere aufzubauen und welche Schwächen besitzt er?
Caroline Rosales gelingt es in ihrem Roman 'Die Ungelebten' die Schattenseiten von Erfolg und Besessenheit sehr anschaulich darzustellen, die toxischen Auswirkungen eines zutiefst narzisstisch handelnden Charakters auf seine Umwelt zu beschreiben. Nicht nur ihre Protagonistin Jennifer, deren Geschichte im Mittelpunkt der Handlung steht, muss bittere gesundheitliche Erfahrungen machen und schmerzliche Niederlagen einstecken in Momenten, in denen dem Willen des patriarchalen Oberhauptes der Familie auch nur ansatzweise nicht entsprochen wird. Es ist ein Roman, der zutiefst nachdenklich stimmt, wachrüttelt und animiert sich Gedanken darüber zu machen, dass der Wille des Menschen in seinen Entscheidungen frei bleiben muss und Menschen in ihren Stärken aber auch Schwächen sich unterscheiden, dadurch jedoch niemals ihren Wert an sich verlieren.
Ich gebe diesem Roman sehr gern meine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Aufarbeitung belastender Ereignisse

Tage mit Milena
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Annika ist Mitte fünfzig, führt gemeinsam mit ihrem Mann Hendrik ein unaufgeregtes, erfülltes Leben. Ihr Lebensmittelpunkt ist die beschauliche Lübecker Altstadt. Dort besitzen sie ein traditionelles Familienunternehmen, ...

Annika ist Mitte fünfzig, führt gemeinsam mit ihrem Mann Hendrik ein unaufgeregtes, erfülltes Leben. Ihr Lebensmittelpunkt ist die beschauliche Lübecker Altstadt. Dort besitzen sie ein traditionelles Familienunternehmen, ein Papier- und Schreibwarengeschäft. Eines Tages betritt Luzie, die Klimaaktivistin, das Geschäft und sorgt bei Annika für mächtigen gefühlsmäßigen Aufruhr, der spontan emotional gesteuerte Handlungen bei Ihr auslöst.
Gekonnt verknüpft Katrin Burseg, die Autorin des Romans 'Tage mit Milena' Gegenwart und Vergangenheit ihrer Protagonistin Annika, in dem sie Jahre des Zusammenlebens von Annika, Milena und Matti in der Hamburger Hafenstraße zu Zeiten dramatischer, gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Hausbesetzern und der Politik der Bundesrepublik Deutschland in Beziehung zu den aktuellen Auftritten der Letzten Generation setzt. Ihre bildhafte Sprache lässt den Leser Ereignisse mit historischem Hintergrund hautnah miterleben, gibt Denkanstöße zum Kontext der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Außerdem stehen traumatische Erlebnisse, die keinerlei Aufarbeitung erfahren haben, im Fokus der Geschichte, zeigen das Ausmaß ihrer Aktionen, wenn Trigger sie auslösen.
Ich gebe meine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 18.09.2024

Unfassbares Beziehungschaos

Die schönste Version
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Jella und Yannick sind ein junges Paar, leben in einer gemeinsamen Wohnung, lieben sich und sind in der Anfangsphase ihrer Beziehung aufmerksam zueinander. Eines Tages beginnen kleine Eifersuchtsszenen ...

Jella und Yannick sind ein junges Paar, leben in einer gemeinsamen Wohnung, lieben sich und sind in der Anfangsphase ihrer Beziehung aufmerksam zueinander. Eines Tages beginnen kleine Eifersuchtsszenen seitens Yannick die Harmonie zu stören, die immer heftiger artikuliert ausgetragen werden. Jella nimmt kein Blatt vor den Mund, ist durch ihre Art provozierend. Die verbalen Auseinandersetzungen enden stets in heftigen körperlichen Versöhnungen – Sex. Die Spirale der gegenseitigen Verletzungen schraubt sich nach oben und es kommt zu körperlicher Gewalt im häuslichen Bereich, die Jella bei der Polizei anzeigt.
Rückblickend berichtet die Protagonistin wie sie Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts in einer kleinen Provinzstadt aufwuchs und das vorherrschende Frauenbild bediente, ihren Körper und damit auch sich selbst missbrauchen ließ, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Sehr fein und detailliert arbeitet die Autorin Ruth-Maria Thomas in ihrem Roman 'Die schönste Version' die Charaktere aus, die Wünsche und Sehnsüchte, die Gedankengänge und Gefühle, die inneren Kämpfe ihrer Ich-Erzählerin Jella. Sie webt ein Bild, das sehr stark von Emotionen geprägt ist, wo Worte fein und pointiert eingesetzt werden. Die vulgäre Sprache ihrer Protagonistin hat mich irritiert, ist aber ein Stilmittel das Extreme zu verdeutlichen.
Ich kann diesen Roman, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 steht, sehr gern empfehlen.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Ein Stück chinesische Geschichte

Briefe aus Taipeh
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In der Graphic Novel 'Briefe aus Taipeh' berichtet der Autor Fish Wu über seine Familiengeschichte, die auf drei Generationen zurückblickt. In den neunzehnhundertvierziger Jahren tobte in China eine Revolution, ...

In der Graphic Novel 'Briefe aus Taipeh' berichtet der Autor Fish Wu über seine Familiengeschichte, die auf drei Generationen zurückblickt. In den neunzehnhundertvierziger Jahren tobte in China eine Revolution, die den privaten Landbesitz reformieren und in Gemeineigentum umwandeln sollte. Sein Urgroßvater und dessen Bruder, beide Intellektuelle, stellen sich diesen neuen Herren und ihren revolutionären kommunistischen Ideen entgegen, haben mit Repressalien zu kämpfen. Ein Bruder sucht sein Glück im fernen Taiwan. Der andere bleibt mit der Familie zurück in der Heimat.
Wie es den Familienmitgliedern bis zum Wiedersehen ergeht, wird in Bild und Text sehr anschaulich und ergreifend dargestellt. Ein Stück chinesische Geschichte zeigt wieviel Mut und Durchhaltevermögen notwendig war, um die harten Zeiten zu überstehen.
Wer mag und vor allem in der Lage ist, kann den Text wahlweise in deutscher Sprache oder in chinesisch verfolgen.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Der etwas andere Kriminalroman

Das Haus in dem Gudelia stirbt
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Die Bewohner von Unterlingen haben ihre Häuser und Wohnungen verlassen, als eine verheerende Flutkatastrophe im Jahre 2024 über die kleine Ortschaft hinwegrollt. Doch die einundachtzigjährige Gudelia bleibt ...

Die Bewohner von Unterlingen haben ihre Häuser und Wohnungen verlassen, als eine verheerende Flutkatastrophe im Jahre 2024 über die kleine Ortschaft hinwegrollt. Doch die einundachtzigjährige Gudelia bleibt in ihren vier Wänden, arrangiert sich mit den Unannehmlichkeiten wie Stromausfall, Einstellung der Frischwasserversorgung und dem Nahrungsmangel, trotzt den Gefahren der Naturkatastrophe. Niemals würde sie ihr vertrautes, geliebtes Zuhause verlassen. Aber warum? Mit Schicksalsschlägen hatte sie gelernt umzugehen, ihnen zu trotzen als 1984 ihr geliebter Sohn ums Leben kam und 1998 ihr Mann sie verlies.
Sprachlich wunderbar ausgearbeitet schafft es Thomas Knüwer in seinem Debüt 'Das Haus in dem Gudelia stirbt' eine unheimliche Atmosphäre von Trauer und Enttäuschung zu schaffen, in der die Protagonistin und Ich-Erzählerin Gudelia charakterlich facettenreich brilliert. Spannend unterhält uns der Autor in seinem kurzen, prägnanten Sprachstil, der Sogwirkung besitzt und Spannung bis zur letzten Seite aufrechterhält.
Lesevergnügen ist garantiert, ebenso wie die Vorfreude auf nachfolgende Kriminalromane.

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